COLUMBIA LIBRARIES OFFSITE
HEALTH SCIENCES STANDARD
i!{//\UWIK'lA.U'(l\Jf/iWII/a\l\!lWVJ\'ill(!\IJrail^l
HX00054470
i1?M I/.III
HANDBUOH
KRIEGSCHIRüRGiSCHEN TECHNIK
Gekrönte Preissciirift
Dr. FRIEDRICH yon ESMARCH
Vierte Auflage
OFERATIONSLEHRE
c-^^^M^
/Av nn I
I
mwMi
Dr, Berner
pract. Arzt
Digitized by the Internet Archive
in 2010 witii funding from
Open Knowledge Commons
http://www.archive.org/details/handbuchderkrieg02esma
Chirumisclie Technik.
Yon
Or. Friedrich von Esmarch und Dr. Ernst Kowalzig
Professor der Chirurgie in Kiel. vorm. I. Assistent der Chirurg. Klinik.
Kurz und bündig.
Zweiter Band.
Allgemeine Operationslehre.
Operationen an den Extremitäten.
4. verbesserte Auflage.
Mit 505 Holzschnitten.
->i>¥>m«<«-
Kiel und Leipzig.
Verlag von Lipsius & Tischer.
1894.
Handbuch
der
Kriegschirurgischen Teclinik.
Gekrönte Preisschrift
Dr. Friedrich von Esmarch,
Professor der Chirurgie in Kiel.
Tierte Auflage
durchgehends neubearbeitet, vermehrt und verbessert
von
Dr. Fr. von Esmarch und Dr. E. Kowalzig
Professor der Chirurgie in Kiel. vorm. 1. Assistent d. Chirurg, Klinik.
Zweiter Band:
Operationslehre.
+
Knr;2 und bündig.
Kiel und Leipzig.
Verlag von Lipsius & Tischer.
1894.
Druck von August Hopfer in Burg b. M.
Inhalt.
Die Narkose 1
allgemeine Anaesthesie 1
Chloroform 1
Ueble Zufälle bei der Narkose 6
Aetber 14
Lokale Anaesthesie 16
Einfache Operationen 19
Schnitt, Incision 19
Stich Function .... * 23
Zerstören von Geweben 26
Vereinigung der Wundränder 32
Wundnähte 32
Entfernung von Fremdkörpern 41
Entfernung von Geschossen 43
Operationen zur Verhinderung und Stillung von Blutungen und
deren Folgen 49
Blutsparung 49
Künstliche Blutleere 50
Compression des Hauptarterienstammes • 63
durch Fingerdruck 63
durch Aderpressen . . .' 66
Improvisation der Aderpressen 68
Blutstillunginder Wunde 73
Compression der Wunde 73
Blutstillungsmittel (Styptica) . . 74
Unterbindung der Gefässe (Ligatur) 75
Die Unterbindung der Arterien am Orte der Wahl . . 84
allgemeine Regeln . 84
Unterbindung der einzelnen Arterienstämme 87
arteria carotis communis • . . 89
„ carotis externa 90
„ interna 90
„ lingualis 91
„ subclavia 92
„ vertebralis 95
„ axillaris 96
„ brachialis • 98
— VI —
arteria radialis 99
„ ulnaris 100
„ Aorta abdominalis 102
„ iliaca communis und interna 103
„ iliaca externa 104
,. glutaea superior 105
„ ischiadica 105
„ femoralis 106
„ Poplitea 109
„ tibialis antica 109
„ tibialis postica 111
Blutersatz 112
Transfusion und Infusion 112
Blutentziehung 117
Aderlass 117
Operation der Aneurysmen 119
Unterbindung der Arterie 121
Operation der Varicen • 123
Unterbindung der V. saphena 123
Exstirpation der Varicen 124
Verletzungen der Gefässwandungen 124
Operationen an den Sehnen 125
Sehnendurchtrennung, Teuotomie 125
Tenotomie der Achillessehne 127
Sehnennaht, Tendinorrhaphie 128
Tendinoplastik 130
Operationen an den Nerven 131
Nervennaht, Neurorrhaphie 131
Neuroplastik 131
Operationen an der Haut 132
Transplantation 132
Hautverpflanzung nach Thiersch 133
Plastische Operationen 135
Operationen an den Nägeln 139
Operationen an den Knochen 141
Osteoklasis 141
Osteotomie, Knochendurchtrennung 143
Osteotomia subtrochanterica 144
„ supracondylica femoris 145
„ supramalleolaris 146
Vereinigung von Knochenwundflächen 146
Nekrotomie 148
osteoplastische Nekrotomie 151
Die Amputationen und Exarticulationen 152
Indicationen 152
— vn —
Allgemeine Regeln 153
Vorbereitungen 153
Durchsclineidung der Weichtheile 154
Einzeitiger Zirkelschnitt 154
Zweizeitiger Zirkelschnitt 156
Hautlappenschnitt 161
Muskellappenschnitt 163
Ovalairschnitt 164
Absägen der Knochen 164
Vereinigung der Wunde 169
ßeamputation 171
Prothesen 172
Amputationen und Exarticulationen an der oberen Extremität 174
Exarticulation der Finger 174
der dritten Phalanx 174
der zweiten Phalanx 175
im Metacarpophalangealgelenk 175
sämmtlicher Finger 178
Exarticulation des Daumens im Carpalgelenk 178
Ovalairschnitt 178
Seitenlappenschnitt nach von Walther 179
Exarticulation der vier letzten Metacarpalknochen 181
Exarticulation im Handgelenke 181
Zirkelschnitt 181
Lappenschnitt 182
ßadiallappenschnitt 183
Amputation des Vorderarmes 184
Exarticulation im Ellbogengelenk 187
Zirkelschnitt 187
Lappenschnitt 189
Amputation des Oberarms 189
Exarticulation des Armes im Schultergelenk 194
Lappenschnitt 194
Zirkelschnitt 195
Ovalairschnitt 196
Amputationen und Exarticulationen an der unteren Extremität 197
Exarticulation der Zehen
in den Phalangometatarsalgelenken 197
Amputation aller Metatarsalknochen 199
Exarticulation der grossen Zehe sammt ihrem Metatarsalknochen 199
Exarticulation der fünften Zehe sammt ihrem Metatarsalknochen 200
Exarticulation in den Tarsometatarsalgelenken nach Lisfranc . 201
Exarticulation im Tarsus nach Chopart 204
Exarticulation unter dem Talus nach Malgaigne 206
Exarticulation des Fusses nach Syme 208
Exarticulation des Fusses nach Pirogoff 212
Abänderung nach Günther 213
Abänderung nach Le Fort und von Esmarch 215
Amputation des Unterschenkels 217
— vni —
osteoplastische Amputation 219
ExarticulatioD des Unterschenkels im Kniegelenk 223
Zirkelschnitt 223
Lappenschnitt 225
osteoplastisch nach Grritti u. A 227
Amputation des Oberschenkels 227
Exarticulation des Oberschenkels 231
Lappenschnitt, Stichmethode nach lEanec 231
Zirkelschnitt nach Vetch 235
Die Resection der Gelenke 237
Indicationen 237
Allgemeine Regeln 239
Resectionen an der oberen Extremität 243
Resection der unteren Gelenkenden des Radius und der Ulna . 243
Resection des Handgelenks 248
mit Dorsoradialschnitt nach v. Langenbeck 248
mit Dorsoulnarschnitt nach Kocher 251
Resection des Ellbogengelenks 253
mit 'Y Schnitt nach Liston 253
mit Längsschnitt nach v. Langenbeck 256
mit doppeltem Längsschnitt nach Hu et er 257
mit Bajonnettschnitt nach Ollier 258
mit Hakenschnitt nach Kocher 259
Resection des Olecranon 260
Resection des Schultergelenkes 262
mit Längsschnitt (ältere Methode) 262
mit vorderem Längsschnitt nach v. Langenbeck . . . . 265
mit vorderem Schrägschnitt nach Ol Her 266
mit hinterem Bogenschnitt nach Kocher 267
Resection des Grelenkkörpers der Scapula 269
Resection der Scapula 270
mit Winkelschnitt nach v. Langenbeck 270
subperiostal nach Ollier 271
partielle Resection der Scapula 271
Resection des Schlüsselbeins 272
Resectionen an der unteren Extremität 272
Resection des Fussgelenkes .' 272
mit Bilateralschnitt nach v. Langenbeck 272
„ König. 277
mit äusserem Querschnitt nach Kocher 278
mit äusserem Schrägschnitt nach Grirard 279
mit äusserem Bogenschnitt nach Lauenstein 280
mit vorderem Querschnitt nach Hueter 280
Resection des Talus 280
mit vorderem Längsschnitt nach Vogt 281
Resection des Calcaneus 281
mit äusserem Winkelschnitt nach Ollier 281
mit Sporenschnitt nach Guerin 282
— IX —
Resection der übrigen Fuss-wurzelknochen 282
Resection im Tarsus, osteoplastisch nacli Mikulicz-Wladimiroff 283
Operationen bei Klumpfuss 285
Operationen bei Plattfuss 286
Resection des Kniegelenks 287
mit vorderem Bogenscbnitt nacb Textor 287
mit oberem Bogenschnitt nach. Hahn 292
mit Querschnitt nach v. Volkmann 293
mit seitlichem Bogenschnitt nach v. Langenbeck . . . . 293
mit innerem Längsschnitt nach Hueter 295
Arthrectomie des Kniegelenks 296
Function des Kniegelenks 297
Drainage des Kniegelenks 297
Resection des Hüftgelenks 298
mit hinterem Bogenschnitt nach A. "White 298
mit äusserem Längsschnitt nach v. Langenbeck . . . . 300
mit hinterem Winkelschnitt nach Kocher 303
mit vorderem Längsschnitt nach Lücke-Schede . . . . 305
mit vorderem Schrägschnitt nach Hueter 306
mit Resection des Trochanters nach Ollier 307
Resection des Hüftgelenks bei angeborener Luxation 307
Resection des Darmbeins 308
Die Narkose,
Während jeder grösseren Operation, und jeder langdauernden
schmerzhaften Untersuchung, zumal wenn dabei die Erschlaffung
aller Muskeln erwünscht oder nothwendig ist, sollte der Kranke
durch Anwendung narkotischer Mittel unempfindlich gemacht —
betäubt werden. Unter diesen sind zur Erzeugung einer
allgemeinen Auaesthesie
vorzugsweise in Grebrauch : das Chloroform und der Aether.
Das Chloroform CHCL (Simpson 1847), eine klare farblose,
sehr flüchtige, schwer brennbare Flüssigkeit von eigenthümlichem,
nicht unangenehmem Greruche, ist ein Gift, dessen eingeathmete Dämpfe
auf die Ganglienzellen des Gehirns und Rückenmarks lähmend wirken
und Stillstand der Athmung und des Herzens hervorrufen können. Die
Lähmung scheint im Gehirn von vorn nach hinten vorzuschreiten, so
dass zunächst die Stimlappen (Bewusstsein) beeinflusst werden, zuletzt
die Thätigkeit der Medulla oblongata (Athmungscentrum) erlischt.
Reines Chloroform soll nicht mit Aether oder Alkohol vermischt
sein, keine Methylverbindungen enthalten (Schwärzung durch concentrirte
Salpetersäure), kein freies Chlor (Bleichung- feuchten Lakmuspapiers),
keine Säuren (Röthung blauen Lakmuspapiers). Lässt man einige Tropfen
Chloroform auf schwedischem Filtrirpapier verdunsten, so zeig-fc ein ranziger
scharfer Geruch des Rückstandes an, dass das Chloroform unrein oder
zersetzt ist (Geruchsprobe nach Hepp). Da sich Chloroform an Licht
und Luft leicht zersetzt, so soll es in gelben oder dunkeln Flaschen auf-
bewahrt und möglichst wenig und dann im Dunkeln umgegossen werden.
Bei Anwesenheit von Leuchtgas entstehen aus dem Chloroform stark zum
Husten reizende Dämpfe (Chlorwasserstoffsäure?). Durch reichliche
Lüftung und Entwicklung von "Wasserclampf (im Sterilisationsapparat)
wird dieser Uebelstand zum Theil beseitigt.
Bei der Anwendung des Chloroforms müssen verschiedene
Vorsichtsmassregeln beobachtet werden:
Der Kranke sei nüchtern (3 — 4 Stunden ohne Nahrung) und
liege während der Operation auf dem Rücken oder auf einer Seite mit
Esmaroh-Kow alzig, Technik. 4. Aufl. \
— 2 —
nur massig erhölitem Kopfe ; er darf nicht auf dem Bauche liegen,
weil dies die Athmung erschwert, auch nicht aufrecht sitzen, weil
dann leichter Ohnmacht eintritt. Alle die Athmungsbewegungen
einengenden Kleidungsstücke (Kragen, Gürtel, Schnürleib) sind zu
lösen, Hals und Brust müssen frei, der Bauch leicht zugäng-
lich sein. Künstliche Gebisse, Kautaback u. s. w. sind aus dem
Munde zu entfernen, Blase und Mastdarm vor der Operation zu
entleeren.
Der Chloroformirende hat ausser dem Chloroformapparat Mund-
sperrer, Zungenzange, Handtuch, Stielschwamm, Eiterbecken bereit
zu halten. Bei jeder Xarkose sollen ausser dem Arzte eine oder
mehrere Personen zugegen sein, theils als Helfer bei plötzlich ein-
tretenden Unglücksfällen, theils als Entlastungszeugen gegen die
von den Kranken bisweilen als Thatsachen hingestellten Hallu-
cinationen.
Fig. 1.
Chloroformapparat nach von Esmarch.
Concentrirte Chloroformdämpfe bewirken nach ganz kurzer Zeit
Stillstand der Athmung und des Herzens. Daher ist das Aufdrücken
eines mit Chloroform begossenen dichten Tuches oder Schwammes auf
Mund und Nase gefährlich. Die Chloroform dämpfe, welche man ein-
athmen lässt, müssen vielmehr reichlich mit Luft gemischt
sein. Allgemein in Gebrauch ist der vom A^erfasser vereinfachte
Skinner'sche Apparat, bestehend aus einem mit Wollentricotstoff
überzogenen Drahtgestell (Maske) und einer Tropfflasche (Fig. 1),
— 3 —
Fig. 2.
welche nebst einer Zange zum Hervorziehen der Zunge (Fig. 8)
in einem ledernen oder blechernen Futteral verpackt, leicht in der
Tasche getragen wer-
den kann (Fig. 2). Da
die Maske mitunter
durch Blut, Schleim,
Erbrochenes beschmutzt
wird, ist es zweck-
mässig, den Tricotüber-
zug vor jeder Narkose
zu erneuern, was bei
der „ aseptischen Maske "
nach Schimmelbusch
(Fig. 3) leicht ausge-
führt werden kann.
Durch den Tricot-
stoff wird bei jedem
A , 1 .. j Chloroformapparat verpackt.
Athemzuge genügend '^'^ "^
Luft mit den Chloroformdämpfen eingesogen. Zunächst giesst
man nur eine massige Menge des Mittels (10 — 20 Tropfen) auf
Fig. 3.
Maske nach Schimmelbusch.
die Maske, hält diese leicht vor Mund und Nase und fordert den
Kranken durch beruhigenden Zuspruch auf, ruhig Luft zu holen.
Ganz zu verwerfen ist es, gleich soviel Chloroform auf die Maske
zu giessen, dass es von ihrer Innenfläche abtropft. Ausser dem
heftigen E,eiz auf die Luftwege, der sich durch Husten, Athem-
— 4 —
Fig. 4.
noth, Unruhe anzeigt, ist die durch Chloroformbenetzung erzeugte
Entzündung der Gesichtshaut und namentlich der Augenlider zu
fürchten. Am leichtesten und mit recht geringem Chloroformverbrauch
lässt sich aber die Narkose einleiten und unterhalten, wenn man von
Anfang an das Mittel nur tropfenweise verabreicht (TrÖpfel-
narkose), indem man aus einer gewöhnlichen Tropfflasche etwa
alle 5 — 10 Sekunden einen Tropfen auf den Tricot fallen lässt.
Vorausgesetzt, dass während des Chloroformirens möglichste Stille
im Zimmer herrscht, ist oft schon nach 8 — 10 Minuten Empfindungs-
losigkeit eingetreten. Namentlich fehlen aber bei diesem lang-
samen „Einschleichen in die Narkose" fast alle unangenehmen
Erscheinungen im Verlauf derselben.
Um die Chloro-
formdämpfe in stets
gleichem Verhältnisse
mit Luft vermischt ein-
athmen zu lassen, be-
dient man sich auch
des Apparates nach
Junker (Fig. 4), zu-
mal bei ihm die Ver-
dunstung des Chloro-
forms an der Luft fort-
fällt und dasselbe daher
sparsamer verbraucht
wird. Der Apparat be-
steht aus einer gradu-
irten, zur Hälfte mit
Chloroform gefüllten
Flasche, aus welcher
durch ein Gebläse (a)
die mit der Luft ge-
mischten Dämpfe in das
dem Kranken vor Mund und Nase gehaltene Mundstück (&) ge-
trieben werden.
Nach den ersten Zügen haben die Kranken zunächst sub-
jective Empfindungen meist angenehmer Natur, die Athmung wird
etwas rascher, der Puls voller und schneller, die Augen thränen.
Oft hören die Kranken auf zu athmen und müssen dazu durch
Zuspruch aufgefordert werden. Das Empfindungsvermögen kann
Apparat nach Junker,
dabei so vermindert sein, dass kleine i^ugenblicksoperationen ohne
reflectorische Erscheinungen ausführbar sind. Dieser Zeitpunkt
ist bei manchen dann eingetreten, wenn der bis dahin von ihnen
gerade emporgehaltene Arm langsam herabsinkt. Bei schwachen
Leuten, Männern von massiger Lebensweise, Frauen und Kindern,
kann nun ohne Weiteres der eigentliche narkotische Schlaf
und völlige Muskelerschlaffung eintreten. Meist geht diesem aber
ein Stadium der Excitation voraus. Es stellen sich klonische
und tonische Muskelzuckungen ein, der Kranke schreit, singt,
schlägt um sich, will fortlaufen. Dieser Zustand tritt besonders
ausgeprägt bei kräftigen Leuten und Säufern ein ; um ihn von
vornherein zu bekämpfen, ist es zweckmässig, etwa 15 — 20 Minuten
vor Beginn der Narkose eine Injection von Morphium (0,01} zu
geben, wodurch die Narkose bedeutend ruhiger verläuft und schneller
vollständig wird.
Setzt man nun ununterbrochen das Chloroformiren fort, so
vermindert sich allmählich dieser Erregungszustand und unter
tiefen, oft schnarchenden Athemzügen tritt völlige Empfindungs-
losigkeit, Erschlaffung aller Muskeln, Erlöschen der Reflexe ein
(Stadium der Toleranz). Am letzten erlischt der Reflex auf
der Cornea, der Nasenschleimhaut und auf der Innenseite der
Oberschenkel. Die Pupille verengt sich, die Augäpfel machen
asymmetrische Bewegungen, der Puls wird kleiner und schwächer,
die KörjDerwärme und der Blutdruck sinkt, die Athemzüge
werden schleuniger und flacher, der Stoffwechsel wird verlangsamt.
"Wird nun noch mehr Chloroform eingeathmet, so kann die
lähmende Wirkung auch auf die Medulla oblongata und auf die
im Herzen selbst liegenden motorischen Ganglien übergehen und unter
plötzlicher Erweiterung der Pupille dann Stillstand der Athmungs-
und Herzbewegungen eintreten. Dieses gefährliche Stadium wird
vermieden, wenn man den Kranken nur immer so tief narkotisirt
hält, dass der Co rnealrefl ex gerade eben erloschen ist, dann
die Maske abnimmt, und erst bei Wiederkehr des Reflexes einige
Tropfen neu aiifgiesst. Häufige Prüfung des Cornealreflexes
ist daher nothwendig : Man zieht das obere Augenlid mit dem
dritten Finger in die Höhe und tippt mit dem Zeigefinger sanft
auf die Hornhaut.
Bei dieser vorsichtigen und sparsamen Anwendungsweise des
Chloroforms treten nur selten bedrohliche Erscheinungen während
der Narkose ein. Am meisten zu fürchten sind diese bei sehr
— 6 —
erregten Kranken (Hysterischen), Schwachen und Anämischen,
Fettleibigen (Fettherz), Herzkranken , Lungenkranken , starken
Rauchern und Trinkern (Alkohol, Morphium, Chloral).
Ueble Zufälle in der Narkose sind hauptsächlich:
1. Störungen der Athmung. Bald nach den ersten Zügen
hören manche Kranken plötzlich auf zu athmen und müssen dann
durch Zuspruch oder Anruf dazu aufgefordert werden. Bei
andern stellt sich hartnäckiger Husten ein, der aber nach einigen
recht tiefen Athemzügen meist nachlässt. Kranke mit Bronchial-
katarrh oder Asthma sind hauptsächlich davon heimgesucht.
Lang anhaltendes Ausathmen (Singen), nur unter-
brochen durch kurzes oberflächliches Einathmen wird besonders da-
durch unangenehm, dass es den Eintritt tieferer Narkose verzögert.
Man bringt den Kranken durch Anruf oder einen leichten Schlag
auf die Brust oft leicht zum gewöhnlichen Athemtypus zurück.
2. Erbrechen kann bei ganz oberflächlicher, ebenso wie
bei tiefer Narkose eintreten, namentlich wenn der Magen des
Kj-anken nicht leer ist; auch kommt es vor, dass die Kranken
den im Anfang der Narkose sich reichlich ergiessenden Speichel,
der mit Chloroformdämpfen gemischt ist, herunterschlucken und
dadurch selbst bei leerem Magen erbrechen müssen. Hierbei muss
der Kopf sofort auf eine Seite gedreht werden, damit das Er-
brochene nicht in die Luftwege aspirirt wird und durch tiefere
Narkose die Magenschleimhaut weniger empfindlich gemacht werden.
Auch hat man versucht, auf den Nervus vagus und phrenicus
unmittelbar einzuwirken durch einen Fingerdruck dicht hinter dem
medialen Ende des Schlüsselbeins (Joes).
Hat das Erbrechen aufgehört, so muss die Mundhöhle sorg-
fältig mit einem Stielschwamm oder Tuche gereinigt werden.
3. Ein plötzlicher Stillstand der Athembe-
"wegungen, der ja im Beginn der Narkose durch Anrufen
meist wieder zu beseitigen ist, kann im weiteren Verlauf der-
selben aber lebensgefährliche Erscheinungen hervorrufen (Reflex-
hemmung des N. vagus durch Reizung der Trigeminuszweige
auf der Mund- und Nasenschleimhaut). Nach einigen sterto-
rösen Athemzügen und stürmischen , krampfhaften Muskelbe-
wegungen schliesst sich die Stimmritze durch den Muskelkrampf,
die Bauchwand macht noch einige inspiratorische Einziehungen,
sinkt dann ein und wird bretthart, die Kiefer sind fest aufein-
— 7 —
andergepresst, die Zunge nach hinten und oben verzogen,
so dass der Zugang zum Larynx verlegt ist. Das Gesicht wird
geröthet, die Lippen bläulich, die Venen schwellen an. Der Puls
wird erst langsam, dann unfühlbar. Dieser Zustand der Er-
stickung ist bedingt durch den Krampf der Kehlkopf- und Zungen-
muskulatur (spastische Asphyxie). Hier gilt schnelles Handeln,
um den Eingang zum Kehlkopf wieder frei zu machen. Die zu-
sammengepressteu Kiefer müssen geöffnet, die Zunge hervorgezogen
werden ; gelingt dies, so setzt oft die Athmung von selbst wieder
ein; wo nicht, muss die künstliche Athmung eingeleitet werden
(s. u.). Durch weitere Darreichung von Chloroform wird dann
die Erschlaffung der gespannten Muskeln erzielt. Bei alten Leuten
und Kindern kommt es auch vor, dass während des Einathmens die
geschlossenen schlaffen Lippen wie Ventilklappen gegen die zahn-
losen Kiefer und die dünnen Nasenflügel gegen das Septum ge-
zogen werden und den Lufteintritt verhindern.
4. Im Stadium der tiefsten Toleranz wird nicht selten
der Zugang zum Kehlkopf dadurch verlegt, dass bei völliger Er-
schlaffung aller Muskeln auch die Zunge, der Schwere folgend,
nach hinten sinkt, und der hinteren E.achenwand anliegend den
Kehlkopfeingang verlegt (paralytische Asphyxie). Diese Zufälle sind
um so gefährlicher, als die Erstickungserscheinungen nicht so stürmisch
eintreten, in kurzer Zeit aber das Blut mit Kohlensäure über-
laden wird. Die Athmung ist hierbei schwer und schnarchend,
oder es treten gar respiratorische Einziehungen auf, das Gesicht
wird bläulich, das Blut dunkelfarbig, der Puls unregelmässig und
schwach. — Bei genügender Aufmerksamkeit lassen sich diese
Erscheinungen durch „Lüftung" des Unterkiefers und Hervorziehen
der Zunge ziemlich leicht beseitigen.
5. Störungen des Kreislaufs. Der gefährlichste
Zufall, der in allen Stadien der Chloroformwirkung eintreten
und den Tod zur Folge haben kann, ist die plötzliche
Erlahmung der Herzthätigkeit (Syncope). Ganz
plötzlich wird das Gesicht todtenblass, die Pupille weit und
starr, der Cornealreflex ist erloschen, der Unterkiefer sinkt wie
an der Leiche herab, der Puls wird rasch unfühlbar, die Herztöne
sind nicht mehr zu hören, die Blutung aus der Operationswunde
versiegt; dabei kann die Athmung noch eine Zeitlang, wenn auch
flach und unregelmässig, fortdauern, bis auch sie nach einigen
schnappenden Zügen, wie bei Sterbenden, erlischt. Dieser be-
ängstigende Zustand tritt giücklicli erweise sehr selten ein, am
meisten wohl bei Anämischen und Herzleidenden; aber auch ganz
gesunde und kräftige Menschen, zumal wenn sie grosse Furcht
und Aufregung vor der Operation zeigen, können davon befallen
werden. Gelingt es nicht durch die künstliche Athmung die Herz-
thätigkeit wieder zu beleben, so tritt der Tod ein. Der Chloro-
formtod kommt unter 30000 Narkosen etwa einmal vor, unzweifel-
haft ist er jetzt noch seltener. Die bisher veröffentlichten Fälle
ereigneten sich hauptsächlich bei kleineren Operationen, die mit
weniger Vorsicht und ungenügender Vorbereitung schnell aus-
geführt werden sollten. Auch alle diejenigen Fälle tödtlichen Shoks
bei Oj)erationen, die vor der Entdeckung des Chloroforms beobachtet
wurden, werden wohl hierbei zu berücksichtigen sein. Zweifellos
kann dieses verhängnissvolle Ereigniss aber jedem Arzt bei jedem
Kranken zustossen, ohne dass mau desshalb jenem irgend eine
Schuld daran beimessen darf, vorausgesetzt, dass er alle Vorsichts-
massregeln kennt und befolgt hat. *)
Das Verhalten des Arztes bei üblen Zufällen dieser Art ist
daher von allergrösster, ja lebensrettender Bedeutung. Er muss
darauf achten, dass die Luft ungehindert zutreten kann, und dass
die Athmung nicht erlischt, sondern — nöthigenfalls künstlich —
im Gange bleibt. Der Chloroformapparat ist natürlich bei jedem
bedrohlichen Zufall sofort zu entfernen.
Sorge für unbehinderte Athmung. Verlegung des Kehl-
kopfeingangs kommt am häufigsten bei völliger Narkose da-
durch zustande, dass durch Er s chl äff ung der Muskulatur
die Zunge der Schwere folgend abwärts gegen die hintere Eachen-
wand sinkt. Dieser Zustand ist leicht zu beseitigen durch
die Hebung (Lüftung) des Unterkiefers: Hinter dem Kranken
stehend legt man beide Hände flach so an den Hals, dass
die Zeigefinger hinter den aufsteigenden TJnterkieferästen liegen,
und schiebt nun den ganzen Unterkiefer nach vorne, bis die
untere Zahnreihe vor die obere tritt (Subluxation, Fig. 5).
*) Nach der von Gurlt gesammelten und auf dem letzten Chirurgen-
kongress mitgetheilten Narkotisirungsstatistik kamen bei 157815 Narkosen
53 Todesfälle vor (1:2900). Von den einzelnen Mitteln entfielen auf
Chloroform 1:2899, Chloroform mit Aether 1:4118, ßromaethyl 1 : 4538,
Pental 1:199. Bei reinem Aether erfolgte kein Todesfall bei 14508
Narkosen, ebensowenig bei der von Bilfroth angegebenen Mischung
von Chloroform, Aether und Alkohol.
— 9 —
Durch diesen Handgriff wird die am Unterkiefer sich an-
setzende Muskulatur der Zungenwurzel sammt Epiglottis und
Zungenbein so nach vorn gezogen, dass der Kehlkopfeingang frei
wird. Dieselbe Wirkung erzielt man, wenn man vor dem Kranken
stehend die vier Finger beider Hände hakenförmig hinter den
TJnterkieferwinkel setzt und diesen vorzieht (K a p p e 1 e r). Der
Mund soll bei diesen Handgriffen nicht zu weit geöffnet werden,
weil sonst der Zungengrund nicht nach vorne, sondern nur nach
oben gehebelt wird.
Fig. 5.
Hebung des Unterkiefers.
Zu beachten ist, dass man beim Lüften des Unterkiefers
recht schonend vorgehe, namentlich wenn es längere Zeit hin-
durch nothwendig wird: es stellen sich sonst leicht in den folgenden
Tagen heftigere Schmerzen im Unterkiefergelenk und Schwellung
dieser Gegend, namentlich der Parotis ein, welche dem Kranken
mehr Unannehmlichkeiten verursachen, als die Operation selbst.
Gut seh hat daher einen Unterkieferhalter angegeben, mit
dem man den Unterkiefer dauernd und leicht nach vorn ziehen
kann (Fig. 6). Das Gummipolster wird hinter die untere Zahn-
reihe, der Drahtring unter das Kinn geschoben, der Schieber ge-
schlossen und nun an dem Ringe der Unterkiefer vorgezogen.
Tritt aber eine Verlegung der Athmungswege durch spasti-
sche Zusammenziehung der Kehlkopfmuskulatur ein, während
— 10
Pig. 6.
auch die übrigen Körpermuskeln stark contrahirt sind, so gelingt
es nicht, den Unterkiefer nach vom zu schieben; dann muss man
gewaltsam die Zahnreihen ausein-
ander drängen (Mundspiegel nach
Heister oder Roser. s. Bd. III,
Fig. 235, 236), die Zunge mit den
Fingern oder mit einer Zungenzange
(Fig. 8) ergreifen und sie so weit als
möglich aus dem Munde heraus-
ziehen (Fig. 7}. Da bei längerer
Anwendung der Zange manchmal er-
hebliche Quetschungen der Zunge eintreten können, so ist für
solche Fälle die Anwendung einer Hakenzange (Fig. 9) schonen-
der ; auch könnte man im Nothfall eine starke Fadenschliuge durch
die Zunge stechen. ELappeler empfiehlt bei starker Kiefei-klemme
das Zungenbein mit einem kleinen scharfen Häkchen von aussen
anzuhaken und nach vorn zu ziehen, wobei der Zungengrund
und Kehldeckel dem Zuge folgen.
Unterkieferhalter nach Gutsch.
Fig. 7.
Hervorziehen der Zunge mit der Zange.
Bleibt trotzdem die Athmung erschwert und rasselnd, so kann
das davon abhängen, dass Schleim oder Blut auf der Stimm-
ritze liegt. Man entfernt diese mit einem Schwämmchen, das an
einer gebogenen Kornzange oder einem Schwammhaltev (Fig. 10)
bis zum Kehlkopf geführt wird. Erfolgt trotz all dieser Mass-
— 11 —
nahmen dennoch keine bedeutende Erleichterung der Athmung, so
käme als letzte Zuflucht die schnell auszuführende T r a c h e o t o m i e
in Betracht.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 10.
Zungenzange nach
V. Esmarch.
Hakenzange für die Zunge
nach Championniere.
Schwammhalter.
Stocken die Athembewegungen ganz, so muss sofort die
künstliche Athmung eingeleitet werden. Hauptbedingung für ihre
Wirksamkeit ist der völlig freie Luftzutritt zu den Athmungswegen.
Entweder muss also der Unterkiefer von einem Gehülfen vorge-
schoben gehalten werden, oder die Zunge wird möglichst weit
hervorgezogen und festgehalten (ünterkieferhalter) oder mit einem
Tuche, Zeugstreifen, Gummiband u. a. auf dem Kinne festgebunden.
Die wirksamsten Methoden der künstlichen Athmung sind:
a. Die Methode nach Silvester: Zu Häupten des liegenden
Kranken stehend umfasst man dessen beide Arme dicht unter
dem Ellenbogen, zieht sie langsam, aber kräftig aufwärts bis
über den Kopf des Kranken hinauf, hält sie so gestreckt etwa
zwei Sekunden lang (Fig. 11}, führt sie dann wieder abwärts und
drückt die gebeugten Ellenbogen, sanft aber fest, zwei Sekunden
lang vorn auf den Brustkasten, den linken mehr medianwärts gegen
Fig. U.
— 13 —
die Herzgegend (Fig. 12}. Dieses Auf- und Abwärtsbewegen der
Arme wiederholt man etwa 15 mal (der Zahl der normalen Athem-
züge entsprechend} in der Minute ruhig und taktmässig (1, 2, 3,
4 zählend) so lange, bis sich die AthembewegTingen wieder von selbst
einstellen, was unter Umständen erst nachstunden geschieht.
Wenn die Athmungen richtig gemacht werden, hört man bei jeder
Einathmung die Luft mit zischendem oder schlürfendem Geräusch
in die Lunge einströmen.
b. Die Methode nach SchÜller. Bei völlig erschlafften, nicht
zu fetten Bauchdecken greift man von oben her mit beiden Händen
unter die [Rippenbögen, zieht sie kräftig nach aussen und drückt
sie wie einen Blasebalg wieder zusammen, womit man sehr kräftige
Athemzüge erzielt.
F 1 a s h a r drückt den Brustkorb durch zwei um ihn herum-
gelegte und beiderseits gleichzeitig angezogene Zügel (Handtücher,
Gurte} zusammen; bei Nachlassen des Zuges dehnt sich der
elastische Brustkorb wieder aus.
Die Methoden von Marshall Hall (nach welcher der
Kranke abwechselnd aus der Bauchlage [Ausathmung] in die Seiten-
lage [Einathmung] gerollt wird) und von Howard, wobei man
rittlings über dem Kranken knieend, mit seinem ganzen Körper-
gewicht sich auf den Brustkasten stützt (Ausathmung), sind für
den Chirurgen von wenig Werth.
c. Die rhythmische Faradisation des N. phrenicus (Duchenne,
V. Z i e m s s e n) ist nur ausführbar, wenn alles zur Hand und in
Bereitschaft ist, aber dann recht wirksam : Man setzt die Electro-
den zu beiden Seiten des Halses über dem Schlüsselbeim am
äusseren E.ande des Kopfnickers an.
Auch durch gewisse Reizmittel können reflectorisch die er-
löschenden Athembewegungen wieder angefacht oder neu hervor-
gerufen werden. Zu den wirksamsten gehören : Das Anspritzen
des Gesichts mit kaltem "Wasser, das Schlagen von Brust (und
Rücken) mit einem in kaltes oder heisses Wasser getauchten
Handtuch, die Reizung der Nasenschleimhaut durch Einspritzen
von kaltem Wasser (Wutz er) oder durch den electrischen Strom;
das Reiben der Magengegend oder des Nackens mit kaltem Wasser,
Eis, Schnee, das Einschieben eines Eiszapfens in den After oder
ein EHysma von Cognac und Wasser (1:2); endlich das kräftige
Reiben mit heissen Tüchern, Bürsten der Hand- und Fussflächen,
Einathmungen von Amylnitrit.
— 14 —
Bei plötzlicher Herzlähmung (Syncope) ist als Hauptmittel
die Inversion nach Nelaton (1861) zunächst zu versuchen.
Man lagert den Krauken so, dass der Kopf niedriger als der
Körper liegt, am einfachsten, indem man das Fussende des Tisches
höher stellt (Fig. 11), oder man nimmt den Kranken an den
Knieen über die Schultern, so dass der Körper senkrecht herab-
hängt (s. a. Bd. III. rig. 466). Es wird dadurch dem in der
Narkose anämisch werdenden Herzen möglichst viel Blut zugeführt
und zugleich auch der Zufluss zum Gehirn befördert. Aus dem-
selben Grunde muss man während der künstlichen Athmung fast
stets zugleich dieses Stürzen des Kranken anwenden und bei der
Compression des Brustkastens den linken Ellbogen jedesmal kräftig
gegen die Herzgegend andrücken.
Sehr wirksam ist auch die Methode nach König. An der
Knken Seite des Kranken stehend drückt man mit dem Daumen-
ballen der rechten Hand den Brustkorb zwischen der Stelle des
Spitzenstosses und dem linken Sternalrand mit möglichst kräftigen,
raschen Bewegungen (120 in der Minute) tief ein, bis man an
dem künstlichen Carotidenpuls und der Pupillenverengerung die
Wirksamkeit der Bemühungen erkennt.
Aether.
Der Aethylaether, Schwefelaether C4Hn,0 wurde zuerst 1846 von
Jackson und Morton zur Anaesthesie angewendet. Absoluter Aether
soll frei sein von "Weingeist, Wasser, Essigsäure, Schwefelsäure, Fuselölen.
Die eingeathmeten Aetherdämpfe wirken auf den Menschen
fast ebenso wie Chloroform; man gebraucht aber zur Narkose weit
grössere Mengen, daher auch eine längere Zeit vergeht, ehe durch
Aether allein völlige Unempfindlichkeit eintritt.
Man reicht den Aether am einfachsten in einer grossen das
ganze Gesicht fest bedeckenden Maske, welche aussen mit einem
undurchlässigen luftdichten Stoff überzogen und innen mit einer
dünnen Watteschicht belegt ist; in diese werden etwa 20 gr.
Aether zur Zeit gegossen und dann die Maske fest auf das Ge-
sicht gedrückt, so dass fast gar keine Luft zugleich eingeathmet
werden kann.
Im Beginn der Narkose zeigt der Kranke sich aufgeregt, oft
heiter gestimmt, das Gesicht wird rothblau wie bei Erstickten,
es tritt starker Hustenreiz, Speichelfluss und Schweissabsonderung
— 15 —
auf, der Blutdruck steigt, die Pulszahl bleibt wesentlich
normal. Das stark ausgeprägte Excitationsstadium währt
sehr lange und geht schliesslich in die völlige Narkose über mit
regelmässigen schnarchenden langsamen Athemzügen. Das Ver-
halten der Pupillen ist beim Aether weniger bedeutungsvoll als
beim Chloroform ; meist sind sie im Anfang erweitert und ver-
engern sich später, aber nicht immer.
Der Aether wirkt weniger nachhaltig als das Chloroform,
die zur völligen Narkose nothwendige Dosis ist viel grösser, die
beim Chloroform so beängstigenden Erscheinungen treten erst nach
viel längerer Dauer der Inhalationen auf: er ist daher ein weniger
rasch wirkendes, aber dafür auch weniger gefährliches Gift.
Seine Vorzüge bestehen vor allem in der geringen Beein-
flussung der Herzthätigkeit und in der Steigerung des Blutdrucks,
im Gegensatz zum Chloroform, welches das Herz und die Athmung
weit mehr gefährdet.
Seine Nachtheile sind : die starke Reizung der Schleim-
häute, und seine ausserordentliche Brennbarkeit und Explosions-
fähigkeit, welche Operationen bei künstlicher Beleuchtung und die
Anwendung des Glüheisens, namentlich im Gesicht, für den Arzt
und Patienten gefährlich macht.
Die während der Narkose auftretenden üblen Zufälle sind
nach den oben angegebenen Regeln zu beseitigen oder zu lindern.
Obgleich der Aether wegen seiner geringeren Gefährlichkeit
in der letzten Zeit wieder häufiger, ja, von Einigen fast aus-
schliesslich in Anwendung gezogen ist, so will man trotzdem die
grossen Vortheile des Chloroforms nicht entbehren, und hat daher
beide Mittel mit einander verabfolgt : ChloroforiTl-Aethernar-
k0S6. Der Kranke wird zunächst mit Chloroform narkotisirt und
dann unter Wechseln der Masken durch Aufgiessen von kleinen
Aethermengen in der Narkose erhalten. Man kann dabei bemerken,
wie sich der Blutdruck unter dem Aether hebt. Die Narkose
kann lange Zeit, 1 — 3 Stunden, unterhalten werden, ohne dass
man die nachtheiligen Folgen langdauernder Chloroformeinathmungen
zu fürchten hat. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders für
langdauernde grosse (namentlich Bauch-} Operationen und bei
Störungen des Circulationssystems. —
Auch Gemische von Chloroform und Aether, Chloroform,
Aether und Alkohol (B i 1 1 r o t h) hat man angewandt, anscheinend
— 16 —
mit dem günstigsten Erfolge, da bei ihrer Anwendung kein Todes-
fall vorgekommen sein soll.
Die Morphium-Chloroformnarkose ermögliclit ebenfalls, geringere
Mengen Chloroform bis zur Empfindungslosigkeit zu verbrauchen,
indem man etwa 15 — 20 Minuten vor Beginn der Chloroformirung
dem Eö-anken 0,01 — 0,03 Morphium einspritzt. Macht man diese
Injection unmittelbar vorher, so können durch die Doppelwirkung
beider Mittel, welche den Blutdruck sinken lassen, noch leichter
KJreislaufsstörungen auftreten. Diese Art der Narkose ist von
besonderem Nutzen bei sehr aufgeregten, ängstlichen Kranken,
bei Potatoren, welche dadurch weit geringere Aufregung zeigen,
und bei allen Operationen im Gesicht oder am Halse, während
deren Blut in die Athmungswege gelangen kann, weil der Kranke
doch noch auf Anrufen gehorcht und das herabfliessende Blut aus-
hustet, ohne aber wesentliche Schmerzen zu empfinden (^z. B. bei
Kesection des Oberkiefers, der Amputation der Zunge u. s. w.).
Es wird dadurch also nur Schmerzlosigkeit (Analgesie) bei theil-
weise noch erhaltenem Bewusstsein erzeugt. Statt des Morphiums
kann man dem Kranken auch 2 — 3 g. Chloralhydrat geben.
Eür kurz dauernde Narkosen bei rasch auszuführenden
Operationen wird in neuerer Zeit namentlich das Bromaethyl ange-
wandt. 20 g. zur Zeit auf eine undurchlässige Maske gegossen
und unter möglichstem Luftabschluss eingeathmet, bewirken Gefühl-
losigkeit, aber keine Muskelerschlaflfung. In derselben "Weise wird
auch das Pental gebraucht.
Die übrigen zahlreichen Anaesthestica : Stickstofi'oxydul,
Methylenbichlorid, Dimethylacetal u. a. kommen für chirurgische
Zwecke wenig in Betracht.
Lokale Anaesthesie.
Um nur eine bestimmte Stelle des Körpers möglichst
empfindungslos zu machen, und dadurch die Schmerzen einer
Operation zu lindern oder zu beseitigen, bediente man sich schon
seit alter Zeit eines starken Druckes entweder auf den Haupt-
nerven oder auf den ganzen Umfang des Gliedes, wobei neben der
theilweisen Aufhebung der Nervenleitung zugleich auch der Blut-
strom ins Stocken geräth und dadurch die Blutung verringert
— 17 —
wurde. In dieser "Weise wirkt auch der Schnürgurt bei der
künstlichen Blutleere nach einiger Zeit etwas schmerzlindernd.
Auf der Thatsache fussend , dass erfrorene Theile ohne
Empfindung sind, suchte man ferner die Kälte als Anästhetikum
zu verwenden. Der betreffende Theil wurde mit Kältemischungen
behandelt, mit einem Eisstück oder Eisblasen belegt. Eichardson
benutzte den rasch verdunstenden ÄGthGr zur Erzeugung hoher
Kältegrade, indem er ihn aus einem Spray gegen die zu behandelnde
Stelle zerstäubte. In ganz kurzer Zeit gelingt es hierdurch die
Hautdecke völlig empfindungslos zu machen. Nach vorübergehender
Eöthung wird die von dem zerstäubten Aether getroffene Haut-
stelle weisslich, bei längerer Einwirkung fast pergamentartig
runzelig. Kleinere und rasch auszuführende Operationen, die sich
hauptsächlich auf Hautschnitte beschränken, können dann schmerzlos
ausgeführt werden. Bei dem Aufthauen der erfrorenen Stelle
entstehen meist recht heftige prickelnde Schmerzen, die man durch
Eintauchen des Theiles in warmes Wasser etwas lindern kann.
(K o c h e r).
Noch wirksamer als der Aether ist das Chlormethyl und
Chloraethyl (Bengue); ersteres wird am einfachsten in Tampons
auf die Haut gebracht (B a i 1 1 y), letzteres geräth schon durch
die "Wärme der Hand ins Sieden (Siedepunkt bei 11^ C.^;
man lässt es aus einer Glasröhre, die man in die Hand nimmt,
in feinem Strahle gegen die betreffende Stelle sprühen, wodurch
sehr rasch Anästhesie eintritt (Fig. 13),
Fig. 13,
Röhre mit Chloraethyl.
Am meisten gebräuchlich zur Erzeugung von Schmerzlosigkeit
ist aber das Cocain. Das salzsaure Salz desselben hat die Eigen-
schaft, auf Schleimhäute oder "Wunden gepinselt, obei^-
flächlich zu anästhesiren. Man benutzt hierzu 2 — 10 '^/o Lösungen,
Die Gefühllosigkeit tritt nach einigen Minuten ein und hält etwa
Esmarch-Kowalzig, Technik. 4. Aufl. 2
— 18 —
5 — 10 Minuten an, so dass sich kleinere Opei-ationen, schmerzhafte
Untersuchungen u. s. w. gut ausführen lassen.
Auf die unversehrte Haut aufgepinselt ist das Mittel unwirk-
sam. Hier wendet man daher Einspritzungen in und unter die
Haut an, in der Weise, dass man absatzweise je einige Theilstriche
der mit 5 — 10 Vo Lösung gefüllten Pravaz 'sehen Spritze an den
Händern des zu anästhesirenden Gebietes einspritzt. Doch rauss
vor zu grossen Mengen gewarnt werden, da nicht selten Ver-
giftungserscheinungen (Blässe, Schwindel, Ohnmacht, Kopf-
schmerz, Delirien) eintreten (Gegengift: Amylnitrit). Auch ist zu
bedenken, ob ein schneller Schnitt bei manchen kleinen Operationen
nicht leichter zu ertragen ist, als eine Injection z. B. in eine
entzündete Fingerkuppe.
Da die lokalen Anästhetika hauptsächlich die Vasoconstric-
toren beeinflussen und die hierdurch erzeugte Ischämie die sensiblen
Nerven lähmt, so ist auch theoretisch die praktisch erwiesene
Thatsache erklärlich, dass sowohl Aether als Cocain bedeutend
rascher und nachhaltiger Anästhesie hervorrufen bei
gleichzeitiger künstlicher- Ischämie durch An-
legung einer elastischen Schnür bin de oder bei
künstlicher Blutleere (s. u.)
Nur kurz sei hier erwähnt, dass der Arzt auch durch seelische
Beeinflussung bewirken kann, dass ein zu erwartender Schmerz
dem Kranken weniger zum Bewusstsein kommt, wenn er diesem
bestimmt versichert, „dass es nicht weh thue". Die Suggestion be-
sonders in der Hypnose liefert hierfür die treff'lichsten Beispiele.
Aber auch ohne die methodisch eingeleitete Hypnose gelingt es
mitunter, einen hierfür geeigneten Kranken z. B. zu „chloro-
formiren", wenn man ihm nur eine Maske, trocken oder mit
irgend einer ätherischen Flüssigkeit beträufelt vor die Nase hält.
Bei diesen mitunter als Nothbehelf zu wagenden Versuchen kommt
es natürlich sehr viel auf die Persönlichkeit, sowohl des Arztes,
als des Kranken an.
— 19
Einfache Operationen.
Die Operationswunde Avird in den weitaus meisten Fällen
durch den
Schnitt, Incision,
mit dem chirurgischen jüesser (Scalpell) angelegt. AVie man dieses
hält und handhabt, hängt von der persönlichen TJebung und Ge-
schicklichkeit ab, gewöhnlich unterscheidet man aber folgende
Messerhaltungen: Handelt es sich um feine, leichte Schnitte,
oder will man gewissermassen anatomisch präparirend vorgehen,
so hält man das Messer wie ein Schreibinstrument, wobei sich
der kleine Finger auf die Unterlage stützt (Fig. 14, 15).
Fig. 14. Fig. 15.
beim Präpariren
Fig. 16.
Schreibfederhaltung
beim Scbceiden TOn innen nach aussen.
Fig. 17.
Geigenbogenhaltung.
Tischmesserhaltung.
Will man mehr Kraft anwenden und lange flache Schnitte machen,
so fasst man das Messer wie einen Geigenbogen (Fig. 16), wobei
weniger seine Spitze, als die volle Schneide in "Wirksamkeit tritt.
2*
— 20 —
Zu noch grösserer Kraftentfaltung bei Durchtrennung derberer
Gewebe führt man das Scalpell wie ein Tiscbmesser, der Zeige-
finger ruht dabei auf dem Messerrücken (Fig. 17). Um endlich
alle "Weichtheile in festem Zuge bis auf den Knochen zu durch-
trennen, nimmt man das Messer, wie ein Schwert, in die volle
Faust.
Auf die Gestaltung der Messerklinge (Fig. 18), ob stark
bauchig oder gerade und auf die stets kunstgerechte „vorschrifts-
mässige" Haltung derselben kommt, wie gesagt, für den, der ge-
schickt, zierlich und leicht ein Messer zu führen weiss, wenig an,
wenn nur die damit gemachte Wunde eine reine glatte Schnitt-
Fig. 18.
1. 2 baucliig;
Messerklingen.
i spitz, 5 gerade, 6 stumpfendig.
wunde wird, die überall eine gleichmässige Tiefe und keine gerissenen,
gequetschten, zerfetzten E,änder hat. Unschön sind auch nament-
lich die „Schwänze" an Hautschnitten, d. h. wenn die Wund-
winkel nur seicht in die Haut geritzt sind. Von grosser Wichtig-
keit zur Erzielung glatter Schnitte ist es, die Haut möglichst ge-
spannt zu halten, bei kleineren Schnitten spannt man sie durch
Spreizen zweier neben die Wundränder aufgesetzter Finger (Fig.
19), bei grösseren durch Aufsetzen der Hände. Beim Vordringen
in die Tiefe ist in den meisten Fällen ebenfalls der glatte Schnitt
des Messers das geeignetste Verfahren. Stösst man auf Muskel-
interstitien und sonstige Bindegewebsschichten, so kann man
— 21 —
schneller auch auf stumpfem Wege vorwärts kommen, indem man
sie mit dem Messerstiel oder Finger auseinanderzerrt. Sind deut-
Fig. 19.
Spannung der Ränder beim Hautschnitt.
liehe Schichten vorhanden, so lässt sich die Hohlsonde (Fig.
20) anwenden; diese wird unter eine solche Schicht eingeschoben
Fig. 20.
Hohisonde.
und das Messer in ihrer Rinne entlang geführt (Fig. 21).
Schonender und namentlich hei Fig. 21.
feiner Präparation dünner mehr- ...,
facher Schichten zu empfehlen,
ist der Schnitt unter Erhebung
einer Grewebs falte (Fig. 22,
23). Zur Durchtrennung der Haut
hebt man diese zu beiden Seiten
der beabsichtigten Schnittlinie mit
je zwei Fingern empor. Dann
erfasst man eine Stelle der darunter
liegenden Gewebsschicht mit einer Pincette, der Gehülfe fasst mit
einer andern dicht daneben, die erhobene Falte wird zwischen den
beiden Pincetten leicht durchtrennt und dies wiederholt sich
Schicht für Schicht, bis man zur gewünschten Tiefe gelangt ist.
In solcher Weise verfährt man am häufigsten bei Freilegung einer
Arterie und eines Bruchsacks.
Trennung auf der Hohlsonde.
— 22 —
Fig. 22.
Fig. 23.
Hautschnitt mit Erhebung einer Gewebsfalte.
Fig. 24. Fig. 26.
Fig. 25.
Kleinerer Grösserer
stumpfer Haken nach v. Langenbeck.
Scharfer Haken nach von Volkmann.
Improvisirter Wundhaken.
23 —
Die "Wundhaken (Fig. 24 — 26) müssen immer schonend
gehandhabt werden: nehmen sie in kleinereu Wunden zu viel
Haum und Licht fort, so ersetzt man sie zweckmässig durch
Fadenschlingen, mit denen die Wundränder zum Klaffen ge-
bracht werden. Die Fäden benutzt man schliesslich zur Ver-
einigung der Wunde.
Mit der Sehe er e (Fig. 27, 28, 29) kann man ebenfalls
rasch und leicht eine Wunde vertiefen, doch liefert die Scheere,
die ja quetschend wirkt, Aveniger scharfe Schnittränder; immer-
hin lässt es sich recht bequem und sicher mit ihr arbeiten,
z. B. bei der Auslösung mancher Geschwülste. Neben der
geraden Scheere hat man zum Schneiden in der Tiefe auch
die winklig zur Kante gebogene Kniescheere. Die sanft
zur Fläche gebogene C o o p e r ' sehe Scheere dient hauptsächlich
zu flächenhaften Schnitten.
Fig. 27.
Mg. 28.
Fig. 29.
Gerade Scheere.
Cooper's Scheere.
Kniescheere.
Der Stich, Punktion,
dient zur Entleerung von Flüssigkeiten aus den Körperhöhlen, zur
Erkennung pathologischer Veränderungen in den tieferen Schichten
oder endlich zur Einverleibung flüssiger Arzneien.
— 24
Grössere Stichöffnungen kann man mit schmalem spitzigem
Messer anlegen, welches man in steiler Haltung in die Haut ein-
senkt. Will man aber die Blutung aus grösseren Gefässen ver-
meiden, so benutzt man runde Röhren, die nur an der Spitze
zugeschärft sind. Der Troicart (Fig. 30) besteht aus einer Metall-
röhre, deren Lichtung durch einen ausziehbaren vorn dreikantig
zugespitzten Stachel ausgefüllt wird. Das Instrument wird mit
kräftigem Ruck eingestossen und der Stachel ausgezogen, so dass
die Elüssigkeit aus der Röhre ablaufen kann. Will man die
Stichöffnung sehr klein machen, so dass sie sich nach Entfernung
des Instruments von selbst schliesst und ohne weitere Behandlung
heilt, dann wählt man feine schreibfederförmig zugespitzte Hohl-
nadeln, durch welche mit einer genau passenden Spritze die
Flüssigkeit angesaugt oder eingespritzt wird.
Pig, 30. Zu diagnostischen Zwecken (AcidO- Fig. 31.
peirastik, Middeldorpf 1856) benutzt
man troicartähnliche Instrumente, die
hinter der Spitze des Stachels eine
kleine ringförmige Vertiefung haben, in
welcher sich beim Auf- und Abwärts-
schieben des Stachels in der Röhre ge-
ringe Mengen des Gewebes festsetzen,
die zur mikroskopischen Untersuchung
geniigen. Auch hat man solche mit ge-
spaltener und bei zurückgezogener Röhre
auseinanderfedernder Spitze (Fig. 31).
Zur Einspritzung von Arzneien
(Injection) dienen die mit feiner Hohl-
nadel versehenen Spritzen. Die be-
kannte viel gebrauchte Spritze nach
Pravaz (Fig. 32) enthält genau 1 gr.
Flüssigkeit; ihr Cylinder ist in 10 Theile
getheilt, so dass eine bestimmt zu be-
messende Menge durch das Voi'schieben
des Kolbens in den Körper gebracht Akjd'dpeiras'tfk
Troicart. werden kann. Man verfährt hierbei nach v. Esmarch.
folgendermassen :
Nachdem man die bestimmte Menge der Lösung in die Spritze
eingesogen und die etwa mit eingedrungene Luft durch Vorschieben
des Stempels bei erhobener Spitze ausgetrieben, erhebt man eine
25
Hautfalte irgendwo am Körper, stösst die sj)itze Canüle rasch
durch die Basis der Falte bis in das Unterhautgewebe ein, über-
zeugt sich durch einige Seitenbewegungen, dass die Spitze nicht etwa
nur in das Corium oder gar in eine Vene eingedrungen ist, und ent-
leert den Inhalt durch langsames Vorschieben des Stempels (Fig. 33).
Darauf zieht man die
Canüle wieder heraus und
setzt den Zeigefinger einige
Augenblicke auf die Stich-
Öffnung, um das Ausfliessen
der injicirten Flüssigkeit zu
verhindern. Ein gleichzeitig
mit dem Mittel- und Ring-
finger ausgeübter leichter
Druck und gelindes Reiben
befördert die Yertheilung und
Resorption der Lösung.
Es ist nothwendig, auch
bei dieser kleinen Operation
nicht nur die Spritze und die
eigenen Pinger, sondern auch
die zur Einspritzung gewählte
Hautstelle vorher sorgfältig zu
reinigen und zu desinficiren.
Sonst entstehen darnach leicht ... . . , . .•
Spritze zur subcutanen Iniection
subcutane Abscesse. a, nach Pravaz, b nach Over-
lach, c nach Koch.
Fig. 33.
Einspritzung unter die Haut.
— 26 —
Das Zerstören Ton Oeweben
kann auf mechanische Weise oder durch die Glühhitze
oder durch Aetzung mit chemischen Stoffen ausgeführt werden.
"Weiche Gewebe lassen sich sehr gut mit dem scharfen
Löffel (v. Volk mann, Fig. 34) abschaben, namentlich Lupus,
wuchernde Granulationen und die weichen Geschwülste und
Knochenherde. Handhabt man das Instrument richtig, indem
man in kräftigem Zuge über die erkrankte Stelle hinwegfährt,
so leistet es auch zugleich 4ifigßostische Dienste, indem nur krank-
haftes Gewebe geschabt werden kann, gesundes dagegen stehen
Fig. 34.
Scharfer Löffel.
Fig. 35.
bleibt. Dies ist namentlich bei der häufig geübten Auslöffelung
des Lupus von Werth, weil man während der Operation an der
characteristischen "Weichheit einzelner Stellen diese noch als neue
Herde erkennen kann. Durch bohrende Bewegungen mit dem
Löffel sind auch mehr in die Tiefe dringende Gänge und Herde,
namentlich tuberkulöse Knochenerweichungen zu beseitigen.
Die Glühhitze (Cauterium actuale) wurde früher in
ausgedehntester Weise nicht nur zur Gewebszerstörung, sondern
auch zur Blutstillung
und als Ersatz des
Messers angewendet.
Die Glüheisen tragen
an ihrem geraden oder
winklig gebogenen
Stiel verschieden ge-
staltete Kolben und
werden in einem
Kohlenbecken, Herd-
feuer oder dgl. bis
zur hellen Eothgluth
oder Weissgluth erhitzt. In manchen Fällen ist das alte GlÜh-
eisen (Fig. 35) oft das beste Zerstörungsmittel und kann nament-
Glüheisen.
— 27 --
lieh von Landärzten nicht leicht entbehrt werden, da es sich auch
leicht improvisiren lässt, z. B. aus irgend einem für den be-
stimmten Zweck passend geformten Stück Eisen, oder indem man
ein Stück dicken Draht (Telegraphendraht im Kriege} an einem
Ende kegelförmig oder -p. „g
glatt aufrollt und das
andere spitzgefeilte Ende
in einen Holzstab steckt
(Brandis, Fig. 36). Im
allgemeinen aber ist das
Glüheisen wenig mehr in
Gebrauch, seitPaquelin
den Thermokauter (Fig.
37} ersann, der bequemer
zu handhaben, aber leider ziemlich theuer ist. Seine Wirkung
besteht darin, dass eine verschiedengeformte Hülse aus Platinblech,
Fig. 37.
Glüheisen aus Telegraphendraht nach Brandis.
Thermokauter nach Paquelin.
in deren Innern sich Platinschwamm befindet, durch zuströmende
Dämpfe von Benzin oder Petroläther zum Glühen gebracht wird.
28 —
Fig. 38.
Die Platinhülse a wird zunächst über einer Spiritusflamme
einige Minuten angehitzt (Fig. 38), darauf das Grebläse b erst
sanft, allmählig stärker in Bewegung gesetzt, bis die Platinspitze
hellglühend wird. Versagt ein Thermokauter, so ist es gut, ihn
einige Zeit in starker Flamme ohne Zuleitung von Dämpfen aus-
zuglühen. Nach dem Gebrauch sollte man es vermeiden, ihn zur
schnelleren Abküh-
lung in kaltes
Wasser zu tauchen.
Durch den Thermo-
kauter, der so zier-
lich aussieht und
so leicht zu hand-
haben ist, hat das
Feuer in der Chirur-
gie an Schrecken
verloren, an viel-
facher Anwendung
aber gewonnen. Je
nachdem man kuge-
lige, messerartige,
nadeiförmige An-
sätze wählt, kann
man mit dem In-
strument flächen-
haft zerstören, oder
blutlose Schnitte
brennen und da-
mit, wo es nöthig
Anglühen des Thermokauters. ^^j^^j^^^ theilweise
das Messer ersetzen, oder die feinsten Stichelungen ausführen. Die
Weissgluth zerstört zwar die Grewebe schneller, vermag aber
nicht, Blutung zu verhüten, die Rothgluth verkohlt die Gewebe
langsamer, wirkt aber auch blutstillend. Bei zu langem Verweilen
in den Wunden beeinträchtigen die sich an das rothglühende
Metall ansetzenden verkohlten Gewebsfetzen oft seine AVirkung.
Dann müssen diese ausserhalb der Wunde durch Steigerung der
Gluth zum Abstossen gebracht w^erden. Die durch den Thermo-
kauter erzeugten Brandscborfe heilen meist ohne Eiterung, zumal
wenn sie nur oberflächlich sind ; daher man auch selbst in der
— 29
Bauchhöhle zur Trennung von Adhäsionen, Blutstillung in Stümpfen
u. s. w. den schwachrothglühenden Thermokauter anwendet.
Die Galvanokaustik (Middeldorpf) bezweckt, ein Stück
Platindraht mit Hülfe einer elektrischen Batterie glühend zu machen.
Hat man die dazu nöthigen Vorrichtungen, so ist ihre Anwendung
verhältnissmässig einfach. Da dieselben aber ziemlich kostspielig
sind, so wird diese Kunst wohl mehr in Hospitälern und von
Specialisten, als vom praktischen Arzte geübt. Man benutzt jetzt
hauptsächlich Tauch-Batterien, z.B. die von Voltolini, und den
von Bruns und Böcker angegebenen Ha nd griff (Fig. 39), in
welchen die verschiedenen Ansätze gesteckt werden; während diese
Fig. 39.
Fig. 40.
Galvanokaustische Schneideschlinge und Tauchbatterie.
Galvanokaustische Apparate.
aber für chirurgische Zwecke fast überall durch den Thermokauter
sich ersetzen lassen, hat die galvanokaustische Schneideschlinge
(Fig. 40) vor diesem den grossen Vortheil, dass der Draht kalt
in das Gewebe eingeführt werden kann (z. B. in eine Fistel oder
um einen Stiel oder einen Strang in der Tiefe der Wunde) und
erst dann, wenn man sich von seiner richtigen Lage überzeugt hat,
augenblicklich durch den Schluss der Kette zum Glühen kommt.
In dieser Art lassen sich die Gewebe in feinem Schnitt blutlos
durchtrennen ; am häufigsten wird die Galvanokaustik wohl noch
— 30 —
für die feinen Operationen in der Nasenhöhle, im Kehlkojjf und
im Ohr angewandt.
Die Galvanopunktur bewirkt eine langsame Zerstörung von
Greweben dadurch, dass zwei Nadeln aus Platin in den kranken
Theil eingestochen werden, welche mit der elektrischen Batterie
verbunden sind; der Strom geht dann durch das Grewebe von
einer Nadel zur andern und bewirkt eine Zersetzung desselben.
Man kann auf diese Art kleine Warzen, Haarwurzeln u. dergl.
zerstören, aber auch selbst grössere Geschwülste, wenigstens theil-
weise, zum Schwinden bringen (Elektrolyse).
Zum Zerstören von Greweben wendet man ferner chemische
Mittel an, welche verschorfend und ätzend wirken (AetzmJttel,
Caustika, Cauterium potentiale).
Kali causticum, Aetzkali, weisse, etwa federkieldick gegossene,
an der Luft zerfliessliche Stangen, die bei der Berührung mit dem
Gewebe auch die Umgebung der zu behandelnden Stelle durch
Zerfliessen zu einem weissen Schorfe verätzen.
Argentum nitricum fusum, Lapis infernalis, Höllenstein in
Form und Farbe wie der vorige, wirkt nur auf die berührte Stelle
ein, und wird hauptsächlich zum Bestreichen schlechter Granulationen
angewandt, welche es mit einem weissen Schorf von Silberalbuminat
Fig. 41. bedeckt. Die Vermischung von Höllenstein und Salpeter
(1:1 oder 1 : 2} ist härter und milder wirkend als
der reine Höllenstein (Lapis mitigatus).
Cuprum SUlfuricum, Kupfersulfat in Stangen
(Blaustift) wirkt nur schwach ätzend.
Man nimmt die Aetzstifte entweder in die freie
Hand, nachdem man sie zuvor mit etwas Gaze oder
Watte an einem Ende bewickelt hat, oder benutzt zum
Halten reissfeder- oder pincettenähnliche Instrumente,
Aetzmitielträger (Fig. 41), bei denen man aber darauf
zu achten hat, dass der Aetzstift festsitzt, damit er
nicht etwa während des Gebrauchs in die Wunde falle.
Die mit dem Stift bestrichenen Stellen schmerzen nur
wenig, namentlich wenn man sich hütet, den zarten, weiss-
Aetzmittelträger. liehen Epithelsaum einer heilenden Wunde zu berühren.
Grössere Flächen, geschwürig zerfallene, nicht mehr durch
das Messer zu entfernende Geschwülste zerstört man mit den
weichen Aetzpasten.
— 31 —
Wiener Aetzpaste (Pasta viennensis): 6 Theile Aetzkalk und
5 Theile Aetzkali werden mit Weingeist zu einem Teig angerührt
und dieser etwa 5 mm dick mit einem Holzspan aufgetragen ; nach
6 — 10 Minuten hat die leicht zerfliessliche Masse einen grauen
festen Schorf erzeugt, der auch in der Umgebung sich als graue
Linie zeigt. Nun wird die Paste entfernt und die geätzte Stelle mit
angesäuertem Wasser neutralisirt. Der Schorf stösst sich nach
heftiger Entzündung in etwa 8 Tagen ab.
Chlorzinkpaste (C an quo in) Pulverisirtes Chlorzink und
Eoggenmelil werden in verschiedenem Verhältniss (je nach der
beabsichtigten Stärke der Wirkung 1:2, 1:3, 1:4} mit wenig
Wasser zu einem Teig geknetet und in -^j^ — 1 cm dicken Platten
aufgelegt, welche erst nach 12 — 24 Stunden abgenommen werden.
Die Oberhaut muss an der Aetzstelle durch einen heissen Hammer
entfernt sein, da das Chlorzink die Epidermis nicht angreift.
Die Aetzung ist scharf begrenzt und erzeugt einen leder-
artigen Schorf, ist aber mit heftigen Schmerzen verbunden, die
man durch Zusatz von Opium oder Morphium etwas lindern kann.
Nach 8 — 10 Tagen lösst sich der Schorf, die Wunde zeigt gute
Granulationen. Nöthigenfalls muss die Aetzung durch Auflegen
frisch bereiteter Paste wiederholt werden.
Arsenikpaste (Pasta arsenicalis Frere Cosme). Das
Cosme-Pulver (ursprünglich: Arsenici albi 3,5, Sanguinis draconis
0,7, Cinnabaris 8,0, Cineris solearum antiquarum combustarum 0,5}
wird mit etwas Wasser zu einem Teig gemischt, einfacher aber
vermengt mau 1 Theil Arsenik mit etwa 15 Theilen Stärke und
Wasser. Wird nur messerrückendick und in nicht zu grossem
Umfange (Vergiftung) aufgetragen, und erzeugt unter den heftigsten
Schmerzen einen lederartigen Schorf, der nach 12 — 20 Tagen
abfällt und eine gut granulirende, bald vernarbende Geschwürs-
fläche hinterlässt. Vergiftung durch rasche Resorption ist namentlich
bei Theilen, welche nicht mit Epidermis überzogen sind, zu fürchten.
Wenig giftig und schmerzloser ist, namentlich zur Zerstörung
jauchender Geschwülste, das Aufstreuen eines ArsenikätzpulverS aus
Acid. arsenicos., Morph, muriat aa 0,25, Calomel 2,0, Gi arab. 12,0
(v. Esmarch).
Die Pockensalbe (1 Th. Tartarus stibiat. 4 Th. Adeps) ist
zu oberflächlicher Aetzung und Ableitung manchmal noch in
Gebrauch.
32
Schwefelsäure verätzt die Gewebe zu einem grauen oder
braunen Schorfe. Eaucbende Salpetersäure erzeugt gelblicb-
grünlichen Schorf (Xanthoprotein), ebenso Chromsäure. ßeine
Carbolsäure ätzt schmerzlos mit weisslichem Schorf. Sublimat
(1:10 Collodium) ist nur für sehr kleine Stellen (Warzen) an-
wendbar wegen seiner Giftigkeit. iVlllchsäure verätzt Neubildungen
zu einem schwärzlichen Brei, lässt aber normales Gewebe unver-
sehrt (v. M 0 s e t i g - M 0 o r h o f). Die Milchsäurepaste, aus
gleichen Theilen des Mittels und Kieselsäure bestehend, wird messer-
rückendick auf Gummipapier gestrichen dem kranken Theil auf-
gelegt und bleibt 12 Stunden liegen.
Bei Anwendung aller flüssigen und weichen Aetzmittel ist es
nöthig, die Umgebung durch Bekleben mit Heftpflaster oder dickes
Bestreichen mit Fetten, Collodium u. dergl., vor unbeabsichtigten
Nebenwirkungen zu schützen.
Fig. 42.
Die Tereüiiguug der Wundränder
bewirkt man bei reinen frischen Wunden und bei denjenigen
Operations wunden, welche sich nicht durch Granulationsbildung
schliessen sollen, durch
die Wundnaht.
Diese wird angelegt mit geraden oder
zur Fläche gekrümmten, an ihrer Spitze
glatt zweischneidigen Nadeln (Fig. 42).
Grosse Nadeln führt man aus freier
Hand, kleinere fasst man mit einem
Nadelhalter, wodurch eine bequemere
und sichere Führung ermöglicht wird.
Am einfachsten und überall brauchbar
ist der zangenartige Nadelhalter
nach Dieffenbach (Fig. 43). Für
Nähte in tiefen Wunden und in Höhlen
eignen sich besonders der von H e g a r
(Fig. 44) und der ..Schwan" nach Küster (Fig. 45). Der
Nadelhalter nach B. o u x (Fig. 46), dessen auseinanderfedernde
Enden durch eine verschiebbare Hülse geschlossen werden, ist jetzt
zwar weniger allgemein im Gebrauch, aber doch recht praktisch.
Hagedorn empfahl statt der zur Fläche gebogenen Nadeln
solche, die zur Kante gebogen und geschliffen sind (wie krumme
Chirurgische Nadeln.
Fig. 43. Fig. 44.
— 33 —
Fig. 45.
Fig. 46. Fig. 47.
nach Dieffenbach.
Nadelhalter
nach Hegar. nach Küster. nach Roux. nach Hagedorn
Fig. 48.
Säbel. Fig. 48), zu benutzen, weil
diese Form Stichkanäle erzeugt,
die beim Anziehen des Fadens
nicht klaffen, sondern schlitzförmig
bleiben und weil es sich sehr leicht
und bequem mit ihnen nähen
lässt, wenn man sich des dazu
passenden Nadelhalters (Fig. 47)
bedient, der übrigens völlig zer-
legt und sterilisirt werden kann.
Zum Nähen verwendet man:
1) Catgut, fabrikmässig zubereitete Darmsaiten (Yiolinsaiten)
von verschiedener Dicke, die in den Körpergeweben aufquellen und
allmähhg aufgesogen werden. Man macht es keimfrei und aseptisch
nach den Bd. I, S. 12 angegebenen Regeln, da sonst gerade bei An-
Esmarch-Kowalzig, Technik, 4. Aufl. 3
Nadeln nach Hagedorn.
— 34 —
Wendung dieses tlnerischen Stoffes leicht Eiterungen in den Stich-
kanälen auftreten.
2) Seide: Ungebleichte, rohe chinesische Seide ist das beste
Nähmaterial, welches sich durch Auskochen leicht keimfrei machen
lässt; auch tränkt man sie mit Antisepticis : Carbolseide durch
Auskochen in 5 ^/q und Einlegen in 3**/^ Carbollösung (Czerny),
Sublimatseide durch Einlegen der gekochten Fäden in I^Iq
Sublimatlösung, Jodoformseide durch Einlegen in Jodoform-
äther.
3) Zwirn ist ebenso gut zu verwenden als Seide, aber etwas
billiger.
4) Seegras, SilkWOrm (von der Seidenraupe stammend) nennt
.man. etwa -^j^ m lange glatte, weissglänzende Fäden, welche ein
ganz vorzügliches (und auch nicht zu theures) Nähmaterial abgeben,
da sie selbst lange Zeit völlig reaktionslos, ohne resorbirt
zu werden, in den Körpergeweben belassen werden können ; sie
sind ausserdem fast unzerreisslich, daher namentlich bei stark ge-
spannten Wundrändern und zu Entspannungsnähten von Nutzen.
Sie werden durch Einlegen in 3 ^/^ Carbollösung desinficirt und
trocken verwahrt, oder kurz vor dem Gebrauch gekocht.
Ein billiger Ersatz dieser Fäden, namentlich im Kriege und
auf dem Lande, sind die Pferdehaare.
5) Metallfäden: Silberdraht und Eisendraht lässt sich
durch Auskochen oder Ausglühen in einer Spiritusflamme leicht
keimfrei machen und dient hauptsächlich zu Entspannungsnähten
und Vereinigung leicht wieder auseinander weichender Wundränder
(Laparotomieen, Bruchpforten) und zur Knochennaht.
Man näht in verschiedener Weise:
1) Die Knopfnaht, unterbrochene Naht (Fig. 49), ist die
gebräuchlichste und zweckmässigste, weil sie eine sehr genaue Ver-
einigung der Wundränder ermöglicht. Nachdem der Faden durch
beide Seiten hindurch geführt ist, wird er geknotet und etwa
Fig. 49. 1 cm vor dem Knoten abgeschnitten. Der
^ "r T 4 Knoten wird immer seitlich von der
1 ii '-■ Wundlinie angelegt, gerade über der
Jt» Jtfc « i Wunde würde er diese leicht drücken und
Knopf naht. ihre genaue Verklebung beeinträchtigen.
Von Wichtigkeit ist es auch, den Faden mit einem sicheren Doppel-
knoten zu knüpfen, der sich nicht von selbst löst. Dazu dient
— 35
der Schifferknoten (Fig. 50), bei dem beide Fadenenden in der-
selben Richtung durch beide Schlingen treten, während bei dem
falschen oder Weiberknoten (Fig. 51), der nicht sicher hält, die
beiden Fäden in entgegengesetzter Richtung durch die Schlingen
laufen.
Fig. 50. Fig. 51.
Schiffer- oder Kreuzknoten.
Falscher oder Weiberknoten.
Einen Schifferknoten macht mau so, dass man beim Schürzen
des ersten und zweiten Knotens den gleichen Faden zu oberst (oder
zu Unterst) legt. Dies erreicht man am leichtesten auf folgende Weise:
Man schlingt das rechte Ende von unten her über das linke und die
linke Zeigefingerspitze so hinweg, dass die rechte Hand nach links oben,
die linke nach rechts unten zu liegen kommt, wenn der erste Knoten
geschürzt ist (Stellung „über der Hand"). Dann führt man die rechte
Hand auf demselben Wege zu ihrer Ausgangsstellung zurück, d. h. das
rechte Ende wird über das linke gebracht und unter ihm hindurch nach
rechts oben herausgezogen. In anderer Weise lässt sich der Knoten
unter Wechseln der Eadenenden in den Händen schürzen: Von
den herabhängenden Enden der Schlinge wird das linke mit der rechten
Hand über das mit der linken Hand gefasste rechte Ende hinweg ge-
schlungen und nach rechts herausgezogen und darauf unter Wechseln
der Hände über das rechte hinweg nach links geführt, so dass sich nun
in jeder Hand das ursprüngliche Ende befindet.
Wenn die Wundränder sehr gespannt sind, so ist es zweck-
mässig, beim ersten Knoten Fig. 52.
die Fäden zweimal um ein-
ander zu schlingen (Chirur-
gischer Knoten, Fig. 52)
und darauf den zweiten
Knoten, wie beim Schiffer-
knoten zu schürzen. Dieser
Knoten hält schon beim
ersten Knoten die Wund-
ränder fest zusammen,
während man beim Schiffer- und Weiberknoten die Enden fest
Chirurgischer Knoten.
— 36 —
angezogen halten muss, indem man den zweiten Knoten knüpft,
da sie sonst auseinanderweiclien.
"Will man eine grössere "Wunde durch die Knopfnaht schliessen,
so verfährt man dabei folgendermassen : Zunächst werden die Wund-
ränder möglichst so aneinander geschoben und gehalten, wie sie ver-
näht werden sollen, dann legt man die erste Naht in der Mitte an, die
beiden folgenden zu beiden Seiten in der Mitte zwischen dieser und den
Wundwinkeln und die weiteren nach Bedarf immer zwischen zwei
Nähten, bis die Wundränder überall gut aneinander liegen. Sind
diese überall gleich dick, so führt man die Nadel beiderseits gleich-
massig tief hindurch. Zeigt sich beim Schliessen des Knotens, dass
der eine Wundrand tiefer liegt als der andere, so wird er mit
der Pincette oder einem feinen Häkchen etwas gehoben, oder der
andere etwas niedergedrückt (Fig. 53). Sind die Wundränder ungleich
Fig. 53. Fig. 54. Fig. 55.
hoch, SO durchsticht man den dickeren flach, den dünneren tiefer, aber
dichter am E.and (Fig. 54) ; krempen sich dünne Wundränder nach
innen um, so führt man die Nadel dicht am Rande ein (Fig. 55),
und hebt die E-änder beim Knoten des Fadens beiderseits mit
Häkchen empor, oder, wenn es geht, drückt man mit zwei Fingern
beide Wundränder zu einer kleinen Falte zusammen und vernäht
sie in dieser Lage. Ist der eine Wundrand ein wenig länger,
als der andere, so macht man die Zwischenräume auf dem längeren
etwas grösser als auf dem kürzeren — bei gleicher Zahl der
Stichöffnungen. Während des Knotens wird dann der längere
Hand im Granzen etwas zusammengeschoben mit dem andern ver-
einigt (verhalten nähen). Nahe am Wundrand und nur ober-
flächlich sticht man die Nadel durch, wenn man eine recht genaue
Vereinigung erzielen will, weiter vom Wundrand ab und tiefer
eingestochen dient die Naht mehr zur Entspannung der ober-
flächlichen Nahtlinie und zur Vereinigung tiefer gelegener Theile.
Meist wendet man beide Arten zusammen an, derart, dass man
zunächst einige tiefe Haltenähte anlegt, dann die Ränder durch
— 37 —
oberflächliche Xähte genau vereinigt und je nach Bedarf zum
Schlüsse noch die nöthigen Entspannungsnähte hinzufügt (Fig. 56).
Fig. 56. ^^ Fig. 57.
1 , ..-
Combinirte Nähte.
Entfernung des Fadens.
Xach Heilung der ^'unde ist die Entfernung der Fäden
leicht, wenn man mit gutem Catgut genäht hat : das in der
"Wunde liegende Stück der Xahtschlinge ist resorbirt, das auf der
Haut liegende mit dem Knoten ist an dem ausgetrockneten Ver-
band festgeklebt und wird bei dessen Abnahme gleich mit entfernt.
Ist keine Resorption eingetreten oder bat man mit anderen Stoffen
genäht, so erfasst man ein Fadenende des Knotens mit einer
Pinzette, hebt ihn sanft auf, schneidet mit einer Scheere zwischen
Knoten und Haut den Faden durch und zieht ihn nach der
abgeschnittenen Seite hin (Fig. 57) seitlich heraus: die
frisch verklebten Wundränder werden dadurch nicht auseinander
gezerrt, sondern gegen einander gedrückt.
Fig. 58.
Fig. 59.
Fortlaufende oder Kürschnernaht.
Knotung der fortlaufenden Naht.
2) Die fortlaufende oder Kürschnernaht (Fig. 58) lässt sich viel
rascher anlegen, als die Knopfnaht und vereinigt die Wundränder
sehr innig mit einander : Man beginnt an einem "Wundwinkel mit
einer Knopfnaht, schneidet aber den Faden nacli der Knotung
nicht ab, sondern sticht die Xadel in einiger Entfernung senk-
recht zur "Wundlinie wieder durch beide Ränder hindurch, zieht
den Faden, der dann schräg über die Wunde zu liegen kommt,
— 38
etwas an und nälit nun „fortlaufend" bis zum andern "Wuudwinkel
weiter. Um den Faden schliesslich zu knoten, zieht man die
letzte Naht nicht an, sondern verknüi^ft ihre Schlinge mit dem an
dem andern Wundrand durchgestochenen Fadenende (Fig. .59),
oder man geht fortlaufend über der eben angelegten Nahtlinie zum
Anfang zurück (wobei nun die Fäden kreuzweise zu liegen kommen),
und verknotet das Fadenende mit dem einen noch lang gelassenen
Ende der zu Anfang angelegten Knopfnaht.
3) Eine oft brauchbare Abänderung der fortlaufenden Naht ist
die Languettennaht (Fig. 60), bei welcher die Spitze der Nadel,
ehe man sie hervorzieht, jedesmal
unter die Faden schlinge des vorher-
gehenden Stiches durchgeschoben wird.
Tiefe Nähte, welche die Wund-
flächen auch in der Tiefe an ein-
anderpressen, wendet man bei Hohl-
räumen (todten "Winkeln) im Grunde
der Wunde an. Sind diese sehr unregelmässig gestaltet und
ist die Tiefe der Wunde beträchtlich, so legt man versenkte
oder verlorene Nähte (mit Catgut) an, welche die einzelnen
Gewebsschichten mit einander vereinigen und über einander zu
liegen kommen (Etagennaht). Man kann sie als fortlaufende
oder Knopfnaht anlegen. Aber auch zugleich mit der Haut
lassen sich die tieferen Schichten in einfach gestalteten Wunden
durch tiefgreifende Knopfnähte vereinigen, wenn man nur die
Nadel richtig führt und in genügender Entfernung vom Wund-
rand alle Schichten nach einander durchsticht, sie werden dann
bei der Knotung fest an einander gepresst.
Folgende Nähte werden hauptsächlich als tiefe Hautnähte
Languettennaht.
verwendet :
Fig. 61.
Fig. 62.
Faltennaht. Matratzennaht.
4) Die Falten naht (Fig. 61) dient vorzugsweise zur Vereinigung
sehr dünner und schlaffer Hautränder (z. B. an den Augenlidern),
diese werden zu einer Falte erhoben, so dass sich die Berührungs-
flächen veroTÖssern.
— 39 —
Fig. 63.
5) Die Matratzennaht (Fig. 62) ist dieselbe, nur dass die Nadel
viel tiefer durchgeführt wird. Sie wird manchmal zu Entspannungs-
nähten benutzt.
6) Die Balken- oder Zapfen-
naht (Fig. 63) wird mit runden
Stäbchen (Sondenstücke, Catheter-
stücke) angelegt, welche man
durch Seiden- oder Metallfäden
fest zusammenzieht.
7)DieBleiplattennaht(Lister, ^^ \]f 'ß
Fig. 64) wird mit Silberdrähten Zapfennaht,
ausgeführt, deren Enden durch ovale, in der Mitte durchbohrte
Bleiplatten gezogen und an deren aufgeklappten Seitenflügeln in
Achtertouren festgewickelt werden.
Fig. 64.
liiyj'iii] :
';lli !
Bleiplattennaht.
8)BeiderPerlennaht(Thiersch,
Fig. 65) werden die Silberdrähte
zuerst durcb Bleiplatten, dann durcb
Glasperlen gezogen und durch Auf-
wickeln um ein Stäbchen (Zünd-
holzstückchen) befestigt.
9) Die Schrotkugelnaht ist ähn-
lich, aber einfacher ; die Fadenenden
(Seide, Silberdraht) werden in durch-
lochte Schrotkuffeln afesteckt und
Fig. 65.
i
Perlennaht.
— 40 —
diese dicht über der Haut mittelst einer Zange um den Faden
zusammengepresst.
Diese letzteren Nähte sind, wie schon aus ihrem Zubehör
ersichtlich, nur nach den nöthigen Vorbereitungen ausführbar, sie
dienten für bestimmte Zwecke, namentlich zu Nähten an Damm,
Mastdarm, Scheide und werden jetzt wohl nur noch selten in An-
wendung gezogen ; ebenso
Fig. 66.
Umschlungene Naht.
10) die umschlungene Naht (Fig. 66): diese wird mit Insekten-
nadeln angelegt, deren Spitzen lanzenförmig geschliffen sind.
Nachdem sie in einiger Entfernung von den Wundrändern durch
die Haut hindurch geführt sind, umwickelt man sie mit sterilen
dicken Baumwollenfäden in abwechselnden Kreis- und Achtertouren
der Art, dass die Hautränder fest gegen einander gedrängt werden.
Auch kann man kleine Gummiringe über die Nadeln streifen.
Dann kneift man die Enden der Nadel mit einer Beisszange ab.
Zur genaueren Vereinigung der "Wundränder legt man in den
Zwischenräumen zwischen den Nadeln einige feinere Knopfnähte
an. Man kann die Nadelstümpfe am zweiten Tage durch
drehende Bewegungen mittelst einer Zange herausziehen, die Faden-
wülste aber, welche durch Blut meist mit der Haut verklebt sind,
noch einige Tage liegen lassen.
Ganz kleine oberflächliche Wunden, deren Ränder
nicht klaffen, können auch ohne Naht vereinigt werden durch feine
— 41 —
"Watteflöckclien oder Gazestückchen, die mit Jodoformcollodium be-
strichen werden (s. a. Bd. I. S. 41). Auch das englische Pflaster
und Heftpflaster sind nur bei kleinsten TTunden yerwendbar, vor-
ausgesetzt, dass die Blutung vollständig gestillt und die TTunde
nicht inficirt ist, denn durch die Yerklebung mit Pflastern ist
den Secreten der Abfluss versperrt und es können Entzündung,
Eiterung u. s. w. eintreten. .,Ein Arzt, welcher eine frische
Wunde ohne antiseptische Vorsichtsmassregeln mit Heftpflaster
zusammenklebt, setzt sich der Gefahr aus, vom Staatsanwalt zur
Rechenschaft gezogen zu werden.'"' (v. Xussbaum.)
Die Eutferming Ton rremdkörperu.
Sitzt ein von aussen eingedrungener Fremdkörper in einer
Körperhöhle oder in einer Wunde nur oberflächlich und so, dass
er leicht zu erreichen und zu fassen ist, so ist es nicht schwer
ihn zu entfernen. Man sollte dies möglichst bald thun, da
andernfalls leicht Entzündungserscheinungen eintreten können,
Fig. 67.
Anatomische Pinzette.
aber auch möglichst schonend, um keine unbeabsichtigten J^eben-
verletzungen zu machen. Man fasst den Körper mit einer
Kornzange (Fig. 67), kleinere auch mit einer guten anatomischen
Pinzette (Fig. 68). Manchmal gelingt es in engen Höhlungen
— 42 —
besser, den Körper mit einer Drahtschlinge (z. B. aus einer
Haarnadel} zu umgehen und von hinten her herauszuwerfen,
lieber die Fremdkörper iu den Körperhöhlen und Gängen siehe
Genaueres Bd. III.
Scharfe spitzige Gegenstände, die unter die Haut
eingedrungen sind, verursachen oft Schwierigkeiten und machen mit-
unter auch eine Erweiterung der meist kleinen Hautwunde nöthig, so
namentlich Glassplitter, die mit ihren scharfen Kanten die "^unde zer-
fleischen. Abgebrochene ILesserklingen u. dgl. lassen sich wegen
ihrer Glätte schlecht fest fassen. Man umwickelt daher das Ende der
Zange oder Pinzette mit Heftpflaster oder nimmt einen Xadelhalter
mit weicher Bleieinlage. Nadeln kann man, wenn sie unter der
Haut fühlbar sind, zwischen zwei Fingern so gegen die Haut
drücken, dass sie diese von innen her durchstechen. Häkelnadeln
lassen sich mit kräftigem Kuck ohne "W^eiteres herausreissen.
Angelhaken, Pfeilspitzen und ähnliche mit stärkeren Widerhaken
versehene Fremdkörper müssen in der Hichtung des Einstichs
weiter geschoben oder aber durch einen Schnitt freigelegt werden.
Will man einen kleinen Gegenstand, Splitter, Nadeln u. ä. in den
Geweben durch einen Einschnitt herausbefördern, so ist die An-
wendung der künstlichen Blutleere von sehr grossem
Vortheil, da sonst in der blutenden Wunde der Fremdkörper nur
schwer zu finden ist oder gar übersehen wird.
Die Entfernung von Metallringen (Fingerringen,
Schlüssel u. ä.j, welche über einen Finger oder den Penis ge-
Fig. 69, Fig. 70. schoben wurden, kann mitunter
sehr erhebliche Schwierig-
keiten bereiten, da das Glied
schon nach kurzer Zeit an-
schwillt, so dass man oft den
einklemmenden Ring nicht zu
Gesicht bekommt. In den
allerleichtesten Fällen gelingt
es wohl, nachdem man das
Glied mit Seife oder Fett
schlüpfrig gemacht hat, den
Bing durch drehende Be-
wegungen abzustreifen; auch
karm das Oedem durch elastische Einwicklung mit schmaler Gummi-
binde zurückgedrängt werden. Oder man umwickelt das Glied von
Entfernung eines Ringes durch Abwickeln eines
Bandes.
— 43 —
der Spitze her bis zu dem E,inge diclit mit einem Faden oder schmalen
Bande, führt dessen Ende unter dem Hinge hindurch und wickelt dieses
nun nach unten ab, wodurch der Hing allmählich heruntergezogen
wird (Kg. 69, 70). Grelingt es aber auf diese Weise nicht mehr,
den Fremdkörper zu entfernen, so muss man ihn mit einer starken
Beisszange durchkneifen, oder mit einer feinen Säge durchtrennen
und auseinanderbieeen.
Für den Krieg ist die
Entfernung von Geschossen aus Wunden
von besonderer Wichtigkeit.
Wenn eine Kugel den Körpertheil nicht ganz durchbohrt hat,
sondern in ihm stecken geblieben ist, dann wünscht der Verwundete
meist dringend von ihr befreit zu werden, hält sich für gerettet,
wenn dies gelungen ist und zollt seinem Arzte die grösste
Dankbarkeit und Anerkennung. So einfach nun auch diese
Operation meist ist, so sehr sich der junge Arzt über ihr Gelingen
und über die Dankbarkeit des Verwundeten freut, so unverantwortlich
ist es doch, diese Operation vorzunehmen, wenn man nicht in der
Lage ist, sie aseptisch auszuführen, und das ist auf dem Schlacht-
felde und den Truppenverbandplätzen in der Begel schwierig und
meist auch unnöthig, denn die Erfahrung lehrt ja, dass Geschosse
lange Zeit im Körj)er ohne Schaden verweilen und dass Schuss-
wunden, selbst mit ausgedehnteren Zersplitterungen von Knochen,
unter dem einfachen antiseptischen Deckverbande heilen können,
vorausgesetzt, dass die Wunde nicht voreilig mit unreinen oder
nur scheinbar desinficirten Fingern, Sonden oder Zangen unter-
sucht worden ist. Der grosse Unterschied, welcher zwischen
derartig „befingerten" und unberührt gelassenen Wunden besteht,
die traurigen Folgen, welche eine solche unbesonnene Untersuchung
für die Heilung oder gar für das Leben des A^erwundeten haben
kann, sollten jedem Arzte (und ganz besonders im Kriege) den
ersten Grundsatz alles ärztlichen Handelns; ..Nur nicht schaden"
stets vor Augen halten.
Das Herausnehmen einer Kugel, welche unter der Haut-
decke fühlbar ist, ist eine keineswegs schwierige Operation.
Man schneidet mit einem scharfen Messer kräftig auf die mit
den Fingern der linken Hand fixirte Kugel ein, bis sie in der
— 44 —
Wunde siclitbar wird und zieht sie dann mit einer Korn- oder
Kugelzange heraus.
Ist sie sehr deformirt, mit Fortsätzen und Zacken versehen,
so muss man oft nach mehreren B-ichtungen hin das Zellgewebe
und die Fascie spalten, um sie ohne Anwendung von Grewalt
herausbefördern zu können.
Auch das Herausziehen tiefsitzender Geschosse
bereitet unter dem Schutze der Asepsis keine besonderen Schwierig-
keiten, da man sich nicht zu scheuen braucht, die Weichtheile in
solcher Ausdehnung zu spalten, wie es zum Auffinden des Fremd-
körpers nöthig ist. In frischen Fällen werden bei der Ausräumung
von Blutgerinnseln die eingedrungenen G-eschosse gleich mit ent-
fernt, und es bedarf dazu keiner anderen Instrumente, als der
gewöhnlichen Kornzange oder der amerikanischen Kugelzange
(Fig. 74), mit welcher man ganz vorzüglich die Geschosse fassen
kann, da sich die scharfen Haken derselben fest in das Blei ein-
drücken.
Wenn es sich aber um die Entfernung von Geschossen
handelt, welche in der Tiefe granulirender Wunden sich be-
finden, die definitive Vernarbung derselben verhindern, langdauernde
Fisteln unterhalten oder durch Druck auf Nervenstämme oder
andere wichtige Organe Beschwerden machen, dann kann die
Extraction doch recht schwierig sein, namentlich wenn die Geschosse
in ihrer Gestalt sehr verändert sind, an gefährlichen Stellen sitzen
oder fest in den Knochen eingekeilt sind.
Fig. 71.
Kriegssonde.
Bisweilen ist zunächst die Frage zu entscheiden, ob in der
Tiefe überhaupt ein Fremdkörper steckt und von welcher Beschaffen-
heit derselbe sei.
— 45 —
Wenn der Finger nicht das Ende des Wundkanals zu erreiclien
vermag, dann niuss man mit Sonden den fremden Körper zu
fühlen suchen. Dazu gebrauche man aber nicht die gewöhnlichen
dünnen, silbernen Sonden, mit denen sich nichts genau fühlen
lässt, und deren feine Spitzen leicht auf falsche Wege führen,
sondern bediene sich fusslanger, biegsamer Zinnsonden (Fig. 71),
von der Dicke eines Gänsekiels oder Bleistifts, mit denen man
bei leichter Führung keinen Schaden anrichtet.
Eig. 72.
Fig. 73.
Fig. 74.
Fig. 75.
Fig. 76.
Kugelzieher
nach V. Langenbeck.
Amerikanische
Kugelzange.
Kugelzange
nach Löffler nach Gross.
Fühlt man die Kugel, so sucht man sie mit einer der ver-
schiedenen Kugelzangen (Fig. 72 — 76) zu fassen und zieht sie
A'orsichtig heraus.
Steckt dieselbe in einem Knochen, so kann man sie mit
Hülfe einer Kugelschraube (Fig. 77) anbohren und entfernen.
Findet man sie aber sehr fest im Knochen eingekeilt, so darf
man nicht zu viel Gewalt anwenden, weil dadurch leicht sehr
— 46 —
gefährliche Knochenentzündungen hervorgerufen werden. Besser
ist es, entweder ruhig abzuwarten, bis das Geschoss sich durch
die entzündliche Resorption des Knochengewebes von selbst löst,
oder aber, nach hinreichender Spaltung der AVeichtheile, |mit
Meissel und Hammer soviel von dem umgebenden Knochen weg-
zunehmen, dass man die Kugel ohne Gewalt mit der Zange
herausziehen kann.
Fig. 77.
Kugelschraube nach Baudens.
Ist man im Zweifel, ob ein in der Tiefe gefühlter barter
Körper die Kugel sei oder nicht, so kann man sich darüber Gewiss-
Fig. 78.
Porzellan-
knopf-Kugel-
sonde nach
Nelaton.
Fig. 79.
Kugelsucher nach Lecomte-Luer.
heit verschaffen entweder durch
die Kugelsonde nach
Nelaton (Fig. 78), deren
Porzellanknopf durch Berüh-
rung mit Blei einen schwarzen
Fleck bekommt*) oder durch
den Kugelsucher von
Lecomte-Lüer (Fig. 79),
mit welchem man ein Stück-
chen Blei von der Kugel ab-
beissen kann, oder endlich durch
die elektrische Kugelsonde
Liebreich' s (Fig. 80), welche
die Nadel eines Galvanometers
in Bewegung setzt, sobald die
beiden isolirten Spitzen der
Sonde (a) oder der Zange (c)
einen metallischen Körper be-
rühren.
Ist die Kugel nicht von
*) Im Nothfalle kann man zu diesem Zweck auch den Stiel einer
Kalkpfeife benutzen, (von Nussbaum.)
— 47
— 48 —
der Wunde aus, sondern an einer anderen Stelle unter der
Haut zu fühlen, und ist man im Zweifel, ob man eine Kugel
oder ein Knochenstück vor sich hat, so kann man sich durch das
Einstechen zweier gestielter Stahlnadeln (Acupuncturnadeln, s. Fig.
80 b), welche mit dem Liebr eich'schen Kugelsucher in Ver-
bindung gesetzt sind, darüber Grewissheit verschaffen.
Fig. 81.
Kugelsucher nach Liebreich.
Fig. 82.
Kugelsucher nach Longmore.
— 49 —
Hat man einen Liebreich 'sehen Apparat nicht zur Hand,
so lässt sich ein solcher (nach Longmore) improvisiren aus
einer Kupfermünze und einem zusammengebogenen Stück Zink-
blech, welche man durch ein in verdünnte Säure getauchtes Stück
Flanell von einander trennt. Von den beiden umsponnenen Kupfer-
drähten, welche in Acupuncturnadeln enden, wird der eine mehrmals
um einen Taschenkompass gewunden, dessen Nadel sich bewegt, sobald
die Kette durch Berührung der Kugel geschlossen ist (Fig. 82).
Sind Geschosse zu entfernen, welche seit Jahren in Knochen
eingebettet gewesen sind, oder abgestorbene Knochenstücke, welche
in sogenannten Todtenladen liegen (nach Osteomyelitis in Folge
von Schuss-Contusionen der Knochen etwas sehr Häufiges}, dann
muss die breite Er Öffnung der Kno ch en höhle (NGkrotomie)
vorgenommen werden.
Operationen zur Verhinderung und Stillung von
Blutungen und deren Folgen.
Blutspar ung.
Von jeher haben die Chirurgen sich bemüht, bei
Operationen und bei Verletzungen den Blutverlust auf
das geringste Maass zu beschränken. In alten Zeiten
umschnürte man vor Amputationen das Glied mit
Stricken und wendete nachher zur Stillung der Blutung
das Glüheisen oder das Eintauchen der Stümpfe in
siedendes Pech an. Bis vor zwanzig Jahren beschränkte
man sich darauf, bei Amputationen den Blutverlust
zu vermindern durch Verhinderung des arteriellen Zu-
flusses zur Wunde, indem man den Arterienstamm ent-
weder durch die Finger oder durch die Pelotte des
Tourniquets zusammen drückte. Mit denselben Mitteln
suchte man bei zufälligen Verletzungen die
arteriellen Blutungen zu bekämpfen. Die Versuche,
auf unblutigem Wege grössere Körpertheile zu ent-
fernen durch Abschnüren (Ligatur, von Gräfe) und
Abquetschen (Ecrasement, Chassaignac, Fig.
83) haben nur vorübergehenden Beifall gefunden.
Erst die Erfindung der künstlichen Blutleere hat
Esmarch-Kowalzig, Technik. 4. Aufl.
Fig. 83.
— 50 —
uns in den Stand gesetzt, bei allen Operationen an den Extre-
mitäten den Blutverlust zu vermeiden, den störenden Zufluss des
Blutes während der Operation fernzuhalten und so am Lebenden
wie an der Leiche zu operiren.
Die küiistliclie Blutleere (von Esmarch 1873)
bezweckt zweierlei:
a) Das in den Gefässen des zu operirenden Körpertheils
vorhandene Blut herauszutreiben.
b) Den Zufluss des Blutes durch die Arterien zu verhindern.
Man verfährt folgendermassen :
1) Das Glied wird von den Fingerspitzen oder Zehen an aufwärts
bis über das Operationsfeld hinaus mit einer elastlSChen Binde, am
besten aus reinem Kautschuk fest eingewickelt. Die einzelnen Binden-
gänge decken sich etwa zur Hälfte, Kreuzgänge und Umschläge werden
dabei nicht ausgeführt, ebenso ist es unnöthig, die einzelnen Finger
und die Hacke kunstgerecht einzuwickeln. Solche Theile, welche
Eiter, Jauche, oder weiche Geschwulstmassen enthalten, dürfen
nicht fest eingewickelt werden, weil man dadurch infectiöse Stoffe
in das Zellgewebe und die Lymphbahnen pressen könnte. In solchen
Fällen muss man sich damit begnügen, das Glied einige Minuten
senkrecht empor zu halten, bis es deutlich blass geworden
ist. Leichte oberflächliche Streichungen mit der Hand befördern
dabei den rascheren Blutabfluss aus den Yenen. Die austreibende
Binde wird bis zu der Stelle hinaufgeführt, wo der Schnürgurt
angelegt werden soll und hier zunächst durch Unterschieben des
Bindenkopfes unter die letzte Tour befestigt. Aus praktischen
Gründen empfiehlt es sich, die Einwicklung immer bis zum Ober-
arm oder Oberschenkel heraufzuführen (Fig. 86, 87).
2) Dort, wo die Einwicklung endet, wird nun die Umschnürung an-
gelegt. Hierzu gebi'aucht man am besten einen etwa 140 cm langen,
5 cm breiten elastischen Gurt mit eingewebten Kautschukfäden (ge-
webte Gummibinde), welcher unter steter Dehnung in Kreistouren um
das Glied gelegt wird, so dass die einzelnen Gänge sich vollständig
deckend über einander zu liegen kommen. Dabei verstärkt
jede Tour die Wirkung der vorherigen und es ist
daher garnicht immer nöthig, namentlich bei neuen sehr elastischen
Binden, diese bis zur Grenze der Elasticität zu dehnen. Das
richtige Maass der anzuwendenden Kraft ei-lernt man durch
51
TJebung. Beim Anlegen des Grurts wird sein Anfang mit
dem Daumen am Gliede festgedrückt und durch die folgende Tour,
welclie über ihn hinweggeht, festgehalten. Der aufgerollte Binden-
kopf läuft nicht wie beim Anlegen einer gewöhnlichen Binde
dicht auf den Touren am Gliede ab, sondern wird, um die
Dehnung zu ermöglichen, etwa in der Entfernung einer Spanne
um das Glied herumgeführt (Fig. 103). Die Befestigung des
Endes geschieht am besten durch eine Klemmschnalle, welche dem
am Ende der Binde befestigten Haken entgegengeschoben wird
(Fig. 85). Zweckmässig ist auch die Vorrichtung vonNicaise,
ein Haken und eine Eeihe von Ringen, die an einem Ende des
Gurts hintereinander festgenäht sind fFig. 89, 90). Im Nothfalle
kann man das Ende der Schnürbinde auch mit einer Sicherheits-
nadel feststecken (Fig. 88).
Fig. 84. Fig. 85.
Elastischer UmschnUrungsgurt nach von Esmarch
(zur Verpaekuug aufgerollt).
Klemmschnalle.
3) Wird nun die elastische Einwicklung unterhalb der Schnür-
binde abgenommen, so zeigt das Glied eine vollkommen blaSSG
Leichenfarbo : man kann an ihm jede Operation ohne Blut-
verlust, ohne durch das Blut am Sehen und am Erkennen des
Krankhaften gehindert zu werden, ohne viel wischen und tupfen
zu müssen, daher auch mit weniger Assistenz, also ganz wie an
der Leiche ausführen, auch wenn der Eingriff sehr lange
dauern sollte. Die Erfahrung hat gelehrt, dass man den Blutstrom
in dieser "Weise mehrere Stunden hindurch ohne wesentlichen
Schaden unterbrechen darf. Sind doch Fälle bekannt, in denen
die Schnürbinde 7 — 10, ja 12 Stunden lang liegen blieb, ohne
dass das Glied brandig wurde oder dass eine Lähmung eintrat.
4*
Elastische Binde und Schnürschiauch.
Fig. 87.
_5J;J«J7^S???5S^'='^^?^?'^
Künstliche Blutleere nach Entfernung der elastischen Binde.
Fig. 88.
^^>-.N ^ N^XNNV NNN^Nv^^
Gummischnürbinde.
4) An denjenigen Stellen, wo die Anlegung einer breiten Schnür-
binde mit Schwierigkeiten verbunden ist, wie in der Hüftbeuge
und Achselhöhle, empfiehlt es sich, den ursprünglich zur Um-
schnürung verwendeten dicken Gummischlauch zu verwenden, der
unter starker Dehnung zwei bis dreimal in Kreistouren um die
Körpergegend herumgeführt wird und dessen Enden einfach geknotet
oder mit Haken und Kette befestigt werden (Fig. 9 1). Auch kann man
sich zur Fixirung der Schlauchenden einer. Klemme bedienen, z. B.
— 53 —
eines metallenen der Länge nach gespaltenen Ringes von dem
Durchmesser des Schlauches (Fig. 92), in dessen Spalt sich die beiden
gedehnten Enden leicht hineindrängen lassen. Lässt man
aber mit der Dehnung nach, so klemmen sie sich gegenseitig fest
(Fig. 93).
Zu beachten ist, dass bei Anwendung des Schnürgurts an
Fig. 89.
Fig. 90.
o
öd ematos geschwolle-
nen Gliedern die
"Wirkung auf die Ge-
fässe oft nachlässt,
sobald an der Schnür-
stelle das Serum aus
den Geweben ver-
drängt ist. In solchen
Fällen muss man,
sobald das Glied sich
wieder röthet, rasch
den Gurt entfernen
und in der von
ihm erzeugten tiefen
Furche sofort von
Neuem anlegen.
Bei Operationen im
und am Schulterge-
lenk muss ein finger-
dicker Schlauch,
nachdem er unter
starker Dehnung
unter der Achsel
durchgeführt ist, auf
der Schulter durch
eine kräftige Hand
oder durch eine
Schlauchklemme fest-
gehalten werden(Fig.
96, 97). Durch An-
ziehen der Enden
gegen den Hals hin
wird das Abgleiten verhindert. Auch muss man Acht geben, dass
man nicht etwa den Schlauch durchschneidet, oder dass er (nach
Compressionsgurt nach Nicaise.
Apparat für künstliche Blutleere nach von Esmarch.
sehr hoher Amputation oder Exarticulation des Oberarms) nicht
plötzlich über die Wunde hinwegschnellt.
Zur Abschnürung eines FingGPS genügt ein gäusekieidicker
Kautschukschlauch, den man, wie in Fig. 98 dargestellt, anlegt.
Fig. 93
Fig. 92.
Schlauchklemme (offener Ring) nach von Esmarch.
Fig. 94.
Fig. 95.
Schlussapparat für den Kautschukstrang nach Foulis.
Fig.
Fig. 97.
Künstliche Blutleere für Exarticulation im Schultergelenk.
56 —
Mit einem ähnliclien Schlauche kann man die AVurzel des
Penis und des Sero tum umschnüren, wenn man an den männ-
lichen Genitalien ohne BKitverlust Operationen ausführen will
(Fig. 99j.
rig. 98.
Fig. 99.
Künstliche Blutleere eines Fingers,
Künstliche Blutleere an den Genitalienr
Bei hohen Amputationen des Oberschenkels schlingt man den
Schlauch dicht unter der Schenkelbeuge ein- oder zweimal kräftig
um das Bein, kreuzt die Enden oberhalb der Leistengegend, führt
Fig. 100.
Künstliche Blutleere für hohe Amputation des Oberschenkels mit dem Kautschukschlauch.
— 57 —
sie um die hintere Fläche des Beckens und hakt sie schliesslich
auf der TJnte'rbauchgegend mittelst der Kette' zusammen (Fig. 100).
Bei Exarticulationen und Resectionen im Hüftgelenk lässt
sich, unter der Voraussetzung, dass die Gedärme vorher gehörig
entleert sind, der arterielle Zufluss am sichersten durch C o m -
pression der Aorta in der Nabelgegend beherrschen f s. S. 67).
Natürlich kann man den Schnür seh 1 auch auch an Jeder
anderen Stelle statt des Schnür gurtes anlegen, doch empfiehlt sich
letzterer weit mehr, da seine Dehnbarkeit begrenzter, seine Wirkung
mithin nie so kräftig ist, als die des unter stärkster Dehnung
angelegten Schlauches. Ausserdem ist der Druck des breiteren
Gurtes angenehmer und ohne nachtheilige Folgen zu ertragen, da
er sich weniger auf eine Stelle beschränkt. In der That kann
die durch den übermässig gedehnten Schlauch erzeugte Schnü-
rung langdaiiernde Lähmungen erzeugen, welche bei Verwendung
der Schnürbinde nur äusserst selten, bei vorsichtigem massvollem
Gebrauch wohl niemals vorkommen.
Fig. 101.
Spiralfederschnürbinde nach von Esmarch.
Leider werden aber die Kautschukbinden und Gewebe bei längerer
Aufbewahrung, namentlich in sehr heissem oder kaltem Klima, brüchig
und untauglich. Daher ist es zweckmässiger, für diese Fälle (Expe-
ditionen, Schiffsreisen in den Tropen und Polargegenden, Aufbewahrung
in Militärmagazinen u. s. w.} die Schnürbinden aus feinen neben-
einandergelegten Messingspiralen herstellen zu lassen, die mit
Handschuhleder überzogen und mit einer Klemmschnalle versehen
sind (Fig. 101). Diese Schnürbiude ist nicht dem Verderben aus-
gesetzt und hat eine vollkommen genügende Dehnbarkeit.
— 58
Pig. 102.
Es ist zu hoffen, dass ebenso wie in verscliiedenen Armeen
des Auslandes nun auch in Deutschland der Schnürgurt in dieser
einfachen und dauerhaften Form eingeführt werden und das
altmodische in seiner Wirkung lange nicht so sichere Tourniquet
verdrängen wird. Denn die Vortheile der elastischen Umschnürung
liegen auf der Hand. Sie bestehen vor Allem darin, dass es
ganz unnöthig, ja schädlich ist, eine P e 1 o 1 1 e wie beim Tourniquet
auf den Hauptstamm der Arterie zu legen. Eine solche
Pelotte ist der „künstlichen Blutleere" durch-
aus fremd. Denn durch die elastische Umschnürung will man
nicht allein auf die Arterie, sondern gleich massig
auf alle Gefässe wirken, sie unterbricht den ganzen Säfte-
strom und lässt sich daher ebenso gut zu grossen Operationen,
wie bei heftigen arteriellen und venösen Blutungen aus Wunden,
ja auch bei vergifteten Wunden zur Verhütung der Resorption
des Giftes anwenden, ohne dass irgend eine genaue anatomische
Kenntniss nöthig wäre.
Diese Erwägungen legten
den Gedanken nahe , den
Schnürgurt auch den
Laien für die Hülfe bei
plötzlichen Unglücksfällen in
die Hand zu geben: als Hosen-
träger.
Der Tourniquet -Hosen-
träger (v. Esmarch 1881)
besteht aus einem 150 cm
langen, 4 cm breiten, elasti-
schen Gurt, der an beiden
Enden mit Haken und Löchern
versehen ist und durch Auf-
ziehen von drei Schlaufen zu
einem sehr leichten, bequemen
Tragband wird (Fig. 102).
Seine Dehnbarkeit genügt, um
den Oberschenkel eines kräfti-
gen Mannes erfolgreich zu
umschnüren (Fig. 103). Wenn
bilHge Kleidungsstück von jedem Arbeiter und Soldaten ge-
würde, so könnten bei richtig gelehrter Anwendung viele
Tourniquet-Hosenträger.
dieses
tragen
— 59 —
Unglücksfälle gemildert und namentlich Verblutungen verhütet
werden. In der That sind schon eine ungemein grosse Zahl der-
artiger Fälle sowohl durch Aerzte als durch Laien bekannt ge-
worden.
Im Noth falle kann man in Ermangelung von elastischen
Binden eine leinene Binde in Cirkeltouren möglichst fest um
das Glied legen und dann mit Wasser begiessen, wodurch sie
Fig. 103.
Anlegung eines Tourniquet-Hosenträgers-
sich noch fester zusammenzieht. Ebenso lässt sich die auf-
steigende Einwicklung des Gliedes mit einer nachher durchnässten
Stoff bin de erfolgreich anlegen. Auch das Fig. 121 dargestellte
— 60 —
Knebeltourniquet lässt sich ohne Pelotte zur circulären TJm-
schnürung wohl verwenden.
Wenn man nach Beendigung der Operation den Schnür -
sträng löst, so wird das bisher leichenblasse Glied krebsroth
und in der Wunde tritt eine sehr beträchtliche Blutung auf,
weil durch den anhaltenden Druck auf die vasomotorischen Nerven
die Wandungen der Blutgefässe gelähmt und schlaff geworden
sind, also mehr Blut hindurchlassen, als bei ihrem gewöhnlichen
Tonus. Die Folge davon ist, dass das Blut aus der Operations-
fläche wie aus einem Schwamm hervorquillt, die Arterien spritzen
stark und selbst die feinsten Capillaren bluten fast doppelt so
stark als gewöhnlich. Am heftigsten ist die Blutung natürlich
dann, wenn man den Schnürstrang langsam löst, weil das Blut
zwar sofort in die Arterien des abgeschnürt gewesenen Theiles
hineindringt, aber nicht gleich durch die von den letzten Touren
des Schnürgurts wie von einer Aderlassbinde noch zugedrückten
Venen abfliessen kann, und also zu der Lähmung des Gefässsystems
noch venöse Stauung hinzutritt. Daher ist es nothwendig, den
Schnürgurt nicht langsam, sondern schnell abzuwickeln.
Dieser Uebelstand der starken jDarenchymatösen Nachblutung
lässt sich vermeiden, wenn man vor der Abnahme der
Schnürbinde
1} alle sichtbaren Gefässe, welche durchschnitten sind, sorg-
fältigst unterbindet; danach
2} die Wunde in der Tiefe und an ihren Rändern vernäht,
sodass nirgends Hohlräume bleiben, und endlich
3) einen überall gleichmässig fest anliegenden Druck-
verband auf die genähte Wunde legt. Wundhöhlen, die durch
Granulation heilen oder erst secundär vernäht werden sollen,
werden fest tamponirt. Der Schnürgurt wird erst gelöst, wenn
der Verband vollständig angelegt ist, daher ist es rathsam, dass
die Schnürbinde von vornherein möglichst hoch oberhalb des
Operationsfeldes zu liegen kommt, um keine Schwierigkeiten bei
der schnellen Lösung der Binde zu machen.
4) Das Glied wird nach Abnahme des Schnürgurts mehrere
Stunden lang senkrecht erhoben gelagert, auch kann man
daneben in geeigneten Fällen den Druckverband noch durch eine
elastische Binde unter massiger Dehnung verstärken.
Bei Befolgung dieser Massregeln hat man eine
Nachblutung nicht zu befürchten.
— 61
Wagt man aber nicht, aus unüberwindlicher Furcht vor
Nachblutung, oder weil man nicht sicher und geübt genug in
der Auffindung kleinerer durchschnittener Gefässe zu sein glaubt,
die Wunde vor Lösung der TJmschnürung zu vereinigen und zu
verbinden, dann muss man nach Abnahme des Gurts bei empor-
gehaltenem Gliede auf die Wundfläche eine grosse Compresse
oder einen Schwamm einige Minuten lang fest aufdrücken,
und danach die noch blutenden oder spritzenden Gefässe auf-
suchen. Bleibt die Blutung aber stark parenchymatös , so
stillt man sie durch TJeberrieselung der Wunde mit eis-
kalter steriler oder antiseptischer Flüssigkeit. jVIan gebraucht dazu
eine Eis dusche, d. h. einen Glasirrigator, in dessen Mitte eine
mit einer Kältemischung (gestossenes Eis und Salz) gefüllte Glas-
röhre eingesenkt ist (Fig. 104). Auch die Digitalcompression des
Arterienstammes kann die parenchymatöse Nachblutung etwas
beschränken.
Fig. 104.
Eisdusche.
Die Vortheile der elastischen Umschnürung vor den früheren
Methoden, namentlich der Anwendung des Tourniquets, sind
allgemein bekannt; sie bestehen vor Allem darin, dass
1) Die Bluthemmung sicher ist und lange Zeit in bequemer
Weise unterhalten werden kann.
— 62 —
2) Eine Verschiebung wähi'end des Transportes, wie bei
der Pelotte des Tourniquets nicht zu befürchten ist.
3) Der Schnürgurt an jeder beliebigen Stelle des Gliedes
angelegt werden kann.
4) Zur Anlegung des Schnürgurts keine anatomischen
Kenntnisse nothwendig sind.
Demgegenüber ist es kaum nöthig, die von einigen Seiten
immer wieder auftauchenden Behauptungen zu widerlegen, dass
das Verfahren folgende Nachtheile hätte:
1) Die jDarenchymatöse Nachblutung.
2) Das Brandigwerden der Wundränder oder gar des ganzen
abgeschnürten Gliedes.
3) Die Lähmungen der Nerven durch den Druck der
Schnürbinde.
4} Die Gefahr einer Infection durch Eiter oder Geschwulst-
massen beim Einwickeln des Gliedes.
Alle diese Nachtheile sind nicht vorhanden, wenn
man sich an die oben gegebenen, so einfachen Vorschriften
bei Anlegung der Binden hält.
Fig. 105.
Fig. 106.
Nur kurz sei hier erwähnt, dass man schon früher sich er-
folgreich bemüht hat, den Blutstrom im engsten Gebiet des
Operationsfeldes durch Druck
während der Operation zu unter-
brechen. Desmarres erfand
seine Klemme für Operationen
an den Augenlidern, welche auf
der Platte von dem Bing fest-
geklemmt werden (Fig. 105) ; D i e f-
fenbach gebrauchte eine in zwei
Bingen endigende Zange, zwischen
die er die Backe, die Zunge oder
Lippe einklemmte, um so blutlos
Angiome u. ä. zu entfernen. Bei
der Operation der Hasenscharte oder
der Keilexcision des Li]Dpenkrebses
kann man zu beiden Seiten des
Operationsfeldes mit zwei langen
Schieberpinzetten den Blutzufluss
aus den Arteriae corouariae hemmen.
Augenlidklemme Zange zur Operation der
nach Desmarres. Phimose nach Ricord.
— 63 —
Hierher gehören auch: die Zange von Ricord (Fig, 106} zur
Operation der Phimose, die Balkenzangen und die Parallelzangen zur
Compression der gestielten Basis mancher Geschwülste, von zu ver-
nähenden Magen- und Darmenden u. s. w. Schliesslich sei noch
die Anwendung des Gummischlauches aus der neuesten Zeit er-
wähnt bei der Amputation des Mastdarms, bei der supravaginalen
Amputation des Uterus und bei dem Kaiserschnitt.
Gegenüber der künstlichen Blutleere kommen die übrigen
blutsparenden Methoden früherer Zeiten nur noch ganz ausnahms-
weise in Anwendung, da dieselben entweder beschwerlich auszu-
führen sind, oder eine unsichere Wirkung entfalten. — Sie be-
zwecken alle
die Compression des Hauptarterieustammes
oberhalb der Wunde.
1. Durch Fingerdruck, Digitalcompression, lässt sich die Schlag-
ader nur an solchen Stellen wirksam zusammendrücken, wo eine
harte Unterlage durch den Knochen gegeben ist und das Gefäss
nicht zu tief in den Weichtheilen versteckt liegt. Die geeignetsten
Stellen zur Digitalcompression sind :
Für die Art. Carotis communis die vordere seitliche Hals-
gegend, zwischen dem Kehlkopf und dem medialen Eand des
Kopfnickers, wo der Finger die Arterie gegen die Wirbelsäule
drückt (Fig. 107).
Für die Art. subclavia die fossa supraclavicularis, wo am
lateralen Rande des Kopfnickers die hinter dem M. scalenus her-
vortretende Arterie gegen die erste Rippe gedrückt wird. Durch
Yorwärtsdrängen der Schulter und der Clavicula wird dem Finger
der Zugang erleichtert (Fig. 108).
Für die Art. axillaris der vordere Rand der Achselgrube, wo
man die Arterie bei erhobenem Arm gegen den Oberarmkopf com-
primiren kann.
Für die Art. brachialis die innere Seite des Oberarmes in
seiner ganzen Länge, wo die Arterie am inneren Rande des M.
biceps überall leicht gegen den Oberarmknochen zu comprimiren
ist (Fig. 109).
Die Aorta abdominalis kann bei erschlafften Bauchdecken und
leeren Gedärmen in der Höhe des Nabels gegen die Wirbelsäule
comprimirt werden. Doch wird der Druck ohne Anwendung eines
Betäubungsmittels meist nicht lange ertragen.
Digitalcompression der Art. carotis.
Fig. 108.
Digitalcompression der Art. subclavia.
— 65
Dasselbe gilt von der Art. iliaca externa in ihrem oberen
Theile, wo sie gegen den seitlichen E,and des Beckeneinganges
comprimirt werden kann, Leichter und länger lässt sie sich kurz
vor ihrem Austritt aus dem Becken oberhalb der Mitte des
Poup art 'sehen Bandes gegen den oberen Band des horizontalen
Schambeinastes zusammendrücken.
Die Art. femoralis wird am sichersten dicht unterhalb des
lig. Poupartii gegen die Eminentia ileo-pectinaea comprimirt (Fig.
110}. Man findet sie in der Mitte einer Linie, welche man von
der Spina anterior superior ossis ilei zur Symphysis ossis pubis
zieht. In ihrem weiteren Verlaufe bis zum unteren Drittel des
Schenkels kann sie gegen den Oberschenkelknochen gedrückt wer-
den, doch ist die Digital compression wegen der Dicke der da-
zwischenliegenden Weichtheile schwierig und unsicher, namentlich
bei fetten oder muskelstarken Leuten.
Fig. 109.
Fig. 110.
Digitalcompression der Art. brachialis. Digitalcompression der Art. femoralis.
Da eine erfolgreiche Digitalcompression nur von kundiger
und kräftiger Hand längere Zeit hindurch — während des Trans-
Esmarch-Kowalzigj Technik. 4. Aufl. 5
— 66
portes Schwerverletzter aber überhaupt nicht — ausgeführt werden
kann, so hat man dieselbe durch verschiedene Voriüchtungft" zu
ersetzen gesucht :
2. Durch Aderpressen oder Tourniquets; diese bestehen im
Wesentlichen aus einem Grurt, durch welchen ein hartes Polsterkissen
(P e 1 0 1 1 e) oder Bindenrolle gegen den Arterienstamm fest ange-
drückt wird. Die Aderpresse kann nur von dem mit den anato-
mischen Verhältnissen Vertrauten richtig angelegt und muss auch
stets überwacht werden, denn wenn sie bei unvorsichtigen Be-
wegungen und während des Transportes sich etwas verschiebt, so
wirkt sie nicht mehr, und kann sogar schädlich werden, indem sie durch
Druck auf die stets in unmittelbarer Xähe der Arterie verlaufen-
den Venen eine Stauung erzeugt.
Fig. 112.
Pig. 111.
Compression der Art. femoralis durch
ein Tourniquet.
Compression der Art. brachialis durch
ein Tourniquet.
Zur Anlegung der Aderpresse wählt man an den Gliedern
die für den Fingerdruck oben angegebenen Stellen und ^on diesen
wieder vorzugsweise den oberen Abschnitt des Oberarms und des
Oberschenkels, weil sich hier die Arterie ziemlich leicht ^^finden
und zusammenpressen lässt (Fig. 111, 112).
— 67 —
Am gebräuchliclisten war das Schraubentoumiquet nacli
Petit (Fig. 113), bei dem der Gurt dui'cli eine starke Sckraube
verkürzt und damit der von der Pelotte auf die Ader ausgeübte
Druck beliebig verstärkt werden kann.
Das Knebeltourniquet (Fig- 114) besteht aus einem Scbnallen-
gurt, an dem eine harte Pelotte befestigt ist. einer Platte und
einem Knebel. Xacbdem die Pelotte auf den Arterienstamm ge-
legt ist, wird der Gurt lose um das Glied geschnallt und dann
durch Drehungen des Knebels über der Platte fest angezogen.
Fig. U3.
Fig. U4.
Schraubentoumiquet nach Petit.
Knebeltourniquet.
Das Aortencompressorium nach Pancoast (Pig. 115) wirkt
durch eine lange Schraube, welche eine breite Pelotte gegen das
[Rückenpolster hin bewegt. AehnHch ist
das Aortencompressorium nach v. Esmarch (Fig. 116, 117)
dessen gestielte Pelotte gegen die AVirbelsäule gedrückt wird mittelst
elastischer Binden, welche zwischen den stellbaren Haken des
[Rückenpolsters ausgespannt werden. Der stählerne Stiel der
Pelotte ist mit einem SchKtz versehen, durch welchen sich die
Touren der Kautschukbinden einschieben lassen, und mit zwei
— 68
Polstern"'von verschiedener Grösse ; das nach oben gerichtete Polster
wird durch die Hand eines Gehülfen in seiner Lage gehalten,
Fig. 115. damit das untere nicht von
der Aorta abgleitet.
Improvisation der Aderpressen.
Die Compression der Aorta
gelingt auch, wenn man eine
8 m lange und 6 cm breite
leinene Binde fest um die
Mitte eines daumendicken fuss-
langen Stabes wickelt, diese
Pelotte dicht unterhalb des
Nabels von einem Gehülfen
mittelst des Stabes in der
richtigen Lage festhalten lässt
und durch die Touren einer
6 cm breiten, mehrmals um
den Leib geführten Kaut-
schukbinde kräftig gegen die
Wirbelsäule andrückt (Pig.
Aortencompressorium nach Pancoast. 118").
"Will man die circuläre TJmschnürung des Bauches vermeiden,
so wickelt man die leinene Binde auf die Mitte eines längeren
Fig. 116.
Aortencompressorium nach von Esmarch.
Stockes und drückt dessen Enden durch die Touren der Kaut-
schukbinde, welche unter der Platte des Operationstisches durch-
geführt werden, nach unten (Brandis, Fig. 119).
Aortencompressorium nach von Esmarch.
Pig. 118.
Compression der Aorta mit Binden-Pelotte und elastischer Binde.
In älinlicher Weise lässt sicli eine x4.clerpi'esse herstellen für
die Arteria iliaca externa diclit oberhalb des Lig. Pouparti,*durch
— 70
eine Bindenpelotte, welche mit einer starken in Kreuztouren an-
gelegten Kautschukbinde fest auf die Arterie gedrückt wird (Fig.
120, für liohe Amputationen des Oberschenkels).
Fig. 119.
Compression der Aorta nach Brandis.
Fig. 120.
Compression der Art. iliaca externa.
— 71
Fig. 121.
Ein Knebeltourniquet lässt
sich dadurch extemporiren,
dass man ein Taschentuch
oder ein dreieckiges Tuch, in
welches man einen festen
Knoten geschlagen, oder in
das man einen Stein einge-
wickelt hat, um das Griied
wickelt und dieses durch Um-
drehungen eines Stockes oder
irgend eines stabartigen Kör-
pers (Degen , Ladestock,
Schlüssel), den man unter das
Tuch schiebt, fest zusammen
knebelt (Fig. 121).
Zur Compression der Art.
brachialis genügt ein verhält-
nissmässig leichter Druck
mittelst eines dicken Stabes
gegen die Innenfläche des fc -
Oberarmes (Fig. 122), welcher Improvisirtes Knebeltourniquet.
Fig. 122. die Muskelbäuche nach vorne und
hinten auseinanderdrängt und die
Arterie gegen den Knochen platt-
drückt. Der Arm wird dabei durch
ein Tuch oder eine Binde fest gegen
den Körper gedrückt. Ebenso gut
lässt sich der Oberarm zwischen
zwei beiderseits zusammengebunde-
nen Stäben wirksam zusammen-
pressen (Kniippeltourniquet nach
Yölckers, Fig. 123).
3. Durch Lagerung. Adel-
m a n n empfahl als ein Mittel zur
Beherrschung arterieller Blutungen
die übermässige Beugung der
Glieder, wodurch die Arterien so
Compression der Art. brachialis durch abgeknickt _ werden, dass sie kein
einen Stab. Blut mehr hindurchlassen. Wenn man
z. B. bei arteriellen Blutungen aus dem Vorderarm oder der Hand den
72
supinirteu Vorderarm stark flectirt und mittelst einer Binde oder
Cravatte fest gegen den Oberarm sclinürt, so hört der Puls in der
Art. radialis sofort auf. Ebenso können durch forcirte Beugung
des Knies Blutungen aus dem Unterschenkel und Fuss, durch
forcirte Beugung des Oberschenkels Blutungen aus der Art.
femoralis für den Augenblick gestillt werden. In Fällen, wo
Fig. 123.
Fig. 124.
Compression der Arteria subclavia dextra.
andere ilittel zur Blutstillung nicht zur- Hand sind, kann mau mit
Erfolg davon Gebrauch machen. Doch ist zu bemerken, dass
eine so starke Flectionsstelluno-, wie sie zur sichern Blutstillung
— 73 —
nöthig ist, meist nicht lange ertragen wird und wenn zngleicli die
Knochen gebrochen sind, überhaupt nicht anwendbar ist.
Die Art. subclavia lässt sich durch starkes Zurückziehen
der Schulter nach hinten und mit Hülfe des anderen Armes zwischen
Schlüsselbein und erster Rippe (wie in einem Quetschhahn) platt-
drücken. Man lässt die Hand von hinten her die Ellbogenbeuge
des gesunden Armes umgreifen, drängt letzteren nach vorne und
befestigt beide Arme in dieser Stellung durch Tücher oder Binden
(Fig. 124).
4. Die Blutzufuhr wird endlich ganz beträchtlich vermindert
dui'ch senkrechte Erhebung des Gliedes ; venöse Blutungen lassen
sich hierdurch sogar manchmal zum Stehen bringen.
Blutstillung in der Wunde.
Heftige Blutungen aus verletzten Gefässen bedrohen unmittel-
bar das Leben und müssen möglichst schnell gestillt werden; am
einfachsten beherrscht man, wenigstens vorläufig, die Blutung durch
die Compression der Wunde
1. durch den Finger oder die Hand, welche natürlich rein
sein müssen. Bei grösseren Verletzungen kann in manchen Fällen
der Verletzte selbst seine Wunde mit den Fingern zupressen.
Da sich jedoch der Fingerdruck für längere Zeit nicht wohl fort-
setzen lässt, so muss derselbe, z. B. während des Transportes
und wenn die im vorigen Abschnitt besprochenen Mittel zur Blut-
stillung ausserhalb der "Wunde nicht zur Hand oder nicht an-
wendbar sind, ersetzt werden
2. durch einen Verband, der einen ausreichenden Druck auf
die "Wunde ausübt. Vor Anlegung eines solchen Druckverbandes
rauss man aber das verwundete Glied von unten auf sorgfältig
ganz und gar mit Binden einwickeln, um die gefährliche AnfüUung
der Zellgewebsmaschen mit Blut (diffuse blutige Infiltration)
zu verhindern. Dann legt maji auf die "Wunde ein festes Verband-
polster und befestigt dieses mit einer kräftig angezogenen Binde,
am besten aus elastischem Gewebe. Bei tiefen "Wunden erreicht
man die Blutstillung noch sicherer
3. durch die Tamponade. Die "Wundhöhle wird fest aus-
gestopft, indem man mit dem Finger die Mitte eines Stückes
antiseptischer Gaze (Jodoformmull) möglichst tief in die "Wunde
hineindrängt und dann , nachdem man den Finger zurückgezogen
— 74 —
hat , die entstandene Höhlung mit sterilem Mull fest ausfüllt.
Auch kann man bei E,öhrenwunden erst kleinere, dann grössere
Tupfer (Tampons) in die mit Gaze ausgekleidete Höhlung ein-
Fig. 125.
Tamponade mit Tupfern.
führen, bis die letzten die Hautoberfläche weit überragen (Fig. 125).
Die Tamponade wird durch eine, wenn möglich elastische, Binde fest
angedrückt und kann, wenn sie mit aseptischen Stoffen ausgeführt
ist, viele Tage lang liegen bleiben, bis das oder die blutenden
Gefässe durch Thrombose verschlossen sind. So verfährt man
namentlich bei Blutungen in den Körperhöhlen, z. B. aus der
Nase, der Vagina, dem Uterus, dem Mastdarm. Zweckmässig ist
es dann, die einzelnen Tampons oder Gazestücke mit einem langen
Faden zu versehen, an dem man sie in schonendster Weise wieder
entfernen kann.
Das Aufblähen einer in schlaffem Zustande eingeführten
Kautschukblase mit Luft oder Eiswasser (ßhineurynter, Colpeurynter,
s. Bd. III, Fig. 459) ist auch recht wirksam, aber nicht so
einfach, als die gewöhnliche Tamponade.
Blutstillungsmittel, Styptica,
welche theils die Gerinnung des Blutes und die Zusammenziehung
der Gefässwandungen befördern , theils einen fest anhaftenden
Schorf erzeugen, sollte man nur im äussersten Nothfalle anwenden,
wenn durch die Tamponade allein die Blutung nicht zu beherrschen
ist : denn frische Wunden werden durch alle diese Mittel mehr
oder weniger gereizt und selbst stark angeätzt, so dass die erste
Verklebung unmöglich ist. Zu den ältesten derartigen Mitteln
zählt der Feuerschwamm, das Glüheisen (S. 26) und
der Liquor ferri sesquichlorati, letzterer auch jetzt
noch in Form der trocknen gelben styptischen Watte gebraucht,
— 75 —
ebenso wie das Penghawar Tambi. Ferner der Essig, Alaun-,
Creosotlösung (1:100 = Aqua Binelli), das Terpentinöl
(Baum, Billrot b), das Cblorzink in gesättigter Lösung,
das Tannin (Graf) als Pulver, das Wasserstoffsuperoxyd
(v. Nussbaum}. In neuerer Zeit endlich wurden noch empfohlen
das Antipyrin in 20^/^ Lösung oder als Pulver (Bosworth),
20% ige Cocainlösung, Fibrinfermentlösung ("Wright),
Cor nutin, Sclerotinsäure. Auch die Berieselung mit eiskaltem
oder siedendheissem (antiseptischem^ Wasser mag hier erwähnt sein.
Das beste und sicherste Mittel, um dauernd die Blutung zu
stillen, besteht in der
Unterbindung der Grefässe (Ligatur).
Alle in einer Wunde (nach Operationen oder Verletzungen)
blutenden Gefässlichtungen von Arterien und Venen werden ge-
fasst und zugeklemmt, entweder mit pinzettenartigen Instrumenten,
die durch Vorschieben eines Stachels oder Einklemmen einer Feder
geschlossen werden können (Fig. 126, 127), oder mit kleinen
Fig. 126.
Fig. 127.
tvl-ln^Vj
Arterienpinzetten.
Fig. 128.
Arterlenzange nacii Spencer Wells.
— 76 —
Zangen, die einen Haken- oder Zahn verschluss besitzen (Fig. 128).
Bei grossen Operationen, z. B. Amputationen, zieht man ganz
grosse Gefässe mit der Pinzette zunächst etwas aus dem
Gewebe hervor und verschliesst sie dann sicher durch einen
quer angesetzten Schieber, worauf der erste abgenommen wird.
Ziehen grössere Gefässe über das Operationsfeld hinweg, so fasst man
sie quer mit zwei Schieberpinzetten und durchschneidet sie zwischen
denselben (Fig. 129, 130). Nach und nach setzt man so viele
Fig. 129.
Fig. 130.
Unterbindung zwischen zwei Pinzetten.
Schieberpinzetten an, als man gerade zur Hand hat und lässt sie hängen.
Erst, wenn die zur Verfügung stehende Anzahl gebraucht ist, beginnt
die Unterbindung mit Catgutfäden (Fig. 1.31). Hierbei
drängt man die das Gefäss zuklemmende Spitze des Instrumentes
etwas hervor, schlingt um dasselbe einen einfachen Knoten, schiebt
diesen mit den Zeigefingerspitzen über das Gefäss herüber (Fig. 132),
zieht ihn fest und setzt einen zweiten Knoten (Schifferknoten)
darauf, schneidet den Faden kurz davor mit einer sfebogfenen
Scheere ab und entfernt dann die Pincette. Es ist rathsam, zur
Unterbindung grosser Gefässe nicht gar zu dickes Catgut zu nehmen,
weü dessen Knoten sich leichter lösen, zumal wenn sie sehr kurz
abgeschnitten sind. Von manchen Chirurgen wird die Anwendung
der Seide zu der Ligatur vorgezogen.
Wenn sich ein blutendes Gefäss nicht gut aus seiner Umgebung
hervorziehen und fassen lässt, z. B. an der Kopfschwarte oder in
schwieligen, narbigen Geweben, so kann man es umstechen,
d. h. man führt mit einer stark gekrümmten runden Nadel den
Faden durch die Weichtheile, welche die blutende Stelle umgeben
Amputationsstumpf mit vielen Schieberpinzetten.
Fig. 132. Fig. 133.
Ligatur eines Gefässes.
Umslechung einer Arterie.
78
und schnürt mit demselben die von dem Faden durchstochenen
Weichtheile sammt dem Gefässe zusammen (Fig. 133).
Verlaufen viele Gefässe in derben, breiten Gewebssträngen,
so kann man sie mit einiger Mühe und Zeit wohl auch einzeln
fassen, schneller aber und ebenso zweckmässig ist es, den Strang
in einzelnen Abschnitten zii durchstechen und diese für sich zu
iimschnüren. Dünnere Stränge durchsticht man mit der Schieber-
pinzette, zieht mit dieser einen doppelten Faden durch und vinter-
bindet nach beiden Seiten hin (Massenligatur).
Fig. 134.
Torsion einer Arterie.
Hat man nur wenige oder gar keine Unterbindungsfäden zur
Hand, so kann man kleinere Arterien auch durch die Torsion
schliessen : Man fasst die Arterie mit einer Schieberpinzette, zieht
sie etwas hervor und dreht sie, je nach ihrer Dicke, sechs bis
acht Male um ihre Achse, während man das centrale Ende des
hervorgezogenen Stückes mit den Fingern oder besser mit einer
anderen Pinzette (Balkenpinzette nach Amussat) festhält (Fig. 134).
Durch dieses Verfahren wird die innere Arterienhaut (tunica intima)
eingerissen und rollt sich nach oben ein, wodurch sich ein recht
sicherer Klapp enverschluss bildet.
Dieselbe Wirkung hat ein auf die Arterie ausgeübter sehr
starker D ruck. Ko eb erle und Pean haben zu diesem Zwecke
Klemmzangen (Fig. 135) angegeben, welche einer kleinen
— 79 —
Fig. 135.
Kornzange ähnKcli sind, durch Feststellung ihrer zusammengepressten
Enden aber das gefasste Gewebe stark quetschen. Es kann dann schon
nach einer Viertelstunde die Zange ohne vor-
herige Ligatur abgenommen werden, da die
zerquetschte Intima sich nach innen aufrollt
und die Gewebe durch den starken Druck so
ausgetrocknet sind, als ob sie gebrannt wären
(ForcipreSSUr). ^an gebraucht die Klemmzangen
vorzugsweise an Stellen, wo sich schwer eine
Ligatur anlegen lässt und als Ersatz der ]\Iassen-
ligatur. Da das gequetschte Gewebe nicht
nekrotisch wird, so hat die Forcipressur vor
der Ligatur den Vorzug, keine fremden Stoffe
in die Wunde hineinzubringen. An grossen
Adern müssen die Zangen 12 — 24 Stunden
liegen bleiben.
Blutungen aus Stich- und Schusswunden.
Handelt es sich um Blutung aus einem grösseren
Gefäss, welche in der Tiefe einer Stich- oder
Schusswunde sich sogleich oder erst nach einiger
Zeit durch fortdauerndes Aussickern von Blut
durch den Verband bemerkbar macht, oder welche auch im späteren
"Wundverlauf durch Arrosion der Gefässwand oder Thrombose der
Venen (phlebostatische Blutung, Stromeyer) entstehen kann, so
darf man nicht säumen, sofort am Orte der Verletzung das
blutende Gefäss freizulegen und in der Wunde selbst zu
unterbinden (directe Unterbindung).
Bevor man sich an diese oft recht schwierige Aufgabe macht,
sollte man sich stets erst die anatomische Lage der Gefässstämme
ins Gedächtniss zurückrufen. Diesen Zweck mögen Fig. 136 — 140
erleichtern.
Das Hauptmittel, um solche Operationen leicht, schnell und
gründlich auszuführen, ist ein grosser Hautschnitt, welcher von
der Wunde aus nach oben und unten in der Längsrichtung des
Gliedes so angelegt wird, dass er dem Verlauf des verletzten
Gefässes entspricht. Wo es das Leben gilt, ist es gleichgültig,
ob der Schnitt einen Zoll oder einen Fuss lang ist ; gelingt die
Stillung der Blutung und bleibt die Wunde aseptisch, so heilt
Klemmzange nach
Koeberle-Pean.
— 80 —
der grosse Einschnitt ebenso gut und schnell ohne Eiterung
als ein kleiner,
Fig. 136.
Arterien des Kopfes, Halses und der Achselgegend.
Im Uebrigen ist das Verfahren hier ganz dasselbe, wie es
bei der secundären Antiseptik geschildert ist (Bd. I, S. 66). Nach
ausgiebiger Spaltung der Haut dringt man mit dem linken Zeige-
finger in die Tiefe der Wunde ein, spaltet auf demselben mit dem
Knopfmesser die tieferen Schichten, das Zellgewebe, die Fascien
— 81 —
und iluskeln ebenso ausgiebig und lässt mit grossen scharfen oder
stumpfen Haken die gespaltenen Tbeile auseinanderzielien.
Darauf räumt man mit den Fingern, mit Tujjfern und
SciiAvämmen rasch, und energisch das Blutgerinnsel, welches die
Fig. 137.
Arterien des Oberschenkels.
Esmarch-Kowalzig, Technik, i. Aufl.
]2 —
ganze "Wundhöhle ausfüllt (das sogenannte Aneurysma traumaticum
diffusum) aus und findet dann meistens in der Tiefe der Wunde
das verletzte Gefäss oder wenigstens einen blutig infiltrirten Strang,
in welchem Arterie, Venen und Nei-ven zusammenliegen. Dann.
Fig. 138.
Vorderseite
Arterien des Armes.
Arterien des Unterschenkels.
— 83 —
muss man durch vorsichtiges Präpariren diese einzelnen Theile
von einander zu trennen suchen.
Durch Anwendung der künstlichen Blutleere wird das
Auffinden der verletzten Gefässe wesentlich erleichtert. Wenn
aber die Venenstämme ganz blutleer und zusammengefallen sind,
so kann es schwer sein, sie von Zellgewebssträngen zu unter-
scheiden. Deshalb ist es rathsam, unterhalb der Wunde ein
Blutreservoir anzulegen, indem man z. B. vor elastischer
Einwickelung des verletzten Armes eine Schnürbinde um das Hand-
gelenk legt. Löst man dann später diese Binde und erhebt den
Arm, so füllt das in der Hand eingesperrt gewesene Blut die
Venen und dringt, falls eine derselben verletzt ist, aus der ver-
letzten Stelle hervor.
Wenn die verletzte Stelle der Arterie oder Vene gefunden
und soweit freigelegt ist, dass die ganze Ausdehnung der Ver-
letzung übersehen werden kann, muss das Gefäss isolirt und ober-
halb und unterhalb der Stelle im Gesunden mit Catgut oder Seide
fest und sicher unterbunden werden (Schifferknoten !). Darauf
durchschneidet man, falls die Continuität des Gefässes nicht
schon durch die Verletzung aufgehoben ist, dasselbe in der ICitte
zwischen beiden Ligaturen und überzeugt sich, dass nicht etwa
zwischen den beiden Ligaturstellen noch Aeste von dem Gefäss
in die Tiefe oder nach den Seiten hin abgehen. Findet mau solche
abgehende Aeste, so müssen auch diese gut isolirt, unterbunden
und von dem Gefässstamme abgetrennt werden. Um ganz sicher
zu gehen, kann man das zwischen den beiden Ligaturen liegende
verletzte Stück des Gefässes herausschneiden.
Nun löst man den Schnürschlauch (Binde) und unterbindet
sorgfältig alle Gefässe, aus denen noch Blut hervordringt, wobei
man das Glied emporheben lässt, um die parenchymatöse Blutung
zu beschränken.
— 84 —
Die Unterbindung der Arterien am Orte der Wahl
(indirecte Unterbindung nach Hunter).
Die Ligatur des Arterienstammes oberhalb der "Wunde wird
in jetziger Zeit kaum noch angewendet, um Blutungen zu
stillen, ist aber zur TJebung der Technik und zur Prüfung der
Kenntnisse in der toi^ographischen Anatomie sehr zu empfehlen.
Dagegen wird die Arterienligatur mehrfach ausgeführt, um die
Blutzufuhr zu gewissen Körpertheilen dauernd zu verhindern bei
grossen blutigen Operationen oder um krankhafte Zustände zu
heilen. So unterbindet man die Carotis bei der Oberkieferresection,
die Lingualis bei Zungenoperationen, die Thyreoideae bei Struma
vasculosa , die Subclavia bei Oberarmexarticulation , die Iliaca
communis bei Oberschenkelexarticulation , die Hypogastrica bei
Beckentumoren und Prostatahypertrophie.
Folgende Regeln gelten für das Aufsuchen und die Unter-
bindung der Hauptarterienstämme :
1. Der Arzt muss vor Beginn der Operation sich die
anatomischen Verhältnisse der TJnterbindungsstelle ganz genau ins
Gedächtniss zurückrufen. Darnach wird die Richtung und die
Länge des Hautschnittes bestimmt. Nützlich ist es, denselben
durch einen Strich vorzuzeichnen.
2. Der Körpertheil wird in die für die Operation vortheil-
hafteste Lage und in das beste Licht gebracht.
3. Wenn die Operation an einer Extremität stattfindet, so
ist es vortheilhaft, diese vorher blutleer zu machen, mit der
Aenderung, welche oben bei der directen Unterbindung angegeben
wurde. Sobald es darauf ankommt, das Pulsiren der Arterie zu
fühlen, löst man die obere Schnüi'biude.
4. Der Hautschnitt wird gemacht entweder aus freier
Hand, indem die Pinger der linken Hand die umgebende Haut
gut spannen und das Messer überall die ganze Dicke der Haut
durchdringt (Fig. 19), oder , wenn ' die Arterie oder andere
wichtige Theile unmittelbar unter der Haut liegen, durch Erhebung
einer queren Haut falte, welche mit einem Messerzuge durch-
schnitten wird (Fig. 22).
5. Um mit Vorsicht in die Tiefe zu dringen, erfassen Operateur
und Assistent mit zwei guten Pinzetten die oberste Zellgewebsschicht
JO —
zu beiden Seiten der Schnittachse und heben das Zellgewebe
gleichzeitig empor, so dass die Luft in dessen Haschen eindringt
(Emphysem) Ein Messerzug trennt das auf- Fig. 141.
gehobene Zellgewebe (Fig. 141).
Sofort lassen beide Pinzetten los, fassen
bald oberhalb, bald unterhalb des so ent-
standenen Schlitzes aufs Neue die Zellgewebs-
schicht und heben sie dem Messer entgegen,
welches die Fasern trennt, bis die Schicht
von einem "Wundwinkel bis zum anderen
durchschnitten ist. Dies Verfahren wird mit Trennung des Zellgewebes
^ zwiscn6n zwci rinzcxicris
den folgenden Schichten so lange wiederholt,
bis man auf die Arterienscheide gelangt. Was an Venen,
kleinen Arterien, Nerven und Muskeln in den Weg kommt, wird
gelöst und durch stumpfe Haken zur Seite gezogen.
6. Sobald die Ärterienscheide freigelegt ist, fasst man mit
der Pinzette auf die Mitte der Arterienwand, hebt von ihr die
Zellscheide in einem kleinen Kegel ab, senkt den Griff des Messers
so weit seitwärts nach aussen, dass die Seitenfläche der Klinge
Fig. 142.
Eröffnung der Arterienscheide.
sich gegen die Arterie wendet, die Spitze aber in einem rechten
"Winkel zur Spitze der Pinzette und unter ihr in den gefassten
Kegel eindringt (Fig. 142).
— 86 —
THn kleiner Schnitt öfeiet die Scheide und
indem die Pinzette den so entstehenden drei-
eckigen ^pfel hebt, trennt die Messerspitze vor-
sichtig die Arterienseheide von der Arterien-
wand ab.
7. Bei grösseren Arterien wird dieses Ver-
ehren in der Weise fortgesetzt, dass der Arzt,
während seine Pinzette den Zipfel nocli festhält,
mit der rechten Sand eine zweite Pinzette ge-
schlo^en in das Loch an der Basis des Zipfels
zwischen Arterie nnd Zellscheide einfuhrt, hier
die Innenwand der Zellscheide fasst und sie her-
vorzieht. Dadurch wird die Arterie sanft um
ihre Ase gerollt, nnd es kommen die Zellgewebs-
rie. 144.
Piff. 143.
Pie- 145.
Eäifibmg der Kneptsondc.
Einführung der Aneurjsmanadel.
fesern, dnrch welche die Scheide an die seitliche
und hintere Wand der Arterie angeheftet ist. zum
Vorschein nnd werden auf dieselbe Torsiclitige
Weise und nur in der Breite der zuerst ge-
machten Oe£&HiDg abgelöst. Wird die Arterien-
Echeide za weit abgelöst, so kann die Arterie
nekrotisch werden und dann erfolgen Nach-
blutungen ans der UnterbindungssteUe.
Bei deo grössten Arterien muss das Yer-
fahreUj wenn die eine Hälfte des Umfanges gelöst
ist. such, auf der anderen Seite wiederholt werden.
8. Sobald die Arterie ringsum gelöst ist, wird
eine gekrümmte 'Knopfsonde (oder ein
Schielhaken) Torsichiig und immer von der
Aneurysmanadel
Syme.
— 87 —
Seite her, an welcher die Haupt vene liegt, um das
Gefäss herumgeführt, während eine Pinzette den Schnittrand der
Zellscheide ausspannt (Fig. 143).
9. Mittelst der Sonde wird die Arterie so weit emporgehoben,
dass eine schmale, au der Spitze geöhrte Alieurysmanadel (nach
C 0 0 p e r oder S y m e , Fig. 144} in entgegengesetzter Richtung
unter derselben durchgeführt werden kann (Fig. 145).
10. Die Sonde wird entfernt, durch das Oehr der Nadel ein
starker Catgutfaden geschoben und die Nadel zurückgezogen;
die Mitte des Fadens bleibt unter der Arterie liegen.
11. Der Faden wird um die Arterie zusammengeknotet mit
einem Schifferknoten (s. Fig. 50) [nicht mit einem Weiberknoten
(s. Fig. 151)] und ohne die Arterie zu zerren; die Knoten
müssen mit den Spitzen beider Zeigefinger in der Tiefe der Wunde
zusammengezogen werden (Fig. 146).
Fig. 146.
Knotung der Ligatur.
12. Es ist zu rathen, die Arterie doppelt zu unter-
binden und zwischen beiden Ligaturen das Gefäss zu durch-
schneiden, damit beide Enden sich in die Zellgewebsscheide
zurückziehen können.
Die Unterbindung der einzelnen Arterienstämme.
Arteria carotis.
Die Carotis communis verläuft vom Sternoclaviculargelenk
hinter dem Kopfnicker senkrecht aufwärts und wird gegenüber dem
unteren Rande des Ringknorpels vom M. omohyoideus in der Höhe des
6. Halswirbels (tuberculum caroticum, Chassaignac) gekreuzt. Unter-
— 88 —
halb des M. omohyoideus liegt sie hinter Platysma, Fascie, M.
sternomastoideus, sternohyoideus, sternothyreoideus ^und Vena jugularis
anterior, vor Art. thyreoidea inferior und Nervus laryngeus recurrens.
Oberhalb des M. omohyoideus liegt sie nur hinter Platysma, Halsfascie
und innerem Kopfnickerrande. — Die kräftige Arterienscheide
enthält : medianwärts die Carotis, lateralwärts die Vena jugularis interna
und zwischen beiden hinten den Nervus vagus; auf ihr verläuft dei*
Eamus descendens n. hypoglossi, dicht hinter ihr der Symphaticus. In
der Höhe des 3. Halswirbels gegenüber dem oberen Schildknorpelrande
theilt sich die Carotis communis in Carotis externa und interna.
Die Carotis externa, an ihrem Ursprünge aus der Carotis communis
in der Höhe des oberen Schildknorpelrandes nur von Haut, Platysma, Hals-
fascie, Kopfnicker und Vena facialis bedeckt, steigt leicht gewunden bis
zur Höhe des coUum mandibulae empor und wird in ihrem Verlaufe
gekreuzt in der Höhe des Zungenbeins vom M. biventer und N. hypogiossus,
weiter oben vom M. stylohyoideus. Auf ihrem äusseren Rande verläuft
der Ramus descendens nervi hypoglossi, an ihrer Hinterfläche kreuzt sie
der N. laryngeus sup., ein Ast der Art. lingualis und der N. glosso-
pharyngeus oberhalb des M. biventer. Sie wird am leichtesten zwischen
dem Abgang der Art. thyreidea sup. und Art. lingualis unterbunden.
Die Carotis interna verläuft von der Gabelung der Carotis
communis als deren Fortsetzung zum Canalis caroticus des Felsenbeins
und liegt etwas nach hinten und aussen von der Carotis externa.
Fig. 147.
Fig. 148.
Unterbindung der Carotis communis.
Hautsclinitte.
Cc = Carotis communis, Ce = Carotis externa,
L == Lingualis, S = Subclavia.
Wunde.
— 89 —
Unterbindung der Carotis communis
a) in der Höhe des Ligam. cricothyreoideum (Fig. 148).
1 . Der Kopf wird hinten über gebeugt, unter die
Schultern ein Kissen gelegt.
2. Hautschnitt, 6 cm lang, am inneren Rande des
Kopfnickers entlang, in der Höhe des oberen Randes
des Schildknorpels beginnend (Fig. 147 Co).
3. Spaltung des Platysma und des Zellgewebes (mit
Vermeidung der oberflächlichen Venen).
4. Der M. sternocleidomastoideus (st) wird nach aussen, der
Omohyoideus (o) wird nach unten gezogen.
5. Der ramus descendens nervi hypoglossi (Ä), der
auf der Arterie abwärts läuft, wird nach aussen gezogen.
6. Eröffnung der gemeinschaftlichen Zellscheide auf
der Mitte der Arterie. Dieselbe (c) liegt innen, die
Vena jugularis interna (j) nach aussen und etwas oberflächlicher,
der nervus vagus (u) zwischen beiden in der Tiefe.
7. Die Nadel ist von aussen her herumzuführen.
b) zwisclien beiden
1. Hautschnitt,
6 cm lang, zwischen beiden
Köpfen des Kopfnickers ab-
wärts bis auf das Schlüssel-
bein, 2 cm nach aussen vom
Sternalgelenk (Fig. 147).
2. Spaltung des
Platysma; der Schlitz
zwischen Sternal- und Cla-
vicularportion des Kopf-
nickers wird mit den
Fingern auseinander ge-
drängt, bis die Vena jugu-
laris interna (Fig. 149 j)
sichtbar wird.
3. Die Vene wird
mit der Clavicular-
p 0 r t i 0 n (cZ) durch den
Finger eines Assistenten
Köpfen
(Fig
des M. sternocleidomastoideus
149).
Fig. 149.
\
Unterbindung der Carotis communis zwischen beiden
Kopfnicl<eransätzen.
— 90 —
vorsichtig nach aussen, die Sternalp ortion (sf) sammt den
Mm. sternohyoid. und sternothyreoid, nach innen gezogen.
4. An der Innenseite der Yene erscheint der n e r v u s
V a g u s (u) , etwas weiter nach innen und tiefer liegt die
Arterie (c).
Unterbindung der Carotis externa.
1. Lagerung, wie oben.
2. Hautschnitt, 6 — 7 cm lang, am inneren Kopfnicker-
rande von der Höhe des Schildknorpels gegen den Unterkiefer-
winkel (Fig. 147 Cc}.
3. Trennung des Platysma und der Fascia super-
ficialis.
4. Der M. biventer und N. hypoglossus werden im
oberen Wundwinkel nach oben, Vena thyreoidea super ior
und facialis im unteren TMukel nach unten, Carotis interna
und Vena j u g u 1 a r i s nach aussen gezogen.
5. Nach Freilegung der Arterie wird der Arterienhaken von
aussen nach innen herumgeführt unter sorgfältiger Schonung des
N. 1 a r y n g e u s s u j) e r i o r.
Unterbindung der Carotis interna.
1. Hautschnitt, 6 cm lang, parallel dem Kopfnickerrande
(etwas nach aussen von dem vorigen Schnitt).
2. Nach Durchtrennung der einzelnen Schichten wird die
Carotis externa freigelegt und nach innen, der M. biventer
nach oben gezogen.
3. Eröffnung der Scheide über der nun vorliegenden
Carotis interna. Der Arterienhaken wird von aussen nach innen
vorsichtig herumgeführt, da Vena jugularis interna,' N. vagus,
Sympathicus, A. pharyngea ascendens dem Gefäss dicht anliegen.
Arteria üngualis.
Die Arteria lingualis, als zweiter Ast aus der Carotis externa
(2 cm oberhalb ihrer Gabelung) in der Höhe des grossen Zungenbein-
hornes entspringend, steigt gekreuzt vom M. biventer und stylohj'oideus
etwas aufwärts, zieht quer auf dem M. mylohyoideus unter den hinteren
Rand des M. hyoglossus, hinter dem sie parallel dem über ihr und auf
dem 31. hyoglossus verlaufenden N. hypoglossus am oberen Rande des
grossen Zunorenbeinbornes entlang zieht, um nach aufwärts gehend sich
im unteren Theil der Zunge (A. ranina) zu verzweigen.
91
Unterbindung der Arteria lingualis.
1. Hauts chnitt , 4 cm am oberen Rande des grossen
Hornes des Zungenbeins entlang (Fig. 150}.
2. Spaltung des Platysma; die vena facialis posterior
wird nach aussen gezogen.
'Fig. 150.
Fig. 151.
Hautschnitt.
Unterbindung der Art. lingualis
Wunde.
3. Preilegung des äusseren Bauches des M. digastricus
(Fig. 151 d), hinter und unter welchem der nervus hypo-
g 1 0 s s u s (Äp) erscheint ; die gland. submaxillaris (gl) wird nach
oben gezogen.
4. Der N. hypoglossus läuft vor dem M. hyoglossus
(Jig) herüber, begleitet von der vena lingualis; unterhalb des
Nerven tritt die Arteria lingualis (a) hinter den M. hyo-
glossus.
5. Zwischen N. hypoglossus und grossem Hörn des
Zungenbeins (^oJi) werden die Fasern des M. hyoglossus
vorsichtig gespalten; unmittelbar dahinter liegt die A r t e r i a
lingualis, begleitet von einer Yens.
Auch im Trigonum linguale, zwischen äusserem Bauch
des M. digastricus und seitlichem Rand des M. mylohyoideus (?nA)
kann die Arterie nach Spaltung des M. hyoglossus unterbunden
werden (Hu et er).
— 92 —
Die Arteria maxillariS externa findet man am unteren Eande
des Unterkiefers dicht am vorderen Rande des Masseters
unter der Haut liegend.
Die Arteria temporalls wird auf dem Jochbogen zwischen
Tragus und TJnterkieferköpfchen durch einen 2 cm langen senk-
rechten Schnitt freigelegt.
Die Arteria OCCipitalis trifft man in einer Linie zwischen dem
hinteren Eande des Warzenfortsatzes und der Protuberantia
occipitalis externa.
Arteria subclavia.
Die Arteria subclavia, links aus dem Arcus aortae, rechts aus
dem Truncus anonymus entspringend, verläuft bogenförmig hinter dem
Schlüsselbein zwischen M. scalenus anticus und medius schräg hindurch-
tretend über die erste Rippe hinweg zur Achselhöhle. Die Mm. scaleni
med. und post. liegen hinter und über der Arterie. Unterhalb vor ihr
und vor dem M. scalenus anticus verläuft die Vena subclavia (s. a. Fig. 152).
Fig. 152.
Unterbindung der Art. subclavia in der fossa supraclavicularis.
Unterbindung der Arteria subclavia
a) in der fossa supraclavicularis.
1. Der Arm wird abwärts, der Kopf nach der gesunden
Seite gezogen, unter den Rücken ein Kissen gelegt.
2. Haut schnitt, 6 — 8 cm lang, bogenförmig, vom äusseren
Rand des Kopfnickers zum äusseren Dritttheil des Schlüsselbeins,
schräg über die fossa supraclavicularis (Fig. 147, 152).
3. Das Platysma wird durchschnitten, der Rand des
Kopfnickers (st) freigelegt; die vena jugularis externa Q)
darf nicht verletzt werden !
— 93
4. Spaltung des oberflächlichen Blattes der fascia colli
und des FettzellgeAvebes in der fossa supraclavicularis.
5. Der Omohyoideus (o) wird losgelöst und nach oben ge-
zogen.
6. Durch Fett und Zellgewebe (mit Venen!) zum
M. scalenus (^c), dessen Sehne neben dem tuberculum der ersten
Rippe fühlbar ist.
7. Es erscheint der innere Hand des plexus br achialis
(^pT), welcher nach oben und aussen gezogen wird.
8. Zwischen M. scalenus und plexus brachialis, aber etwas
tiefer, als letzterer, liegt die Arterie ; sie wird sichtbar nach
Spaltung des tiefen Blattes der fascia colli.
9. Die Vena subclavia (f. s) liegt vor und unterhalb
der Sehne des M. scalenus und dicht hinter dem Schlüsselbein.
Zu vermeiden ist die Verletzung der vena jugularis externa
(am äusseren Rande des Kopfnickers), der Art. transversa scapulae
(nahe der Clavicula), der Art. transversa colli (auf dem plex.
brachialis), des n. phrenicus (p) (der auf dem scalenus herabläuft).
Fig. 153.
Fig. 154.
Unterbindung der Art. subclavia in der fossa infraclavicularis.
Hautschnitte.
94 —
b) in der fossa infraelavieularis.
1. Die Schulter wii'd aufwärts gedrängt.
2. Hautschnitt, 6 — 8 cm lang, vom processus cora-
coideus beginnend, parallel mit der äusseren Hälfte der
Clavicula (Fig. 152), legt die dreieckige Furche zwischen
M. deltoideus und M. pectoralis (trigonum Mohrenheimü) frei, durch
welche die vena cephalica zur veua subclavia tritt.
3. Die vena cephalica (ce) wird mit dem Eande des M.
deltoideus {cV) nach aussen, der Rand des M. pectoralis
major (^pmj^ (den man im Nothfall vom Schlüsselbein etwas ab-
trennt) nach innen gezogen.
4. Nach Spaltung des Fettzellgewebes erscheint in
der Tiefe die fascia coraco-clavicularis, welche vorsichtig
getrennt wird. Die Arteria thoracica externa muss meistens
unterbunden werden.
5. Man sieht den M. pectoralis minor (^pmi), dessen
innerer (oberer) Rand mit dem M. subclavius einen nach innen
zu offenen Winkel bildet. In diesem Winkel liegt die Arterie (^as^
tief zwischen dem plexus b r achial is (pZ) und der vena sub-
clavia (i"'?), die Vene nach innen, der Nerv nach aussen.
Fig. 155.
dieses bei Stichverletzungen der Arterie
von grossem Nutzen (Rotter).
Im Nothfalle kann
der M. pectoralis minor
vom Processus coracoi-
^ deus abgelöst und die
Az'terie weiter nach der
Achselhöhle zu unter-
bunden werden. Auch
durch die temporäre
Resection der Cla-
vicula und Auseinan-
derziehen des durch-
sägten Knochens kann
man sich in schwierigen
Fällen die Operation er-
leichtern und das Ope-
rationsfeld vergrössern
(Fig. 155, V. Langen-
beck). Namentlich ist
hinter dem Schlüsselbein
— 95 —
Arteria Tertel)ralis.
Die Arteria vertebralis, aus dem oberen vind hinteren Umfang
der Subclavia gegenüber der Art. mammaria externa entspringend, verläuft
in dem Spalt zwischen innerem Rand des IE. scalenus anticus und ^. longus
colli aufwärts, um in die Oeffnung des Canalis intertrans versarlus
im Processus transversus des 6. Halswirbels einzutreten; dicht hinter
ihr liegt vor ihrem Eintritt der Sympathicus und der Querfortsatz des
T.Halswirbels (tuberculum caroticum). Vor ihr verlaufen Yena jugularis
interna, vertebralis und Art. thj-reoidea inferior.
Unterbindung der Arteria vertebralis.
Der Körper liegt mit erhöhtem Brustkorb, der Kopf nach
der entgegengesetzten Seite gewendet, der Arm nach unten gezogen.
1. Hautschnitt 5 cm lang, vom Schlüsselbein aufwärts
am hinteren Kopfnickerrande.
2. Xach Spaltung der Fascie (Yena jugularis externa!) wird
der Kopfnicker und die Gefässscheide der Carotis nach innen,
die Yena jugularis externa nach aussen gezogen.
3. Man sucht am AI. scalenus anticus aufwärts tastend
das Tuberculum caroticum und di'ingt unterhalb desselben
in den Zwischenraum zwischen Scalenus anticus und II. longus colli.
4. Die Arterie liegt hier hinter der Yena vertebralis,
welche zur Seite gezogen wird; die Xadel wird von aussen nach,
innen herumgeführt.
Fig. 156.
Hautschnitte für die Arterienunterbindung am Arme.
Arteria axillaris.
Die Art. axillaris liegt dem obersten Theil des Brustkastens
seitlich an und zieht von da schräg durch die Achselhöhle, deren vordere
Falte den !SI. pectoralis m.ajor, deren hintere den il. latissimus dorsi und
Teres maior enthält. In der Achselhöhle liest die Arterie am unteren
96 -
medialen Rande des M. coracobraehialis unter der Haut und Achselfascie,
z. Th. bedeckt von dem sie gabelartig umscbliessenden N. medianus.
lledian-wärts liegt vor ihr der N. cutaneus medius, unter ihr der N. ulnaris ;
medianwärts von diesen verläuft ganz oberflächlich die grosse Vena axillaris.
Fig. 157.
%.-^
Topographie der Achseigrube.
Unterbindung der Arteria axillaris.
1. Hautsclinitt, 5 cm lang, bei hocli erhobenem Arm,
am inneren Hände des m. coracobraehialis entlang, beginnt
Fig. 158. Fig. 159.
-5^
Unterbindung der Art. axillaris.
— 97
dort, wo sich dieser lluskel mit dem Rande des m. pectoralis
major stumpfwinklig kreuzt (Fig. 156, 158).
2. Nach Spaltung der Fascie erscheint ein Xervenbündel.
welches die Arterie einschliesst (Fig. 159}.
Die vena axillaris (r) liegt am hinteren Eande des
plexus und etwas oberflächlicher.
3, llan spaltet die Xervenbündelscheide, zieht die
vorderen Stränge (X. medianus und cutaneus medius) nach vorne,
die hinteren (X. ulnaris und radialis) nach hinten und öffnet die
Axterienscheide.
In der llitte der Achselgrube gehen von der Art. subclavia
die Arteriae subscapularis (.?.sj und circumflexa humeri (c/^) nach
hinten ab.
Arteria bracMalis.
Die Arteria brachialis liegt von zwei Venen begleitet an der
Innenseite des Oberarms am Innenrande des M. biceps hinter dem X.
medianus und X. cutaneus medius. Median-
wärts von ihr liegt der X. ulnaris. In der
Ellbogenbeuge tritt sie auf dem M. brachialis
internus unter den Lacertus fibrosus. Die Sehne
des Biceps liegt an ihrer äusseren, der X. media-
^i -rrir nus an ihrer inneren Seite.
Fig. 161.
Fig. 160.
Unterbindung der Art. brachialis.
Topographie der Arterien des
Vorderarms.
Esmarch-Kowalzig, Technik. 4. Aufl.
— 98 —
Unterbindung der Arteria brachialis
a) in der Mitte des Oberarmes.
1. Hautschnitt, 4 cm lang, am inneren Rande des
M. biceps (Fig. 156, 161).
2. Der biceps (6} wird mit stumpfen Haken nach aussen
gezogen. Es erscheint der N. medianus (m), welcher unmittel-
bar auf der Arterie liegt.
3. Der N. medianus wird gelöst, mit einem Schielhaken
nach aussen gezogen, die Scheide der Arterie geöffnet; sie liegt
zwischen zwei Venen (v. brachiales).
Bisweilen theiit sich die Art. brachialis schon im oberen
Dritttheil des Oberarmes in die ulnaris und radialis ; letztere verläuft
dann gewöhnlich mehr oberflächlich und lateralwärts (auf dem
biceps) und erstere erscheint dann auffallend dünn.
Unterbindung der
Art. anconea.
b) in der Ellbogenbeuge (Art. aneonea).
1. Hautschnitt, 3 cm lang, 5 mm ein-
wärts vom inneren E,ande des tendo bicipitis (Fig.
156, 162). Vorsichtig, damit nicht die vena mediana
(f) verletzt werde. Sie wird nach unten gezogen.
2. Spaltung der Aponeurose des biceps
(a). Unmittelbar darunter liegt die Arterie auf
dem M. brachialis internus zwischen zwei Venen.
Der N. medianus (in) liegt einige Millimeter
weiter nach innen und tritt unter den M. pro-
nator teres.
Arteria radialis und ulnaris.
Die Art. brachialis theiit sich gegenüber dem Halse des Radius in
der Ellbogenbeuge in die A. radialis und ulnaris.
Die A. radialis verläuft von hier fast gerade zum Processus
styloideus radii und liegt in ihrer oberen Hälfte in der Tiefe zwischen
M. supinator lougus und prouator teres, in der unteren Hälfte dicht
unter der Fascie. Sie ist beiderseits von Venae comites begleitet; der
N. radialis verläuft nur in der Mitte des Armes mit ihr.
Die A. ulnaris Hegt in ihrer oberen Hälfte unter den oberfläch-
lichen Flexoren, Pronator teres, Flexor carpi radialis, Palmaris longus,
Flexor sublimis, in der JÜIitte des Armes unter dem Flexor carpi ulnaris;
dicht über dem Handgelenk zwischen Flexor carpi ulnaris und flexor
sublimis auf dem flexor profundus dicht unter der Fascie, au der ulnaren
Seite vom N. ulnaris begieitet.
— 99 —
Fig. 163.
Fig. 166.
Fig. 165.
Fig. 167.
Arteiia radialis.
Arteria ulnaris.
Unterbindung der Arterien am Vorderarm.
Unterbindung der Arteria radialis
a) im oberen Dritttheil des Vorderarmes.
1. Hautsclinitt, 3 cm unterhalb der Armbeuge beginnend,
verläuft 4 cm lang auf einer Linie, welche das radiale Dritttheil
der Volarfläche des supinirten Vorderarmes von dem mittleren
Dritttheil trennt (Fig. 163 a).
2. Nach Spaltung der fascia antibrachii wird der
Zwischenraum zwischen den Bäuchen des M. supinator longus (s)
und flexor carpi radialis (/) aufgesucht und mit der Spitze des
Zeigefingers erweitert (Fig. 164).
3. In der Tiefe liegt die Arterie, begleitet von zwei Venen;
an ihrer Radialseite der ramus superficialis des nervus radialis (r).
7*
— 100 —
b) oberhalb des Handgelenkes.
1. Hautschnitt, 3 cm lang, an der Radialseite des M.
flexor carpi radialis (Fig. 163 6).
2. Vorsichtige Spaltung des oberflächlichen Blattes der
fascia antibrachii.
3. Die Arterie, begleitet von zwei Venen, liegt zwischen
M. flexor carpi radialis (od. radialis internus (/) und M.
supinator longus (od. brachioradialis (s) (Fig. 165).
Unterbindung der Arteria ulnaris
a) im oberen Dritttheil des Vorderarmes.
1. Hautschnitt, 3 cm unterhalb der Armbeuge beginnend,
verläuft 4 cm lang auf einer Linie, welche das ulnare Dritttheil
der Volarfläche des supinirten Vorderarmes von dem mittleren
Dritttheil trennt (Fig. 163 c).
2. Nach Spaltung der fascia antibrachii wird der
Zwischenraum zwischen den Bäuchen des M. flexor carpi ulnaris (c)
und flexor digitorum sublimis (<i) aufgesucht und mit der Spitze
des Zeigefingers und stumpfen Haken erweitert (Fig. 166).
3. In der Tiefe liegt die Arterie, begleitet von zwei Venen;
an ihrer Ulnarseite der nervus ulnaris (w).
b) oberhalb des Handgelenkes.
1. Hautschnitt, 3 cm lang, am sehnigen Hadialrande des
M. flexor carpi ulnaris (ulnaris internus), der sich an das
OS pisiforme setzt (Fig. 163 d).
2. Vorsichtige Spaltung des oberflächlichen Blattes der fascia
antibrachii.
3. Die Arterie, begleitet von zwei Venen, liegt zwischen der
Sehne des flexor carpi ulnaris (/) und der am meisten ulnar-
wärts gelegenen Sehne des M. flexor digitorum sublimis (d).
An ihrer Ulnarseite liegt der nervus ulnaris volaris (n).
101
Aorta, Arteriae iliacae und femoralis.
Die Aorta abdominalis, welche an der vorderen Fläche der
Wirbelsäule und etwas mehr an der linken Seite neben der Vena cava
herabsteigt, theilt sich in der Höhe des unteren Randes des 4. Lenden-
wirbels in die Arteriae iliacae communes, welche zu beiden
I'ig. 168.
Topographie der Arteriae iliacae.
Seiten des 5. Lendenwii'bels am inneren Rande des M. psoas, bedeckt
von dem mit ihnen nur locker verbundenen Peritoneum zur Symphysis
sacroiliaca ziehen, wo sie sich in die Art. hypogastrica und Art. iliaca
externa theilen. Die Vena iliaca communis liegt links an der
Innenseite, re chts hinter der Arterie Fig. 169.
(Fig. 169).DerUreter zieht schräg von aussen
nach innen über die Theilungsstelle hinweg.
Die A. ili.aca interna, deren Stamm
nur 2 bis 4 cm lang ist, verläuft schräg nach
vorn unten vor der Symphysis sacroiliaca
abwärts in das kleine Becken hinab.
Die A. iliaca externa zieht schräg
nach auss-en auf der den Psoas bedeckenden
Fascia iliaca zur Schenkelbeuge, an ihrer
vorderen und inneren Seite vom Bauchfell
überzogen und gekreuzt von den A^asa sper-
matica. Die Lumbalnerven verlaufen late-
ralwärts.
Die Arteria femoralis tritt unter der lütte des Poupart'schen
Bandes hervor und verläuft bis zum unteren Ende des mittleren Drittels
des Oberschenkels an dessen vorderer und innerer Seite in einer fast
Arteriae et Venae iliacae.
— 102 —
g'eraden Linie, welche von der Mitte des Po upart 'sehen Bandes zum
Epicondylus internus femoris gezogen wird; im oberen Drittel des Ober-
schenkels liegt die Arterie nach aussen von der gleichnamigen Vene
verlaufend im Trigonum subinguinale (Scarpa), welches vom M.
sartorius an der Aussenseite, vom M. adductor longus an der Innenseite
begrenzt wird. Am unteren Winkel des Dreiecks giebt sie die starke Art.
profunda femoris ab. In der Mitte des Oberschenkels liegt die
Art. femoralis auf der Vene unter dem M. sartorius zwischen M. vastus
internus und M. adductor magnus, durchbohrt dann den Ansatz dieses
Fig. 170. Muskels (Adductorencanal), in
welchem sie hinter dem N. saphenus
maior zur Hinterfläche des Ober-
schenkels und zur Kniekehle tritt.
Unterbindung der Aorta abdominalis
unterhalb der Nierenarterien
1) extraperitoneal (Maas,
M u r r a y)
1. Hautschnitt am vorderen
Rande des linken M. quadra-
tus lumborum entlang von den
letzten Rippen bis zur Crista
ossis ilei.
2. Nach Durchschneidung der
Bauchmuskeln und der
fascia transversa kann die
Wunde mit stumpfen Haken so
weit auseinander gezogen werden,
dass man den Retroperitoneal-
raum vom unteren Nierenende an
übersehen und die Aorta frei-
legen kann.
2) transperitoneal (Cooper,
V. Nussbau m)
1. Hautschnitt, 15 — 20 cm
lang, in der Linea alba, wie bei
der Laparotomie.
2. Nach Eröffnung der
Bauchhöhle werden die Därme
nach rechts verschoben, das hintere
Bauchfellblatt über der leicht zu
A
V
Nc
Vs
Topographie der Art. femoralis.
erreichenden Ader gespalten und darauf die Aorta unterbunden.
- er.
Unterbindung der Art. iliaca communis und interna.
Unterbindung der Arteria iliaca communis und interna.
1. Hautschnitt, 10 — 12 cm lang, beginnt 3 cm nach
innen und unten von der Spina anterior superior ossis ilei und
steigt, leicht nach innen concav gebogen, vertical bis nahe an
den letzten Rippenbogen hinauf (Fig. 172 Jc^.
2. Spaltung der Fettschicht, der dünnen fascia
superficialis, der Mus kelschicht des obliquus externus,
des obliquus internus, des transversus und der dünnen
fascia transversalis, bis das Peritoneum blossliegt.
3. Das Peritoneum (j?) wird vorsichtig nach innen, gegen
den Nabel hin, gedrängt und mit den Fingern gegen den.
inneren Wundrand gezogen (Fig. 171).
— 104 —
4. Der Ureter (ii') bleibt meistens mit dem Bauchfell im
Zusammenhang; wo nicht, so sieht man ihn zusammen mit dem
N. spermaticus externus (sp) schräg über die Theilungsstelle der
iliaca weglaufen und muss seine Verletzung sorgfältig vermeiden.
5. Die ganze Arteria iliaca communis liegt nun
am inneren Rande des M. iliopsoas (?7z) frei vor, von der Aorta
bis zu ihrer Theilung ; die Vena iliaca liegt (links) an ihrer Innen-
seite, rechts liegt sie hinter der Arterie.
Um die Arteria iliaca interna zu unterbinden, zieht man die Art.
iliaca externa und die Vena iliaca communis nach innen und führt
die Nadel von innen her um den Stamm der Art. iliaca interna herum.
Fig. 172. Fig. 173.
/
Hautschnitte : Je
Unterbindung der Arteria iliaca externa.
Iliaca communis, Je =: Iliaca externa, 1, 3, 3 = Femoralis.
Unterbindung der Arteria iliaca externa.
1. Hautschnitt, 1 cm oberhalb des lig. Poupartii und
demselben parallel, 8 — 10 cm lang, flachconvex, beginnt
3 cm nach innen von der spina anterior superior, endet in der
Gegend des inneren Leistenrings (ohne ihn und den funiculus
spermaticus freizulegen) (Fig. 172 Je).
2. Spaltung der Fettschicht j der dünnen fascia
superficialis, der starken sehnigen Aponeurose des M.
— 105
obliqnus externus, der Muskelfasern des obliquus
internus; dann der horizontalen Muskelfasern des trans-
versus abdominis im äusseren Mundwinkel (Fig. 173).
3. Yorsicbtige Trennung der nun folgenden dünnen fascia
transversalis. (Bei Fetten nocli eine dünne Fettschiebt.)
4. Das Peritoneum (p) ist mit hakenförmig gebogenen
Fingern vorsichtig gegen den Nabel zu drängen (ohne die fascia
iliaca sammt den grossen Gefässen von der Beckenwand ab-
zustreifen 1).
5. Die Arterie liegt an dem inneren Rande des M.
ilio-psoas; an ihrer Innens eite die Vene (^■); nach aussen der
N. femoralis (w), von der fascia iliaca bedeckt; der nervus
spermaticus externus (^sp^ läuft schräg über die Arterie
hinweg.
Unterbindung der Arteria glutaea superior.
1. Hautschnitt, schräg
über das G-esäss in einer Linie
zwischen Spina ilium pos-
terior superior und Tro-
chanter maior (Fig. 174).
2. Nach Durchtrenn-
ung der Fascie und der
Fasern des M. glutaeus
m a X i m u s wird der untere
E,and des M. glutaeus
m e d i u s freigelegt und nach
oben gezogen.
3. Am oberen E,ande der
Incisura ischiadica maior
über dem M. pyriformis
findet man die Arterie neben
dem N. glutaeus supe-
^lOI"- Unterbindung der Art. glutaea superior.
^<
Unterbindung der Arteria ischiadica.
1. Hautschnitt, 8 — 10 cm lang, in der Eichtung von
der Spina ilium posterior inferior zum Aussenrand des
Tuber ischii.
106
2. Nach Durchtrennung der Fascie und der Faserung des
M. glutaeus maximus wird der M. pyriformis und das Lig.
tuberoso-sacrum freigelegt.
3. Die Arterie findet man am inneren Rande des M.
pyriformis über dem unteren Rand der Incisura ischiadica
hervortretend.
Unterbindung der Arteria femoralis
a) unter dem ligamentum Poupartii.
1. Hautschnitt beginnt in der Mitte zwischen
Spina anterior superior und Symphyse, 2 mm oberhalb
des lig. Poupartii und wird 5 cm abwärts geführt (Fig. 172 i).
2. Spaltung der fascia superficialis.
3. Spaltung des Fettes, Beseitigung der Lymph-
drüsen durch Seitwärtsziehen oder Exstirpation.
4. Spaltung der fascia lata.
5. Eröffnung der Gef äs s scheide, 1 cm unterhalb
des ligam. Poupartii (Z) (weil unmittelbar unter demselben die
Art. circumflexa ilei (^ac) und epigastrica inferior profunda (ae}
abgehen, Fig. 17.5).
6. Die Vena f am or alis (ü) liegt an der Innenseite, der
nervus femoralis (ji) an der Aussenseite der Arterie.
Fig. 175. Fig. 176.
Unterbindung der Art. femoralis.
unter dem Lig. Poupartii unterhalb des Abganges der Art. profunda.
— 107 —
b) unterhalb des Abganges der Art. profunda
(an der unteren Spitze des trigonum il e o - f e m or al e).
1. Hautschnitt, 5 cm lang, am inneren Rande des M.
sartorius, beginnt sechs Querfingerbreit (8 — 10 cm) unterhalb des
ligam. Poupartii (Fig. 172 2).
2. Der Rand des M. s artor ins (s) wird freigelegt und
nach aussen gezogen.
3. Eröffnung der Gefässscheide. Die Vena femoralis
(u) liegt nach innen und etwas hinter der Arterie; der
Nervus femoralis (n) nach aussen (Fig. 176).
e) in der Mitte des Oberschenkels
(hinter dem m. sartorius).
1. Hautschnitt, 8 — 10 cm lang, bis auf den M.
sartorius, in der Mitte einer Linie, welche man sich von
der Spina anterior superior bis zum condylus internus
femoris gezogen denkt (Fig. 177 5).
2. Die Scheide des Sartorius wird gespalten, der
Muskel (s) gelöst und nach aussen gezogen, bis die hintere
Wand der Muskelscheide erscheint, welche den Gefäss-
strang bedeckt.
3. Nach Spaltung der Scheide wird die Arterie freigelegt.
Auf ihr verläuft der Nervus saphenus (n), hinter ihr die
Vena femoralis (t"c). Die Vena saphena (rs) liegt ober-
flächlich und mehr nach innen (Fig. 178).
-Fig. 177. Fig. 178.
\. ' v.c
Unterbindung der Arteria femoralis in der Mitte des Oberschenl<els.
— 108 —
Arteria poplitea.
Die Art. poplitea verläuft in der Mitte der von Fett ausgefüllten
Kniekehle am meisten median wärts, Vena poplitea und Nerv, tibialis
liegen nach aussen von ihr. Am oberen Rande des M. soleus, oft
auch schon in der Kniekehle theilt sich die Ader in Art. tibialis
antica und postica. Die erstere verläuft vom M soleus bedeckt auf
dem Lig. interosseum in einer zwischen Condylus externus tibiae
und Spatium intermetatarseum I gezogenen Linie an der Vorderseite des
Unterschenkels abwärts zwischen M. tibialis anticus und flexor digitorum
communis. Am F u s s g e 1 e n k e ist sie zwischen den Sehnen des M. tibialis
anticus und Extensor hallucis zu finden. Sie verläuft dann als Art.
dorsalis pedis auf dem Fussrücken zwischen den Sehnen des Extensor
hallucis longus und brevis schräg im Zwischenraum der beiden ersten
Metatarsalknochen (Fig. 181 b).
Fig. 179. Fig. ISO.
a
Semitend.
Semimem'b.
Gracilis
Sartorius
Cap. int.
gastrocnemii
n. saph. ext. —
Unterbindung der Art. poplitea
Topographie der Kniekehle. Wuude.
Die stärkere Art. tibialis postica verläuft an der Innenseite
des Unterschenkels, von den "Wadenmuskeln bedeckt, zwischen M. tibialis
posticus und flexor digitorum longus. Sie ist von zwei Venen begleitet,
der N. tibialis verläuft an ihrer äusseren Seite. Hinter dem Malleolus
internus liegt die Ader oberflächlich unter der Haut und Fascie, zwischen
den begleitenden Venen und unter dem N. plantaris.
— 109 —
Unterbindung der Arteria poplitea.
1. Hautschnitt, 8 cm lang, am äusseren Rande des
M. semimembranosus herab durch die ganze Kniekehle.
2. Spaltung der dicken Fettschicht, bis der nervus
tibialis sichtbar wird (Fig. 180).
3. Der n. tibialis (n) wird lateralwärts gezogen; hinter
ihm und etwas medianwärts liegt die vena poplitaea (v), welche
gelöst und etwas lateralwärts gezogen wird; hinter der Vene
und etwas medianwärts liegt die Arterie.
Unterbindung der Arteria tibialis antica
a) oberhalb der Mitte des Unterschenkels.
1. Hautschnitt, 6 — 8 cm lang, 3 cm nach aussen von
der Crista tibiae (in der Mitte zwischen tibia und fibula Fig. 181 a).
Flg. 181 Fig. 182.
Unterbindung der Arteria tibialis antica oberhalb der
(Witte des Untersciienkels.
— 110 —
2. Spaltung der Fascie in der Riclitung einer sehnigen
weissen Linie, welche den Raum zwischen M. tihialis anticus
(td) und extenso r hallucis longus (e/i) kenntlich macht; dieser
intermuskuläre Raum wird aufgesucht und mit der Spitze
des Zeigefingers erweitert, bis die tiefe Fascie zum
Vorschein kommt (Fig. 182).
3. Nach vorsichtiger Spaltung der tiefen Fascie er-
scheint die Arterie zwischen zwei Venen ; an ihrer Aussenseite
liegt der Nervus peronaeus profundus (n).
b) im unteren Dritttheil des Unterschenkels.
1, Hautschnitt, 5 — 6 cm lang, senkrecht, einen Finger
breit nach aussen von der crista tibiae (Fig. 183, 184).
2. Spaltung der Fascie. In den Haum zwischen m.
tibialis anticus (ta) und extenso r halucis longus (eh)
dringt der Zeigefinger und trennt durch Auf- und Abstreichen
die Muskelbäuche bis zur membrana interossea (2 — 3 cm tief).
Fig. 183.
Fig. 184.
Unterbindung der Arteria tibialis antica Im unteren Dritttheil des Unterschenkels.
3. Auf dieser liegt die Arterie zwischen zwei Venen,
begleitet vorne und innen vom ramus profundus nervi 25eronei (n).
— 111 -
Unterbindung der Arteria tibialis postica
a) oberhalb der Mitte des Unterschenkels.
1. Hautsclinitt, 8 — lO cm lang, 1 cm nach innen vom
inneren Rande der tibia entfernt (Fig. 185 a).
2. Nach Spaltung der Fascie wird der Rand des
gastrocnemius (^) nach hinten gezogen, der M. soleus
vom flexor digitorum lougus getrennt, und der Raum
Fig. 186.
Unterbindung der Art. tibialis postica oberhalb der Mitte des Unterschenl<els.
zwischen diesen Iluskeln mit der Spitze des Fingers erweitert,
bis die starke tiefe Aponeurose erscheint, welche aus Sehuen-
fasern des soleus und der fascia cruris besteht.
— 112 —
3. Nach Spaltung dieser Aponeurose erscheint die
Fig. 187. Arterie zwischen zwei Venen; etwas mehr
nach hinten liegt der nervus tibialis (w).
b) hinter dem malleolus internus.
1. Hautschnitt, 3 — 4 cm lang, in
der Mitte zwischen malleolus inter-
nus und tendo Achillis (Fig. 185 F).
2. Spaltung der fascia suralis
C/) verstärkt durch Fasern des ligamen-
tum laciniatum (Fig. 187 Z).
3. Unmittelbar darunter liegt die
Arterie zwischen zwei Venen ; an ihrer
hinteren Seite der nervus tibialis (n).
Die Sehnenscheiden des tibialis posticus, des
flexor digitor. longus und des flexor halucis longus
dürfen nicht geöffnet werden.
Blutersatz.
Die Transfusion und Infusion.
Nach einem plötzlichen starken Blutverlust durch Verletzungen
oder infolge langdauernder blutiger Eingriffe, besonders bei ge-
schwächten Kranken, sinkt wegen der mangelhaften Füllung der
Gefässe der arterielle Blutdruck bald so tief, dass das Herz nicht
mehr im Stande ist, den Inhalt des Gefässsystems in Bewegung
zu halten. Es arbeitet ohne Wirkung wie eine leere Pumpe und
so erfolgt der Verblutungstod schon zu einer Zeit, wo sich in den
Adern noch eine für das Leben genügende Menge Blut befindet.
Es kommt hierbei darauf an, das Gefässsystem stärker zu
füllen, damit das Herz wieder wirksam schlagen kann.
Die directe Ueberführung des Blutes aus der Arterie eines
gesunden Menschen in die Vene des Verblutenden würde die
Adern wieder füllen und das Leben erhalten können. Aber leider
kann man nicht sicher verhüten, dass sich in der überleitenden
Canüle Blutgerinnsel bilden, welche die Gefässe des Blutempfängers
in gefährlicher Weise verstopfen. Auch ist es nur selten möglich,
ganz gesunde Menschen zu finden, welche ihr Blut zur Rettung
eines anderen Menschen in dieser Weise herzugeben bereit sind.
— 113 —
Die directe TJeberführung des Blutes von einem Thiere in
die Vene eines Menschen ist durchaus zu verwerfen, weil durch
die Mischung verschiedener Blutarten ein Grift entsteht, welches
die weissen und rothen Blutkörperchen rasch auflöst und nicht nur
Grerinnungen, sondern auch die meist tödtlich werdende Haemoglobin-
ämie und -urie hervorruft.
Da ferner nach neueren Untersuchungen (^Köhler u. a.) die
Transfusion von defibrinirtem Blute, auch von Menschen,
ebenso gefährlich ist, weil durch das Schlagen des Blutes das
Fibrinferment frei wird, im kreisenden Blute Gerinnungen hervor-
ruft und die Blutkörperchen auflöst (Fermentintoxication, Köhler),
so ist nach unseren jetzigen Anschauungen jede Transfusiotl VOn
Blut zu verwerfen.
Dagegen genügt die
Intravenöse Infusion alkalischer Kochsalzlösung,
um den Blutdruck in den Adern so weit zu erhöhen, dass
das Herz die Blutsäule wieder in Bewegung setzen und das
Ernährungsmaterial den Organen zuführen kann (Kr on eck er).
Die Kochsalzlösung stellt man her durch Auflösen von 7 gr.
reinem Kochsalz in 1 Liter sterilen Wassers unter Zusatz von
3 Tropfen Natronlauge oder 1 g Natr. carbon. Lander er fügt
noch 3 — ö^'/q Zucker hinzu, weil dadurch die Blutkörperchen am
besten erhalten werden, der Blutdruck rasch steigt durch starke
Endosmose und ausserdem der Zucker als Nährstoff dient.
Zur Ausführung der Operation wird zunächst bei dem
Kranken eine subcutane Vene (z. B. die vena mediana basilica
in der Ellenbeuge, oder die Vena saphena magna vor dem
malleolus internus) durch Einschneiden einer Hautfalte freigelegt
und soweit isolirt, dass man zwei Catgutfäden darunter
durchziehen kann.
Mit dem einen Faden wird das peripherische Ende des
Venenstückes unterbunden; der andere Faden wird unter das
centrale Ende geschoben.
Die freigelegte Vene wird eröffnet, indem man mit einer
feinen Hakenj)inzette die obere Wand emporhebt und mit einer
Scheere einen schrägen Einschnitt macht, so dass eine kleine
Lappenwunde entsteht (Fig. 188).
Indem man dieselbe durch Erheben des Lappens zum Klaffen
bringt, schiebt man in das centrale Ende der Vene eine an der
Esmarch-K o walzig, Technik, 4. Aufl. 8
— 114
Spitze abgerundete C a n ü 1 e (aus . Glas, Hartkautschuk oder Silber)
ein und bindet dieselbe mit dem zweiten Catgutfaden fest (Kg. 188).
Die Canüle und ein daran be- ■^^^' •'•^^•
festigtes Kautschukröhrchen nebst
Ansatz von Hartkautschuk wird vor-
her vollständig mit Kochsalzlösung
gefüllt und mittelst eines Quetsch-
hahns geschlossen.
Einführung der Canüle.
Zum Eingiessen der Salzlösung verwendet man entweder
eine Glasdusche oder einen graduirten Glascylinder (Fig. 189),
der 300 — 400 gr. Flüssigkeit fasst und unten in eine knopf-
förmige durchbohrte Spitze endigt, über welche ein 40 cm langer
Kaiitschukschlauch geschoben ist. In dem unteren Ende des
letzteren steckt ein kleiner durchbohrter Ansatz von Hartkaut-
schuk oder GlaS; der genau in das Ansatzstück der Canüle passt.
Nachdem das Gefäss auf das sorgfältigste gereinigt und
sterilisirt worden ist, .füllt man es mit der auf 40 ^ C. erwärmten
115
Kochsalzlösung, senkt das Endstück des Schlauches, bis das TTasser
herausspritzt und steckt dasselbe in das Ansatzstück der gefüllten
Canüle fest hinein.
Xachdem man durch -^^s- ■'-^^•
Drücken und Streichen
nach aufwärts alle Luft-
blasen aus demSchlauche
entfernt hat, erhebt man
den Glascylinder mit
der einen Hand etwa
einen halben Aleter hoch
(dem Blutdruck in den
Venen entsprechend)
und lockert mit der
andern den Quetschhahn
so weit, dass man die
Wassersäule ganz
langsam (höchstens
10 ccm in der Secunde)
in dem Glascylinder her-
absinken sieht.
Man kann auch den
Quetschhahn ganz ent-
fernen und die Schnellig-
keit desEinlaufens durch
Heben und Senken des
Glascylinders regeln.
Um die Abkühlung
der Flüssigkeit während
des Einlaufens zu ver-
hindern, kann die Hand,
welche den Glascylinder
hält, einen mit heissem
"Wasser gefüllten Eis-
beutel an die Aussen-
wand desselben an-
drücken (Eig. 189).
Sobald der Cylinder Infusion mit graduirtem Glascylinder.
fast leer ist, wird der Schlauch durch einen Eingerdruck
schlössen und von dem Canülenstück gelöst.
ge-
— 116 —
Dann zieht man auch die Canüle aus der Vene, unterbindet
das centrale Ende der letzteren, reinigt und desinficirt die Wunde
sorgfältig und legt einen antiseptischen Verband an.
Eine Spritze zur Infusion zu gebrauchen, ist weniger
zweckmässig, 1} weil mittelst derselben leicht ein zu starker Druck
angewendet wird, 2) weil durch ihren Stempel die Flüssigkeit
leicht verunreinigt werden kann (durch ranziges Oel, eingetrocknete
Flüssigkeiten von früherer Benutzung etc.) und 3} weil die Grefahr
des Lufteintritts in die Vene dabei grösser ist.
In einfacherer Weise lässt sich die subcutane Kochsalzinfusion
ausführen. Man verbindet den Schlauch des die Kochsalzlösung
enthaltenden Glasgefässes mit einer Aspirationsnadel oder einem
feinen Troicart, stösst das Instrument unter Erhebung einer Haut-
falte an irgend einer Körperstelle, z. B. auf der Brust, ein und lässt
unter Heben des Grefässes ganz langsam die Flüssigkeit aussickern,
durch kräftiges Kneten (Effleurage) wird sie weiter vertheilt.
Cantani hat diese Methode als Hypodermoklysma mit Erfolg
bei der durch Eindickung des Blutes bedingten Austrocknung im
Stadium algidum der Cholera angewandt, besser aber wirkt auch
hier die Infusion in die Vene.
Während der Transfusion stellen sich oft Cyanose, Dyspnoe
und Syncope ein, so dass die Operation abgebrochen werden muss.
Nach ihr zeigen sich meist Fieber, Frost, Kreuzschmerzeu, ferner
Blut und Eiweiss im Urin.
Ist der Blutverlust nicht so stark gewesen, dass unmittelbar
das Leben bedroht ist, sondern besteht nur grosse Schwäche und
Ohnmacht, so kann man zunächst versuchen, durch Tieflagerung
des Kopfes der Hirnanämie vorzubeugen und durch Anal eptica
(Biechmittel, Campher, Aether, Sj)irituosen} die Herzthätigkeit
anzuregen, durch starke Erwärmung (Decken, Wärmflaschen)
das Sinken der Körperwärme zu verhindern und durch Dar-
reichung grosser Flüssigkeitsmengen, welche sehr schnell aufgesaugt
werden, den Inhalt des Gefässsystems zu vermehren. Letzteres
erreicht man auch durch Anwendung der künstlichen Blutleere,
indem man ein oder mehrere Glieder emporhebt oder mit elastischen
Binden einwickelt. Das in den Gliedern noch vorhandene Blut
wird dadurch in den übrigen Theil des Gefässsystems gedrängt
und hebt den Blutdruck so weit, dass das Herz mit Erfolg
arbeiten kann (ÄutotratlsfusJOn, Fig. 190).
Autotransfusion.
Bisweilen wird durch dieses Verfahren die Transfusion
entbehrhch, bisweilen lässt sich wenigstens dadurch das entfliehende
Leben so lange aufhalten, bis man die Transfusion ausführen kann.
Blutentziehung
wurde in früherer Zeit bei den verschiedensten Erkrankungen
sehr häufig angewandt, namentlich um Entzündungen zu bekämpfen
und die Blutfülle in einzelnen Körpertheilen herabzusetzen. Hierzu
diente ausser den Stichelungen, Scarificationen, Blutegeln und
Schröpf köpfen hauptsächlich
Dgt AderlaSS (Phlebotomie, Venaesectio), welcher
heutzutage nur noch äusserst selten in Anwendung kommt. Man
macht ihn ausschliesslich am Arm an derjenigen Vene, welche am
deutlichsten unter der Haut hervortritt. Dies ist meist die VGna
mediana basilica. Da sich diese aber in der Regel mit der
arteria brachialis kreuzt und nur durch die dünne Aponeurose
des M. biceps von ihr getrennt wird, so ist es rathsam, vor der
Operation nach der Pulsation der Arterie zu fühlen und die Er-
öffnung der Vene entweder oberhalb oder unterhalb der Kreuzungs-
stelle vorzunehmen.
1. Der Patient liege und lasse den Arm hängen, damit
die Venen sich füllen.
2. Eine Binde (oder ein zusammengelegtes Tuch) wird um
die Mitte des Oberarmes geschlungen, so fest, dass der Rückfluss
— 118 —
des venösen Blutes gehemmt ist, abei' nicht der Zufluss des
arteriellen (der Radialpuls darf nicht verschwinden). Der Knoten
Fig. 191. der Binde muss durch einen
Zug an dem einen herab-
hängenden Ende zu lösen sein
(Fig. 191). Den Arm fixirt
der Arzt durch Einklemmen
der Hand zwischen Oberarm
und Brust , die Vene durch
y /^ — ^ einen Druck seines Daumens
uutei-halb der Einstichstelle.
Fig. 192.
Aderlass mit dem Phlebotom.
Fig. 193
Verband nach dem Aderiass.
Aderlass mit der Lanzette.
3. Mit einer Lanzette
(Fig. 192) oder besser mit
dem Phlebotom nach L o -
rinser (Fig. 191) wird
ein Einstich durch die
Haut in die Vene gemacht,
den man durch Heben der
Spitze in der Art erweitert,
dass die vordere Venen-
wand in schräger Eichtung
etwa 5 mm weit gespalten
wird.
4. Das Blut muss in
kräftigem Strahl her-
vorspringen ; stockt der
Ausfluss , so kann er
— 119 —
durch wechselndes Oeffnen und Schliessen der Hand befördert
werden.
5. Ist eine genügende Menge Bhit entleert, so löst [man
die Schnürbinde, verschiebt mit dem Daumen die Hautwunde
etwas über die Vene, legt eine kleine antiseptische Compresse
darauf und befestigt sie bei leicht gebeugtem Vorderarm durch
eine Achterbinde (Fig. 193).
Operation der Aneurysmen.
Spindelförmige oder sackartige Erweiterungen der Arterien-
wand kommen nach Verletzungen der Gefässe oder bei Erkrankungen
der Arterien zu Stande. Sie können in einigen wenigen Fällen
ohne Kunsthilfe von selbst heilen, indem sich im Innern des
Balges schichtweise Blutgerinnsel ansetzen und diesen schliesslich
in einen festen Tumor umwandeln, der dann allmählich schrumpft.
Dieses Ziel suchen auch alle Methoden zu erreichen, welche eine
Gerinnung des Blutes in dem Aneurysma erstreben:
1. Durch vorübergehende Abschwächung der arteriellen Zufuhr.
a. Durch Fingerdruck auf den centralen Theil der
betreffenden Arterie (s. S. 63).
b. Durch Ader pressen, welche eigens für diesen Zweck
angegeben sind (s. a. Fig. 113).
Da die fortdauernde Compression mit dem Finger, wobei
sich mehrere Personen in bestimmten Zwischenräumen Tag und
Nacht ablösen müssen, sehr umständlich und für den Kranken
beschwerlich ist, und da die Tourniquets auch meist nicht gut
vertragen werden, so ersetzt man die Compression, namentlich an
der Art. femoralis bei dem so häufigen Aneurysma popliteum,
zweckmässiger
c. durch Stangendruck (von Esmarch).
Eine lange Stange, Krücke, Besenstiel, die gegen die Zimmer-
decke oder einen Bettgalgen gestemmt ist (Fig. 194, 195), wird
mit ihrem weich umwickelten Ende auf den Arterienstamm des nach
aussen rotirten und mit einer Binde umwickelten Beines gesetzt.
Wird der Druck an einer Stelle schlecht vertragen, so wechselt man
mit einer andern ab. Meist lernen die Kranken in kurzer Zeit
selbst diesen Druck richtig ausführen, zumal wenn die betreffenden
Stellen mit Tusche kenntlich gemacht werden. Mit dieser einfachen
Fig. 195.
Stangendruck zur Compression der Art. femoralis bei Aneurysma popliteum.
— 121 —
Methode ist eine ganze Eeihe selbst grösserer Kniekehlenaneurysmen
zur Heilung gebracht worden.
2. Durch Aufhebung des Kreislaufs (Eeid).
Hit einer elastischen Binde wird das Grlied bis dicht an die
Greschwulst heran eingewickelt, diese freigelassen und die Umwicklung
oberhalb derselben fortgesetzt. Xoch einfacher ist die künst-
liche Blutleere des Gliedes unter Anwendung des Schnürgurts
oberhalb des Aneurysma. Diese Binden sollen möglichst oft am
Tage angelegt werden; man kann sie fast eine Stunde ununter-
brochen liegen lassen. Bevor man den Schnürgurt entfernt, muss
das Glied neuerdings lose mit einer elastischen Binde eingewickelt
werden, um die nachfolgende Hyperämie nach Aufhebung der
TJmschnürung zu verhüten (Billroth).
3. Die Unterbindung der Arterie ist in der Xeuzeit das
sicherste und am häufigsten benutzte Verfahren.
a. nach Antyllus (Fig. 196).
Derselbe legte das Aneurysma in ganzer Ausdehnung durch
einen Längsschnitt frei, unterband die Ader dicht oberhalb und
unterhalb im Gesunden, spaltete den Sack, räumte den Inhalt aus
Pig. 196.
Antyllus
Fig. 197.
Hunter
Fig. 198.
Fig. 199.
Brasdor
Wardrojj
Arterienligatur bei Aneurysmen.
Fe am
— 122 —
und tamponirte die Wunde. Sein Zeitgenosse Philagrius ging nocli
weiter, indem er nach doppelter Ligatur das Aneurysma herausschnitt.
b. nach Anel und Hunter (Fig. 197).
Das zuführende, centrale Ende der Arterie wird unter-
bunden, entweder dicht oberhalb des Sackes (Anel) oder weiter
oberhalb an einer leicht zugänglichen Stelle (am Orte der
Wahl, Hunter), letzteres aus Furcht, dass der stark angezogene
Seidenfaden die erkrankte Arterienwand in der Nähe des Aneurysma
durchschneiden und dadurch eine heftige Nachblutung erzeugen
könne. Da wir aber bei der jetzt üblichen Unterbindung mit
dem elastischeren Catgut diese Grefahr nicht mehr zu fürchten
haben, so bliebe die Ligatur möglichst dicht oberhalb des Sackes
voi'zuziehen wegen der grösseren Wahrscheinlichkeit, dass sich die
Circulation durch CoUateralen in dem Aneurysma nicht wieder herstellt.
Ist es nicht möglich, den centralen Theil zu unterbinden,
z. B. bei Aneurysmen der Aorta, Anonyma, Subclavia u. s. w.,
so kann man
c. nach Brasdor und Wardrop (Fig. 198)
das abführende, periphere Arterienstück unterbinden. Jener
suchte möglichst dicht am Aneurysma den Abfluss zu unter-
brechen. Dieser begnügte sich in weiterer Entfernung an
leicht zugänglicher Stelle den Hauptast zu unterbinden und da-
durch wenigstens eine Verlangsamung des Blutstromes zu erzeugen.
F e a r n unterband nach einander alle unterhalb des Aneurysma
abgehenden Zweigstämme.
Zahlreiche Erfahrungen haben bewiesen, dass eine Heilung
durch Unterbindung sicher nur dann eintritt, wenn alle ab- und zu-
führenden Aeste unterbunden sind. Andernfalls bleibt das Aneurysma
fast immer noch wegsam durch den sich schnell herstellenden Collateral-
kreislauf. Demnach ist unter aseptischen Massregeln und künstlicher
Blutleere ausgeführt die uralte Methode des Antyllus und die
Exstirpation des Aneurysma wegen der unbedingten Sicherheit ihrer
Wirkung, der Leichtigkeit und Uebersichtlichkeit ihrer Ausführung
das einzig empfehlenswerthe Verfahren.
Bei Aneurysmen am Bein sollte man zunächst den Stangen-
druck anwenden und erst wenn dieser erfolglos bleibt, zur Aus-
schälung schreiten.
Die früheren, zahlreichen Methoden, welche eine directe Blut-
gerinnung im Aneurysma erstrebten (Injection von Eisenchlorid,
Fibrinferment, Ergotin, Alkohol, Tannin, Bleiessig, Wachs, Ein-
— 123 —
führung von Nadeln, Uhrfedern, Magnesiumdraht, Silkworm, Ross-
haaren, Catgutfäden) sind lebensgefährlich und mit Recht ver-
lassen. Die Acupunctur und Electropunctur dagegen werden von
Mehreren als erfolgreich gelobt. Nach Aufhebung des Kreislaufs
durch Anlegen des Schnürgurts stiess Mac E w e n eine Acupunctur-
nadel (Fig. 80 &) in das Aneurysma und bewegte sie in ihm hin
und her, wobei allmählich Gerinnung eintrat. Verbindet man die
Nadel mit einer electrischen Batterie, so gerinnt durch den
galvanischen Strom der Inhalt des Sackes ebenfalls nach mehr-
maliger Anwendung.
Operation der Varicen.
Ausgedehnte Erweiterungen der Venenwandungen (Varicen),
welche hauptsächlich am Beine im Verlauf der Vena saphena
magna vorkommen, machen dem Kranken viele Beschwerden
(Muskelkrämpfe, Eczeme, Phlebitis, Beingeschwüre) und können
durch plötzliches Bersten ihrer oft sehr dünnen Wand starke
Blutungen verursachen.
In leichteren Fällen erzielt man durch Einwicklung des
Beines mit einer flanellenen oder elastischen Binde (Grummistrumpf)
etwas Besserung oder wenigstens Linderung der Beschwerden.
Auch die Krampfaderbandage von Landerer, eine Pelotte,
die an der Innenseite des Unterschenkels dicht unterhalb des
Kniegelenks auf der Vene befestigt wird und gewissermassen eine
künstliche Venenklappe bildet, leistet mitunter gute Dienste.
Bei grösserer Ausdehnung der Varicen und in denjenigen
Fällen, wo ein Druck auf den Stamm der Vena saphena das
durch hohe Lage entleerte Blut verhindert, sofort die Varicen
wieder anzufüllen, ist die beste Methode zu ihrer Heilung:
Die Unterbindung der Vena saphena magna
(T r e n d e 1 e n b u r g).
1. Hautschnitt, 3 cm lang, an der Innenseite des Ober-
schenkels, etwa auf der Grrenze seines mittleren und unteren
Drittels; die Vene wird dicht unter der Haut freigelegt (s. a.
Fig. 170).
2. Auf stumpfem "Wege, mit dem Messerstiel oder Schiel-
haken wird die Vene ringsum auf etwa 2 cm Länge freigemacht
und mit der Aneurysmanadel ein doppelter Catgutfäden um sie
herumgeführt.
— 124 —
3. Nun wird das Bein senkrecht erhoben, um das Blut
möglichst abfliessen zu lassen, darauf die Vene doppelt unter-
bunden und zwischen den Ligaturen durchgeschnitten.
4. Die kleine HautAvunde wird in ganzer Ausdehnung vernäht.
Nach der Unterbindung thrombosirt der ganze periphere
Venenabschnitt und schrumpft mit der Zeit zu dünnen Strängen
zusammen.
Die Verödung der kranken Venen durch multiple Durch-
schneidung, bezw. Ausschneidung zahlreicher kleinerer Stücke und
dojDjoelter Unterbindung, durch percutane Umstech ung und
Compression der Wandungen durch kleine aufgebundene Gummi-
schlauchstücke (Schede) liefert keinen sicheren Erfolg und wird
nicht mehr angewendet. Statt dessen macht man, wenn die so
leicht auszuführende Unterbindung der Vena saphena erfolglos bleibt,
als Radicaloperation
die Exstirpation der Varicen
(von Langenbeck, Madelung).
1. Um die Vene recht stark hervortreten zu lassen, wird
dem stehenden Kranken der Schnüx'gurt am Oberschenkel fest,
aber langsam angelegt.
2. Durch einen bogenförmigen Schnitt am ganzen Bein entlang
wird ein Lappen gebildet, nach dessen sorgfältiger Abpräparirung
sämmtliche A''^enen freiliegen. Dies ist meist recht schwierig, da
die dünne Venenwandung leicht angeschnitten wird und durch
das Ausfliessen des Inhaltes die Venen zusammenfallen. Man
richte daher die Messerklinge beim Präpariren etwas gegen die
Haut und fasse jedes in die Wandung geschnittene Loch sofort
mit einer Pinzette.
3. Nachdem die Stämme im oberen Theil der Wunde doppelt
unterbunden sind, werden die varicösen Venen von oben her theils
stumpf, theils mit dem Messer von ihrer Unterlage abgeschält und
nach Unterbindung der unteren Enden und sämmtlicher Seitenäste
ausgeschnitten.
4. Die grosse Hautwunde wird ganz vernäht.
Verletzungen der Gefässwandungen.
Ist ein Gefäss in seinem ganzen Umgang oder in grösserer
querer Ausdehnung durchtrennt, so muss es zu beiden Seiten der
verletzten Stelle mit Schiebern gefasst und unterbunden werden.
— 125 —
Betrifft die Verletzung aber nur eine Seite der Gefässwand, so
kann das Loch geschlossen werden, ohne die Durchgängigkeit des
Gefösses aufzuheben. Kleinere Löcher der Venenwand werdon
mit der Schieberpinzette gefasst und um diese herum eine Ligatur
gelegt, welche den kleinen gefassten Zipfel der Gefässwand zusammen-
schnürt (seitliche Venenligatur). La diese aber immer nur für
kleinere Verletzungen anwendbar ist und auch die ji^g, 200.
Gefahr des Abgleitens besteht, so ist es besser, der-
artige Löcher in den Gefässen durch die fortlaufende
Naht (Fig. 200) zu schliessen. Bei schwierigen Ge-
schwulstexstirpationen am Halse, in der Achselhöhle
u. s. w. ist eioe Verletzung der grossen Vene oft
nicht zu umgehen und sogar nothwendig, wenn die
Geschwulst mit der Gefässwand verwachsen ist. Während
man oberhalb und unterhalb der verletzten Stelle die
Vene durch Pingerdruck oder Schieber zusammen-
gedrückt hält, wird der entstandene längliche Schlitz
mit Catgut in fortlaufender Naht vereinigt. Der Seitliche Ligatur
Verschluss ist sicher; Blutung aus den Stichkanälen ""•* Gefassnaht.
findet infolge des raschen Aufquellens des Catgut nicht statt und die
Venenlichtung bleibt durchgängig. Tn dieser AVeise ist schon oft
die Vena jugularis interna, die Vena subclavia, neuerdings sogar
die Vena cava inferior (Schede) mit bestem Erfolge vernäht
worden. Löcher in grösseren Arterien lassen sich ebenfalls durch
die Naht schliessen.
Operationen an den Sehnen.
Sehiiendurclitreuiiung-, Tenotomie.
Verkürzte Sehnen können durch quere Durchschneidung
verlängert werden, indem sich das zwischen die beiden zurück-
gezogenen Enden ergiessende Blut im Verlaufe der Heilung zu
derbfaserigem Bindegewebe umwandelt.
Die Gefahren offener Sehnenwunden, welche in früherer Zeit
sehr gefürchtet waren, wui'den beseitigt durch die subcutane
Tenotomie, welche Stromeyer im Jahre 1833 einführte. Er
benutzte dazu kleine, schmale, spitz- oder stumpfendige Messerchen,
Tenotome (Fig. 201, 202), welche entweder unterhalb oder
— 126 —
oberhalb der zu durcbtrennenden Sehne mit flacb liegender
Klinge in die Haut eingestochen und soweit vorgeschoben wurden,
das die Spitze am anderen
Fig 201.
Fig. 202.
Rande der Sehne fühlbar war.
Während der Assistent die
Sehne in möglichst starke
Spannung brachte, wurde die
Messerklinge senkrecht zur
Sehne aufgerichtet und diese
in leicht sägenden Zügen oder
durch einfachen Druck mit dem
Messerchen durchtrennt (Fig.
2U3).
Da indessen bei diesem „Ope-
riren im Dunkeln" mitunter
die Sehne nur unvollständig durchtrennt wird und einzelne Fasern
stehen bleiben, welche die beabsichtigte Verlängerung der Sehne
beeinträchtigen, da ferner durch unbeabsichtigte Verletzung grösserer
Fig. 203.
nach Diefifenbaeh
Tenotome
nach Strome3-er.
Subcutane Tenotomie.
in unmittelbarer Kähe liegender Gefässe eine erhebliche Blutung
eintreten kann, so ist es, bei aller Bequemlichkeit und Schnellig-
keit der subcutanen Tenotomie, jetzt unter dem Schutze der
Asepsis doch zweckmässiger, die offene Tenotoniie mit S.paltung
der Haut auszuführen.
127 —
Fig. 204.
Man verfährt daher folgendermassen bei der
Tenotomie der Achillessehne
wegen Klumpfuss :
1. "Während der Fuss stark dorsal flectirt gehalten wird,
macht man einen etwa 2 cm langen Hautschnitt an der
hinteren Seite der Sehne entlang und vertieft ihn bis auf
das weissglänzende Sehnengewebe.
2. Mit einem Schiel-
haken oder einer gekrümmten
Sonde dringt man von einer
Seite her quer unter die
Sehne, führt das Instrument
möglichst dicht unter ihr
durch, bis es auf der andern
Seite zum Vorschein kommt
und durchschneidet nun alles
auf der Sonde liegende Ge-
webe in langsam sägenden
Zügen, wonach die Sehnen-
enden ganz bedeutend aus-
einander weichen und der
Fuss stärker flectirt werden
kann (Fig. 204).
3. Die kleine Wunde
wird durch Knopfnaht ge-
schlossen. — Beim Verband
hat man vor Allem darauf
zu achten, dass an der
Operationsstelle keine Ein-
schnürung, z. B. durch den
E,and einer fest angelegten
schmalen Binde, stattfindet, weil die Entstehung des Blutgerinnsels
dadurch beeinträchtigt würde. Der Fuss muss mit breiter Binde
eingewickelt werden. Nach Heilung der Wunde kann allmählig
mit methodisch vorzunehmenden Streckbewegungen begonnen wer-
den, lieber die Tenotomie des Kopfnickers s, Bd. III, S. 185.
In gleicher Weise verfährt man bei der Durchschneidung
verkürzter Fascien (FaSCiotomie), z. B. der fascia plantaris an der
Innenseite der Fusssohle oder der fascia palmaris (Finger-
verkrümmung nach Dupuytren, Fig. 205). Da bei letzterer
Offene Tenotomie der Achillessehne.
128 —
Fig. 205.
nacli einfacher Durchschneidung
das lästige Leiden sich meist
wieder einstellt, so ist es besser,
die ganze Strecke durch einen
Längsschnitt freizulegen und die
geschrumpfte Fascie mit allen
Ausläufern sorgfältig von der
Haut und dem unterliegenden
Gewehe zu trennen und zu ex-
stirpiren (Kocher}.
Selinemialit, Teiidiiiorrliapliie.
Ist eine Sehne bei einer Verletzung quer durchtrennt worden,
so müssen ihre Enden möglichst bald wieder zur Vereinigung ge-
bracht werden, da sonst die Leistung des zugehörigen Muskels
schwer beeinträchtigt, wenn nicht gar völlig aufgehoben wird.
In frischen Wunden ist das periphere Sehnenende leicht zu
finden, das centrale, mit dem Muskelbauch zusammenhängende,
hat sich aber meist in seine Scheide zurückgezogen. Es kann
aus dieser hervorgeholt werden, indem man es mit einer Haken-
Fig. 206.
Tendinorrhaphie.
a Matratzeiinaht, & c nach Wölfler, d e paratendinös nach Hueter.
pinzette oder mit einem feinen Häkchen in der Scheide zu fassen
sucht ; gelingt dies nicht nach längerem Bemühen, so muss man
die Scheide vorsichtig, und nicht weiter als dringend nothwendig
— 129 —
ist, der Länge nacli spalten. Auch nützt es mitunter, den zu-
sammengezogenen Muskel durch kräftiges Streichen nach der
Peripherie oder durch Einwickeln mit einer elastischen Binde von
oben her zu verlängern. Gelingt aber auch dieses nicht, so kann
man die Spaltung der Sehnenscheide noch dadurch umgehen, dass
man an der Stelle, wo der Sehnenstumpf in ihr zu fühlen ist, ein
Knopfloch schneidet, hier die Sehne herauszieht, mit einem Eaden
versieht und ihn nach der Querwunde der Scheide hin durch
eine von dieser aus eingeführten Oehrsonde, Aneurysmanadel u. ä.
herunterzieht (M a d e 1 u n g , Fig. 207 a). Hat man so die beiden
Enden gefasst, so müssen sie durch geeignete Stellung des Gliedes
(Dorsalbeugung bei Wunden auf der Streckseite, Volarbeugung bei
solchen auf der Beugeseite) möglichst nahe an einander gebracht
und in dieser Lage vereinigt werden.
Lassen sich die Sehnenenden leicht an einander vorbei-
schieben, so ist es zweckmässig, sie mit ihren Seitenflächen
(welche gefässreicher sind, als die Schnittflächen) an einander zu be-
festigen (paratendinöse Naht). Meist muss man sich aber damit
begnügen, die Schnittfläch en in Berührung zu bringen durch
einige Nähte, welche die Sehne selbst fassen.
Man näht am besten mit stark gekrümmten runden oder zur
Kante gebogenen platten Nadeln (nach Wolberg und Hage-
dorn), welche in der Längsrichtung der Sehne, parallel zu ihrer
Achse und den Fasern, durchgeführt werden, um möglichst wenig
Sehnenfasern zu verletzen. Näht man bei grösserer Spannung, so
ist infolge der parallelen Anordnung der Sehnenfasern ein Aus-
reissen der Nähte zu fürchten. Sicherer ist es daher, statt
mit der gewöhnlichen Knopfnaht, mit einer Matratzennaht die
Vereinigung vorzunehmen (Fig. 206 a) oder indem man den Faden
mehrfach durch das Sehnenende quer durchsticht. Wolf 1er
legt an beiden Seiten jedes Sehnenendes je eine Knopfnaht quer
an und verknüpft die Knotenenden der gleichen Seiten mit ein-
ander (Fig. 206 6 c). Kocher näht mit einem an beiden Enden
mit Nadeln versehenen Faden : die Nadeln werden zu beiden Seiten
des Sehnenstumpfes eingestochen, parallel den Sehnenfasern zur
Schnittfläche herausgeführt, an dem anderen Stumpf in umgekehrter
Weise eingestochen und dann geknotet: es entsteht eine Art
Matratzennaht, ähnlich Fig. 206 a, deren Querstich oberflächlich
und deren Längsstich versenkt liegt. Um die angelegte Sehnen-
naht möglichst zu entsjDannen, legt man nach Nebinger
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl. 9
130 —
E, and nähte an, welche die vernähte Sehne an dem umgebenden
Gewebe befestigen. Man kann hierzu die unterbrochene und die
fortlaufende Naht verwenden.
Tendinoplastik.
Ist die "Wunde schon in der Heilung begriffen, oder vernarbt, so
bereitetes meist sehr erhebliche Schwierigkeiten, die weit von einander
entfernten Sehnenenden freizulegen und mit einander in Berührung
zu bringen, da die lluskeln sich stark zusammengezogen haben.
Man hilft sich in solchen Fällen damit, das centrale Sehnen-
ende dui'ch einen Schnitt in der Sehnenscheide hervorzuziehen,
seitlich anzufrischen und an der entsprechenden Stelle einer be-
nachbarten Sehne, die ebenfalls seitlich angefrischt wird, durch
die Naht zu befestigen (Tillaux. Fig. 207 h): oder man schneidet
aus dem Sehnenstumpf an einer Seite einen zungenförmigen Lappen
mit unterer Basis, den man herunterklappt und mit dem anderen
Fig. 207.
Tendinoplastik.
a nach Madelung, 6 nach Tillaui, c uach Hueter, ä iia^li Gluck.
Stumpf vernäht (Hueter, Fig. 207c). Endlich kann man den
Defect durch geflochtene Catgutbündel ausfüllen, die man
an den Sehnenenden befestigt (Grluck, Fig. 207 (i). Die wachsende
Sehne sendet dann ihre Fasern zwischen den Catgutfäden entlang,
z. Th. organisiren sich auch diese zu Bindegewebe.
Nach der Vereinigung der Sehnen muss das Glied während
der ersten Wochen so in einer Schiene gelagert werden, dass die
Nahtstelle möglichst wenig gespannt ist (s. Bd. I, Fig. 182).
Erst allmählig führt man das Glied zur gewöhnlichen Stellung zurück.
— 131 —
Operationen an den Nerven.
Diirclischi}ittene Nervenstämme müssen so bald als möglicli
wieder vereinigt werden, da sonst Lähmung und Grefühllosigkeit
in dem durcli den verletzten Nerven versorgten Gebiet aufti-itt.
Nacii der Vereinigung der Enden stellt sich die Leitungsfähigkeit
des Nerven ziemlich schnell wieder her ; sogar noch, wenn die Ver-
einigung erst mehrere Monate nach der Verletzung vorgenommen wird.
Die NeiTennalit, Neiirorrhapliie
wird im Wesentlichen nach denselben Grundsätzen wie die Sehnen-
naht ausgeführt. Am besten ist es, die Schnittflächen der Nerven
mit feinen Ha gedorn 'sehen Nadeln und Catgut zu vereinigen —
directe Nervennaht (Fig. 208 «). Die Vernähung des den Nerven
umgebenden Gewebes — indirecte oder perineurotiSChe Naht
(Fig. 208 h) — ist weniger zweckmässig, ebenso wie die Vereinigung
der neben einander gelegten oder winklig abgeknickten Enden
(paraneurotische Naht Eawa, Fig. 208 c}. Gelingt es nicht, die
Fig. 208.
Neurorrhaphie
a directe, 6 pei-ineurotische, c paraueurotisehe Xaht.
Enden mit einander in Berührung zu bringen, so lässt sich die
Neuroplastik in der von Hueter für die Sehnen angegebenen
Weise durch Umklappen eines seitlich eingeschnitteneu. zungen-
förmigen Läppchens ausführen. Bei dickeren Nerven kann man
9*
— 132 —
je zwei Läppclien an jedem Stumpf bilden und mit einander
vernähen (Fig. 208 cZ). Da die Nervenenden sehr schnell neue
Sprossen treiben, die sich mit den ihnen entgegenwachsenden Fasern
des andern Endes vereinigen, so kommt es im Wesentlichen nur
darauf an, den wachsenden Fasern die richtige Bahn zu weisen.
Gluck that dies, indem er die beiden Stümpfe in ein entkalktes
Knochenrohr steckte ; auch bildete er aus eingeschalteten Nerven-
stücken von Thieren oder aus Catgutfäden eine Verbindungsbrücke,
Für mittelstai'ke Nerven scheint es zu genügen, einen Catgutfäden
zwischen ihnen zu befestigen (Fig. 208 ß). Die Nervenfasern wachsen
dann an diesem entlang, bis sie sich vereinigen.
lieber die Dehnung, das Durchschneiden und die Resection
der Nerven s. Bd. III S. 34—50.
Operationen an der Haut.
Grössere Substanzverluste der "NVeichtheile, welche durch zu-
fällige Verletzungen oder durch operative Entfernung erkrankter
Stellen entstanden sind, können zwar nach langer Zeit durch Granu-
latiousbildung heilen, hinterlassen aber solche Narben, dass es besser
ist, wenn es irgend angeht, die Lücke durch künstliche Bedeckung
mit Haut zu schliessen, wodurch die Heilungsdauer bedeutend ab-
gekürzt und die Entstellung verringert wird. Dies geschieht ent-
weder durch Transplantation oder durch plastische Operationen.
Die Transplantation,
Ueberpflanzung, Pfropfung von Hautstücken
kann in verschiedener Weise ausgeführt werden:
J. Heverdin besäte granulirende Flächen mit kleinen
linsengrossen Hautstückchen, welche er aus geeigneten Körper-
stellen mit der Scheere herausschnitt : mit einer Hakenpinzette wird
die Haut oberflächlich gefasst und etwas emporgezogen, dann mit einer
C 00 per'schen Scheere die kleine Erhöhung abgetragen; das kleine
Stückchen (Greff'e epidermique) enthält ausser Epidermis und
Corium auch noch etwas vom E,ete Malpighl. Hat man die
Granulationsfläche mit diesen Stücken bepflastert, so bedeckt man
sie mit Protectivsilk und befestigt dieses durch einen leichten
Verband. Von jedem aufgelegten Stückchen als Ausgangspunkt
wächst nun die Epidermis weiter und überhäutet schliesslich als
— 133 —
dünner Schleier die Grranulationsfiäche, auf welcher die gepfropften
Stückchen wie Inseln etwas erhaben kenntlich bleiben. Manche
dieser Stückchen sterben aber vor der Anheilung ab.
Wolfe veriDflanzt grössere Stücke Haut als ßeverdin,
indem er aus irgend einer Körperstelle ein der Form des Defectes
entsprechendes, aber etwas grösseres, Hautstück mit dem Messer
herausschneidet, das abgelöste Stück an seiner TJnteriläche mit
dem ßasirmesser oder einer scharfen Scheere sehr sorgfältig von
dem noch anhaftenden Fettgewebe befreit, bis es das Ansehen
und die Dicke feinen weissen Handschuhleders hat, und dann mit
wenigen Nähten in dem Defect befestigt. Die Stelle, aus der es
entnommen ist, wird wie eine frische Wunde durch Naht geschlossen.
Dieses Verfahren giebt sehr schöne Erfolge, wenn es gelingt.
Es eignet sich besonders zur Deckung von Defecten mit harter
fettloser Unterlage (Stirn, Nase).
Die besten und sichersten Erfolge hat aber die
Hautverpflanzung nach Thiersch,
bei welcher sehr dünne, von andern Körpertheilen entnommene
Hautstreifen zur Deckung selbst grosser Wundflächen aller
Grewebsarten verwendet werden. Die Anheilung der Hautstreifen
erfolgt auf frischen oder einige Tage tamponirt gewesenen Wund-
flächen und auf granulirende Flächen, nachdem die obere, lockere
Granulationsschicht mit dem scharfen Löffel entfernt
wurde. Hauptbedingung der Anheilung ist die vorherige voll-
kommene Stillung der Blutung durch Druck oder nöthigenfalls
durch Torsion ; Ligaturen mit Catgut beeinträchtigen die Heilung.
Auch scheint es wünschenswerth und in den meisten Fällen
ausführbar, die Hautstückchen von demselben (zu transplantiren-
den) Menschen zu entnehmen, denn diese heilen regelmässig an,
während die Versuche, von anderen Menschen, frisch amputirten
Gliedern, frischen Leichen oder von Thieren die Haut zu verwerthen,
oft missglückt sind.
Man verfährt folgendermassen :
1. Auf frischen Wundflächen wird die Blutung durch Auf-
drücken eines Gazebausches oder Schwammes während einiger
Minuten zum Stillstand gebracht. Granulationsflächen werden mit
dem scharfen Löffel rein abgeschabt.
2. Von der vorher gründlich desinficirten Haut der Aussen-
seite des Oberarms oder der Vorderfläche des Oberschenkels wer-
— 134 —
den mit einem scharfen Rasirmesser in sägenden Zügen etwa 8
bis 10 cm lange Streifen abgeschürft. Hierbei umspannt die
linke Hand von unten herum das Glied und zieht die Havit stramm ;
auch ist es zweckmässig, sie von einem Gehülfen, dort wo der
Schnitt beginnen soll, nach oben ziehen zu lassen. Dann setzt
man ein grosses an der Vorderfläche hohl, an der Hinterfläche
eben geschliffenes, angefeuchtetes Rasirmesser (Microtomklinge)
möglichst flach auf und führt es in schnellen, ausgiebigen sägenden
Zügen gegen sich, wobei die oberste abgeschnittene Lage der Haut
sich in Querfalten auf der Messerklinge zusammenschiebt (Fig. 209).
Länge, Breite und Dicke dieser Läppchen hängt lediglich von der
Geschicklichkeit und TTebung des Arztes ab. Nach T hier seh
sollen Epidermis, Rete Malpighi und Papillarkörper sammt einer
Lage glatten Stromas abgeschnittten werden; doch heilen auch
dünnere Läppchen, welche ausser der Oberhaut nur noch die
Spitzen des Papillarkörpers enthalten, ebenso leicht an (Hübscher).
Die Streifen können 2 — 5 cm breit und 10 — 20 cm lang sein.
Fig. 209. Fig. 210.
^t
Hauttransplantation nach Thiersch.
3. Die Messerklinge mit dem zusammengeschobenen Haut-
streifen wird flach dem Rande der zu deckenden Fläche aufgelegt, das
Ende des Streifens mit einer Sonde oder Präparirnadel herabgezogen
und festgehalten (Fig. 210); während das Messer langsam über
die "Wundfläche hinweggezogen wird, breitet sich der Streifen flach
aus und wird nöthigenfalls noch mit der Sonde und einem Pinsel
glatt gelegt. In dieser Art legt man Streifen neben Streifen, bis
die ganze Fläche bepflanzt ist. Nirgends soll eine Lücke bleiben,
es ist sogar gut, wenn die Streifen sowohl sich selbst an ihren Rändern
dachziegelförmig decken, als auch die Wundränder etwas überragen,
4. x41s Verband dient entweder Bestäubung mit Jodoform-
pulver und Bedeckung mit feuchter Jodoformgaze, oder Borvase-
— 135 -
lineläpp cheD, welche sanft durch Krüllgaze oder Kissen angedrückt
gehalten werden. Nothwendig ist mitunter noch die sichere Lage-
rung des Gliedes in Schienen. Der Trockenverband bleibt 8 bis
10 Tage bis zur völligen Anheilung liegen, der Salbenverband
muss zwischen dem 3. — 5. Tage gewechselt werden. Die Streifen-
wunden heilen unter einem Trockenverbande und hinterlassen
kaum Narben.
Die Verbände bei Transplantationen werden in äusserst ver-
schiedener Weise ausgeführt. Thiersch empfahl während des ganzen
Verfahrens nur physiologische Kochsalzlösung zu verwenden und
bedeckte die bepflanzte Stelle mit täglich zu wechselnden Salzwasser-
compressen. Die Anwendung der Antiseptica scheint aber nicht nur
unschädlich, sondern in der Praxis sogar nothwendig, da der praktische Arzt
wohl selten sicher aseptisch vorgehen kann. Die Bedeckung mit un-
durchlässigen Stoffen (Protectivsilk, Guttaperchapapier) verhindert zwar
das Ankleben der Streifen an den Verband, erfordert aber häutigeren
Verbandwechsel, da die Sekrete nicht aufgesaugt werden können. So ein
verwendet Stanniolstreifen mit 2% Salicylöl zur Bedeckung. Der trockne
Jodoform verband ist ebenso sicher als bequem und einfach.
Grössere Defecte der Haut, welche entweder angeboren
sind, oder durch Verletzuugen, Verbrennungen, und Entfernung von
Neubildungen entstehen, schliesst man durch
Plastische Operationen
indem man die benachbarte Haut in der mannigfachsten Weise
zur Deckung verwendet.
Im allgemeinen unterscheidet man folgende Arten der Plastik:
1. durch Heranziehung der, wenn nöthig von ihrer Unterlage
etwas lospräparii'ten und dehnbar gemachten Hautränder. Lanzett-
und rautenförmige Lücken lassen sich in gerader Linie vernähen,
dreieckige und viereckige vernäht man von den Ecken her, so dass
schliesslich die Längsseiten sich berühren (Eig. 211 — 214); nöthigen-
falls verwandelt man einen viereckigen Defect durch Ausschneiden
zweier Dreiecke an seinen Schmalseiten in einen lanzettähnKchen
oder macht an einer oder beiden Seiten tiefe Entspannungs-
schnitte, welche eine bessere Heranziehung der Hautränder er-
möglichen (Eig. 215, 216).
2. Durch Verschiebung von Lappen (Celsus): Durch gerade
oder bogenförmige Schnitte werden ein oder mehrere Lappen
— 136
Operative Plastik.
Fig. 211.
m
j i 1
Fig. 212.
Fig. 213.
liiililliBIlillilillllllllijlllllllP
Fig. 214.
+fffh^.
Vernähung von Defecten durch Heranziehung ihrer Ränder.
Fig. 215.
Fig. 216.
Entspannungsschnitte.
— 137
Fig. 217.
rH-H-F+-H-
T^|-f4+-hW-
Plastik nach Celsus.
Fig. 218.
1 ] I ij_l 1 1 J
JJlll^Ii
Fig. 219.
1 1 1 1
Fig. 220.
Fig. 221.
H4rU++
Plastik durch Verschiebung und Dehnung von Lappen.
— 138 —
Fig. 222,
illiun^
5
\
Fig. 223.
<—
^
;<
ffffm^
\
Verschiebung von Lappen nach Ausschneidung von Dreieci<en nach Burow.
Fig. 224.
^>rH+f^''
Fig. 225.
Plastik mit gestielten Lappen.
-^ 139 —
umschnitten, welche nach Loslösung von ihrer Unterlage über den
Defect herübergezogen werden (Fig. 217 — 221).
Burow bildete verschiebliche Lappen durch Herausschneiden
entsprechender Dreiecke, wodurch sehr schöne Erfolge erzielt
werden können ; leider wird aber dabei doch meist zuviel gesunde
Haut geopfert, so dass diese Methode sehr selten angewendet wird
(Fig. 222, 223).
Die Verschiebung findet endlich
3. mit Drehung statt, wenn die Lappen so geschnitten werden,
dass sie nur mit einer Seite als Stiel mit der Wundfläche in
Berührung stehen (gestielte Lappen, Fig. 224, 225).
Man kann gestielte Lappen an ihrer wunden Rückseite mit
Schleimhaut oder äusserer Haut nach Thiersch bepflanzen
(„unterfüttern"), ebenso lassen sich grosse Lappen durch Umschlagen
ihrer Bänder verdoppeln und dann zur Deckung von Lücken in
Körperwandungen benutzen.
Das Nähere über die Ausführung plastischer Operationen im
Gesicht zur Deckung von Defecten an Auge, Wange, Lippen, Nase
u. s. w. findet sich in Bd. III, S. 51 — 96.
Von den
Operationen an Nägeln
ist die wichtigste und häufigste die Behandlung des eingewachsenen
Nagels der grossen Zehe. Da dieses sehr schmerzhafte Leiden
oft hartnäckig wiederkehrt, so kommt es vor Allem darauf an,
nicht bloss den erkrankten Theil des Nagels zu entfernen, sondern
auch sein Wiederwachsen zu verhüten.
Man verfährt am besten folgendermassen :
1. Unter lokaler Anästhesie oder in Nar- Fig. 226.
kose wird das spitze Blatt einer starken,
geraden Scheere unter die Mitte des freien
vorderen Nagelrandes eingestochen, bis an seinen
hinteren Band vorgeschoben und der Nagel mit
einem Schlage gespalten (Fig. 226). Die beiden
Hälften werden nach einander mit einer kräftigen
Zange (Fig. 227) gefasst, durch Drehung um
ihre Achse nach aussen über den Nagelfalz her-
übergehebelt und ausgezogen.
2. Darauf erfasst man mit einer Pinzette die erkrankte
(innere) Ecke der Nagelmutter (Matrix), trägt sie in sägenden
Zügen mit scharfem Messer ab und verlängert den Schnitt an dem
inneren granulirenden Weichtheilrand entlang bis zur Zehenspitze,
wobei alles erkrankte Gewebe mit entfernt wird (Fig. 226).
3. Die kleine Wunde und das blossgelegte Nagelbett wird
mit Jodoformgaze bedeckt und der Granulation überlassen ; bei
den späteren Verbänden ist es zweckmässig, die das Nagelbett
bedeckende unterste Gazeschicht als Schutz liegen zu lassen, sie
fällt später von selbst ab. Der Kranke kann schon nach 3 — 4
Tagen ohne Schmerzen auftreten.
Dieses Verfahren ist zwar sehr eingreifend, schützt aber am
besten vor ßecidiven. Alle anderen haben meistens einen unsicheren
Erfolg. Die einfache Abtragung des ganzen Nagels oder seiner
erkrankten Hälfte ohne Entfernung des entsprechenden Matrix-
abschnittes erweist sich meist als ungenügend, ebenso das schon seit
Alters her empfohlene Einlegen von Fremdkörpern zwischen
den granulirenden Nagelfalz und den auf ihn drückenden scharfen
Nagelrand, ferner das Ausschaben einer seichten Längsrinne in
der Mitte des Nagels, um ihn elastischer zu machen, und das Auf-
setzen einer federnden Klammer, welche die Ränder des Nagels
auseinanderhebelt. In leichteren Fällen, wo die Entzündung des
seitlichen Nagelfalzes noch nicht bedeutend ist, kommt man mit-
unter zum Ziele durch gerades oder concaves Beschneiden
des Nagels und Einschieben von Watte oder Feuerschwamm unter
die beiden Ecken.
— 141
Operationen an den Knochen.
Die Osteoklasis
das subcutane Zerbrechen von Knochen
wird bei schief und mit beträchtlicher Verkürzung geheilten Knochen-
brüchen ausgeführt ; ist nicht gar zu lange Zeit seit der Verletzung
vergangen, so kann man in den meisten Fällen (namentlich bei Kindern)
den noch weichen Callus durch kräftiges Ziehen und Biegen mit dßll
HändGn wieder grade richten. Unter Umständen ist es dabei nöthig,
den Knochen wie einen Stab über das Knie oder die Tischkante
einzuknicken und zu zerbrechen. Für einige Fälle von schlecht ge-
heilten, noch nicht zu alten Fracturen, besonders des Ober-
schenkels, hat Wagner zur Dehnung des Callus den ursprünglich
Fig. 228.
Streckapparat nach Schneider-Mennel.
zur Einrichtung alter irreponibler Luxationen angegebenen Streck-
apparat nach Schneider-Mennel wiederum empfohlen: in
diesem wird der Kranke fest eingespannt und die zu zerbrechende
Stelle durch Drehung von Zahnrädern mit grosser Kraft ausein-
andergezogen.
Sind aber die Bruchenden schon fester verknöchert,
so kommt man in dieser Weise meistentheils nicht zum Ziele
— 142 —
und muss grössere Kraft anwenden, von Bardeleben ver-
längerte die durch die Knochenenden gebildeten Hebelarme
dadurch, dass er lange Latten durch einen starken Gips-
verband an den Bruchenden befestigte; z. B. wurde bei einer
Fractur nahe oberhalb des Fussgelenkes eine 2 Fuss lange Holz-
schiene an dem untersten Theil des Fusses und Unterschenkels
befestigt, wodurch das Fussgelenk unbeweglich gemacht wird,
während die ehemalige Bruchstelle frei bleibt. Während ein Gehülfe
den oberen Theil des Unterschenkels fixirt, lässt sich durch Druck
auf das freie Ende der Schiene der Callus leicht mit einer Hand
zerbrechen.
Fig. 229.
Knochenbrecher nach von Esmarch.
Einfach und sehr wirksam ist
auch der Knochenbrecher nach von
Esmarch (Fig. 229), ein einarmiger
langer hölzerner Hebel, der
auf das zwischen zwei Kissen ge-
lagerte Glied mit Kraft niedergedrückt
wird.
In früheren Zeiten waren zum
Zerbrechen des Knochens viel zu-
sammengesetztere Apparate in Ge-
brauch, so der Dysmorphosteopalin-
klasiGS, eine Schraubenpresse, von
Bosch und Oesterlein. In ein-
facherer Weise wirkt nach demselben
Grundsatz der Osteoklast nach
E,izzoli (Fig. 230), der das zwischen
Osteoklast nach Rizzoli.
— 143 —
zwei Ringen festgehaltene Grlied an einer bestimmten Stelle ein-
knickt (Fig. 230).
Wenn man auch gegebenen Falls mit diesen Maschinen ganz
gute Erfolge haben kann, so wird man doch in heutiger Zeit der
aseptisch ausgeführten Osteotomie meistens den Vorzug
geben, zumal bei ihr die Bruchstelle genau bestimmt werden kann,
und die starcke Quetschung der Weichtheile vermieden wird,
welche bei Anwendung aller Knochenbrecher unvermeidlich ist.
Die Osteotomie,
die Knoehendurchtrennung
macht man zur Greraderichtung krummer Knochen bei schlecht ge-
heilten Knochenbrücheu, bei krankhaften Verkrümmungen der
Knochen und bei den Belastungsdeformitäten des Beins.
Man verfährt hierbei folgendermassen
1. Unter künstlicher Blutleere wird mit starkem Messer an
einer Stelle, wo die wenigsten Weichtheile verletzt werden, ein
kleiner Längsschnitt durch alle Deckschichten bis auf das Periost
geführt.
2. Ein kräftiger Meissel (Osteotom, Fig. 231) wird in die
kleine Wunde bis auf den Knochen geschoben, dann mit einer
Vierteldrehung quer zur Axe des Knochens gestellt und nun mit
kräftigen Hammerschlägen in den Knochen hineingetrieben. Bei
dickeren Knochen rauss man nach Durchmeisselung der halben
Knochendicke einen dünneren Meissel nehmen, um mehr Platz in
Fig. 231.
Osteotom nach Macewen.
der Knochenfurche zu haben. Ist der Knochen bis auf eine
schmale Brücke durchtrennt, so lässt sich diese auch abbrechen.
Während des Hämmerns ruht das Glied am besten auf einer festen
nur wenig nachgiebigen Unterlage (nasser Sandsack).
3. Statt des Meisseis bedient man sich auch der Stichsäge
(von Langenbeck, Adams, Fig. 232); die durch sie erzeugten
Knochenspähne schaden der Wuudheilung nicht, so lange Asepsis
besteht. Doch giebt man im Allgemeinen dem Meissel den Vorzug.
stichsäge nach Adams.
4. Xachdem der !Meissel aus der Knochenfurche herausgezogen
ist. was oft einige Kraft erfordert, wird die kleine "Wunde entweder
vollständig vernäht oder der Granulation überlassen, der Schnürgurt
gelöst und das Glied in der gewünschten verbesserten Stellung
durch einen sofort angelegten erhärtenden Verband erhalten. Die
Heilung erfolgt meist unter diesem ersten Verbände, nöthigenfalls
muss nach einigen "Wochen ein neuer Verband in noch besserer
Stellung angelegt werden.
Typische Knochendurclitrennungen sind:
Osteotomia subtrochanterica
(^v 0 n V o 1 k m a n n}
bei Contracturen des Oberschenkels
1. Eautschnitt über die hintere äussere Seite des Trochanters.
Fig. 233. Pig. 234. Fig. 235.
4ö
Osteotomia subtrochanterica. Osteotomia supracondyiica. Osteotomia supramalieoiaris.
— 145 —
2. Das Periost wird mit Schabeisen und Hebel bis auf ein
Drittel des Knochenumfanges zurückgeschoben, darauf
3. der Knochen mit einem breiten Meissel durchtrennt; in
schwereren Fällen wird ein entsprechender Keil aus der äusseren
Knochenhälfte ausgemeisselt (Fig. 233).
Osteotomia supracondylica femoris
(Mac Ewen)
bei Genu valgum (und varum).
1. An der Innenseite des Oberschenkels im Kreuzungs-
punkt zweier Linien, von denen die eine fingerbreit oberhalb der
oberen Grenze des Condylus externus quer über den Schenkel
zieht, die andere 2 cm ,Tor der Sehne des M. adductor magnus
herabläuft, wird ein spitzes Messer bis auf den Knochen einge-
stochen und der Einstich 4 — 5 cm nach oben zu erweitert. Die
Fasern des M. vastus internus werden dabei durchtrennt, die
Gelenkkapsel bleibt unverletzt.
2. Ehe das Messer herausgezogen wird, schiebt man neben
ihm ein etwa 1^) cm breites Osteotom (Fig. 231) bis auf den
Knochen vor, entfernt nun das Messer und stellt den Meissel
quer zur Knochenaxe. Das Femur wird quer von innen hinten nach
aussen vorn (um die Gefässe nicht zu verletzen) durchgemeisselt,
der letzte Rest am besten abgebrochen (Fig. 234). Um die Durch-
meisselung schneller auszuführen, fügt Hahn, nachdem der Knochen
zur Hälfte von dem inneren Schnitt aus durchtrennt ist, noch einen
Hautschnitt über dem Condylus externus hinzu, von welchem aus
die äussere Knochenhälfte durchgemeisselt wird, so dass die Meissel-
furchen in der Mitte zusammentreffen.
3. In manchen Fällen muss auch die Tibia sogleich oder erst
später dicht unterhalb ihrer Tüberositas von einem seitlichen Längs-
schnitt aus osteotomirt werden. Bei hochgradigen Verkrümmungen
kann es nothwendig werden, einen entsprechenden Keil aus Femur
oder Tibia herauszunehmen.
4. Die WundöfPnungen werden mit Jodoformgaze bedeckt und
das Bein in gerader Stellung mit einem Gipsverband umgeben.
Die kleinen Wunden heilen leicht, nöthigenfalls muss ein Fenster
im Verbände angelegt werden.
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl. ' 10
146 —
Osteotomia supramalleolaris
(Trendelenburg)
bei Plattfuss und scMef geheilten Knöchelbriiclien, wobei der Fuss
nach aussen verschoben in Pronationsstellung steht.
1. Ein kleiner 1 cm langer Hautschnitt wird auf beiden
Seiten über die Knöchel geführt.
2. Tibia und Fibula werden mit einem schmalen Meissel dicht
oberhalb der Malleolen quer durchtrennt, so dass der Fuss voll-
ständig beweglich wird (Fig. 235).
3. Nach gehöriger Umstellung derselben legt man in dieser
verbesserten Stellung einen Gipsverband an, welcher erst nach etwa
12 Tagen durch einen neuen Verband ersetzt wird.
Die Yereinigimg Yon Knoclienwundfläclien
zur Erzielung knöcherner Ankylose bei Pseudarthrosen und nach
einigen Pesectionen, kann in verschiedener Weise vorgenommen werden.
Lassen sich die Knochenenden sicher und fest an einander lagern, so
genügt es meist, das umgebende Periost ringsherum durch Catgutnähte
zu vereinigen (Periostnaht), will man aber grössere Sicherheit
haben, so kann man den Knochen selbst nähen, indem man
an beiden Enden schräge Oeffnungen mit einem einfachen Knochen-
bohrer (Fig. 236) oder dem Drillbohrer anlegt und durch diese
Fig. 236.
Fig. 237.
Knochenbohrer
mit Chromsäure - Catgut , Seide
oder Silberdraht Schlingen legt
(Knochennaht, Fig. 237), oder
man nagelt die Knochen
durch lange Stahlnägel (Fig. 238)
fest zusammen. Diese bleiben
3 — 4 Wochen bis zur Heüung
schmerzlos im Knochen stecken
und lassen sich nach dieser Zeit
leicht herausziehen. Statt der Knochennaht.
Nägel war früher die Verwendung von Elfenbeinstiften sehr
gebräuchlich.
— 147 —
Zur besseren Fixirung der Knochenenden gegen einander und
zur Vergrösserung der "Wundfiäche, kann man die Knochenstümpfe
keilförmig <C < oder treppenartig pl [-T anfrischen. Bei
letzterem Verfahren vereinigt man sie am besten durch queres
Eintreiben von Nägeln, Zapfen oder Schrauben.
Fig. 238,
Stahlnägel.
Wille durchbohrt den Knochen zur Anlegung der Draht-
naht nicht schräg, sondern der Quere nach, führt dann mit einer
eigenen Nadel den Draht hindurch und schlingt ihn schliesslich
zusammen; sehr schräg verlaufende Bi'uchenden kann man mit
Draht in einer an zwei Seiten angelegten seichten Sägefurche, um
das Abgleiten zu verhüten, ringartig einfach zusammenbinden.
Weniger empfehlenswerth scheinen: Das Verfahren von Bir eher,
vrelcher die Knochenenden durch einen in ihre Markhöhle ein-
gerammten Elfenbeincylinder an einander befestigt, das Ver-
fahren von Senn, welcher „intraossale absorbirbare Knochen-
schienen" anwendet, und das von Davy, welcher das kegelförmig
zugespitzte Ende des einen Knochens in die Markhöhle des andern
einkeilt, wodurch eine erhebliche Verkürzung entsteht.
Die Versuche, auf plastischem Wege durch Ablösung
und Vernähung von Periostlappen (E, y d y g i e r) und von gestielten
Hautperiostknochenlappen (Müller) die Vereinigung zu erzielen,
haben oft gute Erfolge gehabt ; unsicher ist die Implantation
von Periost und Knochen, die aus entfernten Körperstellen oder
von Thieren entnommen sind.
Gelingt es auf diese Weise nicht, eine feste knöcherne
Callusbildung zu erzeugen, so gelangt man mitunter noch zum
Ziele durch ReizmittGl. Hierher gehören: die Stauungshype-
rämie durch loses Anlegen eines elastischen Gurtes oberhalb der
Bruchstelle (y. Dumreicher, Helferich), das „Heilgehen" in gut
sitzenden Hülsen (Hessing u. A.), die Massage; ferner die Bepin-
10*
— 148 —
s e 1 u n g der Haut mit Jodtinctur, die Injection von 10 *'/^ Chlor-
zinklösung (L a n n e 1 0 n g u e) , die Tamponade mit Terpentinöl
(Mikulicz) bei offenen Brüchen, das kräftige Reiben der Frag-
mente gegen einander (Celsus) in Narkose; endlich das Ein-
führen von Fremdkörpern: Eintreiben von Nägeln, Elfen-
beinstiften, Nadeln, die A cupun ctur mit vielen (5 — 20) Nadeln,
welche Wochen lang stecken bleiben (Nicolaysen) und die
Electropunctur (1 e Fort).
Die Nekrotomie.
Die Eröffnung der Knoehenhöhle
Fig. 239
Osteotribe nach Marshail.
nügt dieses Verfahren nicht, man muss
in ganzer Ausdehnung soweit eröffnen ,
bequem herausgezogen werden kann. Am
macht man,umEiter oder
abgestorbene Knochen-
stücke (Sequester),
welche in der durch die
vorherige Entzündung
des Knochens (Osteo-
myelitis) gebildeten
Totenlade liegen, oder
andere von aussen einge-
drungene Fremd-
körper (Geschosse) zu
entfernen. Ist nur ein
Geschoss herauszube-
fördern, welches in einer
Knochenhöhle liegt, so
kann man die Fistel-
öffnung, welche durch
die Knochen wand auf
den Fremdkörper führt,
am raschesten mit einer
Kugelf eile (Osteotribe
nach Marshall, Fig.
239) erweitern. Bei
den Nekrosen"
operationen aber ge-
vielmehr die Totenlade
dass ihr Inhalt
raschesten und
— 149 —
bequemsten lässt sich dieses mit M e i s s e 1 und Hammer (Fig. 240)
ausführen und zwar sind die gewöhn- Fig. 240.
liehen grossen Tischlermeissel mit
Holzstiel viel brauchbarer, als die aus
einem Stahlstück bestehenden chirur-
gischen Meissel. Jedenfalls kann man
sich in Ermangelung der letzteren
seine Werkzeuge beim ersten besten
Tischler oder Drechsler leihen. In der
Kieler Klinik sind für diese Zwecke
Meissel in Grebrauch, deren Schnitt-
fläche bis zu 5 cm breit ist (Fig. 242).
1. Unter künstlicher Blutleere
legt man den betreffenden Knochen an
geeigneter Stelle durch einen grossen
Längsschnitt frei, schiebt das ge-
spaltene Periost mit dem Schabeisen
(Fig. 244) nach beiden Seiten hin
zurück und öffnet die Totenlade mit
kräftigen Meisselhieben soweit, dass
der tote Knochen frei vorliegt; um
hierbei rasch vorwärts zu kommen,
ist es zweckmässig, recht grosse
Hohlmeissel zu gebrauchen (Fig. 241).
2. Mit der Sequesterzange (Fig. 245) wird nun der
tote Knochen herausgezogen und die ihn etwa umgebenden festen
Fig. 241.
Holzhammer.
Aufmeisselung einer Nekrose der Tibia.
— 150 —
Granulationen werden mit dem scharfen Löffel rein ausgeschabt. Da
man niemals sicher ist, dass in den "Winkeln und Buchten der er-
öffneten Totenlade nicht noch kleinere oder grössere Sequester-
stücke zurückgeblieben sind, oder dass Granulationsgänge in die
Tiefe des Knochens hineinziehen, so ist es erforderlich, von den
Seitenrändern der Totenlade soviel fortzunehmen, dass die Knochen-
höhle in eine offene, flache Mulde verwandelt wird, in
der keine Nebenhöhlen unentdeckt zurückbleiben können (Fig. 243).
Zum Schluss glättet man die Oberfläche dieser Mulde noch mit
dem Meissel und dem scharfen Löffel.
Fig. 242
Fig. 245.
Fig. 244.
Raspatorium.
Sequesterzange.
Nat. Grösse der Schneiden von
Meisseln zur Nekrotomie.
Mulde nach Nekrotomie.
3. Nach Beendigung der Operation näht man, wenn es mög-
lich ist, die "Wundränder zusammen, oder t a ni p o n i r t die
— 151 —
Knochenmulde fest aus, legt darüber ein Verbandkissen und befestigt
es mit einer Binde.
Fürchtet man stärkere Nachblutungen, so kann man auch
mit einer elastischen Binde den ganzen Verband noch fester an-
drücken. Dann erst wird die elastische Umschnürung rasch
gelöst.
Die Wunde heilt durch Granulationsbildung, was übrigens
bei grossen und tiefen Wundhöhlen recht lange dauert.
4. Um die Heilung zu beschleunigen, kann man die
Haut zu beiden Seiten der Wunde von der Fascie ablösen und
über die Knochenfläche herüberziehen, wo man sie durch ein-
geschlagene kleine Stahlnägel oder durch eine Naht (Einstülpungs-
naht Neuber, Fig. 246) befestigt. Die Heilung erfolgt dann
durch Verklebung; die anfangs tief in den Knochen hineingedrückten
Hautlappen erheben sich allmählich durch die in der Tiefe sich
bildende Knochenmasse bis zu ihrer früheren Lage (Fig. 247).
Fig. 246.
Fig. 247.
^/. ,,, Jim
Einstülpungsnaht nach Neuber.
Naeli der OperatioD. Nach der Heilung^.
Auch hat man versucht, die Knochenmulde sofort nach der
Operation mit den durch die Meisselung entstandenen K n o c h e n -
sp ahnen wieder anzufüllen und die Haut darüber zu vernähen.
Senn gebrauchte in ähnlicher Weise entkalkte Spähne
von Ochsenknochen, die in Alkohol aufbewahrt werden. Doch
sind neben einigen guten Erfolgen hierbei auch sehr viele Miss-
erfolge eingetreten dadurch, dass einzelne Knochenstückchen nicht
einheilten und durch Eiterung ausgestossen wurden. Weit mehr
empfiehlt es sich, nach völliger Vernähung der Hautränder die
Knochenhöhle voll Blut laufen und unter dem feuchten Schorfe
heilen zu lassen (Schede).
Durch die osteoplastische Nekrotomie nach Lücke und Bier
erzielt man aber neben grosser Schnelligkeit und Ueb ersichtlich-
— 152 —
keit bei der Operation auch
Heilung und bessere Narben.
zuweilen eine bedeutend schnellere
Fig. 248.
/^■-w
Osteoplastische Nekro-
tomie.
Handelt es sich, wie zumeist, um eine
Nekrose der Tibia, so wird der verdickte Theil
derselben an drei Seiten bis auf den Knochen
umschnitten.
An den beiden kürzeren Querschnitten wird die
verdickte Knochenwand an ihrem vorderen Um-
fange mit der Stichsäge durchtrennt. Den Längs-
schnitt dagegen meisselt man mit einem breiten
graden M eissei tief ein. Bei den letzten
Schlägen lässt sich nun durch kräftige Hebel-
bewegung der umschnittene Theil des kranken
Knochens aufklappen , wie der Deckel eines
Kastens (wobei die gegenüberliegende Längsseite
einknickt), und man kann mit einem Blick die
ganze Knochenhöhle übersehen und auf Sequester,
Granulationen und Abscesse untersuchen (Fig.
248). Dieselben werden mit grossem scharfem
Löffel ausgeschabt, die Knochenhöhle gereinigt
und der aufgeklappte Theil des Knochens wieder
in seine frühere Lage zurückgebracht und durch
einige Nähte befestigt.
Die völlige Heilung ist in einigen Fällen, selbst
bei sehr ausgedehnten Nekrosen, schon in 3 — 4
Wochen erfolsft.
Die Amputationen und Exarticulationen.
(Absetzung der Glieder.)
Die Absetzung eines Gliedes ist im Allgemeinen nur dann
vorzunehmen, wenn durch diese Verstümmelung die Aussicht,
das Leben des Kranken zu erhalten, wesentlich besser scheint,
als ohne sie, bei Erhaltung des Gliedes.
Man entfernt einen Theil des Gliedes :
1. bei ausgedehnten Zerschmetterungen des Kn o c h e n s
und Zerreissung der grossen Gefässe und Nerven ;
— 153 —
2. bei Zerfleischung der gesammten Muskulatur, auch
wenn der Knochen nur im geringen Grade betroffen ist;
3. bei sehr ausgebreiteter Zerstörung der Haut (Gre-
schwüre), wenn das Glied dadurch unbrauchbar gemacht ist und
der Kranke durch die Entfernung desselben wieder erwerbsfähig
werden kann ;
4. bei Gangrän eines Gliedabschnittes (Erfrierung, Ver-
brennung, Altersbrand etc.) ;
5. bei bösartigen Geschwülsten, um einer Allgemein-
infection des ganzen Körpers vorzubeugen.
6. bei schwerer septischer oder pyaemischer In-
f ection, wenn es auf keine andere AYeise gelingt, den infectiösea
Herd zu beseitigen,
7. bei langdauernden Eiterungen, wenn die Kräfte des
Kranken so darniederliegen , dass er voraussichtlich ein noch
längeres Krankenlager nicht überstehen kann, durch die Ab-
setzung des Gliedes aber wahrscheinlich in kürzerer Zeit wieder-
hergestellt werden könnte und schliesslich
8. bei atrophischen, paralytischen Gliedern, wenn der Kranke
die Entfernung solcher ganz unbrauchbar gewordener Körpertheile
selbst wünscht.
Allgemeine Regeln.
Yorbereitiingeii.
1. Der Kranke wird so gelagert, dass er gut narkotisirt
werden kann und dass Arzt und Gehülfen hinreichend Platz haben.
Die Schnittfläche des zu amputirenden Gliedes muss dem vollen
Dichte zugekehrt sein.
2. Jedem Gehülfen wird seine bestimmte Stellung und Auf-
gabe zugewiesen. Der Assistent an der Wunde steht dem Operateur
gegenüber. Der die Instrumente zureichende Gehülfe steht neben
ihm, ohne ihn in seinen Bewegungen zu hindern oder die Wund-
fläche zu beschatten. Ein dritter Gehülfe hält den zu amputirenden
Gliedabschnitt mit „langen Armen" frei in der Schwebe. Der
Narkotisirende steht zu Häupten des Kranken. Sind nicht genügend
Hülfskräfte vorhanden, so muss der Operateur sich mit weniger
oder gar mit einem einzigen Gehülfen begnügen, er nimmt sich
dann die Instrumente selbst aus der Schale, während der Assistent
das abfallende Glied unterstützt und später den Stumpf hält.
— 154 —
3. Der Operirende stellt sich am besten so, dass das amputirte
Glied nach seiner rechten Seite hin abfällt.
4. Vor Beginn der Operation wird die Haut in der Gegend
der Operationsstelle in weitem Umfange r a s i r t , mit Seife und
Bürste gereinigt und gründlich desinficirt, wie Bd. I, S.
16 — 20 beschrieben ist. Mit eingetretener Narkose wird das
Glied bis weit über die Amputationsstelle hinaus blutleer
gemacht und nach Abnahme der "Wickelbinde nochmals desinficirt.
Fistelöffnungen und eiternde oder brandige Flächen werden mit
in antiseptische Lösungen getauchten Compressen umhüllt, um
eine durch Unachtsamkeit etwa mögliche Infection der Instrumente
und Hände zu verhüten. Selbstverständlich müssen während der
Amputation alle Regeln der Antisepsis und Asepsis aufs Strengste
befolgt werden.
Durclisclmeidiing der Weiclithelle.
Die "Weichtheile müssen so getrennt werden, dass sie
den abgesägten Knochen reichlich bedecken. Die Muskeln durch-
schneidet man am besten senkrecht zur Achse des Gliedes, und
zwar darf das Messer dabei nicht durch Druck wirken, sondern
man zieht es hin und her, wie beim Vorschneiden eines Bratens.
Bei schrägen Muskelschnitten werden auch die Gef ässe schräg
durchschnitten und lassen sich weniger leicht sicher unterbinden.
Aus diesem Grunde sind von allen Methoden am meisten zu
empfehlen die Zifkelschnitte und die Hautiappcnschnitte mit
zirkulärem Muskelschnitt.
Der einzeitige Zirkelschnitt (Celsus).
"Während der Gehülfe mit beiden Händen das Glied über der
Amputationsstelle umspannt und dadurch Haut und Muskeln fixirt,
werden mit einem Amputationsmesser (Fig. 249), dessen
Länge sich nach der Dicke des Gliedes richtet, sämmtliche Weich-
theile bis auf den Knochen in einem Zuge durchschnitten (Fig. 250)
und sofort der Knochen durchsägt. Am zweckmässigsten fasst
der Arzt das lange Amputationsmesser mit der vollen Faust, führt es
unter dem Gliede herum, setzt die Spitze des Messers auf die ihm
zugekehrte vordere Seite des Gliedes senkrecht und quer zu dessen
Achse auf, schiebt dann das Messer mit leichtem Druck gegen
seine Brust zu vor, wobei die Klinge alle Weichtheile bis auf
— 155 —
Fig. 249.
TB^TlE^^^fe^s^^^^^^
Vier Amputationsmesser.
Fig. 250.
Einzeitiger Zirl<elsclinitt.
den Knochen durchschneidend bis zum Heft eindringt, und führt
sie dann in kurzen sägenden Zügen um den Knochen herum
bis zum Ausgangspunkt zui-ück. Andere durchschneiden mit dem
nahe am Griff aufgesetzten Messer in langem Zuge zunächst die
AVeichtheile an der dem Operateur abgewandten Seite des Gliedes,
setzen dann das Messer in umgekehrter Richtung in den Anfang
des Schnittes ein und durchtrennen die Weichtheile auf der dem
Operateur zugewandten Seite.
— 156 —
Darauf wird sofort der Knochen durchsägt. Damit sich aber
die "Weichtheile ohne Spannung über den Knochen vereinigen
lassen, muss er noch einmal abgesägt werden und zwar um
soviel höher^ als der halbe Durchmesser des Gliedes beträgt.
Zu dem Ende fasst man den Knochenstumpf mit einer Klauen-
z a n g e und drängt, während die Weichtheile kräftig nach oben
gezogen werden, mit einem hohlschneidigen Schabeisen die Knochen-
haut nach oben (Fig. 251), bis der Knochen weit genug entblösst
ist (von Esmarch).
Diese Methode giebt bei Gliedern mit einem Knochen
unter allen die kleinste und ebenste "VVundfläche; sie eignet sich
zwar nicht für Glieder mit kräftiger Muskulatur, vorzüglich gut
aber für magere, durch lange Eiterung erschöpfte Kranke.
Für zweiknochige Glieder ist der einzeitige Zirkelschnitt
weniger gut geeignet ; um das Zurückschieben der Weichtheile
Fig 251.
Zurückschieben des PeriDstes.
und des Periostes zu ermöglichen, muss man nach Durchtrennung
des Interosseums je einen Seitenlängsschnitt hinzufügen.
Die Wunde kann in jeder Richtung durch die Naht vereinigt
werden. Das Aussehen des frischen Stumpfes nach querer Ver-
einigung zeigt Fig. 252, nach senkrechter Vereinigung Fig. 278.
Eine Abänderung dieses Schnittes ist
der zweizeitige Zirkelschnitt (Petit 1718),
welcher die Haut und die Muskulatur in zwei über einander
liegenden Ebenen durchtrennt.
— 157
Zuerst wird durch einen 1 ^^ie- 252.
das Glied umkreisenden
Schnitt nur die Haut bis
auf die Fascie durch-
trennt (Fig. 25 3). Darauf
löst man ringsum die
Haut, während der Assi-
stent sie stark nach auf-
wärts zieht, durch wieder-
holte und senkrecht
zur Achse des Gliedes
bis auf die Fascie ge-
führte Schnitte (Fig. 254)
(nicht wie Fig. 255),
soweit ab, dass ihr Rand
mit den Fingern der
linken Hand gefasst und
wie eine Stulpe nach
oben umschlagen werden kann. Die Länge der Stulpe
etwa dem halben Durchmesser des Gliedes gl
sein.
Fig. 253.
Stumpf nach einzeitigem Zirkelschnitt.
muss
eich
Zweizeitiger Zirkelschnitt: Durchtrennung der Haut.
158
Fig. 254.
Zweizeitiger Zirl<eischnitt: Ablösung der Haut.
Fig. 255.
Feliierhafte Sclinittfüiirung.
159
Ist der Sciliiittrand der Haut zu eng, weil das Glied oberhalb
der Stelle an Umfang zunimmt, so kann man die Haut durch einen
kurzen Längsschnitt spalten an einer oder zwei gegenüber-
liegenden Stellen. Hart an der Umschlagsstelle der Haut werden
nun durch einen kräftigen Zirkelschnitt sämmtliche Muskeln ringsum
Fig. 256.
Zweizeitiger Zirkelschniit: Durclitrennung der Muskulatur.
bis auf den Knochen durchtrennt (Fig. 256}, das Periost mit
dem Schabeisen zurückgeschoben und dann der Knochen
durchsägt.
Das Aussehen des frischen Stumpfes zeigt Fig. 257.
Fig. 257.
Stumpf nach zweizeitigem Zirkelsclinitt.
160 —
Der zweizeitige Zirkelschuitt ist in den verschiedensten Ab-
änderungen beschrieben worden. Petit und Cheselden durch-
schnitten zunächst nur die Haut für sich allein kreisförmig, Hessen
dann die Weichtheile kraftvoll nach oben ziehen (Fig. 258)
und durch trennten sie hart am Rande der zurückgezogenen Haut
Fig. 258.
Zirkelschniti nach Petit.
Fig. 259.
Dreizeitiger Zirkelschnitt (Trennung des ,,IVIuskeikegels").
in einem Zuge bis auf den Knochen. Louis durchschnitt alle
Weichtheile in einem Zuge bis auf den Knochen, löste aber mit
einem zweiten Zirkelschnitt den kleinen Muskelkegel vom
Knochen ab, welcher sich nach Zurückziehung der oberflächlichen
Muskulatur durch die am Knochen fester anhaftenden tiefen Muskeln
bildet. Desault ging noch weiter, indem er erst die Haut,
— 161 —
dann die oberflächliche Muskelschicht und endlich die tiefere da,
bis wohin sich die erstere zurückgezogen hatte, schichtweise durch-
trennte (dreizeitiger Zirkelsclinittj Fig. 259). Die Wunde bildet
dann einen Trichter.
Viel besser aber als die mehrmalige Durchschneidung der
Muskeln ist das Zurückschieben des Periostes und Absägen
des Knochens in einer höheren Ebene (von Esmarch),
wodurch überreichlich "Weichtheile zur Bedeckung des Stumpfes
gewonnen werden.
Der Hautlappenschnitt (Lowdham 1679J.
Mit einem bauchigen Skalpell oder dem Lappen messer nach
vonLangenbeck {Fig. 260) umschneidet man halbmondförmige
Hautlappen, löst sie mit senkrecht zur Oberfläche gerichteten
Schnitten bis zu ihrer Basis von der Fascie ab und klappt sie
Fig. 260.
Lappenmesser nach von Langenbeck.
aufwärts. . Entweder bildet man zwei gleich grosse Haut-
lappen anfden beiden Seitenfl-ächen des Gliedes (Fig. 261), nach
deren Vereinigung die Narbe über die Mitte des Stumpfes her-
Fig. 261.
Zwei gleich grosse Hautlappen.
überläuft oder, was am zweckmässigsten ist, einen grossen
vorderen und einen kleineren hinteren Lappen (Fig.
262), so dass die spätere Narbe an einer Seite des Stumpfes zu
liegen kommt, wo sie weniger gedrückt wird. Auch kann man nach
Bildung eines grossen vorderen Hautlappens die Haut an
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl. H
Grösserer vorderer und kleinerer hinterer Hautlappen.
Fig. 263.
Vorderer Hautlappen, hinten halber Zirkelschnitt (nach Listen).
— 163 —
der hinteren Seite durch einen halben Zirkelschnitt trennen
(Fig. 263) und sie durch einige senkrechte Schnitte nach
oben hin ablösen. In diesem Falle muss die Basis des
vorderen grossen Lappens etwas kleiner sein, als der halbe
Umfang des Gliedes, seine Länge aber gleich dem sagittalen
Durchmesser desselben. Hart an der TJmschlagsstelle der hinauf-
geschlagenen Hautlappen werden sämmtliche Muskeln durch einen
Zirkelschnitt bis auf den Knochen durchtrennt und dieser abge-
sägt. Der Hautlappen hängt dann wie ein Vorhang über die
"Wundfläche herüber und bietet einen guten Abfluss für die Sekrete,
ebenso wie eine günstige seitliche Lage der späteren Narbe.
Die Muskellappenschniüe.
Die Methoden, bei denen die Lappen aus Haut und Muskeln
geschnitten werden, sind im Allgemeinen weniger zu empfehlen,
weil sie grössere "Wundflächen geben, und vor Allem wegen
der schrägen Durchschneidung der Arterien.
Fig. 264.
Muskellappenschnitt. MesserfUhrung nach Langenbeck.
Man kann die Lappen entweder VOn aussen nach innen
schneiden (Lang enb eck, Fig. 264), wozu sehr scharfe Lappen-
messer gehören, oder von innen nach aussen (Verduin),
11*
— 164 —
indem man die Weichtheile an der Basis der Lappen hart am
Knochen mit einem langen zweischneidigen Messer durchsticht
und dasselbe schräg nach abwärts in langen sägenden Zügen bis
an die Oberfläche führt (s. die Exarticulation des Oberschenkels
Fig. 402).
Die letztere Methode ist weniger zu empfehlen, bei Amputationen
wegen Schussfrakturen auch deshalb nicht, weil das Messer leicht
durch in den Weichtheilen verborgene Geschosse oder Knochen-
splitter aufgehalten wird. Auch sind zweischneidige Messer nicht
zweckmässig, weil der schneidende Rücken bei unsicherer Führung
die Gefässe in dem Lappen an mehreren Stellen anschneiden kann.
Dazu kommt, dass die zweischneidigen Messer viel schwerer zu
schleifen sind, als die einschneidigen, mit denen sich übrigens die
Lappenbildung von innen nach aussen eben so gut ausführen
lässt, besonders wenn die Spitze so gerichtet ist, wie an dem
längsten Messer (d) in Fig. 249.
Eine Abänderung des Muskellappenschnittes ist
der Ovalairschnitt (Langenbeck),
bei welchem zwei Lappen an der Rückseite in einem Querschnitt
zusammenstossen, so dass die Wunde die Form eines Kartenherzens
bekommt (Fig. 294). Er eignet sich besonders für die Exarti-
culation kleinerer Gelenke (der Finger und Zehen). Für grössere
Glieder hat er, ausser der Schnelligkeit in der Ausführung, welche
bei Anwendung des Chloroforms und der künstlichen Blutleere
wenig mehr in Betracht kommt, keine Vorzüge vor den übrigen
Methoden. Zur exacten Ausführung bedarf es grosser Uebung
und sehr scharfer Lappenmesser.
Das Absägen der Knochen.
Nach Trennung aller "Weichtheile vertauscht der Operateur
das Messer mit einer Amputationssäge (Fig. 265, 266), setzt zur
Stütze des Sägeblattes den Nagel seines linken Daumens auf den
Knochen (Fig. 267), sägt an demselben entlang in langen, ganz
leichten Zügen zunächst eine Führungsfurche und dann in längeren
kräftigen Zügen, ohne zu drücken, massig rasch den Knochen
durch.
"Während des Sägens werden die "Weichtheile von dem oberen
Assistenten mit den Händen oder mittelst einer sterilisirten.
Bogensäge nach Reiner.
Pig 266.
Bogensäge nach Nyrop.
Fig. 267.
Absägen des Knochens.
gespaltenen Compresse (Fig. 268, 269) kräftig aufwärts gezogen
(Fig. 270), während der untere Assistent den unteren Theil des
Gliedes fest und sicher hält, gegen Ende des Sägens aber ein
wenig senkt, damit das Sägeblatt nicht eingeklemmt werde.
Hat man den Knochen fast durchgesägt, so führt man die
Säge vorsichtig und langsamer, während der Gliedabschnitt nicht
Fig. 268.
Fig. 269.
C
Gespaltene Compressen
für einen Knochen «r z««' Knochen.
Fig. 270.
Zurückhaltung der Weichtheile mit der gespaltenen Compresse.
— 167 —
mehr von dem Gehülfen gesenkt wird, weil sonst leicht der
Knochen mit Splitterung abbricht.
Bei Gliedern mit zwei Knochen müssen vor dem Absägen die
Weichtheile im Zwischenknochen räum vollständig durchschnitten
werden, indem man ein schmales einschneidiges Messer (Fig. 249 a)
zuerst von einer und dann von der anderen Seite an einem der
Knochen hingleitend durchschiebt und die Schneide, wie in Fig. 271
angedeutet, wirken lässt. Das Messer wird mit dem Rücken dem
einen Knochen anliegend von unten her in das Spatium interosseum
eingestochen, quer durch den Zwischenknochenraum zum andern
Knochen geführt, mit der Schneide an dessen innerer Fläche ent-
lang geführt und nach unten zu herausgezogen. Dann dreht
man die Schneide gegen den andern Knochen und verfährt an
ihm in gleicher Weise.
Fig. 272.
Fig. 271.
Führung des Zwischenknochenmessers.
i: spatium interosseum.
Absägen beider Knochen.
Zurückhalten der Weichtheile mittelst der doppelt gespaltenen Compresse.
Nun lässt man mittelst einer doppeltgespaltenen Compresse,
deren mittlerer Lappen zwischen die Knochen mit einer Kornzange
durchgezogen wird, die Weichtheile nach aufwärts ziehen (Fig. 272}
und durchsägt gleichzeitig beide Knochen. Ist, wie am
— 168 —
Unterschenkel, der eine Knochen bedeutend dünner als der andere,
so führt man, um Splitterung des dünneren zu verhüten, die Säge
so, dass sie zunächst in den dickeren eine Führungsfurche sägt,
dann den dünnen Knochen durchtrennt und erst mit den letzten
Zügen den dickeren allein absägt.
Nach dem Absägen werden etwa vorstehende Knochenspitzen
mit einer Knochenscheere (Liston, Fig. 273) oder einer Hohl-
meisselzange (Lüer, Fig. 274) abgekniffen, scharfe Kanten mit
einer feinen Säge (Fig. 275) entfernt oder mit einer Feile ge-
glättet.
Fig. 273. Fig. 274. Fig. 275.
Knochenscheere
nach Liston.
gebogene
Hohlmeisselzange
nach Liier.
Phalangensäge.
Darauf werden alle durchs chnitt enen GofäsSG, Arterien
und Venen, die man als solche erkennen kann, und deren Lage
man sich vor der Operation, nöthigenfalls mit Hülfe von Durch-
schnittszeichnungen ins Gedächtniss zurückgerufen hat, unterbunden,
(Fig. 131). Die grösseren Gefässe sind leicht zu erkennen, die
kleineren Muskelgefässe findet man am ehesten, wenn man die
— 169 —
bindegewebigen Muskelinterstitien absucht. Auch ist es
zweckmässig, die Stümpfe der Nervenstämme, welche in der
Wunde hervorragen, mit einer Pinzette etwas hervorzuziehen
und mit einer scharfen Scheere abzuschneiden , wodurch die
Schmerzen in der Wunde und in der Narbe verhütet oder ge-
mindert werden.
Wer im Unterbinden die nöthige Uebung hat, kann nun zur
Vereinigung der Wunde schreiten und die Schnürbinde liegen
lassen, bis der Verband beendigt ist. Wer dies aus Furcht vor
Nachblutungen nicht wagt, der mache es, wie es auf S. 61 an-
gegeben ist.
Die Teremigung der Wunde
muss in der Weise vorgenommen werden, das sich Blut und Serum
nicht in ihr ansammeln können, sondern sofort an die Oberfläche
treten müssen, wo sie von dem antiseptischen oder aseptischen
Druckverband sogleich begierig aufgesogen werden.
Bei sehr sorgfältiger Blutstillung und völHger Asepsis genügt
es, die Hautränder über den Weichtheilen durch die Naht zu
vereinigen, die Wundwinkel dagegen offen zu lassen oder mit
Drainröhren zu versehen und einen festen Druckverband anzulegen,
der die Wundflächen gegen einander presst und die Ansammlung
von Secreten verhindert.
Will man drainiren, so ist es zweckmässig, die Drainrohre
mit einem langen Faden zu versehen, der durch die Verband-
schichten herausgeleitet wird und an dem das Rohr, ohne Ver-
bandwechsel, am 2 — 3 Tage herausgezogen werden kann. Diese
gefesselten Drains (K o c h e r) bieten den Vortheil, dass
sie den Secretabfluss wie jede andere Drainage sichern, während
nach dem Herausziehen ihre Canäle sofort durch Aneinanderlegen
ihrer Wandungen verkleben, so dass trotz der Drainage in 10 bis
12 Tagen völlige Heilung der Wunde erfolgen kann.
Will man keine Drainröhren einlegen, so lässt man den
abhängigsten Wundwinkel offen, damit etwaige Secrete abfliessen
können, oder man vernäht die einzelnen Schichten etagenartig
über einander durch tiefe oder verlorene Nähte, wodurch
alle Buchten in der Wundfläche sicher beseitigt werden, und die
Secretansammlung verhindert wird. Als Beispiel zeigen die
folgenden Abbildungen die Anlegung der Nähte nach einer Amputation
des Oberschenkels mit einzeitigem Zirkelschnitt.
— 170
Zuerst wird das zurückgescliobene Periost hervorgezogen und
durcii einige Catgutnähte über die Sägefläche des Knochens
vereinigt (Fig. 276).
Darnach näht man mit langen schwachgekrümmten Nadeln
und dicken Catgutfäden zuerst die tieferen (Fig. 276), dann die
oberflächlichen lluskelschichten (Fig. 277) zusammen und heftet
endlich die Hautränder genau aneinander mit doppelter Kürschner-
naht (Fig. 278), wobei man nur den untersten Wundwinkel etwas
klaffend lässt.
Fig. 276. Fig. 277. Fig. 278.
Periost- und tiefe Muskelnähte. Versenkte Muskeinalit. Hautnaht.
Wenn man dann einen Dauerverband, wie er Bd. I S. 49
geschildert und in Fig. 42 dargestellt ist, anlegt und dann erst
den Schnürgurt löst, so kann der Verband in der Hegel mehrere
Wochen lang bis zur völligen Heilung per primam intentionem
liegen bleiben, und findet man dann alles Blut, was der Kranke
in Folge der Amputation verloren hat, in Gestalt einer schmalen
trockenen geruchlosen Kruste an der inneren Fläche des Verbandes.
Allgemeine Regeln für die Exarticulation.
1. Bei den Exarticulationetl steht der Operateur in den meisten
Fällen am besten so, dass er das Gresicht dem Kranken zukehrt,
und fasst das abzuschneidende Glied selbst mit der linken Hand.
2. Zur Trennung der Weichtheile eignet sich der Zirkel-
schnitt weniger gut, als der Lappenschnitt. Da es sich
hier meist um die Bedeckung grösserer Knochen flächen
handelt, so müssen verhältnissmässig grosse Lappen gebildet werden.
— 171
entweder aus der Haut allein, oder aus der Haut und den
darunter liegenden Muskeln bestehend.
In manchen Fällen ist ein vorderer grosser und ein
hinterer kleiner Lappen (Knie, Schulter, Hüfte) am vortheilhaftesten,
in einigen Fällen (Fussgelenk, Mittelfuss) muss der hintere
Lappen der grössere sein.
Für kleinere Gelenke (Finger, Zehen) eignet sich besonders
gut der Ovalairschnitt.
3. Nach Trennung der bedeckenden Weichtheile wird das
Gelenk eröffnet, indem man durch geeignete Bewegungen
die vorliegenden Bänder stark anspannt und sie dann mit
dem Lappenmesser durchschneidet.
4. Durch Trennung der übrigen Bänder und der Gelenk-
kapsel ringsum wird die Auslösung beendet und, wenn nöthig,
von dem zurückbleibenden Gelenkkörper ein Stück abgesägt. Im
TJebrigen ist das Verfahren dasselbe, wie bei der Amputation.
Die Reamputation.
1. Wenn bei einer Amputation nicht genug Weichtheile erspart
worden sind, oder dieselben sich in Folge entzündlicher Anschwellung
(Ostitis) während der Heilung zurückgezogen haben, oder durch
Gangrän verloren gegangen sind, so bildet sich ein sogenannter
konischer Stumpf (Fig. 279), d. h. das Eöiochenende ragt so weit
hervor, dass eine vollständige Vernarbung nicht zu Stande kommen
kann (ulcus prominens), oder die endlich entstandene dünne Narbe
bricht immer wieder auf, sobald der Amputirte sich eines Stelz-
fusses oder künsthchen Beines be-
dient. Aehnlich pflegen sich die
Stümpfe zu verhalten, welche nach
Erfrierung oder Verbrennung eines
Körpertheils zurückbleiben.
2. In solchen Fällen pflegte
man früher noch einmal höher oben
zu amputiren, oder versuchte durch
Transplantation von Hautlappen die
Narbe zu decken. Ersteres ist aber
meist unnöthig und ebenso ge-
fährlich, wie die erste Amputation,
während letzteres nur selten einen
befriedigenden Erfolg giebt, weil die Konischer Stumpf.
Haut an den Extremitäten sich für plastische Operationen wenig eignet.
Fig. 279.
172 —
3. Viel zweckmässiger ist es, die subperiostale Resection des
KnOChGnstumpfes zu macheu, d. h. mau umschneidet mit einem
starken Messer die Narbe oder Greschwürsfläche der vorstehenden
Sägefläche, spaltet die Weichtheile des Stumpfes nach unten oder
nach zwei Seiten (mit Vermeidung der Gegend, wo die grossen
Gefäss- und Nervenstämme liegen), bis auf den Knochen und schiebt
mit dem ßaspatorium das Periost soweit nach oben zurück,
dass man ein genügend grosses Stück des Knochens mit einer
Stichsäge oder der Kettensäge abtragen kann. Die Blutung pflegt
dabei sehr gering zu sein. Man vereinigt die Wunde durch tiefe
und oberflächliche Nähte, nachdem man, wenn es nöthig scheinen
sollte, ein Drainrohr bis an die Sägefläche eingelegt hat. Sie
heilt gewöhnlich durch erste Vereinigung, und das Resultat ist ein
guter, mit Weichtheilen vollkommen bedeckter Stumpf.
4. Wenn die erste Amputation in der Nähe eines Gelenkes
stattgefunden hatte, so kann man in derselben Weise die SUbp6riostale
ExartiCUlation folgen lassen (vergl. Fig. 406).
5. TJeber die osteoplastische Amputation s. S. 219.
Die Prothesen.
Um das durch die Amputation verstümmelte Glied einiger-
massen wieder brauchbar zu
machen oder wenigstens in seiner
früheren Form zu ergänzen, be-
kommt der Geheilte ein „künst-
liches Glied", Prothese. — Mau
hat diese von den einfachsten Vor-
richtungen bis zu kunstvoll ge-
arbeiteten Maschinen. Im Allge-
meinen empfehlen sich für solche
Kranke, die mit ihrer Prothese
etwas leisten wollen, die ein-
facheren Appai'ate, während die
in Form und Beweglichkeit dem
fehlendenGüedtheile oft täuschend
nachgeahmten „künstlichen Glie-
der" mehr zur Zierde dienen
und wegen leicht eintretender
Beschädigungen oftmals ausge-
,...,, bessert werden müssen.
Arbeitsklauen.
Fig. 280.
Fig. 281.
— 173 —
Eine araputirte Hand sammt dem Arm lässt sich ersetzen
durch eine Arbeitsklaue, (Fig. 280, 281) einen Haken, Klammer,
Platte oder dergl., die am Ende einer gut passenden Lederhülse
eingesetzt sind, und womit die KJranken bei einiger Hebung und
Findigkeit sehr geschickt die verschiedensten groben Arbeiten aus-
führen können. Eine aus Holz nachgebildete, mit einem Hand-
schuh überzogene Hand kann ebenfalls an die Lederhülse angesetzt
werden und dient dann mehr zum Schmuck. Die mit beweglichen
Fingern versehenen künstlichen Arme, an denen die Muskeln durch
Spiralfedern und Fäden nachgebildet sind, eignen sich nur für
leichtere Verrichtungen, sind ausserdem sehr theuer und werden
leicht beschädigt.
Ein aiTiputirtes Bein ersetzt man am einfachsten und dauer-
haftesten durch eine StsIZG, einen festen Holzstab, der an einer
gut passenden Hülse befestigt ist. Bei hoch amputirtem Unter-
schenkel kniet der x^Lmputirte darauf (Fig. 284), bei hoch am-
Fig. 282.
Fig. 283.
Fig. 284.
Fig. 285.
Stelzen für
den amputirten Oberschenkel.
Stelze Künstliches Bein
für den amputirten Unterschenl<el.
— 174 —
putirtem Obersclierikel sitzt er auf dem gut gepolsterten Hülsen-
rand. fFig. 282. 283). Das „künstliche Bein" ist aus leichtem
festen Holz geschnitzt und im Knie- und Fussgelenk in Charnieren
beweglich (Fig. 285). So schön es auch aussieht, so wird doch,
wenn der Kranke längere Zeit hinter einander und schnell gehen
will, die einfache Stelze meist vorgezogen, weil sie dauerhafter ist
und ihre Ausbesserung schneller und billiger erfolgt, als bei dem
künstlichen Beine.
Amputationen und Exarticulationen an der oberen
Extremität.
Exarticulation der Finger.
Exarticulation der dritten Phalanx.
(Mit Bildung eines Volarlappens von aussen nach innen.)
1. Der Operateur, dem die Hand in Pronation entgegen-
gehalten wird, erfasst die Spitze des Fingers und beugt die dritte
Phalanx.
Pig. 286. Fig. 287.
Lage der Fingergelenklinien.
Fig. 288.
Fig. 289.
2. Ein flacher Bogen-
schuitt, 2 mm unterhalb der
Gelenkkuppe (Fig. 286) quer
über das Köpfchen der zweiten
Phalanx geführt, eröffnet die
Gelenkkapsel (Fig. 287).
3. Die Spitze des ilessers
trennt beide Seitenbänder, die
Klinge wird mit abwärts ge-
richteter Schneide hinter die Yolarfläche der dritten Phalanx ein-
— 175 —
gesenkt (Fig. 288) und schneidet mit sägenden Zügen einen wohl-
gerundeten Lappen aus der Volarhaut (Fig. 289).
Fig. 290.
Fig. 291.
Exartieulation der zweiten Phalanx.
(Mit Lappenbildung von innen nach aussen, durch Einstechen.)
1, Der Operateur, dem die Hand in Supination entgegen ge-
halten wird, erfasst die gestreckte Fingerspitze, sticht ein schmales
Messer unterhalb der Gelenkfalte von einer Seite zur andern
zwischen Haut und Gelenk durch und führt die Klinge in sägenden
Zügen erst gegen sich, dann aufwärts, so dass ein wohlgerundeter
Lappen entsteht (Fig. 290).
2. Der Lappen wird
zurückgeklappt, das Ge-
lenk stark gestreckt und
von der Wunde aus
trennt das Messer in
einem Zuge die Gelenk-
kapsel, die Seitenbänder
und die Haut auf der
Dorsalseite des Gelenkes
in querer Richtung (Fig.
291).
Exartieulation im Metaearpo-Phalangeal-Gelenk.
a. Ovalairschnitt.
1. Der Operateur steht zur linken Seite des Gliedes, wendet
dem Gesicht des Patienten den Rücken, ergreift, während ein
Gehülfe die beiden Nachbarfinger abspreizt, mit seiner Linken den
kranken Finger, hyperextendirt ihn so weit, dass er die Volarfläche
sehen kann, führt ein schmales Messer von rechts her an die
Volarfläche der ersten Phalanx, durchschneidet hier, in der Höhe
der gespannten Schwimmhaut, die Weichtheile quer, führt das
Messer um die rechte Seite der Phalanx herum auf die Dorsal-
seite und hier im Bogen aufwärts bis an das Köpfchen des
Metacarpalknochens (Fig. 292).
2. Das Messer wird unter der linken Hand durch um die
linke Seite des Fingers bis in den Anfang des ersten Schnittes
Exarticulation im Metacarpophalangealgelenk mit Ovalairschnitt.
177
geführt, dringt hier bis auf den Knochen ein, wird in der Höhe
der Schwimmhaut um die linke Seite der ersten Phalanx herum
auf die Dorsalseite, und hier im Bogen aufwärts bis an das Ende
des ersten Schnittes gezogen (Fig. 293).
3. Beide Schnitte werden in derselben B,eihenfolge, aber tiefer
gegen das Gelenk eindringend, wiederholt, und trennen, während
der Finger immer nach der entgegengesetzten Seite geneigt wird,
die Sehnen, die Seitenbänder und die Grelenkkapsel. Die "Wunde
zeigt die Gestalt eines Kartenherzens (Fig. 294).
b. Lappenschnitt.
1. Derselbe eignet sich am besten für den ersten, zweiten
und fünften Finger, weil diese an der einen Seite freier zugäng-
lich sind.
Man schneidet einen grösseren halbovalen Lappen, dessen
Basis in der Höhe des Gelenkes liegt, aus der Volar-, Dorsal-
oder Seitenhaut der ersten Phalanx und klappt ihn zurück.
Fig. 295. Fig. 296.
Exarticulation im Metacarpophalangealgelenk
am Daumen, zweiten und fünften Finger; Bilduusr Wunde nach dem Ovalairschnitt und
ungleich grosser Lappen, am vierten; zweier gleicher Lappenschnitt.
Lappen, am dritten; Ovalairschnitt von der Volar-
seite aus.
2. Dann wird ein kleinerer Hautlappen auf der entgegen-
gesetzten Seite gebildet und gleichfalls zurückgeschlagen.
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl.
12
— 178 —
3. Zuletzt durchschneidet man die Sehnen in der Höhe des
Gelenkes und eröffnet letzteres ringsum (Fig. 295).
Exarticulation sämmtliclier Finger.
1. Müssen die vier letzten Finger zusammen fortgenommen
werden, so kann man sie wohl einzeln, wie eben beschrieben,
exarticuliren ; zweckmässiger aber ist ein dorsaler Zirkelschnitt
und Bildung eines volaren Lappens.
Fig. 297. 2. Unter starker Volarflexion
der Finger wird über die vier Finger-
-f wurzeln von einem Rande der Hand
x^ f^4 zum anderen ein Quer s chnitt ge-
führt durch Haut und Sehnen.
3. Darauf umschneidet das Messer
bei Dorsalflexion der Finger an der
Volarseite in der Gelenkfalte am
Rande der Schwimmhaut entlang
einen schmalen Lappen, dessen Enden
Exarticulation sämmtlicher Finger. ^^^ dorsalen Schnitt treffen.
4. Jeder Finger wird nun einzeln exarticulirt und darauf
die Wundfläche (Fig. 297) vernäht. Die Narbe kommt auf der
Dorsalseite zu liegen.
Exarticulation des Daumens im Carpalgelenk.
1. Ovalairschnitt.
L Der erste Schnitt beginnt an der TJlnarseite der ersten
Phalanx in der Höhe der Schwimmhaut, wird schräg über das
Phalango-Metacarpalgelenk weg bis auf die Radialseite des Meta-
carpalknochens und auf dieser entlang bis zu seiner Basis geführt.
2. Der zweite Schnitt, von demselben Punkte aus an der
Radialseite herumgeführt, trifft auf den ersten in der Mitte des
Metacarpalknochens (Fig. 298).
3. Durch wiederholte Schnitte in gleicher Richtung am
Knochen entlang wird derselbe aus den Muskeln herausgelöst.
4. Von der TJlnarseite her wird das Gelenk zwischen os
multangulum majus und dem Metacarpalknochen geöffnet, wobei man
sich mit der Schneide hart an der Basis des letzteren halten muss,
um nicht das Gelenk zwischen os metacarpi indicis und os multan-
gulum majus zu eröffnen, welches mit den übrigen Carp algelenken
in Verbindung steht.
Fig. 300,
Exarticulation des Daumens mrt Ovalairschnitt.
5. Die Durchschneidung der Grelenkbänder an der Radialseite
(Fig. 299) beendet die Operation, welche eine lineare Narbe
(Fig. 300) hinterlässt.
2. Seitenlappenschnitt nach v. "Walther.
1. Der Daumen wird abducirt, das Messer auf die Mitte
der Schwimmhaut aufgesetzt und in sägenden Zügen zwischen
erstem und zweitem Metacarpalknochen aufwärts geführt, bis es
an den Ulnarrand der Basis des ersten Metacarpalknochens an-
stösst (Fig. 301).
Fig. 301. Fig. 302.
Radialiappenschnitt nach von Walther.
180
Fig. 305.
Volarschnitt. Oorsalschnitt.
Exarticulation der vier letzten Metacarpalknochen.
Fig. 304.
Fig. 306.
Volarschnitt durch Einstechen.
Stumpf nach Exarticulation der vier letzten
Metacarpalknochen.
2. Unter Vermeidung des Gelenkes zwischen os metacarpi
indicis und os multangulum majus wird die Messerspitze vorsicMig
unter die Basis des Knochens geführt und damit das Carpometa-
carpalgelenk eröffnet.
— 181 —
3. Der Daumen lässt sich noch stärker abduciren, das Messer
dringt durch das Gelenk durch bis auf die Radialseite des Meta-
carpalknochens und wird an dieser wieder abwärts geführt, einen
Radiallappen bildend, dessen abgerundete Spitze in der Höhe der
Schwimmhaut endet (Fig. 302).
Exartieulation der vier letzten Metaearpalknoehen
(mit Erhaltung des Daumens).
1 . In der Handfläche wird ein halbmondförmiger Hautlappen
umschrieben durch einen schrägen Bogenschnitt, der an der
Schwimmhaut des Daumens beginnt und am TJlnarrande der Basis
des fünften Metacarpalknochens endet (Fig. 303). Der Lappen
kann auch von innen nach aussen durch Einstechen an der Basis
desselben gebildet werden (Fig. 304).
2. Auf dem Handrücken wird ein Schnitt geführt, der von
der Schwimmhaut des Daumens beginnend schräg nach oben bis
an das obere Drittel des zweiten Metacarpalknochens und von da
in derselben Höhe über die drei letzten Metaearpalknoehen ziehend,
am Ulnarrande der Hand mit dem Volarlappen zusammenstösst
(Fig. 305).
3. Nachdem beide Lappen bis zur Gegend der Carpometacarpal-
gelenke zurückpräparirt sind, werden diese von der Ulnarseite her
unter starker Abduction der Mittelhand eröffnet, bis auch die Ver-
bindung des zweiten Metacarpalknochens mit dem os multangulum
majus getrennt ist. Bei dem letzten Act muss man sehr vorsichtig
und stets gegen diese beiden Knochen schneiden, um eine Verletzung
des Gelenkes zwischen os multangulum majus und dem Metaearpal-
knoehen des Daumens zu vermeiden.
4. Die Erhaltung des Daumens erweist sich für den Gebrauch
ausserordentlich vortheilhaft (Fig. 306).
Exartieulation im Handgelenke.
1. Zirkelschnitt.
1. Ein Zirkelschnitt umkreist die Hand auf der Mitte des
Metacarpus, 4 cm unterhalb der processus styloidei.
2. Die Haut wird durch senkrechte Schnitte ringsum gelöst,
bis sie sich über die processus styloidei als Manschette zurück-
schlagen lässt.
3. Die pronirte Hand wird kräftig flectirt; ein nach oben
leicht convexer Schnitt über die Handwurzel, von einem processus
— 182 —
styloideus zum andern, trennt die Strecksehnen und öflfnet das
Handgelenk.
Fig. 307. Fig. 308.
^i^^^
stumpf nach Exarticulaiion im
Handgelenk mit Zirkelschnitt.
Exarticulaiion der Hand mit Zirkelschnitt.
4. Die Seitenbänder werden unter beiden Griffelfortsätzen
getrennt und zuletzt in einem Zuge die vordere Kapselwand und
sämmtliche Beugesehnen durchschnitten (Fig. 307, 303}.
2. Lappenschnitt.
1. Der Operateur erfasst den unteren Theil der pronirten
Hand, flectii't sie und führt vod der Spitze des einen jDrocessus
styloideus zu der des anderen einen halbmondförmigen Schnitt über
die Mitte des Handrückens (Fig. 309).
2. Der Hautlappen wird von den Strecksehnen abgelöst, nach
oben zurückgeschlagen und das Gelenk eröffnet, wie beim Zirkel-
schnitt.
3. Das Bündel der Beugesehnen wird von der Volarfläche
her mit der Spitze des linken Zeigefingers in die Wunde vor-
gedrängt, durch wiederholtes Hin- und Herziehen des Messers
vorsichtig durchschnitten und dann ein kleiner Hautlappen in der
Vola von der Wunde aus geschnitten (Fig. 310). Es ist zweck-
mässig, den Volai'lappen zu Anfang der Operation durch einen
Hautschnitt vorzuzeichnen.
— 183
Fig. 309.
Fig. 310.
Fig. 311.
Exarticulation der Hand mit zwei Hautlappen (Ruysch).
3. Hadiallapp ens chnitt (von Walther 1810).
1. Aus der Haut, welche die Metacarpalgegend des Daumens
bedeckt, wh'd ein halbmondförmiger Lappen geschnitten, dessen
Fig. 312. Basis das radiale Dritt-
theil des Carpus um-
fasst, dessen Spitze
die Basis der ersten
Phalanx erreicht.
2. Nachdem der
Lappen von den Dau-
menmuskeln abpräpa-
Stumpf nach von Walther. rirt ^^^ ^^ch oben
geschlagen , umkreist
ein halber Zirkelschnitt die beiden
übrigen Dritttheile des Carpus an der
Ulnarseite (Fig. 311).
3. Die Haut wird stark nach
oben gezogen und der Carpus, wie
oben beschrieben, von dem Yorder-
armknochen getrennt (Fig. 312).
Exarticulation der Hand nach
von Walther.
— 184 —
Fig. 313.
m.u.e.
e rl c
Querschnitt des rechten Vorderarmes im unteren Dritttheil.
p. l.
palmar, long.
)-. e. l.
rad. ext. longus.
n. m.
nerv, medianus.
r. e. h.
rad. ext. brevis.
t. r. i.
tendo rad. int.
e. d. c.
estensor dig. comm.
a. r.
art. radialis.
in. u. e.
musc. ulnaris extern.
b.
brachioradialis.
a. u.
art. ulnaris.
n. r. s.
nerv, radial, superf.
m. f. d.
musc. flex. dig. comm prof.
a. p. l.
abd. pollicis longus.
Amputation des Vorderarmes.
Zur Amputation des Vorderarmes eignet sich der
zweizeitige Zirkelschnitt (Fig. 253—256) und der Hautlappenschnitt
(Fig. 261). Während der Operation muss der Vorderarm stets in voller
Supination gehalten werden, namentlich beim Absägen der Knochen,
weil sonst der Radiusstumpf ein wenig kürzer werden würde.
Bildet man Lappen, so wählt man am besten einen volaren und
einen dorsalen oder auch einen einzigen volaren, welcher dann
so lang sein muss, als der Durchmesser des Gliedes. Dicht über
dem Handgelenk lassen sich die Sehnen oft schlecht durchschneiden,
man muss sie mit einem Haken hervorziehen und mit einer Scheere
abschneiden. Die Vereinigung der Wunde geschieht am besten
in senkrechter Richtung bei pronirt gelagertem Arm.
Vom Vorderarm sollte man so wenig als nur irgend möglich
araputiren und namentlich, wenn die Absetzung ganz hoch dicht
am Ellbogengelenk stattfinden muss, immer noch lieber einen
kleinen Vorderarmstumpf der leichter auszuführenden Exarticulation
im Ellbogen vorziehen, da dieser für die Handhabung später
anzulegender Prothesen von grosser Wichtigkeit ist.
185
am.
m.e.p.
Querschnitt des rechten Vorderarmes in der Mitte.
m, p. l. : musc. palmaris longas.
n. m. : nerv, medianus.
a. r. : art. radialis.
m. p. t. : musc. pronator teres.
n. r. : nerv, radialis.
t. r. : tendo radialis ext. long.
m. e. p.: musc. extens. poU. long.
a. u. : art. ulnaris.
— 186
Fig. 315.
n.r.s
■n.m.
■n.u.
Querschnitt des rechten Vorderarmes im oberen Dritttheii.
a. r. : art. radialis.
n. r. s : nerv, radialis siiperf.
n. r. p.: nerv, radialis profundus.
a. i. : art. interossea.
a. II. : art. ulnaris.
n. u. : nerv, uluaris.
n. m. : nerv, medianus.
— 187 —
Exarticulation im Ellbogengelenk.
1. Zi rkels clinitt.
1. Ein Zirkelschnitt trennt die Haut 4 cm unterhalb
der Condylen des Humerus ; die Manschette wird zurückpräparirt
und umgeschlagen.
2. Ein Querschnitt über die Yolarseite eröffnet breit das
hyperextendirte Gelenk.
3. Ein Schnitt oberhalb des Capitulum radii trennt das
ligamentum laterale externum, ein Schnitt unterhalb des Condylus
internus das ligamentum laterale internum.
4. Das Gelenk klafft stark, das Olecranon wird in die "Wunde
gedrängt; ein Schnitt oberhalb der Spitze desselben trennt die
Sehne des Triceps davon ab (Fig. 3 16).
5. Die Form des in der Quere vernähten Stumpfes zeigt
Fig. 317.
"Flg. 316. Fig. 317.
1
Exarticulation im Eilbogengelenk mit Zirkelschnitt.
Stumpf nach Exarticulation
im Ellbogengelenk mit Zirkel-
schnitt.
— 188
Fig. 318
n c t m
n.r.
m.r.
n.a.
Querschnitt durch das rechte Ellbogengelenk in der Condylenlinie.
■n. c. e. : nerv, cutaneus ext.
V. c: vena cephalica.
n. r. : nerv, radialis.
V. m. : vena mediana.
V. b. : vena basilica.
n, e. i. m. : nerv, cutaneus int. major.
11. in. : nerv, medianus.
m. r. : musc. radialis int.
n. u. : nerv, ulnaris.
189 —
2. Lappenschnitt.
1. Ein Bogensclinitt, welcher 2 cm unterhalb des einen
Condylus beginnt und 2 cm unterhalb des anderen Condylus endigt,
Pig. 319. umschreibt an der Volarseite des Vorder-
armes einen grossen halbmondförmigen
Hautlappen, welcher von der Fascie
abgelöst und nach oben zurückgeschlagen
wird.
2. Der Arm wird stark flectirt und
so gedreht, dass die Rückseite des Ge-
lenkes nach vorne sieht.
3. Ein flacher Bogenschnitt über das
Olecranon legt die Spitze desselben frei
(Fig. 312).
4. Bin Querschnitt von einem Con-
dylus zum andern trennt die Sehne des
triceps und die beiden Seitenbänder ;
Exarticulation im Ellbogcngelenk ein zweiter die sämmtlichen "Weichtheile
mit Lappenschnitt. ^n der Volarseite des Gelenkes.
Amputation des Oberarmes.
Bei mageren Individuen ist der einzeitigo Zirkelschnitt
(Fig. 250) das einfachste und schnellste Verfahren, bei stärkerer
Muskulatur bildet man besser eine Hautmanschette.
Der Hautlappenschnitt wird entweder mit zwei Lappen (Fig.
262) oder mit einem grossen vorderen Lappen und hinterem
halbem Zirkelschnitt (Fig. 263) ausgeführt. Beim Zurückschieben
des Periostes und Sägen ist die Zerfetzung des dem Knochen
unmittelbar aufliegenden N. radialis streng zu vermeiden.
— 190 -
Fig. 320.
n.c.e.
n.c.e.s
Querschnitt des rechten Oberarmes im unteren Dritttheil.
V. c : Vena cephalica.
n. r. : nerv, radialis.
n. e. e. s. : nerv, cutan, ext. sup.
n. c. e. : nerv, cutaneus ext.
a. h. : art. brachialis.
n. m. : nerv, medianus.
V. b. : Vena basilica.
n. c. i. m. : nerv, cutan. int. major.
n. u. : nerv, ulnaris.
— 191 —
Fig. 321.
n.r.
n.c.e.'p.
Querschnitt des rechten Oberarmes im mittleren Dritltheil.
V. c. : vena cephalica.
n. r. : nerv, radialis.
a. p. : art. profunda.
n. c. e. p.i nerv, cutaneus extern, (perforans).
a. b.: art. brachialis.
n. m. : nerv, medianus.
n. c. i. m.: nerv, cutan. int. major.
V. h. : vena basilica.
11. u. : nerv, ulnaris.
— 192
ü'ig. 322.
^^J^'^-^'-
Querschnitt des rechten Oberarmes vor der Achselhöhle.
V. c. : vena cephalica.
p. m. : pectoraiis major.
t. b. : tendo bicipitis.
n. p.: nerv, perforans.
n. c. m. i. : nerv, cutan. major int.
n. m.: nerv, medianus.
V. b. : vena basilica.
a. b. : art. bracbialis.
n. u. : nerv, ulnaris.
V. br.: vena bracbialis.
n. r. : nerv, radialis.
193
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl.
13
— 194 —
Exarticulation des Armes im Schultergelenke.
1. Lappenschnitt.
1. Der Kranke liegt am B,ande des Tisches halb auf der
gesunden Seite mit etwas erhöhtem Oberkörper. Je mehr
er in die sitzende Stellung gebracht wird, desto bequemer ist es
für den Operateur, desto gefährlicher aber für die Narkose.
2. Auf der Aussenfläche der Schulter wird ein abgerundet
viereckiger Lappen umschnitten, dessen Basis sich vom processus
coracoideus bis zur Wurzel des Acromion erstreckt, und dessen
unterer breiter Rand über die untere Grenze des Delta-
muskels läuft (Fig. 323).
3. Mit grossen Messerzügen, welche immer tiefer in den Delta-
muskel eindringen, wird der Lappen bis an das Acromion abgelöst
und nach oben geschlagen, so dass die Aussenfläche des Schulter-
gelenkes frei liegt.
4. Ein kräftiger Schnitt über den nach oben gedrängten
Schulterkopf oberhalb der beiden Tubercula trennt die Gelenkkapsel
sammt den darüber liegenden Sehnen.
Fig. 324. Fig. 325.
Exarticulation im Schultergelenke.
Bildung des zweiten Lappens au der lunenseite.
Stumpf nach Exarticulation im Schultergelenke
mit Lappenschnitt.
— 195 —
5. Der Schulterkopf wird hervorgedrängt, das Messer, hinter
denselben gelegt, durchschneidet die hintere Gelenkkapsel.
6. Der Operateur zieht den Schulterkopf mit der linken Hand
gegen sich, führt das Messer in langen sägenden Zügen an der
Innenseite des Knochens herab bis 6 cm unterhalb der Achselfalte,
dann wendet er die Schneide nach innen (gegen den Thorax) und
trennt mit einem Zuge die sämmtlichen Weichtheile, in denen die
grossen Gefässe und Nerven verlaufen.
7. In solchen Fällen, wo es nicht gelingt, den Zufluss des Blutes
durch Compression der Subclavia vollständig zu beherrschen,
muss ein Assistent vor Beendigung des letzten Schnittes von oben
her in die AVunde greifen und mit dem Daumen die Art. axillaris
gegen die Haut comprimiren (Fig. 324).
8. Das Aussehen der Wunde nach Vereinigung durch die
Naht zeigt Fig. 325.
2. Zirkelschnitt.
1. Der Arm wird abducirt. Ein Zirkelschnitt in der
Höhe der unteren Grenze des Deltamuskels trennt sämmtliche
Weichtheile bis auf den Knochen.
2. Der Knochen wird in derselben Höhe abgesägt; alle
klaffenden Gefässe werden unterbunden.
3. Ein Längsschnitt vom vorderen Bande des
Acromlon bis in den Zirkelschnitt herab spaltet sämmtliche
Weichtheile bis auf den Knochen.
4. Das untere Ende des Knochenstumpfes wird mit einer
starken Knochenzange oder mit der linken Hand gefasst und
während ein Assistent mit scharfen Haken die Wundränder des
Längsschnittes auseinanderzieht, löst der Operateur den Knochen
unter beständigen Rotationen aus dem Gelenke (Fig. 326). Dies
Auslösen geschieht durch kurze, immer gegen den Knochen
geführte Schnitte, oder in geeigneten Fällen durch Abhebe lung
des Periostes mit Hebeln und Schabeisen.
5. Um die in der AVunde hervorstehenden Knochenvorsprünge
des Acromion und processus coracoideus zu beseitigen, ist es
zweckmässig, diese, so weit es nöthig ist, zu reseciren (Helferich).
6. Das Aussehen des Stumpfes zeigt Fig. 327. Auch kann
man die Hautlappen durch Abschneiden der unteren Ecken ab-
runden.
13*
— 196 —
Fig. 326.
l'ig. 327.
Exarticulation im Schultergelenke mit Zirkelschnitt und Längsspaltung.
Auslösuug des Humurusstumpfes. Vernähter Stumpf.
3. Ovalairsclmitt.
Man kann die Spitze des Ovals
entweder andieAussenseite unterhalb
des Acromion legen, und muss dann
den Deltoideus z. Th. mit entfernen
(Fig. 328} oder man beginnt mit einem
vorderen Längsschnitt nach aussen
vom Processus coracoideus unterhalb der
Clavicula, umschneidet den ßand des
M. deltoideus und geht dann quer
über die Rückseite des Armes bis
zur Achselfalte und von da aufwärts
zum Anfangspunkt zurück (K o c h e r).
"Werden die Ecken des Schnittes in
Fig. 326 stark abgerundet, so entsteht
fast der gleiche Schnitt.
Fig. 328.
Exarticulation im Schultergelenk mit
Ovalairschnitt nach Larrey.
— 197 —
Die letzteren Methoden eignen sich besonders für diejenigen
Fälle, in denen man bei Tumoren zunächst die Diagnose sichern
möchte : Man macht dann zuerst den Längsschnitt und
schliesst an ihn den Zirkeischnitt oder Ovalairschnitt an.
Zur Exarticulation des Schulterglirtels (Schulter sammt Cla-
vicula und Scapula) wegen Tumoren macht man ebenfalls am besten
einen Ovalairschnitt, mit der Spitze über der Clavicula,
welcher vorn zur vorderen Achselfalte bogenförmig herabzieht,
hinten über das Acromion verläuft und sich mit dem vorderen
Schnitt in der Achsel vereinigt.
Amputationen und Exarticulationen au der unteren
Extremität.
Exarticulation einzelner Zehen
wird in derselben Weise ausgeführt, wie die Exarticulation der
Finger (s. S. 174— 177).
Exarticulation sämmtlicher Zehen in den Phalango-Metatarsal-
gelenken.
1. Während die linke Hand alle Zehen zugleich stark auf-
wärts biegt, wird ein Bogenschnitt, der (am linken Fasse)
am medialen Rande des ersten Phalango-Metacarpalgelenkes be-
ginnt und am lateralen Rande des gleichnamigen Gelenkes der
fünften Zehe endigt, in der Furche zwischen Fusssohle und Basis
der Zehe entlang geführt, Fig. 329. (Am rechten Fusse umgekehrt.)
2. Ein gleicher Schnitt, dessen Enden mit denen des ersten
zusammentreffen, wird unter starker Plantarflection der Zehen auf
der Dorsalseite der Basis sämmtlicher Zehen entlang geführt
(Fig. 330). Beide Schnitte dringen zwischen die Zehen bis zur
Mitte der Schwimmhaut ein.
3. Beide halbmondförmige Lappen werden bis zu den Köpf-
chen der Metatarsalknochen zurückpräparirt.
4. Darauf wird jede Zehe einzeln ausgelöst, wobei man die
Sesambeine am Kopfe des ersten Metatarsalknochens zurücklässt.
5. Sollte die Haut nicht ausreichen, um die stark vorspringen-
den Köpfchen der Metatarsalknochen bequem zu bedecken, so kann
— 198 —
man dieselben einzeln mit der Phalangensäge oder der Knochen-
scheere abtragen.
6. Das Aussehen des Stumpfes zeigt Fig. 331.
Fig. 329.
Fig. 330,
Exarticulation aller Zehen (Plantarschnitt).
Fig. 331.
Exarticulation aller Zehen (Dorsalschnitt).
Stumpf nach Exarticulation aller Zehen.
— 199 —
Fig. 332.
Amputation aller Metatarsalknochen
(Amputatio metatarsea nach Jäger).
1. Von einem Fussrande zum andern wird ein Bo gen-
schnitt über die vordere Grenzfurche der Fusssohle geführt und
der halbmondförmige Hautlappen bis zu der Stelle, wo man
amputiren will, zurückpräparirt.
2. Auf dem Fussrücken wird
ein kleinerer halbmondförmiger
Lappen geschnitten, dessen Enden
mit denen des Plantarlappens an
den Fussrändern zusammentreffen.
Auch kann man statt des Dorsal-
lappens einen halben Zirkel-
schnitt machen, wenn die Haut der
Fusssohle zur Deckung ausreicht.
3. Ander Basis beider Lappen
werden mit einem schmalen Messer
die Weichtheile an und zwischen
den einzelnen Metatarsalknochen
sorgfältig getrennt.
4. Durch schmale Streifen
sterilisirter Gaze, welche mittelst
einer Pinzette zwischen die ein-
zelnen Knochen durchgezogen sind,
werden die Weichtheile stark nach
oben gezogen und hart an den-
selben sämmtliche Knochen gleich-
zeitig durchgesägt (Fig. 332 und
333).
Exartlcuiatlon der grossen Zehe
sammt ihrem Metatarsalknochen.
Der Ovalairschnitt
wird in derselben Weise ausgeführt,
Wunde nach Absägung der Metatarsalknochen. wie bei der Exarticul ation des
Daumens S. 178 beschrieben worden. Wegen der grossen
Breite der Basis des ersten Metatarsalknochens ist es rathsam,
auf das obere Ende des Schnittes rechtwinklig einen Querschnitt
Amputation des Fusses in den Metatarsal-
knochen (Absägen).
Fig. 333.
— 200 —
über das Gelenk zu führen (Fig. 334), welches sich ca. 4 cm
vor der Höhe der tuberositas ossis navicularis findet,
und die dadurch entstehen- Fig. 334.
den oberen und unteren
Lappen zurückzupräpari-
ren, bis der ganze Knochen
und das G-elenk frei liegt.
2. Die Sehnen des
extensor und flexor halucis
longus werden auf dem Ge-
lenk durchschnitten, das
Gelenk auf der Dorsalseite
geöffnet, und während man
den Knochen beständig nach den entgegengesetzten Richtungen um
seine Achse dreht, werden die Verbindungen desselben mit dem os
cuneiforme I ringsum gelöst.
Exarticulation der grossen Zehe sammt ihrem Meta-
tarsalknochen.
Fig. 335.
Exarticulation der fünften Zehe sammt ihrem Metatarsalknochen.
Der Lappenschnitt
kann hier in ähnlicher Weise ausgeführt werden, wie es früher
bei der Exarticulation des Daumens (S. 179) beschrieben wurde.
2. Die linke Hand zieht die fünfte Zehe kräftig von der
vierten ab, die rechte führt ein schmales Messer von der Schwimm-
haut aus in sägenden Zügen
zwischen die beiden Meta-
tarsalknochen aufwärts, bis
es auf Widerstand stösst
(Fig. 335).
3. Das Ende des
Hautschnittes wird sowohl
an der Dorsalseite als an
der Plantarseite um 1 cm
aufwärts verlängert.
4. Unter kräftiger Ab-
duction des fünften Meta-
carpalknochens wird dessen
Basis zuerst von der des
viertenMetatarsalknochens,
^darauf vom os cuboideum absretrennt
/<s
^fc^^
■J'-^
Exarticulation der fünften Zehe mit ihrem Metatarsal-
knochen.
— 201 —
5. Dann führt man das Messer um die nach oben vor-
springende tuberositas ossis metatarsi V herum und von hier hart
an der Aussenseite des Knochens entlang in sägenden Zügen ab-
wärts und bildet so einen zungenförmigen äusseren Lappen, dessen
Spitze genau in der Höhe des ersten Einschnittes in die Schwimm-
haut abgerundet werden muss (Fig. 335).
6. In derselben Weise lassen sich die zweite, dritte und vierte
Zehe sammt ihrem Metacarpalknocheu exstirpiren.
Exarticulation in den Tarso-Metatarsalgelenken nach Lisfranc
(Exartieulatio tarso-metatarsea).
1. Am äusseren Fussrande wird das Gelenk zwisclien os
cuboideum und fünftem Metatarsalknochen, welches unmittel-
bar vor der tuberositas dieses Knochens liegt, am inneren
Fussrande das Gelenk zwischen os cuneiforme I und erstem Meta-
tarsalknochen, welches sich 4 cm vor der tuberositas ossis
navicularis befindet, aufgesucht und durch kleine Messerstiche
bezeichnet.
Fig. 336.
Fig. 337.
/ [4''> / Exarticulation in'den Tarso-Metatarsalgelenken nach Lisfranc.
Skelett des Fusses.
— 202 —
2. Von dem einen dieser Punkte aus zum andern (von links
nach rechts) wird bei emporgehobenem Fuss auf der Fuss sohle
ein grosser halbrunder Lappen umschnitten, dessen Convexität
über die Köpfe der Metatarsalknochen hinwegzieht.
3. Der Fuss wiid gesenkt und stark gestreckt, das Messer
von einem Endpunkte des Plantarlappen zum andern in flachem
Bogen über den Fussrücken geführt, sämmtliche Weichtheile
bis auf den Knochen durchschneidend (Fig. 33ö).
Fig. 338. Fig. 339.
:d
Exarticulation des Fusses nach Lisfranc.
Dorsalschnitt.
4. Der kleine Dorsallappen wird aufwärts gezogen, die Messer-
spitze sucht tastend das am weitesten nach links gelegene Gelenk
(am rechten Fuss das fünfte Metatarsalgelenk) zu öffnen, während
die linke Hand den Vorderfuss stark abwärts drückt,
5. Sobald das Gelenk klafft, wird das Messer im schwach
nach vorne convexen Bogen weiter geführt, eröffnet das vierte und
dritte Gelenk (a), gleitet über die Basis des zweiten Metatarsus-
knochens hin und öffnet das erste Gelenk (c) (Fig. 339).
6. Das Gelenk des zweiten Metatarsalknochens, welches etwa
1 cm höher liegt, als das des ersten, wird durch einen kleinen
Querschnitt (b) eröffnet; die seitlichen Verbindungen des Knochens
mit dem os cuneiforme I und III. zwischen die sich die Basis des-
203 —
selben hineinschiebt, trennt man durch Einstechen des Messers mit
nach oben gerichteter Schneide (Fig. 340).
iig. 340.
in
Exarticulation nach Lisfranc.
Bildung' des Plantarlappeiis. Wundfläche.
Stumpf.
7. Nun klaflPen sämmtliche Gelenke stärker, das Messer trennt
die übrigen Gelenkverbindungen an den Seitenrändern und an der
Sohlenseite und durchschneidet die Muskulatur der Fusssohle zum
grösseren Theile ; dann wird seine Schneide nach vorne gerichtet,
um den Plantarlappen zu vollenden (Fig. 341).
Das Aussehen der Wunde vor der Vereinigung zeigt Fig. 342,
das des Stumpfes Fig. 343.
— 204 ~
Exarticulation im Tarsus nach Chopart
(Exartieulatio mediotarsea).
1. Die Auslösung findet statt in dem Gelenke, welches das
OS naviculare mit dein Kopfe des Talus, und das os
cuboideum mit dem Calcaneus verbindet (Fig. 344).
2. Der Gelenkspalt wird am inneren Fussrande 1 cm
oberhalb der tuberositas ossis navicularis, am äusseren
Fussrande 2 cm oberhalb der tuber ositos ossis meta-
tarsi Y gefunden und markirt.
3. lieber die Sohle des emporgehobenen Fusses wird ein
bogenförmiger Hautschnitt geführt, der von dem links ge-
legenen markirten Punkte aus am Fussrande nach vorne, einen
Daumen breit hinter den Köpfen der Metatarsusknochen quer über
die Sohle und am anderen Fussrande zurück bis zu dem rechts
gelegenen Punkte läuft (Fig. 345—347}.
4. Der Fuss wird gesenkt und stark abwärts gedrückt,
das Messer in den linken Wundwinkel eingesetzt und im schwachen
Bogen über den Fussrücken, nur durch die Haut, geführt, bis in
den rechten AVuudwinkel des Sohlenschnittes (Fig. 348).
5. Der kleine Dorsallappen wii'd stark zurückgezogen, ein
kräftiger Schnitt quer über das Gelenk trennt alle Sehnen und
dringt sofort in die Gelenkverbindung ein (am sichersten zuerst
oberhalb der deutlich fühlbaren tuberositas ossis navi-
cularis).
6. Unter der Schneide des über die (leicht - — 'förmig ge-
krümmte) Gelenkverbindung hingeführten Messers öffnen sich
krachend die Gelenke. Die Spitze trennt überall die gespannten
Bänder, zuletzt an der Plantarseite, bis sich der Yorderfuss ganz
nach der Hacke zu herunterdrücken lässt.
7. Xachdem au beiden Fussrändern der Plantarlappen ein
^venig tiefer eingeschnitten ist, wird die Messerklinge mit nach
vorne gerichteter Schneide an die untere Seite der abgelösten ossa
naviculare und cuboideum gelegt und in sägenden Zügen vorwärts
geführt, bis der Plantarlajapen vollendet ist (Fig. 349).
8. Die Ansicht des Stumpfes giebt Fig. 350.
Die vordere untere Kante des Calcaneus, welche stark vor-
sj)ringt und im Stumpfe leicht Decubitus hervorruft, kann man
— 205 —
Fig. 344.
Fig. 345.
Fig. 347.
Fig. 346.
«/■\U!\ > \]
Fig. 348.
Exarticulation im Tarsus nach Chopart.
— 206
Fig. 349.
etwas abmeisseln
(Helfer ich). Wäh-
rend der Heilung
muss der Fuss in
starkerDorsalflection
(nöthigenfalls durch
Ausführung der
Fig. 350.
Stumpf nach Exarticulation
im Tarsus nach Chopart.
Achillotenotomie)ge-
stellt bleiben. Nach
der Heilung ist eine
schief nach auf-
wärts steigende Sohle beim Gehen empfehlenswerth.
Exarticulation im Tarsus nach Chopart.
Beendigung des Plautarlappeus.
Exarticulation des Fusses unter dem Talus nach Malgaigne
(Exartieulatio sub talo).
1. Es werden zwei seitliche Lappen gebildet durch
einen:' Schnitt, der hinten dicht oberhalb der tuberositas calcanei
beginnt, die Achillessehne von derselben abtrennt, dann im weiten
Bogen den malleolus externus umkreisend, über die untere Hälfte
des Calcaneus hinläuft (Fig. 351), von hier quer über die Mitte
des OS cuboideum zum Fussrücken aufsteigt, über den vorderen
Kand des os naviculare (Fig. 352) an der Innenseite des
— 207 —
Mittelfusses senkrecht herabzielit (Fig. 353),
bis er den Mittelpunkt der Fusssohle er-
reiclit (Fig. 354). Von hier biegt er im
rechten Winkel ab nach hinten und trifft
auf den Anfang des Schnittes am Innen-
rande der Achillessehne.
2. Die beiden Lappen werden von
den "Knochen abgelöst, bis beide Seiten-
flächen des Calcaneus und das Chopart-
sche Gelenk frei liegen. Dabei hüte man
sich, den unteren Enden der Knöchel zu
nahe zu kommen, um nicht das Tibio-Tar-
salgelenk zu verletzen.
3. Durch Auslösung im Chopart-
schen Gelenke wird der Yorderfuss ent-
fernt.
Fig. 351.
Fig. 352.
Fig. 353.
Fig. 354.
Exarticulation zwischen Talus und Calcaneus (sub talo) nach Malgaigne.
— 208
4. Mit einer Knochenzange wird das vordere Ende des
Calcaneus gefasst und während man den Knochen abwärts drückt
und supinirt, durchschneidet man mit einem schmalen Messer das
ligamentum fibulare calcaneum, 1 cm unterhalb der Spitze des
Malleolus externus, dringt dann in den Sinus tarsi ein, trennt das
feste ligamentum intertarseum und während man den Knochen
immer mehr um seine Längsachse dreht, zuletzt noch etwa 3 cm
unterhalb des inneren Knöchels das ligamentum talo-calcaneum.
(S. die Abbildungen der Bänder bei der Resection des Fussgelenkes).
5. Trotz der sehr unregelmässigen Grestalt der unteren Fläche
des Talus (Fig. 35 ö) giebt doch diese Operation einen zum Gehen
sehr brauchbaren Stumpf (Fig. 356).
6. Zur besseren Form des Stumpfes kann ^^s- 356.
man, besonders bei Mangel an Hautbedeckung,
das Caput tali absägen. — Hancock setzte
an die abgesägte Unterfläche des Talus das
abgesägte Tuber calcanei osteoplastisch an.
Fig. 355.
Exarticulation des Fusses unter dem Talus.
Stumpf nach Exarticulation
des Fusses unter dem Talus.
Exarticulation des Fusses nach Syme
(Amputatio malleolaris).
1. Der rechtwinklig flectirte Fuss wird hoch emporgehalten,
und ein kräftiger überall bis auf den Knochen dringender Schnitt von
der Spitze des einen (linken) Knöchels bis zu der des anderen
(rechten) quer über die Fusssohle geführt (Fig. 357 — 359).
— 209 —
2. Der Fuss wird gesenkt, mit der
linken Hand stark abwärts gedrückt und
ein zweiter Schnitt von einer Knöchelspitze
zur anderen quer über die vordere Seite
des Tibio-Tarsalgelenkes geführt (Fig. 360).
3. Ein Querschnitt über die Gelenk-
fläche des Talus eröffnet vorne das Gelenk,
zwei Schnitte unterhalb der beiden Knöchel
trennen die Seitenbänder und die obere
Gelenkfläche des Talus tritt frei hervor.
Fig. 357.
Fig. 358.
Fig. 359.
Fig. 360.
Exarticulation des Fusses nach Syme.
Esmareh-Ko walzig, Technik, 4. Anfl.
14
210
Fig. 361.
/
4. Während die linke Hand den Fuss immer mehr gegen die
Rückseite des Unterschenkels drängt und ihn abwechselnd nach
der einen oder anderen Seite um seine Achse dreht, wird der
Calcaneus durch
dicht auf einander fol-
gende und abwechselnd .
bald von oben, bald * ^
von den Seiten, und
zuletzt von hinten und
unten, aber stets gogGfl
den Knochen geführte
Schnitte aus der Fersen-
kappe herausgelöst und
von der Achillessehne
getrennt (Fig. 361).
Bei entzündlichen
Erkrankungen ist es
zweckmässig, den Cal-
caneus nicht mit dem
Messer, sondern mit
Hebel und Schabeisen
Exarticulation des Fusses nach Syme (Auslösung des
Calcaneus).
aus dem Periost herauszuschälen.
5. Der Fersenlappen und die Haut wird ringsum über die
Knöchel herauf gezogen, ein Zirkelschnitt dicht oberhalb der
Gelenkfläche der Tibia trennt die übrigen Weichtheile (Sehnen und
Knochenhaut).
6. Die Säge durchschneidet die Knochen so, dass nur die
beiden Knöchel und eine feine Knorpelschicht von der
Gelenkfläche der Tibia entfernt werden (Fig. 362, 363).
Auch kann man, wie Syme es mehrmals gethan, nur die
Malleolen mit einer Knochenscheere abkneifen.
7. Nach Unterbindung aller durchschnittenen Gefässe wird
hinten an der Aussenseite der Achillessehne die Haut mit einem
schmalen Messer durchstochen, durch das Loch ein Drainrohr
gezogen und dann die Wunde (Fig. 362) durch die Naht ver-
einigt (Fig. 364, 365).
— 211 —
14=1
— 212 —
Exarticulation des Fusses nach Pirogoff.
Amputatio tibio-caleanea osteoplastica.
1 . Die Weichtlieile werden in derselben Weise durchschnitten
wie bei der Sy nie 'sehen Methode (S. 209).
2. Nach Auslösung des Glelenkes wird der Fuss stark nach
hinten gebogen, bis der hintere Rand des Talus zum Vorschein
koniiut.
3. Dicht dahinter wird die Säge auf die obere Fläche des
Calcaneus aufgesetzt und derselbe genau in der Ebene des Sohlen-
schnittes senkrecht- durchsägt (Fig. 366, 367J.
Fig 366.
Fig. 367.
Exarticulatio pedis nach Pirogoff
^Absägen des Calcaneus).
Absägung der Knochen bei der Pirogoff'schen
Operation.
4. Die beiden Malleolen und eine dünne Scheibe von der
Gelenkfläche der Tibia werden wie bei der Methode von S y ni e
abgesägt.
5. Die Achill es s ebne wird dicht oberhalb ihres Ansatzes
quer durchschnitten und die Haut an derselben Stelle
gefenstert behufs Durchführung eines Drainrohres.
— 213 —
6. Das Aussehen der Wundfläche und des Stumpfes zeigen
Fig. 368, 369.
Fig. 368. Fig. 369.
Wundfläche bei Pirogoff's Operation.
Stumpf nach Pirogoff's Operation.
Abänderung des Pirogoflf'sehen Verfahrens nach Günther.
1. Der Sohlen schnitt beginnt und endigt dicht VOP den
Malleolen und zieht quer über die Sohle in der Gegend des
hinteren B-andes des os naviculare (Fig. 370 — 372).
2. Der Dorsalschnitt bildet einen kleinen halbmond-
förmigen Lappen, der bis an das os naviculare reicht (Fig. 3 73).
3. Nachdem das Gelenk eröffnet ist, präparirt man die Weich-
theile auf beiden Seiten des Calcaneus schräg nach oben hinten
bis zum Ansatz der Achillessehne ab, wobei man eine Verletzung
der Art. tibialis postica sorgfältig vermeidet.
4. Dicht vor dem Ansatz der Achillessehne wird eine Stich-
säge auf den Calcaneus aufgesetzt und derselbe schräg von hinten
oben nach vorne unten durchsägt.
5. Ebenso werden Tibia und Fibula schräg von hinten oben
nach vorne unten durchsägt (Fig. 374).
— 214 —
6. Die Sägeflächen der Knochen lassen sich bei diesem
Verfahren ohne Durchschneidung der Achillessehne leicht aneinander
bringen.
Fig. 370. Fig. 371.
Abänderung der Pirogoff'schen Operaiion nach Günther
(Fig. 370-373).
Pig 374.
II 1
11 ,1
Durchsägung der Knochen nach Günther.
— 215 —
Abänderung des Pirogoff'sohen Verfahrens nach. Le Fort
und von Esmarch.
1. Der Sohlenschnitt beginnt 2 cm unter der Spitze
des Malleolus externus (am rechten Fussj, läuft schwach convex
über die Sohlenfläche der ossa cuboideum und naviculare und
endigt an der Innenseite 3 cm vor und unterhalb des Malleolus
internus (Fig. 375 — 377).
2. Der D 0 r s als chnit t bildet, von denselben Punkten aus,
einen schwach convexen Lappen, dessen vorderer Rand über die
Chopart'sche GelenkKnie hinläuft (Fig. 378).
3. Der Dorsallappen wird bis zum Tibio-Tarsalgelenk hinauf
präparirt und das Gelenk eröffnet, wie bei dem Pir og off 'sehen
Verfahren.
4. Der Fuss wird nach hinten umgelegt und die obere Fläche
des Calcaneus soweit frei präparirt, dass man eine Stichsäge hinter
den oberen Rand der tuberositas calcanei ansetzen und durch einen
Horizontalschnitt von hinten nach vorne das obere Drittel des
Knochens abtragen kann (Fig. 379).
5. Sobald die Säge bis in das C h o p a r t "sehe Gelenk gedrungen
ist, werden die Knochen dieses Gelenkes, wie bei der Chopart-
schen Methode, von einander getrennt.
6. Die beiden Knöchel und die untere Gelenkfiäche der Tibia
werden, wie bei Pirogoff, abgesägt.
7. Auch kann man, nach von Bruns, mit der Stichsäge
bogenförmig den Calcaneus concav und die Unterschenkelknochen
convex absägen (Fig. 380). Der Stumpf erhält nach dieser
Methode eine sehr breite Gehfläche (Fig. 381).
8. Bei allen diesen Operationen ist es zweckmässig, nach
Vereinigung der Weichtheile die Knochen an einander zu befestigen
durch einen langen Stahlnagel (Fig. 238), den man von der Sohle
aus durch den Calcaneus bis tief in die Tibia hineintreibt. Bei
aseptischem Wundverlauf verwachsen die Sägeflächen rasch mit
einander, ohne dass der Nagel Eiterung hervorruft.
— 216 —
Fig. 375,
Fig. 376.
Fig. 377.
Le Fort's Aenderung der Pirogoff'schen Operation
(Fig. 368—371).
Fig. 379.
Fig. 378.
Durchsägung der Knochen bei Le Fort's Operation.
— 217 —
Fig. 380.
Fig. 381.
Absägen der Knochen nach von Bruns.
Zur
Stumpf nach Le Fort.
Amputation des Unterschenkels
eignet sich am besten der zweizeitige Zirkelschnitt und
der Hautlappenschnitt.
Im unteren Drittel (oberhalb der Knöchel) sind zwei gleich
grosse seitliche Hautlappen besonders zweckmässig (Fig. 261). Ein
vorderer Hautlappen kann leicht durch die scharfe Kante der
abgesägten Tibia gedrückt werden, ein hinterer Hautlappen zieht
aber durch seine Schwere die Wundränder auseinander.
In der Mitte bildet man ebenfalls zwei Hautlappen, oder nach
V. Langenbeck einen grossen seitlichen Lappen (an der
Innenseite) mit halbem Zirkelschnitt an der entgegengesetzten Seite,
wodurch auch die Narbe seitlich zu liegen kommt (Fig. 383).
Diese Methode eignet sich auch für das obere Drittel, wo die Ampu-
tation am zweckmässigsten unterhalb der Tuberositas
tibiae (Ort der Wahl) erfolgt.
Bardeleben macht an dieser Stelle einen grossen vorderen
Hautlappen, in welchen er zugleich das läppen form ig um-
schnittene Periost der vorderen glatten Fläche der Tibia
— 218
mit hineinnimmt. Die Sägefläche der Tibia wird mit diesem
Periostlappen bedeckt, wobei durch Knochenneubildung die scharfe
Kante der Tibia etwas abgerundet wird; dasselbe erreicht man
durch schräges Absägen der scharfen Tibiakante.
Fig. 382.
Fig. 383.
Amputation des Unterschenkels mit seitlichem Hautlappen nach von Langenbeck.
Hu et er verfuhr folgendermassen: Längsschnitt auf der
Crista tibiae der Länge der zu bildenden Manschette entsprechend;
der Schnitt dringt durch das Periost auf den Knochen. An seinem
unteren Ende macht man über die freie Fläche der Tibia bis zu
ihrem inneren Rande einen kurzen Querschnitt und hebelt von
diesem Winkelschnitt aus die Haut sammt dem Periost von
der Tibia ab : der so gebildete breite Perioststreifen wird später
auf die Sägefläche der Tibia gelegt. Dann ergänzt man den Quer-
schnitt zu einem Zirkelschnitt durch die Haut bis auf die
Fasele und verfährt nun wie beim ilanschettenschnitt.
Die Amputation am Orte der Wahl giebt die tragfähigsten
Stümpfe, mit denen die Kranken auf der einfachsten Stelze knieend
(eingegipster Besenstiel) gut gehen können (Fig. 334). Hat der
Kranke also nicht die Mittel, sich ein theures und doch oft der
Ausbesserung bedürftiges künstliches Bein zu beschaff'en. so empfiehlt
219 —
es sich, aus Zweckmässigkeitsgründen die Amputation am Orte
der Wahl zu machen, selbst wenn ein Theil des Unterschenkels
noch gesund ist.
Um aber auch längere Unterschenkelstümpfe unmittelbar
tragfahig zu machen, empfiehlt sich die
osteoplastische Amputation nach Bier,
wobei der unterste Abschnitt des in gewöhnlicher "Weise ampu-
tirten und vernähten Unterschenkels rechtwinklig nach vorn
umgeknickt wird, so dass eine Art künstlicher Fuss entsteht
und der Kranke mit der Wade und der Hinterfläche der beiden
Unterschenkelknochen auftritt. Zu dem Zwecke verfährt man
folgendermassen :
Etwas oberhalb der Amputationsstelle schneidet man zunächst
in den Weichtheilen einen Keilausschnitt mit abgestumpfter Spitze
vor, die untere Seite des Keils liegt nur anderthalb Fingerbreit ober-
halb der Knochenamputationsfläche. Alle Schnitte werden mit sehr
Fig. 384.
Osteoplastische Amputation des Unterschenkels nach Bier.
scharfem Messer kräftig durch das Periost auf den Knochen geführt
und an der Aussenseite auch zugleich die im Spatium interosseum
liegenden Weichtheile durchtrennt. Nun werden mit der Säge
beide Knochen von unten her schräg durchsägt, darauf die Säge
in die obere Schnittebene eingesetzt und der ganze aus einem
— 220 —
Stück der Tibia und Fibula und aus Haut und Muskeln bestehende
Keil herausgehoben. Das lose Stück wird nun nach vorn um-
gestellt und durch die Naht mit dem oberen vereinigt. Bei
kurzen Stümpfen beginnt der Keilausschnitt hart am Stumpfende.
Die Kranken sind schon nach 2 — 3 Wochen im Stande, auf einer
einfachen Stelze ohne Schmerzen umherzugehen.
In allen complicirten Fällen führt man diese Stumpfplastik
erst nach Heilung der Amputationswunde aus.
Fig 385.
n.ss. m.
Querschnitt des rechten Unterschenkels im unteren Drititheil
71. p. s
a. p
p. l
V. S- e
n. SS. m
t. a
t. p
n. t. pt
a. t. p
V. s. i
n. sph. m
n. t. a
nerv, peron. superf
art- ijeronaea.
peron. long,
vena saphena ext.
nerv, suralis major,
tendo achillis.
tendo plantaris,
nerv. tib. post.
art. tib. post.
vena saph. int.
nerv. saph. major,
ait. tib. antica.
221 —
Querschnitt des rechten Unterschenkels im mittleren Dritttheil.
a. t. a
m. e. h. l
m. f. h
a. p
n. c. p
n. SS. ni.
V. s. e
t. p
n. sph. m
V. s. i
a. t. p
m. f. d. c. l
: art. tibial. antica.
: musc. ext. hal. long.
: musc. flex. hal.
: art. peronaea.
: nerv, cutan. post. ext.
: nerv, suralis majoi".
: Vena saph. ext.
: tendo plantaris.
: nerv. saph. major.
: vena saph. int.
: art. tib. post.
: musc. flex. dig. comm. long.
— 222 —
Fig. 387.
n.p.s-^
a.e.n.l.p
v.s.e.
Querschnitt des rechten Unterschenkels im oberen Dritttheil.
n. p. ])■'■ iierv. peroneus prof. seu tib. ant.
a. t. a. : art. tibialis antica.
l. i. : lig. intermusc. fibulare.
n. p. s. : nerv, peron. superf.
n. c. c. : nerv, cutan. crur. post.
n. SS. m. : nerv, suralis major.
V. s. e. : vena saphena ext.
t. p.: tendo plantaris.
a. e. n. t. p. : art. et. nerv. tib. post.
m. p. : musc. popliteus.
n. : nerv. saph. major.
V. s. i. : vena saphena int.
— 223 —
. S. l.
sm.
9-
st.
,a. c.
V. s. e.
Querschnitt des linken Oberschenkels in der Condylenlinie.
V. s. e. : vena saph. ext.
n. t. : nerv, tibialis.
n. p.: nerv, peroneus.
li. p. : bursa patellaris.
vena saph. int.
semimembranosus
graoilis.
semiteudinosus.
art. cruralis.
Exarticulation des Unterschenkels im Kniegelenk.
1. Zirkelschnitt.
1. Ein Zirkelschnitt trennt, bei gestrecktem Knie, die Haut
des Untei schenkeis 8 cm unterhalb der Patella. Die Haut wird
bis ;zum unteren Rande der Patella ringsum abpräparirt und als
Manschette hinaufgeschlagen; um letzteres zu erleichtern, kann
man die Stulpe auf einer oder auf beiden Seiten durch einen
kleinen Längsschnitt spalten.
— 224
Fig. 389.
Exarticulation im Kniegelenk(Zirkelschniit).
l'ig. 390.
N^W^
2. Indem man das Knie flectirt,
durchschneidet man erst das liga-
mentura patellae dicht unter der
Kniescheibe, dann das vordere
Kapselband und die beiden Seiten-
bänder hart am Rande des Femur,
damit die Meniscen und der grössere
Theil der Gelenkkapsel mit der
Tibia in Verbindung bleiben.
3. Nachdem man das Knie
noch mehr gebeugt hat, trennt
man die ligamenta cruciata von
den Innenflächen beider Ober-
schenkelcondylen ab, streckt das
Knie wieder und durchschneidet
mit einem Jlesserzuge von vorne
nach hinten die noch übrigen Weich-
theile an der Rückseite des Ge-
lenkes (Fig. 381).
4. Die Wunde kann in der
Quere (Fig. 390), aber auch in
der Richtung von vorne nach
hinten vereinigt werden, so dass
die Narbe zwischen beide Condylen
zu liegen kommt (Fig. 391).
Fig. 391.
Stumpf nach Exarticulation im Kniegelenk mit Zirkelsciinitt.
— 225 —
5. Will man (nach Billroth) die Patella und die obere
Ausstülpung der Gelenkkapsel wegnehmen, so macht man nach
beendigtem Zirkelschnitte über die jUitte der Patella einen Längs-
schnitt, der 4 cm oberhalb derselben beginnt, schneidet die Patella
von der Extensorensehne ab, klappt letztere nach oben hin auf
und präparirt den unter ihr liegenden Theil der Grelenkkapsel
heraus.
2. Lappenschnitt.
1. An der Rückseite des hoch emporgehobenen Beines wird
durch einen Bogenschnitt, der 1 cm unter der ]\Iitte des Seiten-
randes des einen Condylus femoris beginnt und 1 cm unter der
Mitte des andern Condylus endigt, ein 8 cm langer halbmond-
förmiger Lappen aus der oberen Wadenhaut gebildet und bis zu
seiner Basis von der Fascie abgelöst.
Fig. 392.
Fig. 393.
Exarticulation im Kniegelenk mit zwei
Lappen.
Esmaroh-Ko walzig, Technik, 4. Aufl.
Stumpf nacii Exarticulation im Kniegelenk
mit Lappenschnitt.
15
— 226 —
2. Darauf wird das Bein gesenkt, im Knie gebeugt und von
denselben Punkten aus auf der vorderen Seite ein grösserer,
10 — 12 cm langer Hautlappen umscbnitten, bis zum unteren Rande
der Patella abgelöst und nach oben geschlagen (Fig. 392).
3. Die Trennung der Gelenkenden wird in derselben Weise
ausgeführt, wie beim Zirkelschnitt.
Das Aussehen des Stumpfes zeigt Fig. 393.
4. Fehlt es an Haut, um die Lappen hinlänglich gross zu
machen, oder ist die untere Fläche der Condylen erkrankt oder
verletzt, so kann man unter Bildung kleinerer Lappen, von denen
der vordere etwa nur bis zur Tuberositas tibiae herabreicht, ein
Stück von den Condylen des Oberschenkels in ihrer grössten Breite
absägen (Amputatio intracondylica nach Syme Fig. 394). Die
Fig. 394.
Fig. 395.
Fig. 396.
Amputatio intracondylica.
Amputatio supracondylica
osteoplastica nach Grittl.
Amputatio intracondylica
osteoplastica nach Sabanejeff.
scharfen Kanten der Sägefläche müssen darnach mit der Säge oder
der Knochenscheere abgerundet werden. Auch kann man mit
einer schmalen Säge den Knochen sogleich in einem der Condylen-
oberfläche gleichlaufenden Bogen rund absägen (Butcher). Bei
Kindern ist es einfacher, die Condylen in der EpiphysenJillie zu
durchtrennen (Buchanan), was meist auf stumpfem Wege mittelst
eines Hebels gelingt.
— 227 —
Wenn die Patella gesund ist, so kann man sie mit der Säge-
fläche der Condylen zur Verwachsung bringen und dadurch den
Stumpf länger und tragfähiger machen (AmputatiO SUpraCOndylica
OSteoplasiica nach Gritti Fig. 395). Zu dem Ende muss die
Knorpelfläche der Patella durch Absägen einer dünnen Scheibe
angefrischt und nach Vereinigung der Hautwunde auf die Sägefläche
der Condylen festgenagelt werden. Um die Sägeflächen der Knie-
scheibe und des Oberschenkels gleich gross zu erhalten, ist es
nothwendig, die Condylen ganz abzusägen, ohne aber die Mark-
höhle zu eröfihen. Sabanejeff schneidet aus der vorderen Fläche
der Tibia ein Stück heraus, welches er im Zusammenhang mit der
Patella lässt und auf die abgesägte Condylenfläche des Pemur
aufnagelt (Amputatio intracondylica osteoplastica Fig. 396).
Amputation des Oberschenkels.
Im unteren und mittleren Drittel ist der Zirkelschnitt
das einfachste Verfahren. Einzeitig macht man ihn besonders
im unteren Abschnitt bei schwacher Muskulatur und leicht ver-
schieblicher Haut; ebenso gut ist aber auch der zweizeitige
Zirkelschnitt mit oder ohne TJmstülpung der Haut. In der
Mitte des Oberschenkels, wo die Wundfläche schon grösser ist,
sind die Hautlappenschnitte mit grösserem vorderen und
kleinerem hinteren Lappen empfehlenswerth.
Im oberen Drittel bildet man am besten einen grossen
vorderen abgerundet viereckigen Hautlappen, dessen Basis
breiter als der halbe Umfang des Grliedes, und dessen Höhe gleich dem
Durchmesser des Gliedes (dem dritten Theile des Umfanges) sein
soll. Dieser wird nach oben zurückpräparirt und nun die Haut
an der hinteren Seite entweder mit einem Zirkelschnitt, oder noch
besser leicht bogenförmig durchtrennt und stark zurückgezogen;
darauf durchschneidet man die Weichtheile bis auf den KJnochen
mit einem möghchst glatten Zirkelschnitt. Nach Durchsägung
des Knochens legt sich der grosse Lappen wie ein Vorhang über
die grosse Wundfläche und kann ohne Spannung mit dem
hinteren Hautschnitt vereinigt werden. Der Abfluss der Sekrete
erfolgt der Schwere entsprechend; die Narbe kommt seitlich zu
liegen,
15*
— 228 —
Fig. 397.
a.c.
n.s.m.
JD.S.Z.
Querschnitt des rechten Oberschenkels im unteren Driittheii.
n. p. : nerv, peroneus.
n. t. : nerv, tibialis.
V. s. i. : vena saph. int.
n. s. m.: nerv. saph. major.
a. c: art. cruralis.
— 229
Fig. 398.
l'.S.t.
n.s.m
a.c
Querschnitt des rechten Oberschenkels im mittleren Dritttheil.
/(. .s. in.: nerv, sapli. major.
a. c. : art. cruralis.
n. i. : nerv, iscliiadicus.
a. p.: art. profunda.
V. s. i. : vena saph. int.
230
Fig. 399,
a.c.
T. a. (J.
Querschnitt des rechten Oberschenkels im oberen Dritttheil.
a. c. : art. cruralis.
n. s. : nerv. saph. major.
a. p.: art. profunda fem.
r. a. g.: rami art. glutaeae inf.
n. i. : nerv, iscliiadicus.
s. : semimembranosus.
V. : vena saph. int.
231
Für das Anlegen und das "Wechseln des Verbandes nach
Amputation des Oberschenkels ist das Verfahren von Volk mann
zu empfehlen.
Der Kranke wird emporgehoben und unter die Hinterbacke
der gesunden Seite ein Holzklotz oder ein hartes, würfelförmiges,
mit Kautschuk überzogenes Kissen (Beckenstütze) geschoben, so
dass der Amputationsstumpf während des Verbandes frei schwebt
und nicht gehalten zu werden braucht. Auch ist dabei die Rücken-
gegend oberhalb des Kreuzbeines so frei, dass mit Leichtigkeit
die Gänge der Spica coxae, welche den Verband befestigen, um
den Körper herum geführt werden können (Fig. 400).
Fig. 400.
Lagerung des Amputirten beim Verbandwechsel.
Exarticulation des Oberschenkels.
1. Mit vorderem grossen und hinterem kleinen Lappen
(Transfixion, Stichmethode nach Manec).
1. Der Patient wird so gelagert, dass das Becken auf der
kranken Seite den unteren Tischrand halb überragt. Der Ober-
Exarticulation des Oberschenkels mit vorderem und hinterem Lappen.
Fig. 402.
Bildung des vorderen Lappens durch Stich.
körper muss gut fixirt,
das Scrotum nach oben
gegen die gesunde Seite
gezogen werden (Fig.
401).
2. Nachdem in der
auf Seite 56 geschilder-
ten Weise das Bein
blutleer gemacht ist, wird
ein grosser vorderer
Lappen von innen nach
aussen in folgender Weise
geschnitten. Der Opera-
teur sticht ein langes
spitzes Amputations-
messer (s. Fig. 249 d) in
der Mitte zwischen Spina
anterior superior ossis
ilei und Trochanterspitze
— 233 —
ein, lässt die Spitze zunächst parallel mit dem ligamentum
Poupartii vorsichtig über den Schenkelkopf gleiten (wobei die
Kapsel eröfPnet wird), wendet sie dann nach unten innen und lässt
sie an der Innenseite des Oberschenkels nahe am Perinaeum wieder
austreten (Fig. 402). Indem er das Messer in raschen sägenden
Zügen abwärts führt, schneidet er einen 18 — 20 cm langen, gut
abgerundeten Lappen, der sofort nach oben geklappt und dort
festgehalten wird.
Fig. 403.
Exarticulation des Oberschenkels: Bildung des hinteren Lappens.
3. Das ilesser wird unter dem Oberschenkel hin an dessen
Innenseite geführt und schneidet von aussen nach innen einen
kleineren hinteren Lappen, dessen Convexität sich bis unter-
halb der Glutaealfalte hin erstreckt, dessen Basis innen und aussen
mit der Basis des vorderen Lappens zusammentrifft (Fig. 403).
— 234 —
•4. Ein kräftiger Sclinitt, welcher mit einem kleineren Lappen-
messer senkrecht auf den vorliegenden Schenkelkopf geführt wird
(als oh man den Kopf durchschneiden und den oberen Tlieil im
Acetabulum lassen wollte), eröffnet die Gelenkkapsel, während das
Bein stark hyperextendirt und nach aussen rotirt wird. Mit
schnalzendem Geräusch dringt die Luft ins Gelenk ein, der Gelenk-
kopf tritt halb aus der Pfanne hervor, ein Schnitt auf das ligamentum
teres lässt ihn ganz heraustreten.
5. Der Operateur fasst den Schenkelkopf mit der Linken,
zieht ihn gegen sich, und durchschneidet die hintere Kapselwand,
die an den grossen Trochanter sich ansetzenden Muskeln und
sämmtliche Weichtheile, welche bis dahin noch ungetrennt geblieben
waren.
Fig. 404.
stumpf nach Exarticulation im Hüftgelenk mit Lappensclinitt.
6. Nach Unterbindung sämmtlicher sichtbarer Gefässe wird
ein starkes Drainrohr bis in die Gelenkpfanne gelegt und in der
Mitte der Wunde herausgeleitet, der vordere Lappen herunter-
geklappt, und, wie Fig. 404 zeigt, mit dem hinteren Schnittrand
vereinigt.
Um die gerade bei dieser Operation sehr beträchtliche
Blutung zu umgehen, durchschneidet Böse nach Bildung zweier
Hautlappen allmählig und schichtweise die Weichtheile, fasst jedes
— 235 —
Gefäss sofort mit Schiebern und unterbindet es; er exstirpirt also
gewissermassen den Schenkel wie eine Geschwulst. Da sehr viele
Ligaturen angelegt werden müssen, so dauert diese Operation meist
einige Stunden.
Trendelenburg erzielte eine Verminderung der Blutung bei
der Operation, indem er eine lange gerade Stahlnadel schräg
durch die vordere Seite des Oberschenkels unter der Arteria femoralis
hinweg durchstiess und die Weichtheile darüber durch einen um die
Nadelenden gelegten Gummischlauch zusammenschnürte (Acupressur).
In manchen Fällen (bei dünnen schlaffen Bauchdecken) ist
zur Verhütung der Blutung die Compression der Aorta s. Fig. 117
und die Compression der Iliaca externa s. Fig. 120 anwendbar.
In allen schwierigen Fällen ist indess die vorherige Unter-
bindung der Arteria und Vena iKaca communis anzurathen. Den
Gummischlauch für die Blutleere am Oberschenkel (Fig. 100)
kann man aber sicher nur anwenden bei der
2. Exarticulation mit dem Zirkelsclmitt (Vetch).
1. Unter künstlicher Blutleere werden durch einen raschen
kräftigen Zirkelschnitt 12 cm unterhalb der Spitze des grossen
Trochanters sämmtliche "Weichtheile bis auf den Knochen durch-
schnitten; darauf wird letzterer in derselben Ebene (oder besser
noch etwas tiefer unten) sofort abgesägt.
2. Sämmtliche Gefässe, welche als solche zu erkennen sind,
Arterien und Venen, werden mit Schieberpinzetten gefasst und
darauf mit Catgut unterbunden (siehe den Querschnitt Fig. 399).
3. Nur in den Fällen, wo man aus irgend einem Grunde die
künstliche Blutleere nicht mit Sicherheit anwenden kann, ist es
rathsam (nach Larrey), vor dem Zirkelschnitt durch einen
Längsschnitt die Arterie und Vena cruralis im trigonum ileo-
femorale freizulegen, sie mit Schieberpinzetten doppelt zu fixiren
und nach Durchschneidung derselben zwischen beiden Pinzetten
die unteren Enden zu unterbinden, die oberen aber bis zur Beendigung
der Amputation nach oben halten zu lassen (Fig. 405).
4. "Wenn nach Entfernung des Schnürschlauchs jegliche Blutung
gestillt ist, wird ein Lappenmesser 5 cm oberhalb der Spitze des
grossen Trochanters bis auf den Schenkelkopf eingestochen und
von hier aus ein Längsschnitt über die Mitte des Trochanters
abwärts bis in die Zirkelschnittfiäche geführt, überall die Weich-
theile bis auf den Knochen spaltend (Dieff enb ach).
Fig. 405.
Exarticulation im Hüftgelenk (Zirkelschnitt).
Fig. 406.
Exarticulation im Hüftgelenk.
— 237 —
Fig. 407.
5. Der Operateur erfasst das untere Ende des Knochenstumpfes
mit einer starken Knochenzange, und indem die Wundränder des
Längsschnittes von Gehülfen auseinander gezogen werden, schieht er
mit dem ßaspatorium das Periost ringsum vom Knochen ab, bis er
zu den festeren Muskelansätzen gelangt, welche durch kurze Schnitte
mit einem starken ilesser vom Knochen abgetrennt werden müssen.
6. Ist auf diese "Weise der
Knochen bis an die Gelenkkapsel
frei präparirt, so wird dieselbe,
wie oben beschrieben, eröffnet und
der Gelenkkopf ausgelöst (Fig.
406). Die Blutung pfleg-t bei
diesem Theile der Operation nur
gering zu sein.
Das Aussehen des Stumpfes
zeigt Fig. 407.
7. Wenn die ITuskulatur sehr
stark ist, so kann man statt des
einzeitigen den zweizeitigen Zirkel-
schnitt anwenden, oder auch
einen grossen vorderen Hautlappen
bilden, und hinten unterhalb der
Glutaealfalte die "Weichtheile durch
einen Zirkelschnitt trennen.
8. Wenn an der vorderen
Seite nicht genügende AVeichtheile
vorhanden sind, kann man auch
einen grossen Lappen aus der B.ückseite (von Langen-
b e c k) bilden und vorne unterhalb des ligamentum Poupartii einen
Querschnitt machen. Dann muss aber ein starkes Drainrohr bis
an die Stümpfe der sich in die Beckenhöhle zurückziehenden Musculi
psoas und iliacus eingeschoben werden, damit sich dort kein Secret
ansammelt.
f
Stumpf nach Exarticulation im Hüftgelenk mit
Zirkelsclinitt und verticalem Längsschnitt.
Die Eesection der G-elenke.
Die Eesection der Gelenke macht man, um abgelöste
oder erkrankte Theile der Gelenkkörper, unter möglichst geringer
Verwundung der gesunden Weichtheile zu entfernen und dadurch
rdcht bloss das Leben, sondern auch den Gliedabschnitt in seiner
Brauchbarkeit zu erhalten. Zu schonen sind ausser den Gefässen,
— 238 —
Muskeln, Sehnen und Bändern, besonders die Nerven, um
einer Atrophie der betreflfenden Muskeln vorzubeugen, ferner die
Kapsel und das Periost, um von diesem aus eine möglichst aus-
giebige Erneuerung der entfernten Knochentheile zu erzielen.
Man macht Resectionen
1. bei schweren, eitrigen oder jauchigen Entzündungen
oder chronischen Erkrankungen der Knochen oder der Kapsel
wenn die antiseptische Drainage nicht zum Ziele führt,
2. bei veralteten nicht mehr zurückzubringenden Luxationen,
3 . bei winkligen Ankylosen, welche das Grlied unbrauchbar
machen,
4. bei paralytischen Schlotter gelenken, um Ankylose
zu erzielen (Arthrodese).
Eine besondere Stellung nimmt die tuberculöse Erkrankung
der Gelenke (F u n g u s) ein. Zunächst sollte man hierbei stets ver-
suchen, durch Ruhe, Eis und Distraction oder durch Injection
von Jodoformemulsion oder durch Stauungshyperämie (Bier) eine
Heilung oder wenigstens Besserung zu erzielen, und erst wenn diese
Mittel keinen Erfolg haben, das Gelenk eröffnen; während man
in früheren Zeiten auch hierbei typische Resectionetl machte, d. h.
von beiden Gelenkkörpern soviel glatt absägte, dass die Säge-
linie vollkommen im Gesunden lag (wobei oft ziemlich viel vom
gesunden Knochen geopfert wurde), begnügt man sich jetzt, wo
es irgend angeht, in atypischer Weise nur alles Erkrankte zu ent-
fernen, ohne dass einer der das Gelenk bildenden Knochen eine
Verminderung seiner Länge in seiner ganzen Dicke erfährt
(Arthrectomie, Willemer, v. Volk mann). Je nachdem die
Erkrankung die Gelenkkapsel oder den Knochen befallen hat,
unterscheidet man: die Arthrectomia synovialis, d. h. die voll-
ständige Exstirpation der Gelenkkapsel mit Zurücklassung der
knöchernen Epiphysen und Gelenkknorpel, und die Arthrectomia
OSSalis, d. h. die Entfernung aller kranken Knochentheile mit
dem scharfen Löffel oder der Säge; meist muss hierbei aber auch
die Kapsel ausgeräumt oder exstirpirt werden (Arthrectomia Syno-
vialis et OSSalis). Geht man recht gründKch vor und exstirpirt
alles Krankhafte, besonders in der Kapsel, so sorgfältig, als wenn
es sich um eine bösartige Geschwulst handelte (König), so sind
die Erfolge der Arthrectomie gut, und die Gelenke bleiben normal
geformt, unverkürzt, z, Th. sogar beweglich. Ausserdem tritt kein
Stillstand im Wachsthum ein, wenn die Epiphysen erhalten bleiben.
— 239 —
Ist eine Gelenkerkrankung durch conservative Mittel zur
Heilung gekommen, so ist es oft nöthig, die schlechte Stellung
durch nachträgliche Hesection zu verbessern.
Allgemeine Regeln für die Resectionen.
1. Die Schnitte in Haut und Muskeln müssen vorzugsweise in
der Längsachse des Grliedes geführt und jede Verletzung von
grösseren Gefässen, Nerven und Sehnen sorgfältig vermieden werden.
2. Die Erhaltung des Periostes in Verbindung mit allen in
der Gegend des Gelenkes sich ansetzenden Sehnen und Muskeln
(subperiostale Resection^ vonLangenbeck, Ollier) ist sowohl
für den Verlauf der Wundheilung, als auch für die spätere
Function des Gliedes von grosser Wichtigkeit und sollte daher
immer versucht werden. Die Operation wird dadurch in frischen
Fällen erschwert, in älteren Fällen erleichtert. Aus ersterem
Grunde sollen hier bei den Resectionen der einzelnen Gelenke
auch die älteren (nicht subperiostalen} Methoden beschrieben werden.
Pig. 408. Fig. 409. Fig. 410. Fig. 411. Fig. 412.
Resections- Schmales Elevatorium Breites Elevatorium Geisfuss.
messer. nach von Langenbeck.
Elevatorium nach Sayre.
3. Um das Periost zu erhalten, muss dasselbe in der
Richtung des Hautschnittes gespalten und in Verbindung mit den
— 240 —
übrigen Weichtheilen mittelst nicht schneidender Instrumente, dem
Schabeisen (Raspatorium, Fig. 242) und den Hebeln (Elevatorien,
Fig. 409 — 412) vom Knochen abgeschoben werden (Skelettirung
des Knochens).
4. Die fibrösen Gelenkkapseln, die Verstärkungsbänder und
die Insertionen der Muskeln lassen sich mit stumpfen Instrumenten
nicht ablösen, sondern müssen mit starken kurzklingigen Messern
(Fig. 408) durch senkrecht auf den Knochen geführte
Schnitte von diesem abgetrennt, aber immer mit dem benachbarten
Periost in Verbindung gelassen werden. Man muss deshalb bei
dieser Arbeit beständig mit dem Gebrauche des Messers und der
stumpfen Hebel wechseln und so schonend als möglich operiren,
um nicht das Periost zu quetschen oder zu zerreissen.
5. In manchen Fällen kann man sich diese Arbeit dadurch
erleichtern, dass man (nach Vogt) die Corticallamellen der Knochen-
fortsätze (Tubercula, Malleolen, Condylen, Trochanteren), an welche
sich die Muskeln und Bänder ansetzen, mit Hammer und
M e i s s e 1 abschlägt.
6. Nachdem man die Gelenkenden skelettirt hat, werden sie
aus der Wunde hervorgedrängt, mit kräftigen Zangen (Fig. 413
bis 415) gefasst und mittelst einer Säge (Fig. 416 — 420) entfernt,
wobei die Weichtheile mittelst stumpfer Haken oder eines Streifens
von Zinn (Fig. 428) zurückgehalten und geschützt werden müssen.
7. Ist ein Gelenkende abgelöst oder abgeschossen, so kann es
mit von Langenbeck's scharfem Haken (Fig. 421) gefasst und
hervorgeholt werden. Ist es in mehrere Stücke zertrümmert, so fasst
man die einzelnen Fragmente mit der Zange und löst sie heraus,
falls man nicht den Versuch machen will, sie an Ort und Stelle
einheilen zu lassen.
8. Da die Regeneration eines Gelenkes am vollkommensten
zu sein pflegt, wenn nur ein Gelenkkörper entfernt wird, so ist
es rathsam, wenn die Verletzung eines Gelenkendes sehr aus-
gedehnt ist, nur dieses zu reseciren und das andere intact zu
lassen (partielle Resection), wenigstens bei den Gelenken der
oberen Extremität.
9. Die meisten Resectionen lassen sich mit grossem Vortheile
unter künstlicher Blutleere ausführen. Nach Beendigung der
Operation müssen aber alle durchschnittenen Gefässe sorgfältig
unterbunden werden, ehe man die Wunde schliesst, sonst treten
Fig. 413.
Fig. 415.
Hakenzange (Klauenzange) nach
von Langenbeck.
Löwenzange nach Fergusson. Fasszange nach Faraboeuf.
leicht Nachblutungen auf, welche dazu nöthigen können, den Verband
abzunehmen und die Wunde aufs Neue zu beunruhigen.
11. Wenn die Heilung der ßesectionswunden nicht rasch,
ganz oder grösstentheils per primam intentionem, sondern langsam
nach langer Eiterung erfolgt, dann können in Folge der langen
Ruhe die Bänder und Sehnen geschrumpft und verwachsen, die
Gelenke des Gliedes steif und die Muskeln schwach, atrophisch
geworden sein (Inactivitätsparalyse).
Dem Unkundigen erscheint dann wohl das ganze Glied nutzlos
geworden, und es bleibt in der That auch später in diesem un-
brauchbaren Zustande, wenn nichts dagegen geschieht.
12. Um denselben zu verhüten oder wieder zu beseitigen,
müssen sofort nach Vernarbung der Wunde methodische passive
Bewegungen mit allen Gelenken der Extremität vorgenommen
werden, bei grosser Schmerzhaftigkeit zuerst in der Chloroform-
narkose (Apolyse nach Neudörfer}.
Esmarch-Ko walzig, Technik. 4. Aufl,
16
— 242 —
Fig. 417.
Fig. 418.
ix«ÄS5wm*Äww*wwi«WÄW
Stichsäge nach von Langenbeck.
* i
Kettensäge.
Messersäge.
■Mm
Messersäge.
Fig. 420.
Reseciionssäge nach Butcher.
Fig. 421.
Scharfer Knochenhaken nach von Langenbeck.
— 243 —
13. Die Gelenke der oberen Extremität, namentlich der Finger,
bei denen es wünschenswerth ist, dass sie recht bald wieder brauch-
bar werden, lassen sich durch vorsichtige Bewegungen schon von
Anfang an beweglich erhalten, indem man z. B. bei jedem Ver-
bandwechsel den Gelenken andere Stellungen giebt und die Finger
vom Verbände freilässt.
14. Die Thätigkeit der Muskeln und Nerven kann man durch
warme Bäder und Anwendung der Electricität bald wieder in
Gang bringen. Noch wirksamer pflegt für diesen Zweck das
methodische Kneten der Glieder (MasSage) nach vorausgeschickten
kalten Uebergiessungen oder Duschen und mit nachfolgen-
den heil gymnastischen Bewegungen zu sein.
15. Wenn nach der ßesection eine allzugrosse Beweglichkeit
und Schlaffheit des resecirten Gelenkes (Schlottergelenk) zurück-
geblieben ist, so kann man durch Stützapparate dieselbe massigen.
Resectionen an der oberen Extremität.
Resection der unteren Gelenkenden des Radius und der Ulna.
Mit Bilateralschnitt.
1. Ein Längsschnitt, der unterhalb des processus styloideus
ulnae beginnt, trennt die Haut 4 — 5 cm an der Ulnarseite der
Ulna aufwärts (Fig. 422).
Fig. 422.
Resection der unteren Enden der Vorderarmknochen.
Bilateralschnitt uach Bourgery.
2. In derselben Richtung wird genau zwischen den mm. ex-
tensor und flexor carpi ulnaris die Knochenhaut gespalten und
mit Schaber und Hebel erst auf der Dorsalseite, dann auf der
16*
ext. carp. uln. ■ —
extens. digit.
ulna —
OS iriquetrum —
Fig. 423,
lilt i
flex. digit. siobl.
art. ulnaris
flex. carp. ulnar.
OS pisifoime
f f/i r ^
Muskeln und Sehnen an der Ulnarseite des linken Handgelenkes (nach Henke).
Fig. 424,
Fig. 425.
Froastyloid
Volarseite.
Bänder des rechten Handgelenkes.
fiex. ea}-p. rad. —
stipin. long.
Pig. 428.
ald. poll. long.
ext. poll. hrev.
ext. carp. rad. hrev.
ext. carp. rad. long,
ext. poll. long.
Muskeln und Sehnen an der Radialseite des linken Handgelenkes bei Dorsalflexion (nach Henke i.
Fig. 427.
ftex. carp. rad.
I/----/--I aid. poll. long.
.4-4- ext. poll. brev.
ext. carp. rad. long.
ext. carp. rad. hrev.
ext. poll. long.
Muskeln und Sehnen an der Radialseite des linken (gestreckten) Handgelenkes (nach Henke).
— 246 —
Volarseite (pronator quadratus) bis an das ligamentum interosseum
vom Knochen abgelöst (Fig. 423).
3. Das skelettirte Stück der Ulna wird unterhalb des oberen
Schnittwinkels mit der Stichsäge durchsägt oder mit einer starken
Knochenscheere abgekniffen.
4. Dann wird das abgesägte Stück mit der Knochenzange
gefasst, herausgedreht, und indem man es vom ligamentum interosseum,
dem lig. laterale ulnare und lig. accessorium rectum (Fig. 424 n.
425} abschneidet, heraasgelöst.
5. Ein zweiter Längsschnitt, der unterhalb des processus
styloideus radii beginnt, trennt die Haut 5 — 6 cm weit an der
ßadialseite des Radius aufwärts.
6. Die Sehnen der Mm. extensor pollicis brevis und abductor
pollicis longus, welche schräg über den Radius verlaufen, werden
dorsalwärts gezogen, während die Hand stark nach dem Dorsum
flectirt wird (Fig. 426).
7. Die Sehne des M. supinator longus (Fig. 427) wird vom
Processus styloideus radii abgeschnitten, das Periost des Radius
in der Längsrichtung gespalten und mit Schaber, Hebel und Messer
erst an der Dorsalseite, dann an der Volarseite (pronator quadratus),
in Verbindung mit sämmtlichen Sehnenscheiden abgelöst, bis man
3 bis 4 cm weit oberhalb der Gelenkfläche die AVeichtheile rings-
um vom skelettirten Knochen abheben kann.
Bei Frühresectionen hängt das Periost noch so fest mit dem
Knochen zusammen, dass es sehr schwer ist, dasselbe in Zusammen-
hang und ohne Verletzung der Sehnenscheiden abzulösen.
In diesem Falle ist es zweckmässig (nach Vogt), mit einem
feinen Meissel eine flache Lamelle der Corticalis sammt dem Periost
zuerst an der Dorsalfläche des Radius und darnach am processus
styloideus unter dem Abductor pollicis abzutrennen.
8. Zwischen Knochen und Periost an der Volarseite wird ein
breiter Zinnstreifen durchgeschoben, um die Weichtheile zu schützen
und während man mittelst eines ähnlichen Streifens oder eines
stumpfen Hakens auf der Dorsalseite das Periost mit den Weich-
theilen aufwärts ziehen lässt, sägt man mit einer Stichsäge oder
einer feinen Resectionssäge das untere Ende des Radius ab
(Fig. 428).
9. Das abgesägte Stück wird mit der Knochenzange gefasst,
aus der Wunde hervorgezogen und durch Abschneiden der Gelenk-
kapsel und -Bänder (lig. laterale radiale, lig. rhomboideum und
Absägen des skelettirten Radius.
Pig. 429.
Frontaldurchschnitt des rechten Handgelenkes.
— 248 —
lig. accessorium obliquum, Fig. 424 und 425) von der Handwurzel
abgelöst.
10. Sind nur die unteren Enden der Vorderarmknochen
verletzt oder erkrankt, so lässt man die Handwurzel unversehrt
und entfernt nur das Erkrankte; besonders bei Verletzungen ist es
ßegel, möglichst wenig fortzunehmen und, wo immer es noch möglich
scheint, eine Heilung durch conservative Behandlung zu erzielen.
Sind aber auch die Intercarp algelenke erkrankt, so müssen alle
Carpalkuochen (vielleicht mit Ausnahme des os multangulum majus
und des os pisiforme) entfernt werden, weil alle Gelenke der
einzelnen Carpalkuochen unter einander und mit den Metacarpal-
knochen in Verbindung stehen (Fig. 429). In diesem Falle
macht man :
Die totale Resection des Handgelenkes.
Mit dem Dorso-radial-Sehnitt nach, von Langenbeek.
1. Der Operateur sitzt an einem kleinen Tische, auf welchem
die Hand in leichter Ulnarflexion und mit dem Rücken nach oben
gelagert wird. Ein Assistent sitzt ihm gegenüber.
2. Ein Schnitt, der an der Mitte des Ulnarrandes desTos
metacarpi indicis beginnt, trennt die Haut 9 cm lang aufwärts
bis über die Mitte der Dorsalfläche der Epiphyse des Radius
(Fig. 430).
Fig. 430.
Resection des Handgelenkes (nach von Langenbeek).
3. An der Eadialseite der Strecksehne des Zeigefingers, und
ohne deren Scheide zu verletzen, dringt der Schnitt in die Tiefe,
— 249 —
geht weiter oben an dem ulnaren Rande der Sehne des M. extensor
carpi radialis brevis vorbei (da, wo sie sich an die Basis des
dritten Metacarpalknochens ansetzt), und spaltet das ligamentum
carpi dorsale genau zwischen der Sehne des extensor pollicis longus
und des extensor digiti indicis bis zur Epiphysengrenze des Radius
(Fig. 431).
Fig. 431.
ext. carpi radialis longus
extensor poU. longus
ext. carpi radialis lirevis
Ugam. carpi comm. dorsale
\
Sehnen auf der Dorsalfläche der Hand.
4. Während der Assistent die Weichtheile mit feinen Wund-
haken auseinander zieht, wird die Gelenkkapsel der Länge nach
— 250 —
gespalten und darauf in Verbindung mit den Bandapparaten in
folgender Weise von den Knochen abgelöst.
5. Zuerst müssen nach der Radialseite hin die fibrösen Scheiden,
welche die in den Furchen des Radius verlaufenden Sehnen des
extensor pollicis longus und des extensor carpi radialis longus et
brevis enthalten, und die Sehne des brachio-radialis (supinator
longus), theils mit dem Messer, theils mit dem Hebel, vom Knochen
abgelöst werden.
6. Darauf werden in derselben Weise nach der Ulnarseite
hin die Sehnen der Fingerstrecker sammt den sie umhüllenden
Fächern des lig. carpi dorsale in Verbindung mit Periost und
Gelenkkapsel abgelöst und ulnarwärts gezogen.
7. Das Radio-Carpal-Grelenk liegt geöffnet vor. Die Hand
wird flectirt, so dass die Grelenküächen der oberen Carpalknochen
hervortreten.
8. Das OS naviculare wird vom os multangulum majus und
minus, das os lunatum und triquetrum vom os capitatum und
hamatum durch Trennung der ligamenta intercai-palia abgelöst, und
mit einem schmalen Elevatorium sanft herausgehebelt. Das os multan-
gulum majus und pisiforme kann zurückgelassen werden (Fig. 432).
9. Darauf werden die Knochen der vorderen Carpalreihe
herausgelöst. Man fasst die kugelige Gelenkfläche des os capitatum
mit den Fingern der linken Hand oder mit einer Kornzange, und
während der Assistent den Daumen abducirt, durchschneidet man
die Gelenkverbindung des os multangulum minus mit dem majus
und sucht von hier aus ulnarwärts in das Carpo-Metacarpalgelenk
zu dringen, indem man die Bandmassen an der Streckseite der
oberen Enden der Metacarpalknochen durchschneidet, während der
Assistent die letzteren stark beugt. So kann man die drei Carpal-
knochen der vorderen Reihe (os multangulum minus, capitatum und
hamatura) in Verbindung mit einander herausheben. — Bei fungöser
Erkrankung des Carpus sind die Bänder, welche die einzelnen
Knochen verbinden, meist schon zerstört, so dass es leicht gelingt,
die Carpalknochen allein mit dem scharfen Löffel einzeln
herauszuhebein.
10. Sind auch die Vorderarmkuocheii erkrankt, so werden
zum Schluss, unter Volarflexion der Hand, die Epiphysen des
Radius und der TJlna aus der Wunde hervorgedrängt, sorgfältig
(wie früher beschrieben) skelettirt und abgesägt, wobei man
sich hüten muss, den starken ramus dorsalis arteriae radialis,
— 251 —
der über das os multangulum majus zum ersten instertitium meta-
carpeum zieht (Fig. 42 7 J, zu verletzen.
Fig. 432.
■ )
rad.
min
Handwurzelknochen.
11. Nach Beendigung der Operation und Anlegung des Ver-
bandes muss das Glied auf einer der in Bd. I. Fig. 231, 244,
268 abgebildeten Schienen gelagert imd fixirt werden. Möglichst
bald geht man zur Distractionsbehandlung (s. Bd. I. Fig. 273,
289) und zu passiven Bewegungen der Fingergelenke über.
Mit dem Dorso-ulnaren Schnitt nach Kocher.
1. Bei leicht r adialf le ctirt er Hand wird ein 7 — 8 cm
langer Schnitt von der Mitte des Interstitiums zwischen IV. und
V. Metacarpus über die Mitte des Handgelenks auf die Dorsal-
fläche des Vorderarms geführt, wobei der Dorsalast des Nervus
ulnaris zu schonen ist (Fig. 433).
— 252 —
2. Nach Spaltung der Fascie und des Ligamentum carpi
dorsale dringt man zwischen den Sehnen des extensor digiti minimi
und extensor communis ein, öffnet die Kapsel auf der Basis des IV.
Metacarpalknochens auf os hamatum und TJlna und löst sie nach bei-
den Seiten hin ab, nachdem man zuvor die Sehnen des extensor digiti
minimi und des extensor ulnaris aus der E,inne der Ulna (u) her-
ausgeholt und die Sehne des extensor ulnaris vom V. Metacarpus
abgelöst hat.
3. Nun dringt man in die Spalte zwischen os pisiforme und
os lunatum (Z) und lässt die Sehne des flexor carpi ulnaris mit
letzterem Knochen im Zusammenhang.
4. Der hamulus ossis hamati wird frei gemacht, dann das
Bündel der Flexorensehnen aus seiner Binne gehoben, die Kapsel
am III. — V. Metacarpus auf der Vola, ebenso der stramme Kapsel-
ansatz am Yolarrande des Radius gelöst; doch schont man den
Sehnenansatz des flexor carpi radialis am II. Metacarpus.
5. Auf dem dorsalen Bande des Badius wird die Kapsel bis
unter die Sehnen des extensor carpi und extensor pollicis longus
abgelöst und diese aus ihren Binnen gehoben. Der Ansatz des
supinator longus wird vom Processus styloideus radü freigemacht.
Fig. 433.
Fig. 434.
Resection des Handgelenks nach Kocher.
— 253 —
6. Nun luxirt man die Hand kräftig radiovolarwärts, bis der
Daumen die E,adialseite des Vorderarms berührt (Fig. 434), und
kann jetzt das Eadiocarpalgelenk vollständig übersehen; die Entfernung
der erkrankten Handwurzelknochen, die Abtragung einer möglichst
dünnen Schicht von den Vorderarmknochen macht keine Schwierig-
keiten.
G r i 1 1 i eröffnet das Handgelenk durch einen langen
Querschnitt über die Dorsalseite des Carpus, welcher
sämmtliche Sehnen zugleich durchtrennt. Durch kräftige Volar-
üexion können dann ebenfalls die Gelenkflächen von einander ab-
gehebelt werden; nach Entfernung alles Erkrankten kommt die
Hand in ihre frühere Stellung zurück und die Sehnen stumpfe werden
durch die Naht vereinigt.
Während der Nachbehandlung bei allen Handgelenk-
resectionen ist es nothwendig, die Hand auf eine Schiene zu legen,
welche das Handgelenk in Dorsal flexion feststellt, aber doch
Bewegungen der Finger gestattet.
Resection des Ellbogengelenkes.
Mit T-Schnitt nach Listen.
1. Die Rückseite des im stumpfen Winkel gebogenen Ellbogens
wird dem Operateur entgegengehalten von einem Assistenten, der
mit je einer Hand den Vorder- und den Oberarm umfasst (Fig. 437).
2. Ein Längsschnitt, 8 cm lang, dessen Mitte am innern
Rande des- Olecranon entlang läuft, eröffnet die Gelenkkapsel
zwischen diesem und dem Condylus internus (Fig. 435).
3. Indem der linke Daumennagel kräftig die Weichtheile vom
Condylus internus nach innen zieht, trennt ein kurzes Messer die-
selben durch senkrecht auf den Knochen geführte
Schnitte vollständig ab, bis der Epicondylus frei aus der Wunde
heraustritt (Fig. 437). Während dieses Actes muss der Vorder-
arm von dem Assistenten mehr und mehr gebeugt werden. Der
Nervus ulnaris liegt in der Mitte der abpräparirten Weichtheile
und kommt nicht zu Gesicht (Fig. 436).
4. Durch einen im Halbkreise unter dem Condylus internus
herumgeführten Schnitt wird das Ligamentum laterale internum
(Fig. 438) nebst den Ursprüngen der Beugemuskeln durchschnitten.
Fig. 435.
extensor carpi
rad. longus
anconaeus ,
qitartus
extensor carpi
ulnaris '
Fig. 436.
4
f'l
- iriceps
... n. ulnaris
flexorcaiyi
ulnaris
^^Z-/
Resection des rechten Ellbogengelenkes. Nervus ulnaris an der Rückseite des linken
T-Schnitt nach Listen. Ellbogengelenkes.
Flg. 437.
Resection des Eilbogengelenkes.
Skelettiruug des Coudylus internus.
— 255 —
5. Der Arm wird wieder gestreckt und ein Hautsclinitt quer
über das Olecranon vom unteren Rande des Condylus externus
bis in die Mitte des ersten Schnittes hineingeführt (s. Fig. 435).
6. Auf der Rückseite der Ulna wird das Periost vom Innen-
rande her mit dem Hebel abgelöst, in Verbindung bleibend mit
der Sehne des Triceps, welche von der Spitze des Olecranon mit
dem Messer abgetrennt werden muss.
Fig. 438.
Fig. 439.
Inneuseite» Aussenseite.
Bänder des rechten Ellbogengelenkes.
7. Beide werden nach aussen über den Condylus externus ge-
schoben, das Gelenk klafft, einige Schnitte in die Gelenkverbindung
zwischen Capitulum radii und Rotula trennen das Ligamentum
annulare radii und das Ligamentum laterale externum (Fig. 439).
8. Das Gelenk klafft stärker; mit einer Knochenzange wird
der Gelenkkörper des Humerus gefasst und an der Grenze des
Knorpelüberzuges abgesägt.
— 256 —
9. Durch einen Schnitt gegen die Spitze des Processus coro-
noideus ulnae werden die oberen Fasern des M. brachialis internus
abgetrennt, das Olecranon wird mit der Zange gefasst und der
Gelenkkörper der XJlna, soweit er vom Knorpel überzogen ist,
abgesägt.
10. Dann wird auch das Capitulum radii abgesägt.
11. Nach Stillung der Blutung wird zuerst die Sehne des
Triceps vermittelst des daran haftenden Periostes an das Periost
des TJlnarstumpfes durch Catgutnähte angeheftet, dann der Quer-
schnitt durch die Naht vereinigt, der Längsschnitt nur an seinen
beiden Enden; durch die Mitte kann man ein Drainrohr aus der
Wundhöhle herausleiten.
Fig. 440.
Mit einfachem Längsschnitt, subperiostal, nach v. Langenbeek.
1. Ein 8 — 10 cm langer Schnitt, der über die Streckseite
des Gelenkes etwas nach innen von der Mitte des Olecranon herab-
läuft, beginnt 3 — 4 cm oberhalb der
Spitze des Olecranon, endigt 5 — 6
cm unterhalb derselben auf der
hinteren Kante der Ulna und dringt
durch Muskel, Sehne und Periost
überall bis auf den Knochen (Fig.
440).
2. Mit Schabeisen und Hebel
wird das Periost der TJlna zunächst
nach der Innenseite hin abgeschoben,
die innere Hälfte der Sehne des
Triceps in Verbindung mit dem
Periost (durch kurze parallele, stets
gegen den Knochen gerichtete Längs-
schnitte) abgetrennt.
3. Mit dem linken Daumen-
nagel werden die Weichtheile, welche
den Condylus internus bedecken
und den Nervus ulnaris einschliessen,
gegen die Spitze des Epicondylus
gezogen und durch dicht an ein-
Resection des Ellbogengelenkes (rechts). ^^^«^' ^^^^^ ^^f. ^^^ Knochen ge-
Hautschuitt nach von Laugenbeck. führte Bogenschnitte abgelöst, bis
— 257 —
der Epicondylus ganz entblösst hervortritt. Die letzten Schnitte
umkreisen den Knochenvorsprung und trennen die Ursprünge der
Beugerauskeln, sowie das Ligamentum laterale internum von ihm
ab, ohne jedoch die Verbindung dieser Theile mit dem Periost
aufzuheben.
4. Nachdem die abgelösten Weichtheile in ihre frühere Lage
zurückgebracht sind, wird der äussere Theil der Tricepssehne nach
aussen gezogen, durch kurze Schnitte vom Olecranon abgetrennt,
aber in Verbindung gelassen mit dem Periost der äusseren Seite
der TJlna, welches sammt dem M, anconaeus quartus vom Knochen
abgehebelt wird.
5. Durch dicht an einander und gegen den Knochen geführte
Schnitte wird die fibröse Gelenkkapsel vom Rande der Gelenkfläche
des Humerus, erst an der Trochlea, dann an der Eminentia capitata,
abgelöst, bis der Condylus externus zum Vorschein kommt.
6. Von diesem werden darauf das Ligamentum laterale externum,
sowie die Urspi'ünge der Streckmuskeln so abgetrennt, dass alle
diese Theile in Verbindung mit einander und mit dem Periost des
Humerus bleiben.
7. Wenn so der Condylus externus ganz skelettirt ist, lässt
man das Gelenk stark beugen, drängt die Gelenkkörper aus der
Wunde hervor und sägt sie, wie oben, nach einander ab.
8. Will man die Ulna unterhalb des processus coronoideus
absägen, so muss man die oberen Fasern der Sehne des Brachialis
internus davon abschneiden, ohne die Verbindung der Sehne mit
dem Periost der TJlna zu lösen.
Mit bilateralem Längsschnitt nach. Hueter.
1. Ein 2 cm langer Längsschnitt legt den Condylus internus
frei ; ein Bogenschnitt, der dessen Basis umkreist, trennt das liga-
mentum laterale internum.
2. Ein Längsschnitt an der Aussenseite des Gelenkes, 8 — 10 cm
lang, läuft über den Condylus externus und das Capitulum
radü hin.
3. Die Weichtheile werden auseinander gezogen und das Liga-
mentum laterale externum sammt dem Ligamentum annulare radii
durchschnitten.
4. Das Capitulum radii wird skelettirt und mit der Stichsäge
abgetragen.
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl. 17
258
Fig. 441.
5. Die Insertion der Gelenkkapsel wird vorne und hinten,
erst vom Rande der Rotula, dann von der Trochlea abgelöst.
6. Durch Abduction des Vorderarmes gegen die TJlnarseite
wird der Humerus aus der Wunde hervorgedrängt, wobei der
nervus ulnaris von seiner hinteren Fläche abgleitet; sein Gelenk-
körper wird abgesägt.
7. Darauf skelettirt man auch das Olecranon und sägt es ab.
Mit Bajonnetsehnitt nach Ollier.
1. Bei gebeugtem Unterarm (130 ^) wird der
Hautschnitt an der hinteren Seite des Ellbogens,
zwischen M. anconaeus externus und Supinator
longus, 6 cm oberhalb des Gelenkes beginnend
zum Epicondylus lateralis herabgeführt; hier
biegt er stumpfwinklig abwärts bis zum Olecra-
non und zieht dann 4 — 5 cm am hinteren Rande
der Ulna herab (Fig. 441). Der mittlere
schiefe Theil des Schnittes entspricht etwa dem
Zwischenraum zwischen M. triceps und anconaeus
quartus.
2. Im oberen Theil des Schnittes dringt
man nach Spaltung der Fascie zwischen M. tri-
ceps und supinator longus und extensor carpi
radialis longus bis auf den Knochen vor und
spaltet die Gelenkkapsel in der Richtung des
Hautschnittes.
3. Bei leicht gestrecktem Arm wird die
Sehne des M. triceps sammt dem sorgfältig zu
schonenden Periost mit dem Schabeisen vom
Knochen losgelöst. Das Gelenk ist nach Ent-
blössuug des Olecranon nun hinten eröffnet.
4. Am Humerus schält man das Periost
sammt dem Lig. accessorium laterale mit dem
Raspatorium ab und luxirt den Humerus lateral-
wärts unter Durchtrennung der medialen und
vorderen Gelenkbänder.
5. Dann werden die Gelenkflächen des
Humerus, des Radius und der Ulna abgesägt.
A. Nelaton machte einen Winkel-
schnitt, welcher an der Ausseuseite des
Resection des Ellbogen- tt -i i • t^- /• i j -n j-
gelenks nach Nelaton. Humerus entlang bis zum Kopichen des Radius
Resection des Ellbogen-
gelenks nach Ollier.
Fig 442.
— 259 —
und von hier rechtwinklig nach hinten abbiegend zur Ulna hinzieht
(Fig. 442). Hierbei wird zwar das Gelenk und namentlich das
Eadiusköpfchen gut freigelegt, dagegen der M. anconaeus
quartus quer durchschnitten; diesen Nachtheil kann man ver-
meiden, wenn man die Resection ausführt
mit dem Hakenschnitt nach Kocher.
1. Ein Schnitt, an der radialen Rückseite 4 cm oberhalb der
Gelenklinie beginnend, läuft auf der Aussenseite des unteren Hume-
rusrandes bis zum Radiuskopf und 4 — 6 cm unter der Spitze des
Olecranon herab und biegt hier etwa 1 — 2 cm um bis zur medialen
Seite der IJlna herauf (Fig. 443).
. Fig. 443. Fig. 444.
4
Resection des Eübogengelenks nach Kocher.
a ^ AI. anconaeus quartus, u ^ Extensor carpi ulnaris, i =: M. triceps,
s = Supiuatoi- lougus.
2. Das Messer dringt zwischen M. brachioradialis (supinator
longus), Extensor carpi radialis longus und brevis und Extensor
carpi ulnaris vorne und M. anconaeus quartus hinten, bis auf die
laterale Kante des Huraerus und auf die Kapsel des Radiuskopfes
und biegt auf dem unteren Drittel des M. anconaeus um bis zur
lateralen Seite der Ulna.
3. Nach Spaltung der Kapsel mrd das Olecranon an seiner
Basis mit dem Meissel in der Schnittlinie schräg (auf der Rückseite
17*
— 260 —
tiefer) durchgeschlagen , dann mit dem triceps und anconaeus
quart. ulnarwärts umgeklappt und, wenn es erkrankt ist, später
ausgeschält.
4. Will man das Olecranon erhalten, so wird das Caput
externum tricipitis sammt Periost und Kapselansatz vom Humerus,
ebenso der M. anconaeus quartus von der Aussenfläche der Ulna,
der Ansatz des M. triceps von der Spitze des Olecranon und ein
Theil des M. ulnaris internus von der Innenfläche der TJlna ab-
gelöst und dieser Triceps-anconaeus-Lappen bei gestrecktem Arm wie
eine Kappe über das Olecranon hinüber einwärts geklappt (Fig. 444).
5. Nach Ablösung des lig. laterale externum und der Kapsel
am Condylus externus humeri und am Hals des Radius bringt man
das Gelenk zum Klaffen.
6. Bevor man die Knochen absägt, muss man schonend
das lig. laterale internum vom Innenrande der Ulna und der
medialen Fläche der Trochlea, und die Muskulatur sammt dem
Periost vom Condylus internus und externus loslösen. Die Grelenk-
enden werden leicht bogenförmig abgesägt, um die während
der Heilung leicht eintretende Subluxation zu verhüten.
Die Besection des Olecranon
kann mit dem hinteren Längsschnitt nach von Langenbeck
(Fig. 440) ausgeführt werden. Die Weichtheile und das Periost
werden dann mit dem Schabeisen nach beiden Seiten hin ab-
gehebelt und das Olecranon mit der Stichsäge oder einem kräftigen
Meisselschlage entfernt.
Die temporäre Resection des Olecranon (Trendelenburg)
lässt sich ausser mit den bisher erwähnten Schnitten auch von
hinten her durch Abmeisselung des Ellenbogenknorrens und
nachherige Wiedervereinigung durch die Knochennaht ausführen.
Man macht hierzu einen nach oben convexen Bogenschnitt
über die Streckseite des Gelenks von einem Epicondylus zum
andern, löst den Hautlappen von der Tricepssehne und dem Olecranon
nach hinten ab und hebelt die Weichtheüe von der inneren Seite
des Olecranon unter Schonung des Periostes und des N. ulnaris
stumpf ab. Der darunterliegende Theil der Gelenkkapsel wird
quer gespalten, das Olecranon quer abgemeisselt und endlich in
derselben Ebene der M. anconaeus quartus und der unter ihm
liegende Theil der Gelenkkapsel quer durchtrennt.
— 261 —
Jetzt lässt sich das Olecranon nach oben hin zurückklappen
und man hat bei gebeugter Stellung des Armes einen freien
Einblick in das Gelenk. Das Olecranon wird schliesslich durch
Knochennaht mit der Ulna vereinigt, der Hautschnitt vernäht und
der Arm in gestreckter Stellung verbunden. Ebenso zweckmässig
scheint es übrigens, den Hautlappen mit der Basis nach oben
zu bilden und ihn in Verbindung mit dem abzusägenden Olecranon
in die Höhe zu schlagen.
Zur Nachbehandlung. Der Eath Eoser's, das resecirte
Ellbogengelenk zuerst in der Extensionsstellung zu verbinden,
um die Verschiebung der Knochenenden aneinander (Subluxation)
und die Entstehung eines Schlottergelenkes zu verhüten, ist ent-
schieden zweckmässig; man kann hierzu die in Bd. I. Fig. 158,
164, 228, 248, 250 abgebildeten Schienen verwenden.
Fig. 445.
Stutzapparat nach Socin für Schlottergelenk nach Ellbogengelenkresection.
— 262 —
Um aber eine Ankylose in dieser Stellung zu verhüten, muss
der Arm, sobald die Wunde geheilt oder der Heilung nahe ist,
bei jedem Verbandwechsel im Ellbogen allmählig flectirt und in
der mehr gebeugten Stellung gehalten werden.
Hat sich nach der Hesection des Ellbogens ein Schlottergelonk
gebildet, so kann man dem Arm seine Festigkeit und Brauchbarkeit
wieder geben durch den Stützapparat nach S o c i n (Fig. 445), an
welchem Kautschukringe angebracht sind, welche die Flexions-
bewegung vermitteln.
Resection des Schultergelenkes.
Mit vorderem Längsschnitt nach von Langenbeck
(ältere Methode).
1. Der Patient liegt auf dem Rücken, die Schulter wird
durch ein Kissen vorgedrängt, der Arm so gehalten, dass der
Condylus externus humeri nach vorne sieht.
2. Ein Schnitt, der am vorderen E,ande des Acromion, ganz
nahe an dessen Gelenkverbindung mit der Clavicula, beginnt, und
6 — 10 cm senkrecht abwärts läuft, dringt durch den Deltamuskel
bis auf die fibröse Gelenkkapsel und das Periost (Fig. 446).
3. Die Ränder des Muskelschnittes werden mit stumpfen
Haken auseinander gezogen; man sieht die Sehne vom langen
Kopfe des Biceps in ihrer Scheide liegen (Fig. 447).
4. Ein Schnitt an der äusseren Seite der Sehne entlang er-
öffnet deren Scheide; man lässt das Messer mit dem Rücken den
sulcus intertubercularis hinaufgleiten und spaltet die ganze Sehnen-
scheide sammt der Gelenkkapsel bis an das Acromion.
5. Die Sehne des Biceps wird aus ihrer Furche gehoben und
mit dem stumpfen Haken nach aussen gezogen.
6. Während der Assistent den Arm langsam nach aussen
rotirt, wird von dem Kapselspalt aus mit senkrecht auf den
Knochen aufgesetztem starkem Messer ein Bogenschnitt über das
tuberculum minus herum geführt, welcher die Kapsel und die
Insertion des M. subscapularis trennt (Fig. 448).
7. Der Arm wird wieder einwärts rotirt, die Sehne des
Biceps nach innen gezogen und dort versenkt.
8. Das Messer wird wieder von dem Kapselspalt aus in
grösserem Kreise oberhalb des tuberculum majus herum geführt
und trennt die Kapsel sammt den Insertionen der Mm. supraspinatus,
infraspinatus und teres minor (Fig. 449 u. 450).
— 263
Fig. 446.
Fig. 447.
X©
Fig. 448.
Fig. 449.
Resection des Schultergelenks nach von Langenbeck.
9. Der Kopf des Humerus wird durch Druck von unten aus
der Wunde herausgedrängt, mit einer Zange (am besten mit
Faraboeuf s Fasszange, Fig. 415 und Fig. 451) gepackt, und
nachdem die hintere Insertion der Gelenkkapsel durchschnitten
ist, mit der Stichsäge abgesägt (Fig. 452).
10. Wenn der Schulterkopf durch ein Greschoss von der
Diaphyse getrennt ist, so muss er mittelst eines scharfen Knochen-
hakens (s. Fig. 421) fixirt und hervorgezogen werden. Ist er in
mehrere Stücke zertrümmert, so kann man die Bruchstücke einzeln
mit der Zange fassen und mit dem stumpfendigen (Fig. 453) oder
dem geknöpften Messer (Fig. 454) herauslösen.
Fig. 450.
siipraspinatus
infraspinatus
teres minor
Fig. 451.
suhscajyularls
V 1'/ ^
HndiO 'picipitis
• /eres major
Muskelansätze am Tuberculum malus und minus.
Fig. 452.
I
0
Absägen des Schuiterkopfes.
— 265
11. Xach dieser Opei'ationsmethode
bildet sich in den meisten Fällen ein
Schlottergelenk mit Luxation des
Humerusendes gegen den Thorax, oder
eine kümmerliche Gelenkverbindung mit
dem Processus coracoideus. Eine freie
active Beweglichkeit stellt sich weit eher
her, wenn man bei der Operation die
Verbindung aller das Gelenk umgeben-
den Muskeln mit der Gelenkkapsel und
dem Periost der Diaphyse sorgfältig
erhält. Dies bezweckt :
Fig 453.
Fig. 454.
Die subperiostale oder subcapsuläre
Resection
Mit vorderem Läcgsselmitt nach
von Langenbeck.
der vorigen Ope-
1.
—4.
wie bei
ration.
Fig. 455
Stumpfendiges Geknöpfies
Messer.!
Bänder des Schultergelenkes.
5. Am Innenrande des
sulcus intertubercularis entlang
wird das Periost mit dem
Knochenmesser gespalten und
mit dem schmalen Hebel von
der Spina tuberculi minoris vor-
sichtig bis an das tuberculum
minus heran abgedrängt (Fig.
455).
6. Mit Messer und Haken-
pinzette wird die Sehne des
M. subscapularis (Pig- 450) vom
Knochen abgeschält, ohne die
Verbindung der fibrösen Ge-
lenkkapsel mit dem abgelösten
Periost zu trennen. AVährend
dieses Actes muss der Ober-
arm langsam nach aussen rotirt
und bei weiterem Fortschreiten
— 266 —
der Ablösung das Messer häufig wieder mit dem Elevatorium ver-
tauscht werden.
7. Der Arm wird wieder einwärts rotiit, die Sehne des
Biceps aus ihrer Furche gehoben und nach innen versenkt.
8. Das Periost der äusseren Fläche des Collum humeri wird
in Verbindung mit den Insertionen der Mm. supra- und infra-
spinatus und teres minor am tuberculum majus abgelöst in der-
selben AVeise wie in 6. Diese Ablösung ist bei primären Hesectionen
etwas schwierig, weil das Periost sehr dünn zu sein pflegt.
9. Der Gelenkkopf wird aus der Wunde hervorgedrängt und
abgesägt, wie bei der vorigen Operation. Will man nur den
Gelenkkopf im oberen Ende der tubercula reseciren (was immer
die besten Erfolge hat) , so kann von einer Periostablösung
nicht die Rede sein. Man schält dann, von der Gelenkhöhle aus,
die Muskelansätze so weit als erforderlich vom Knochen ab und
achtet nur darauf, dass sie nicht quer abgeschnitten werden,
sondern unten ihre Verbindung mit dem Knochen behalten. Da
der Kopf dann aber nicht aus der Wunde hervorgedrängt werden
kann, so muss er mit einer feinen Stichsäge oder mit der Ketten-
siige abgetrennt werden.
1 0. Nach Stillung der Blutung schneidet man an der Rück-
seite der Wunde, am hinteren Rande des M. deltoideus ein Loch in
die Haut, durch welches ein Drainrohr bis in die Wundhöhle ein-
geführt wird. Dann kann man die vordere Wunde durch tiefe
und oberflächliche Nähte genau vereinigen.
Ein antiseptischer Polsterverband, dessen Biudentouren den
im Ellbogen flectirten Arm nach Art einer Mitella gegen den
Thorax befestigen, genügt völlig zur Fixirung der Extremität.
Um den Deltamuskel und die Zweige des N. circuraflexus
faxillaris, Fig. 457j mehr zu schonen und dadurch die Lähmung
dieses Muskels zu verhüten, ist es zweckmässig, das Schultergelenk
mit dem vorderen Schrägsch.nitt nach Ollier
zu ei'öfi'nen.
1 . Mit gegen den Schulterkopf gerichtetem Messer durch-
schneidet man dem Faserverlaufe des M. deltoideus entsprechend,
vom äusseren Rande des Processus coracoideus schräg
nach unten und aussen über das Tuberculum minus hinweg zum
Humerusschaft, die Weichtheile sofort bis auf den Knochen (Fig.
456).
— 267 —
2. Das Tuberculum minus und der Sulcus intertubercularis
liegen sofort frei vor und lassen sich leicht skelettiren. Darauf wird
der Arm nach innen rotirt und das Tuberculum majus frei gemacht.
Im Uebrigen verfährt man, wie bei der vorigen Operation be-
schrieben wurde.
Fig. 456.
Resection des Schultergelenks
nach Olller.
Fig. 457.
Verzweigung des Nervus axillaris (von hinten).
1. N. cii-cumflexus, 2. N. cutaneus, 3. Nerv des M.
teres minor, 4. N. radialis, 5. zum Triceps und An-
conaeus laufende Zweise.
Da man von einem vorderen Schnitte aus bequem nur
den Schulterkopf allein entfernen (Decapitation) . die übrigen
Theile des Gelenkes, besonders die Pfanne, aber nur ungenügend
übersehen oder gar reseciren kann, so ist es in allen den Fällen,
in welchen eine ausgedehntere Erkrankung des ganzen Ge-
lenkes die freie Zugänglichkeit zu allen Theilen nöthig macht,
besser, das Schultergelenk freizulegen
mit hinterem Bogenschnitt nach Kocher.
1. Hautschnitt vom Acromioclaviculargelenk über die Schulter-
höhe zur Mitte der crista scapulae und bogenförmig abwärts gegen die
hintere Achselfalte zu. Durchtrennung des Acromioclaviculargelenks
(Fig. 458 c), Spaltung der Fascie am hinteren Rande des Deltamuskels.
— 268 —
Der untere Theil desselben wird freigelegt und kräftig nach vorn
gezogen, die weiter an der Crista sich ansetzenden Fasern werden
abgeschnitten.
2. Der Ansatz des M. cucullaris wird von der Crista scapulae
nach oben abgetrennt und der M. supraspinatus mit dem Elevatorium
nach oben abgehoben, der M. infraspinatus nach unten abgetrennt,
bis man den äusseren Rand der Crista umgreifen kann.
3. Nachdem man unter den Hals des Acromion ein Elevatorium
zum Schutz untergeschoben hat, wird die Crista (sc) mit einem Meissel
(von oben nach unten) durchschlagen (Fig. 458), wobei man sich
vor Verletzung des unter M. supra- und infraspinatus verlaufenden
N. subscapularis zu hüten hat.
Fig. 458.
Fig. 459.
Resection des Schultergelenks nach Kocher.
4. Nach Durchtrennung des Knochens wird der Acromialtheil
mit einem scharfen Knochenhaken kräftig nach vorne herumgewälzt
und im Acromioclaviculargelenk luxirt (Fig. 459), wobei sich der
Deltamuskel (cQ von der Muskulatur des Schulterblattes abhebt.
5. Es liegt nun die Wölbung des Humeruskopfes vor, bedeckt
269
Fig. 460.
von den Sehnen der Auswärtsroller (supra- und infraspinatus
(^ss z's), teres minor (tni).
6. Am Vorderrande der Ansätze .dieser Muskeln (an das
Tuberculum majus und dessen Spina) und am Hinterrande der
fühlbaren Bicepsrinne wird ein Längsschnitt auf dem Knochen
gemacht, welcher oben die Kapsel (Ä') auf dem Gelenkkopf spaltet
und die Sehnen bis zum oberen Pfannenrande freilegt.
7. Die Ansätze der Auswärtsroller werden vom Tuberculum
majus abgelöst und nach hinten, die in ihrer Knochenrinne frei-
gelegte Bicepssehne wird nach vorne gezogen und der Arm nach
aussen rotirt.
8. Der nun zu Tage tretende
Ansatz des M. subscapularis wird
nach vorne und innen vom Tuber-
culum minus gelöst, wobei die unter
dem teres minor verlaufenden Ge-
fässe und der N. axillaris zu
schonen sind.
9. Wenn der Kopf ganz frei-
gemacht und herausgedrängt ist, er-
hält man einen vorzüglichen Einblick
in das Gelenk und besonders in die
Pfanne der Scapula. Es ist nun
leicht alles Erkrankte zu erkennen
und zu entfernen, nöthigenfalls den
Kopf zu reseciren. Zum Schluss
wird das abgemeisselte Stück des
Acromion mit der Scapula durch
die Knochennaht wieder vereinigt.
Ist allein der Gelenktheil der
Scapula verletzt, während der
Schulterkopf unversehrt geblieben
ist, so macht man nur
die Reseetion des Gelenkkörpers
der Scapula nach, von Esmarch.
1 . Ein Bogenschnitt, der den Reseetion des Golenkkbrpers der Scapula
hinteren Eand des Acromion um- "^ch von Esmarch.
kreist und die Fasern des M. deltoideus von ihm abtrennt, legt
die hintere obere Fläche der Gelenkkapsel frei (Fig. 460).
— 270 —
2. Von der Mitte desselben dringt das Messer bis auf den
hinteren oberen E,and des processus glenoidalis scapulae, spaltet
in sagittaler Eichtung die Gelenkkapsel zwischen den Sehnen der
Mm. supra- und infraspinatus bis auf die Mitte des tuberculuni
majus und zugleich die Haut und den M. deltoideus in der Richtung
seiner Fasern.
3. "Während die Weichtheile mit Haken stark auseinander
gezogen werden, löst man vom Rande des processus glenoidalis
die Sehne vom langen Kopfe des Biceps und die Grelenkkapsel in
Verbindung mit dem Periost des Collum scapulae ringsum so weit
ab, dass man den Gelenkkörper mit der Stichsäge abtragen oder
die Bruchstücke des zerschmetterten Knochens mit dem Messer her-
auslösen kann.
4. Die Nachbehandlung ist dieselbe wie bei der Resection
des Schultergelenkes.
Die Resection der Scapula
mit dem Winkelsohnitt nach von Langenbeek
macht man ohne Schonung der bedeckenden Muskeln (Exstlrpatlo
scapulae) nur bei Geschwülsten.
1. Der eine Schenkel des Winkels verläuft am oberen, der
andere an der medialen Seite der Scapula herab, der dadurch
gebildete Hautlappen wird nach seiner Basis hin von der Unter-
lage abgelöst und nach aussen geschlagen.
2. Darauf trennt man die Ansätze der Rhomboidei und des
Levator anguli scapulae vom inneren Rande, die des Cucullaris
und Deltoideus vom Acromion und der Spina, den M. omohyoideus
vom oberen Rande, den Teres major und minor vom äiisseren und
unteren Rande ab, und während der Knochen an seinem medialen
Rande vom Thorax abgehoben wird, löst ihn das Messer mit
flachen Zügen von der Unterlage (M. serratus anticus major und
subscapularis) ab.
3. Ein hufeisenförmiger Schnitt über den Schulterkopf trennt
die Gelenkkapsel, die Ansätze der Mm. supra- und infraspinatus
am Tuberculum majus, und das Acromioclaviculargelenk.
4. Nun lässt sich der Knochen nach aussen herumhebeln und,
nachdem der Rest der Gelenkkapsel, der Ansatz des M. biceps und
triceps vom Rande der Cavitas glenoidalis und der M. pectoralis
minor und coracobrachialis vom Proc. coracoideus abgelöst worden,
ganz herausnehmen.
— 271 —
5. Nach sorgfältiger Unterbindung aller Gefässe wird die
grosse Wunde mit dem abgelösten Hautlappen bedeckt, vernäht
und ein Drainrohr zum unteren Wundwiukel hinausgeführt.
Sind aber die Weichtheile zu schonen, z. B. bei Nekrosen
des Knochens, so ist zweckmässiger und bei der lockeren Anheftung
des verdickten Periostes auch ebenso leicht ax^sführbar
die subperiostale Reseetion nach Ollier.
1. Ein Quer s chnitt verläuft längs der Spina scapulae vom
Acromion zum medialen Eande, bis auf den Knochen dringend;
mit Messer und Elevatorium werden die Ansätze des M. cucullaris
abgelöst.
2. Ein L ä n g s schnitt ver- ^'ig- ^^l.
läuft am medialen Rande der
Scapula, welcher den medialen
Ansatz der Mm. supra- und
infraspinatus freilegt (Fig. 461).
3. Auf stumpfem Wege
werden die Weichtheile der Fossa
infraspinata nach aussen zurück-
geschoben, darauf in gleicher
Weise die der fossa supraspinata
nach aussen und oben vom
Knochen abgelöst.
4. Während der Knochen
vom Thorax abgehebelt wird,
schält man die unter ihm liegen-
den Weichtheile mit dem Raspa-
torium bis zum äusseren Rande
und dem Collum ab.
h. Dann durchtrennt man, wie oben beschrieben, von unten
her das Acromioclaviculargelenk, die Gelenkkapsel und Muskel-
insertionen und endlich die Muskel- und Bänderansätze am Prcc.
coracoideus, den man übrigens leichter absägen kann.
Die partielle Reseetion der Seapula
muss sich dem gegebenen Fall anpassen. Man kann Stücke der
Spina und des Acromion von einem einfachen Schnitt aus ab-
meisseln oder absägen, auch den platten Theil des Schulterblattes
mit Zurücklassung des Gelenktheils entfernen (ÄmputatiO SCapulae).
Reseetion der Scapula nach Ollier.
— 272 —
Die Resection des Schlüsselbeins
ist sehr leicht durch einen über den Knochen entlang ziehenden
Schnitt auszuführen, von dem aus das Periost nach beiden Seiten
hin zurückgeschoben wird. Zweckmässig ist es, an beiden Enden
das Periost quer zu durchtrennen | 1. Dann kann man mit
der Stichsäge oder der Kettensäge den zu entfernenden Theil des
Mittelstücks leicht entfernen.
Auch die Resection der Gelenkenden bietet keine
besondere Schwierigkeiten dar. Das Sternalende wird durch
einen Längsschnitt bis auf das Gelenk durchtrennt, der Knochen
im äusseren Wundwinkel auf einem wegen der unmittelbar da-
hinterliegenden grossen Venen sehr vorsichtig subperiostal unter-
geschobenen Elevatorium durchsägt, das kurze Stück hervorgezogen,
an seiner hinteren und unteren Fläche von den anhaftenden Weich-
theilen befreit und endlich die Gelenkkapsel durchschnitten. Um das
Acromialende zu reseciren, macht man einen Schnitt vom
äussersten Ende des Schlüsselbeins bis etwa zum Proc. coracoideus,
führt an dessen Innenrande ein Elevatorium hinter den Knochen,
durchsägt ihn, trennt dann das Acromioclaviculargelenk und schält
schliesslich das Knochenstück aus dem Periost heraus.
Muss man das ganze Schlüsselbein entfernen, so erleichtert
man sich dieses, wenn man den Knochen in der Mitte durchsägt
und jede Hälfte für sich exstirpirt. Die temporäre Durch-
sägung der Clavicula zur Unterbindung der Arteria subclavia wurde
schon S. 94 erwähnt.
Resectionen an der unteren Extremität.
Resection des Fussgelenkes.
Subperiostal mit Bilateralschnitt nach von Langenbeck.
Fig. 462.
:^N
1. Nachdem der Fuss auf
die Innenseite gelegt ist, wird
ein 6 cm langer Schnitt senkrecht
am hinteren Ende der Fibula
herabgeführt, welcher an der
Spitze des Malleolus externus
hakenförmig umbiegt , dem
vorderen Rande 1,5 cm folgt
und überall bis auf den Knochen
dringt (Hakenschnitt, Fig. 462).
— 273 —
2. Mit Schabeisen und Hebel wird das Periost im Zusammen-
bang mit der Haut, den Muskeln und Sehnenscheiden an der vor-
deren und hinteren Eläche vom Knochen abgelöst, bis sich am
oberen Ende des Schnittes eine Stich- oder Kettensäge hinter die
Fibula bringen lässt (Fig. 463). Die Sehnenscheide des M. pero-
naeus longus muss, wenn möglich, geschont werden.
Fig. 463.
Achill.
Aeussere Seite des linken Fussgelenl<es nach Henke.
3. Die Fibula wird durchsägt, das abgesägte Stück mit der
Knochenzange gefasst, allmählig stärker hervorgezogen (Fig. 464)
und vom ligamentum interosseum abgelöst. Zuletzt werden von
innen und oben her das lig. malleoli externi posticum (das untere,
sehr feste Ende des lig. interosseum) (Fig. 465) und die drei
starken Haftbänder (Fig. 466) (lig. talo-fibulare anticum und
posticum und lig. calcaneo-fibulare) hart am Knöchel abgeschnitten.
Esmarch-Ko walzig, Technik. 4. Aufl. 18
— 274 —
Fig. 464.
Fig. 465.
— — . Tibia
lig. deltoiä.
llg. tali fib.
post.
Calcaneus
Auslösung des unteren Endes der Fibula. Bänder des Fussgelenks (Rückseite).
Fig. 466.
Bänder des Fussgelenks (Ausseuseite).
4. Der Fuss wird auf die Aussenseite gelegt, um den unteren
B,and des Malleolus internus ein 3 — 4 cm langer, halbmondförmiger
Schnitt geführt (Fig. 467), von dessen Mitte ein 5 cm langer, senkrechter
Schnitt auf der Innenseite der Tibia nach oben steigt (ÄnkerSChnitt).
— 275 —
Schnitt auf dem Malleolus int. (Ankeischuitt),
5. Die Schnitte dringen ^ie- ^^7-
durch das Periost bis auf den
Knochen. Das Periost wird
in zwei dreieckigen Lappen
mit der Haut von der Innen-
fläche (Fig. ^68), mit den
Sehnenscheiden der Dorsal-
flexoren von der vorderen
Fläche, mit den Sehnenscheiden
der Plantarflexoren von der
hinteren Fläche der Tibia ab-
gehebelt und zuletzt das ligamentum deltoides vom Rande des
Malleolus abgeschnitten (Fig. 469).
6. Am oberen Ende des Längsschnittes wird die Tibia mit
der Stich- oder Kettensäge (des beschränkten Raumes wegen in
schi'äger Richtung) durchsägt, das abgesägte Stück mit der Knochen-
zange gefasst, und während das Elevatorium die Periostfläche des
ligamentum interosseum von oben her abdrängt, allmählig aus der
Wunde herausgedreht. Die Schonung der membrana interossea
ist von besonderer "Wichtigkeit für die Regeneration des Knochens
(von Langenbec k).
Fig. 468.
- - tibia
lig. tibio-navicul.
OS. nav. m. abd. hol.
Innere Seite des Fussgelenkes nach Henl<e.
18*
— 276
7. Der Knochen wird jetzt nur noch von der vorderen und
hinteren Insertion der Gelenkkapsel festgehalten. Dieselben werden
mit dem Messer abgetrennt, wobei die Sehne des M. tibialis posticus
nicht verletzt werden darf.
8. Will man die ^^e- ^69.
obere Gelenk-
fläch e desTalus
entfernen , so ge-
schieht das mittelst
der Stichsäge, welche
in der B-ichtung des
halbmondförmigen
Hautschnittes von
vorne nach hinten die
Holle absägt, wäh-
rend die Fusssohle
von zwei Händen fest
gegen die Tischplatte
aufgedrückt wird
(v. Langenbeck
räth, die obere Ge-
lenkfläche des Talus
gleich nach Abtrennung der Fibula von dem ersten Schnitte aus
abzusägen, sie aber erst nach Entfernung der Tibia mit dem
Elevatorium herauszuhebein).
9. Wenn der Talus ganz zertrümmert oder bis in seine
tarsalen Gelenkflächen gesplittert oder erkrankt ist, so muss der
ganze Knochen weggenommen werden.
10. Zu dem Ende verlängert man an der Innenseite den
verticalen Schnitt von der Spitze des Malleolus internus in einem
nach unten convexen, der Sehne des M. tibialis posticus parallel
laufenden Bogen bis an die tuberositas ossis navicularis, lässt die
Sehne des Tibialis anticus und die Arteria tibialis antica nach aussen
ziehen, durchschneidet das lig. tibio-naviculare (Fig. 468) und das
lig. talo-naviculare (Fig. 469) und eröfi'net das Gelenk am Kahn-
bein von oben und innen.
11. Darnach führt man auch an der Aussenseite den Schnitt
von der Spitze des Malleolus externus horizontal über den Sinus
tarsi hin, durchschneidet die festen Bändermassen desselben (lig.
tali fibulare anticum, die ligg. talo-calcaneum externum (Fig. 466) und
Bänder des Fussgelenkes (Innenseite).
— 277 —
internum (Fig. 469) und schliesslich, indem man mit Knochenzange
und Elevatorium den Knochen herausdreht, die Reste der Gelenk-
kapseln.
1 2. Nach sorgfältiger Unterbindung aller durchschnittenen
Gefässe wird an beiden Seiten ein kurzes Drainrohr bis an den Knochen-
spalt eingelegt und dann die Wunde durch die Naht vereinigt.
13. Wenn man den Talus ganz hat wegnehmen müssen, dann
ist es zweckmässig, einen langen Nagel von der Sohle aus durch
den Calcaneus in die Tibia hineinzutreiben, um die Knochen im
rechten Winkel gegen einander festzustellen.
14. Nach Anlegung eines Polsterverbandes wird das Glied
mit rechtwinklig gestelltem Fuss auf eine V o 1km an n 'sehe Bein-
schiene gelagert ; in den Fällen, wo starke Eiterung häufigeren
Verbandwechsel nothwendig macht, empfehlen sich die unterbrochenen
oder Bügelschienen s. Bd. I, Fig. 237, 241, 246.
Zweckmässig ist auch die Eröffnung des Fussgelenks
mit zwei vorderen Seitensehnitten nach König.
1. Der innere Schnitt beginnt 3 — 4 cm oberhalb des Fuss-
gelenks auf der Tibia, nach innen von den Strecksehnen, und zieht
hart am vorderen Knöchelrande abwärts zur Tuberositas ossis
navicularis ; der äussere Schnitt beginnt in gleicher Höhe wie der
innere und zieht am vorderen Knöchelrande zum Sinus tarsi
in der Höhe des Talonaviculargelenks. Das Gelenk wird sofort
durch diese Schnitte eröffnet.
2. Die von beiden Schnitten gebildete Weichtheilbrücke wird
von den darunterliegenden Knochen, Tibia und Talus, mit Messer
und Elevatorium abgehebelt und der vordere Synovialsack exstirpirt,
wenn er erkrankt ist.
3. Während nun mit einem stumpfen Haken der Brückend
läppen in Dorsalflexion des Fusses stark angehoben wird, kann
man das gesaramte vordere Gebiet des Gelenkes gut übersehen
und mit Meissel oder scharfem Löffel das Erkrankte entfernen.
Der Talus lässt sich leicht exstirpiren. Ist die Entfernung der
Knöchelenden nothwendig, so worden zunächst die äusseren Schälen
der Knöchel mit schräg aufgesetztem breitem Meissel abgeschält,
dann die Tibia mit dem Meissel abgeschlagen und endlich auch der
Talus, oder wenigstens seine Rolle, abgemeisselt oder abgesägt.
4. Durch starkes Anziehen des Fusses wird endlich die
hintere Kapsel wand der Exstirpation zugänglich.
— 278
Zur besseren Uebersichtlichkeit der Gelenkhöhle empfehlen
sich die Methoden, welche nach Durchtrennung der Weichtheile
den Fuss umklappen^ so dass man Talus- und Tibiagelenkfläche
mit einem Blick übersehen kann. Hierzu eröffnet man das Gelenk
mit äusserem seitlichen Querschnitt nach Kocher.
1. Hautschnitt in der Höhe der Fussgelenklinie vom Aussen-
rand der Strecksehnen (^Ec) bogenförmig über die Spitze des Malleolus
externus bis an die Achillessehne (Fig. 470).
2. Nach Durchtrennung der Fascie werden die Strecksehnen
und der M. peronaeus tertius (^) nach innen gezogen. Die
Fig. 470. Gelenkkapsel und die
Bänder löst man vom
Vorderrande der Tibia
und Fibula und dicht
um den Malleolus ex-
ternus herum ab.
3. Am hinteren
Rande des Knöchels
wird die Scheide der
Peronei bis über die
Gelenklinie hinauf er-
öffnet, die Sehnen der
Peronei (P) werden kräftig nach
hinten gezogen oder, Avenn dadurch
nicht genügend Raum geschafft wird,
durchschnitten (und später wieder
vernäht). Der hinter diesen Sehnen
verlaufende N. saphenus ext. (aS)
muss möglichst geschont werden.
4. Nun wird die hintere Wand
der Strecksehnenscheide und die
Kapsel (/:) am vorderen und hinteren
Bande der Tibia bis an den Malleo-
lus internus hin abgelöst.
5. Jetzt lässt sich der Fuss
durch eine kräftige Hebelbewegung
über den Malleolus internus herüber
Resection des Fussgelenks nach Kocher, medianwärts wälzen (luxiren),
Fig. 471.
279 —
sodass der innere Rand der Fusssohle der Innenseite des Unter-
schenkels anliegt und nach oben gerichtet ist (Fig. 471).
6. Löst man dann noch von der hervorragenden Spitze des
Malleolus internus vorsichtig die Bänder ah, so kann man alle
Winkel des Gelenkes frei übersehen, alles Erkrankte entfernen und
den Talus leicht reseciren. Will man den Talus schonen, dann
muss man sich vor der Eröffnung des Talocalcanealgelenkes am
hinteren und seitlichen Umfange des Talus hüten.
Mit äusserem Sehrägschnitt nach Girard.
1. Der Haut- Fig. 472.
schnitt beginnt an
der Aussenseite senk-
recht oberhalb der
Spitze des Malleolus
externus zwischen Ti-
bia und Fibula und
läuft schräg nach unten
bis über die Spitze des
Malleolus herab auf
einen schrägen Schnitt.
der vom äusseren Resection des Fussgelenks nach Girard.
Rande der Achillessehne an der Spitze des äusseren Ejiöchels
vorbei bis zur Sehne des Peronaeus -^^s- 473.
tertius geführt wird (Fig. 472).
2. Die Sehnen des M. pero-
naeus longus und brevis werden
biosgelegt und zwischen Seiden-
anschlingungen durchgeschnitten ;
die durch den Hautschnitt ge-
bildeten Lappen präparirt man zu-
rück, bis das Fussgelenk und der
Talus sichtbar werden.
3. Die Gelenkkapsel wird ge-
spalten und sammt den Bändern
abgelöst, so dass sich der Fuss
stark supiniren lässt.
4. Darauf gelingt es leicht,
den Talus zu exstirpiren und Eröffnung des Fussgelenks nach Lauenstein.
wenn nöthig, den Fuss ganz nach innen umzuklappen, so dass
— 280
Fig. 474.
die Gelenkhöhle frei vorliegt und alles Kranke aus ihr entfernt
werden kann.
5. Schliesslich wird der Fuss in seine ursprüngliche Lage zu-
rückgebracht, die durchschnittenen Sehnen durch die Naht vereinigt,
die Wundhöhle drainirt und der Hautschnitt vernäht.
Lauenstein eröffnet das Fussgelenk durch einen langen
Bogenschnitt auf der Aussenseite, welcher von der Mitte der Fibula
über den äusseren Knöchel, über den Köpfen des M. extensor digi-
torum brevis und hinter der Sehne des Peronaeus tertius (Fig. 473)
nach vorne bis zur Höhe des Talonaviculargelenks zieht.
Die Haut wird nach vorne und hinten abpräparirt, die
Fascie am vorderen E,ande der Fibula gespalten, das Fussgelenk
vor dem Malleolus externus geöjffnet. Nach Abhebung der Streck-
sehnen wird das Ligamentum cruciatum durchschnitten und der
vordere Kapselansatz bis über die Mitte der Tibia abgetrennt.
Dann spaltet man die Fascie am hinteren
Rande der Fibula und die Scheide der Pero-
nealsehnen, welche zusammen mit den übrigen
Muskeln durch einen stumpfen Haken nach
hinten gezogen werden. Durchtrennt man nun
die Ligamenta talo-fibulare und calcaneo-fibulare,
so lässt sich das Fussgelenk durch starke
Supination bequem auseinanderklappen, und alles
sichtbar Erkrankte entfernen.
Hueter legte das Fussgelenk mit vorderem
Querschnitt von einem Malleolus zum andern
frei (Fig. 474), wobei sämmtliche Sehnen und
Nerven durchschnitten und nach Ausführung
der nothwendigen Eingriffe im Gelenk wieder
durch die Naht vereinigt werden. Diese Methode
giebt zwar einen sehr guten TJeberblick über
ResecliondesFussgelenks die Gelenkerkrankung, insbesondere über
nach Hueter. (jg^ Talus, macht aber doch recht erhebliche
Nebenverletzungen, die bei Anwendung der seitlichen Schnitte um-
gangen werden.
Die Resection des Talus
kann mit einem der Schnitte zur Fussgelenksresection ausgeführt
werden; einfacher und schonender aber ist es, wenn man den
Talus allein exstirpiren will, einen
— 281 —
vorderen Längsschnitt nach Vogt
am Fussgelenk über die Streckselmen hinweg bis vor das Talo-
naviculargelenk zu führen (s. Fig. 463). TJnterhautzellgewebe,
Fascie und Lig. cruciatum werden durchschnitten, die von der
Unterlage abgehobenen Strecksehnen stark medianwärts gezogen,
der Extensor digitorum brevis wird eingeschnitten und stark lateral-
wärts abgedrängt.
2. Nach Spaltung der Kapsel und Ablösung der Bänder-
ansätze wird das Collum und Caput tali durch quere Durchtrennung
des Lig. talonaviculare freigelegt,
3. Auf den Längsschnitt setzt man nun einen Querschnitt,
welcher bis zur Spitze des Malleolus externus zieht und die Weich-
theile schichtweise bis auf den Talus durchtrennt, ohne die Peronei
zu verletzen.
4. Nach Durchschneidung des Lig. talofibulare ant. und post.
und der Bänder im Sinus tarsi, kann man nun bei stark supinirtem
Fuss den Talus mit einer Resectionszange stark nach aussen
drehen und nach Abhebelung des inneren Seitenbandes und der
Verbindung mit dem Calcaneus entfernen.
5. Nach Auslösung des Knochens lässt sich nun von der
Gelenkhöhle alles Kranke übersehen und entfernen. Die Haut-
Avunde wird vernäht und da die Gelenkfläche des Calcaneus sehr gut
in die gabelförmige Gelenkfläche des Unterschenkels hineinpasst,
so ist später der Gang trotz des fehlenden Talus ein recht guter.
Die Resection des Calcaneus
mit äusserem Winkelschnitt nach Ollier,
1. Der Schnitt zieht am Aussen- ^is- 475.
rande der Achillessehne 2 cm oberhalb . \ , \\
des äusseren Knöchels beginnend bis \ ',' •, \\
zum unteren Rand des Hackenknorrens \ -y. Ä^^^^— ^
herab und biegt hier rechtwinklig nach j 'j '• ■ / ""-i:^--^^
vorn ab am unteren Rande des Calcaneus /»....--'■-'; /,.-'f^---->/^r"
entlang bis zur Basis Metatarsi (Fig. 47 5). ;\ ;.k,^^~
2. Unter Schonung der Peroneal- \\v /^--^"^^^^ — _^
sehnen wird der Schnitt überall durch
, -Ti . , T . ,. ^ ^r 1 j.- rj. Resection des Calcaneus nach Ollier.
das Periost bis auf den Knochen vertieft,
darauf werden die Weichtheile auf seiner äusseren, unteren, hinteren
und inneren Fläche überall abgehebelt, dann die Verbindung des
282 —
Knochens mit dem Os cuboideum und dem Talus durchschnitten
und endlich die Bandverbindung mit dem Os naviculare und cuboi-
deum durchtrennt.
3. Die Hautwunde kann in ganzer Ausdehnung vernäht werden;
in ihren abhängigsten Winkel oder in ein eigens geschnittenes
Knopfloch wird ein Drainrohr eingelegt.
Fig. 476.
Der Sporensehnitt nach Guerin
umkreist zunächst die Plantarfläche der Hacke bogenförmig. Ein
kleiner senkrechter Schnitt verläuft in der
Mittellinie zur Achillessehne herauf (Fig. 476).
Im Uebrigen verfährt man im Ganzen, wie bei
der vorigen Operation.
Bei Entzündungen und Necrosen gelingt
es ziemlich leicht, das Periost überall abzu-
lösen ; handelt es sich aber um tuberkulöse
Knochenherde, so ist es einfacher und ebenso
zweckmässig, mit dem scharfen Löffel das spon-
giöse erweichte Knochengewebe rein auszu-
schaben und nur eine dünne Rindenschicht,
sammt dem Periost stehen zu lassen. Die
Erfolge sind dabei recht gut, wenn man die
grosse Höhle nachher voll Blut laufen lässt.
Resection des Calcaneus
nach GuerJn.
Die Resection der übrigen Fusswurzelknochen
bei tuberkulösen Erkrankungen muss ganz
atypisch gemacht werden und bei guter Zugänglichkeit die voll-
ständige Entfernung alles Erkrankten anstreben.
Bardenheuer verfährt hierbei folgendermassen ; ein Quer-
schnitt über den Fussrücken trennt sämmtliche Weichtheile und
Sehnen bis auf den Knochen, die zum Hallux führenden Sehnen
können indess meistens geschont werden. Nachdem die Knochen
genügend abpräparirt sind, werden sie vor und hinter dem er-
krankten Theil, sammt dem Periost mit der Säge oder mit Hammer
und Meissel quer durchtrennt und von den Weichtheüen der Fuss-
sohle abgelöst. Zurückbleibende Gelenk flächen müssen der
rascheren Heilung wegen angefrischt werden. Dann stopft man
die grosse Wunde mit Jodoformgaze aus und drängt den vorderen
Fusstheil erst später an den hinteren heran, oder man vernäht
— 283 —
die Hautwunde sogleich und hält durch den Verband die Knochen-
flächen fest gegen einander gedrückt. Nach erfolgter Heilung ist
der Fuss allerdings etwas kürzer, aber zum Gehen sehr gut zu
gebrauchen.
Die osteoplastische Resection im Tarsus.
Nach Mikulicz- Wladimiroflf.
Bei ausgedehnten Verletzungen des hinteren Theiles der Fuss-
wurzel bis ins Sprunggelenk, ebenso wie bei grossen Defecten oder
Geschwüren der Haut auf der Rückseite des Fusses kann durch
diese Operation der vordere Theil des Fusses erhalten und mit den
abgesägten Unterschenkelknochen in Spitzfussstellung zur Ver-
wachsung gebracht werden, so dass der Geheilte auf den Köpfchen
der Metatarsusknochen gehen kann. Dieselbe wird in folgender
Weise ausgeführt :
1. Ein querer Schnitt, der am inneren Fussrande vor der
tuberositas ossis navicularis beginnt und am äusseren Fussrande
hinter der tuberositas ossis metatai'si V endigt, trennt die Weich-
theile der Fusssohle bis auf die Knochen (Fig. 477).
2. Ein zweiter Querschnitt, der oberhalb der Ferse von dem
hinteren Rande des Malleolus internus bis zu dem hinteren Rande
des Malleolus externus geführt wird, trennt die Achillessehne sammt
den übrigen Weichtheilen in der Höhe des Tibiotarsalgelenkes.
3. Die Endpunkte dieser beiden Querschnitte werden mit ein-
ander verbunden durch zwei Schnitte, welche an beiden Seiten
schräg von hinten oben nach vorne unten verlaufen und sofort bis
auf die Knochen dringen.
4. Bei stark dorsalflectirtem Fuss werden durch kräftige
Schnitte die hintere Kapselwand und die Seitenbänder des Tibio-
tarsalgelenkes getrennt.
5. Talus und Calcaneus werden sorgfältig aus den Weich-
theilen des Fussrückens gelöst und im Chopart'schen Gelenke
exarticulirt.
6. Die Malleolen sammt der Gelenkfläche der Tibia und dar-
nach auch die Gelenkflächen des os naviculare und cuboides werden
abgesägt (Fig. 478).
7. Alle durchschnittenen Gefässe, namentlich die Art. tibialis
postica und die peripheren Stümpfe der Art. plantaris externa und
interna werden sorgfältig unterbunden.
284
Fig. 477
Z>^'^
Fig. 478.
Fig. 479.
Fig. 4S0.
Osteoplastische Resection im Tarsus nach Mikulicz-Wladimiroff.
8. Der Fuss wird in starke Equinus-
stelluDg gebracht, die Sägeflächen der ossa
cuboides und naviculare werden an die Säge-
flächen der Unterschenkelknochen angelegt und
entweder sogleich durch starke Catgutnähte
oder nach Vereinigung der Wunde durch schräg
eingetriebene lange Stahlnägel daran befestigt
(Fig. 479).
9. Die Sehnen der Plantarflexoren werden
subcutan durchschnitten, damit sich die Zehen
in rechtwinklige Dorsalflexion stellen.
-^ 285 ^
10. Durch tiefe Catgutnähte werden die reichlichen "Weich-
theile der Dorsalfläche faltig zusammengedrängt und dann die
"Wundränder durch oberflächliche Nähte bis auf die Drainlöcher
vereinigt. Fig. 480 zeigt das Aussehen des Stumpfes.
Operationen bei Klumpfuss.
Die Behandlung des Klumpfusses durch Orthopädie ver-
langt grosse Ausdauer und Gewissenhaftigkeit sowohl vom Arzt
als auch vom Kranken. Leichtere Fälle lassen sich in den ersten
Lebensjahren durch Anlegung von Schienen (^plastische Schienen
nach Little, König) nach und nach bessern; unter Umständen
muss man den Fuss gewaltsam umstellen, indem man die
Knochen auf der Aussenseite zusammendrückt und die Bäuder-
oder Knochenansätze an der Innenseite des Fusses zerreisst. Dies
geschieht durch kräftige Pronation (Senkung des inneren Fuss-
randes) und daran anschliessend dorsale Flexion und Abduction.
Der Fuss giebt dabei unter deutlichem Krachen nach. In der
verbesserten Stellung wird für 2 — 3 Wochen ein harter Verband
angelegt. Durch Massage und active und passive Bewegungen
wird diese Kur wesentlich unterstützt. Ebenso ist es mitunter
nöthig, die Tenotomie der Achillessehne und der Supi-
natoren vorzunehmen. Meistentheils wird man bei einiger Gre-
duld und Wiederholung dieses Verfahrens auch in schwei'en Fällen
zum Ziele kommen. Bei veralteten oder recidivirenden Klump-
füssen Erwachsener ist man indessen oft genöthigt, die Knochen
selbst anzugreifen : durch die einfache oder keilförmige Osteo-
tomie an der Aussenseite des Tarsus, die Osteotomie des Unter-
schenkels dicht über dem Fussgelenk
(S. 146), die Exstirpation des Talus
(S. 281) oder des os cuboideum,
oder mehrerer Fusswurzelknochen.
Die keilförmige Osteotomie am
Tarsus macht Prince durch einen
queren T Schnitt über die am meisten
hervorspringende Stelle an der Aussen-
seite. Die Weichtheile werden bis
auf den Knochen durchtrennt und
hart an den zurückgewichenen Haut-
rändern je ein grader jVIeissel schräg
Fig. 481.
Keilförmige Tarsectomie.
286 --
Fig. 482.
durch das Fussgelenk nach der Innenseite getrieben, sodass nach
Entfernung des durch die Meissel ausgehobenen Knochenkeiles der
Vorderfuss in Abduction gebracht werden kann (Fig, 481).
P h e 1 p s erreicht diese Umstellung auf entgegengesetztem
Wege durch Trennung aller sich spannenden Theile am inneren
Pussrande.
1. Nach vorausgeschickter Tenotomie der Achillessehne wird
am inneren Pussrand ein querer Hautschnitt parallel dem Talona-
viculargelenk angelegt.
2. Trennung der Pascia plan-
taris, des M. flexor digitorum longus,
flexor hallucis longus, abductor hallu-
cis, und, wenn nöthig, des flexor digit.
comm. brevis, welche nach einander
mit einem Schielhaken hervorgezogen
und durchschnitten werden können
(Fig. 482).
3. Bisweilen ist noch die Durch-
schneidung des ligamentum deltoi-
deum und die Einmeisselung des Talus-
halses nothwendig.
4. Der Puss wird umgestellt,
die weitklaifende Wunde tamponirt
und sofort ein Gipsverband angelegt,
unter dem die Wunde durch Grranu-
lation mit breiter Narbe heilen muss.
Während der Nachbehandlung werden täglich passive Bewegungen
und Massage ausgeführt und der Puss durch einen Gummipflaster-
streifen, später durch einen Gummischlauch in seiner verbesserten
Stellung gehalten.
Klumpfussoperation nach Phelps.
Operationen bei Plattfuss.
Beim Plattfuss erzielt man durch gewaltsame Umstellung
und Befestigung in dieser verbesserten Stellung durch abnehmbare
harte Verbände neben passiver Bewegung und Massage recht gute
Erfolge. Ausserdem lässt man den Patienten auf geeigneten Stiefeln
gehen, deren innerer Sohlenrand durch eine eingelegte Feder
erhöht ist, um dem gesunkenen Fussgewölbe eine Stütze zu ge-
währen. Bei gewöhnlichen Stiefeln lässt sich dies auch durch
— 287 —
■weiche Guramieinlagen erreichen. Für schwere Fälle eignet sich
die Osteotomie oberhalb der Malleolen nach Trendelenburg,
S. 146, oder die
Arthrodese des Talonaviculargelenkes nach Ogston.
1. Der Fuss wird auf die Aussenseite gelagert und das Ge-
lenk zwischen Talus und Os naviculare bestimmt, welches etwas
weiter nach vorn als am normalen Fuss liegt.
2. Der Hautschnitt verläuft parallel der Sohle an der Innen-
seite 3 cm lang und fingerbreit unterhalb der Tibia beginnend bis
auf den Knochen.
3. Vom klaffenden Gelenk aus wird das lig. talonaviculare
sammt der Kapsel und den Weichtheilen vom Os naviculare gelöst
und nach unten geklappt.
4. Mit einem schmalen, flachen Hohlmeissel schneidet man
von beiden Gelenkflächen die Knorpel und eine dünne Schicht des
Knochens ab, bis die Flächen in normaler Fussstellung gut auf
einander passen ; in veralteten Fällen muss hierzu auch der untere
Vorsprung des Talus entfernt werden.
5. Mit einem feinen Bohrer werden vom Kahnbein aus zwei
etwa 3 cm tiefe Löcher bis in den Talus hineingebohrt, das erste
an der oberen inneren, das zweite an der unteren inneren Seite
des Kahnbeins eindringend.
In diese Löcher werden zwei Elfenbeinstifte von der Dicke
elfenbeinerner Stricknadeln eingetrieben. Die vorspringenden Enden
der Zapfen werden mit der Knochenscheere abgeschnitten und die
Wunde darüber vernäht.
Um die Gelenkverbindung zu recht fester Verwachsung zu
bringen, ist es allerdings nöthig, den Kranken 3 — 4 Monate das Bett
hüten zu lassen.
Resection des Kniegelenkes.
Mit vorderem Bogenschnitt nach Textor.
1. Bei rechtwinklig flectirtem Knie wird ein Schnitt (Fig.
483) vom hinteren B,ande des einen Epicondylus zu dem des
anderen im Bogen dicht oberhalb der Tuberositas tibiae hingeführt,
welcher sogleich das ligamentum patellae und die vordere Wand
der Gelenkkapsel trennt.
2. Unter stärkerer Beugung des Unterschenkels werden die
beiden Seitenbänder und darauf die ligamenta cruciata (Fig. 484)
vom Femur abgeschnitten ; das Gelenk klafft weit.
— 288 —
3. Durch vorsichtige Schnitte, welche stets gegen den Knochen
gerichtet sind, wird die hintere Kapselwand vom Femur abgetrennt
(Fig. 485). Durch Schnitte, welche sorglos nach hinten geführt
werden, können die grossen Gefässe der Kniekehle verletzt werden.
Fiar. 483.
Fig. 481.
Resection des Kniegelenks nach Textor.
Ligamenta cruciata.
4. Der Gelenkkörper des Feraur wird her vorgedrängt, und
so weit er vom Knorpel überzogen ist, parallel mit seiner Gelenk-
fläche abgesägt.
5. Ebenso wird der Gelenkkörper der Tibia abgesägt, ohne
Verletzung des Fibulagelenkes, welches in der Hegel nicht mit
dem Kniegelenke in Verbindung steht.
6. Die Patella wird herausgelöst und von der Extensoreu-
sehne abgeschnitten. Auch die obere Ausstülpung der Ge-
lenkkapsel (Bursa extensorum) muss, wenn sie degenerirt ist,
sorgfältig herauspräparirt werden.
7. Auch kann man die Patella, wenn sie gesund ist, nach
Absägung ihrer Knorpelfläche, auf die Condylen festnageln.
8. Da es bei der Pesection des Kniegelenks darauf ankommt,
nicht ein bewegliches Gelenk, sondern eine Ankylose in ge-
streckter Stellung zu erzielen, so müssen die Säg'eflächen der
— 289
Knochen genau aufeinander gepasst und möglichst sicher aneinander
befestigt werden.
Fig. 485.
Fig. 486.
Lage der Arteria und Vena popiitea hinter der
Wundfläche.
Nageiung des resecirten Kniees.
9. Zu dem Zweck kann man mit einem feinen Knochenbohrer
(Fig. 236), an dessen Spitze sich ein Loch befindet, beide Knochen-
enden an mehreren entsprechenden Stellen schräg durchbohren und
durch die Bohrlöcher starke Catgutfäden oder Silberdrähte ziehen,
mit welchen man die Knochenflächen gegeneinander drängt.
10. Noch zweckmässiger ist es (nach E. Hahn) die Knochen
an einander festzunageln , indem man nach Vereinigung der
Wunden und vor Anlegung des Verbandes lange vernickelte oder
versilberte Stahlnägel (Fig. 238) (von denen man verschiedene
Grössen vorräthig haben muss) an beiden Seiten des Femur durch
die Haut sticht und mit dem Hammer schräg durch beide Knochen
treibt (Fig. 486).
11. Bei ungestörtem aseptischen Wundverlauf findet man,
wenn in der 4. oder 5. Woche der Verband entfernt wird, die
Esmarch-Kowalzig, Technik. 4. Aufl. ]9
— 290
Knochen in der Regel fest mit einander verwachsen; die Nägel,
welche inzwischen locker geworden sind, lassen sich durch leichte
Drehung ohne llühe wieder herausziehen und die kleinen Stich-
öffnungen heilen in wenigen Tagen wieder zu.
Auf das Absägen und An ein an der füg en der Knocheu-
enden ist, wie schon erwähnt, besondere Sorgfalt zu verwenden,
um die grossen Knochenflächen zur festen Ankylose zu bringen.
Alle die S. 146 beschriebenen Arten des stufen- und keilförmigen
Absägens, des Einkeilens u. s. w., sind hauptsächlich hierfür an-
gegeben worden. Das gerade Absägen mit nachfolgender Nagelung
bietet meist recht sicheren Erfolg. Sägt man aber nach Kocher
die Gelenkenden mit einer schmalen Säge leicht bogenförmig
ab. so kann man die Nagelung umgehen, da dann eine seitliche
Fig. 487. Verschiebung weniger zu befürchten
ist. Auch Helferich sägte bei
Resectionen wegen winkliger Ankylose
einen bogenförmigen Keil her-
aus (Fig. 487).
Sind die Sägeflächen ungleich
gross geworden, so müssen ihre
hinteren Kanten aneinander ge-
passt werden, weil eine in die Knie-
kehle vorsj)ringende scharfe Knochen-
kante eine IJsur der Poplitealgefässe
verursachen könnte.
12. Zur Tr 0 cke nlegung des resecirten Kniegelenkes dienen
zwei kurze Drainröhren, welche auf beiden Seiten in die "Wund-
winkel des Bogenschnittes eingeschoben werden und eine dritte,
welche vorne in die Kuppe der Bursa extensorum hineingeführt wird.
Auch sucht man durch tiefe (verlorene) Catgutnähte, welche
man vor Schluss der "Wunde an verschiedenen Stellen anlegt, die
Hohlräume in der Tiefe der "Wunde so viel als möglich zu beseitigen.
Hat man ausserdem alle durchschnittenen Gefässe, die man
bei vorsichtigem und blutlosem Operiren leicht als solche erkennt,
sorgfältigst unterbunden, so kann man die Drains entbehren und
sich damit begnügen, die "Wundwinkel klaffend zu lassen.
13. "^^on besonderer "Wichtigkeit ist der Verband, welcher die
Knochen in ihrer Lage sicher festhalten, die Wundhöhle allseitig
gleichmässig zusammendrücken und das Eindringen von Fäulniss-
Bogeniörmiges Absägen der Knochen
nach Helferich.
291 —
erregern sicher verhindern muss. Wenn er diese Aufgaben erfüllt,
so kann man ihn bis zur YÖlligen Heilung. 5 — 6 Ti^ochen lang,
liegen lassen.
14. Sehr zweckmässig ist ein Polsterverband (s. Bd, I.
S. 49), welcher am besten in der Lage, welche in Bd. I. Fig. 49
abgebildet ist, folgendermassen angelegt wird.
15. Zuerst legt man auf alle die Stellen, wo sich die Weich-
theile mit den Fingern tief eindrücken lassen, kleine Polster, oder
Ballen von KrüUmull und darüber ein massig grosses Polster,
welches die ganze Kniegelenksgegend allseitig umschliesst.
Unterhalb des Polsters wird das Bein bis nahe an die Knöchel,
oberhalb bis nahe an den Schnürgurt, welcher dicht unter der
Sehenkelbeuge angelegt ist, mit aseptischer Watte urr.geben, und
dann Pokter und Watte mit einer sterilen Mullbinde fest ein-
gewickelt.
16. Feber diesen inneren Verband wird ein gutes desinficirtes
Blumentopfgitter (Fig. 488) geschoben und gleichfalls mit Mull-
binden darauf festgewickelt. Dasselbe giebt dem Verbände eine
solche Festigkeit, dass man das Glied an der Hacke emporheben
kann, ohne dass die Stellung der resecirten Knochen zu einander
sich ändert.
Fig. 488.
Blumentopfgitter als Schiene nach Resection des Kniegelenks.
17. Darüber legt man das grosse äussere Polster, welches
den o-anzen inneren Verband umschliesst und wickelt es mit an-
gefeuchteten gestärkten Mullbinden fest.
18. Darauf lagert man das Bein sehr sorgfältig auf eine flache
Beinschiene (s. Bd. I. Fig. 167, 172, 175, 234), auf welcher
die Polsterung so vertheilt sein muss, dass die noch nicht
eingewickelten Theile gut unterstützt sind und namentlich die
19*
— 292 —
Hacke keinen Druck erleiden kann, und wickelt es mit feuchten
Mullbinden darauf fest, nachdem man vorher rasch den Schnür-
gurt entfernt hat.
19. Dabei wird das Bein senkrecht in die Höhe gerichtet, um
den Blutzufluss zu verlangsamen, und nachdem der Operirte in
dieser Stellung ins Bett getragen ist, lässt man dieselbe noch
mehrere Stunden lang beibehalten. Fast immer gelingt es, auf diese
Weise dem Kranken jeden Blutverlust zu ersparen (vergl. S. 60).
Hat man aber nicht sorgfältig genug die durchschnittenen
Gefässe unterbunden, dann kann es vorkommen, dass einige Stunden
nach Senkung der Extremität das aussickernde Blut den Verband
durchdringt und an der hinteren Fläche zum Vorschein kommt.
(Am ersten kommt es natürlich zum Vorschein bei den durch-
brochenen Drahtschienen (Bd. I. Fig. 172, 176), während es bei
den Blechschienen (Bd. I. Fig. 167) erst sichtbar wird, wenn
es bis an den oberen hinteren ßand der Schiene gelangt ist.)
In solchem Falle darf man nicht säumen, sofort den äusseren
Verband zu wechseln.
Man hebt nach Durchschneidung der äussersten Binde das
Bein aus der Schiene, nimmt das äussere grosse Polster ab, legt
darnach ein neues grosses Polster herum und lagert das Glied
wieder auf die frisch gepolsterte Schiene.
(In solchen Fällen ist der Nutzen der inneren Gitter-
schiene besonders ersichtlich, da dieselbe es möglich macht, den
Verband zu wechseln, ohne dem Kranken Schmerzen zu verursachen
und ohne die Stellung der Knochen zu einander zu verändern.)
Fig. 489.
In denjenigen Fällen, wo neben der Er-
krankung der Knochen auch eine ausgedehnte
Kapseldegeneration, besonders der Bursa ex-
tensorum, vorhanden ist, empfiehlt es sich,
die ßesection
mit dem oberen Bogenschnitt nach
E. Hahn
auszuführen.
Der Schnitt verläuft von der Innenseite
der Gelenklinie bogenförmig aufwärts, durch-
trennt die Sehne des M. quadriceps oberhalb
der Patella und endet am Aussenrande der
Bogenschnitt nach Hahn für /^ n i i, /ttc aoc\\
Resection des Kniegelenks. Gelenkspalte {Flg. 489j.
— 293 —
Die obere Ausstüljoung der Gelenkkapsel liegt nach
Herunterklappen des Lappens sofort frei vor und kann bequem
exstirpirt werden. Hierbei empfiehlt es sich, so sorgsam wie bei
Exstirpation einer bösartigen Geschwulst vorzugehen und die Kapsel
möglichst als Ganzes von ihrer Umgebung loszuschälen.
TTm den sehnigen Streckapparat desKnieeszu schonen, nach
dessen Durchtrennung nur selten wieder eine völlige Verwachsung
eintritt, ist es besonders bei Kindern auch angebracht, das Gelenk
freizulegen
Mit Querselinitt durch, die Patella nach v. Volkmann.
1. Der Schnitt geht quer vom vorderen TJmfange des einen
Epicondylus mitten über die Patella zum anderen und eröffnet das
Gelenk zu beiden Seiten neben der Patella, welche sogleich auf
dem untergeschobenen Zeigefinger durchsägt (oder durchschnitten)
wird ; ihre Hälften werden mit Haken nach oben und nach unten
gezogen.
2. Nach Durchschneidung der Ligamenta lateralia und cruciata
wird nun das Femur abgesägt, darauf die Gelenkfläche der Tibia
stark in die Wunde hinein und nach vorne gedrängt, umschnitten
und resecirt.
3. Xach Beendig-ung der Operation werden die Knochenflächen
an einander gebracht und die durchsägten Kniescheibenhälften mit
Catgut vereinigt. Sie sind schon nach 14 Tagen wieder fest mit
einander verwachsen. Bei ausgedehnteren Besectionen und stark
infiltrirten "Weichtheüen ist es zweckmässig, zu beiden Seiten des
Querschnittes 2 kleine Längsschnitte anzulegen Q — | schnitt).
Einen weniger guten Einblick in das Kniegelenk giebt die
subperiostale Eesection
mit seitlichem Bogenschnitt nach, von Langenbeck,
■welche nur bei Verletzungen des Gelenks anwendbar ist.
1. An der Innenseite des gestreckten Gelenkes wird ein
1.0 — 18 cm langer Bogenschnitt geführt, der 5 — 6 cm oberhalb
der Patella am inneren Bande des M. rectus femoris beginnt, mit
der Convexität nach hinten über den hinteren Band des Epicondylus
internus wegläuft und an der inneren Seite der Crista tibiae,
5 — 6 cm unterhalb der Patella, endigt (Eig. 490).
Fig. 490.
Fig. 492.
Bogenschnitt nach von Langenbeck
für Resection des Kniegelenks.
Fig. 491.
vastus rechts
Bänder des rechten Kniegelenks (Innenseite).
Fig. 493.
---sarto):
add. niagn
*+' — igracills
—semimem
—seniifendin
Innenseite des Kniegelenks.
Bänder des rechten Kniegelenks (Ausseuseite).
— 295 —
2. Im oberen Theile der Wunde liegt der vastus internus,
unter welchem die Sehne des M. abductor magnus hervortritt; im
unteren Theil ist die Sehne des M. sartorius sichtbar ; beide Sehnen
dürfen nicht verletzt werden (Fig. 491).
3. Das ligamentum laterale internum wird in der Gelenklinie
durchschnitten, die innere Kapselinsertion vom vorderen Rande
des Condylus internus bis unter den M. vastus internus herauf
abgetrennt, ebenso das ligamentum alare internum vom vorderen
Rande der Tibia bis zur Mittellinie (Fig. 492).
4. Das Knie wird gebeugt und während man es langsam
wieder strecken lässt, luxirt man durch einen kräftigen Druck die
Patella nach aussen.
5. Die ligamenta cruciata werden durchschnitten; um das ligam.
cruciatum posticum von der Eminentia intercondyloidea tibiae ab-
zutrennen, muss der Condylus internus tibiae nach vorne rotirt
werden.
6. Das ligamentum laterale externum sammt den benachbarten
Kapseltheilen wird durch einen kräftigen halbmondförmigen Schnitt,
der einige Linien unterhalb der Spitze des Epicondylus externus
geführt wird, abgetrennt (Fig. 493).
7. Das Gelenk klafft weit, die hintere Kapselwand wird
durchschnitten, die Gelenkkörper des Femur und der Tibia werden
nach einander herausgedrängt und. davon so viel abgesägt, als
nöthig erscheint.
8. Will man die Patella entfernen, so muss man den Rand
ihrer Knorpelfläche mit dem Messer umschneiden und sie dann mit
dem Schabeisen und Hebel aus ihrem Periost herauslösen, so dass
letzteres mit dem lig. patellae und der Strecksehne in Verbindung
bleibt.
Ehe man die Wunde vereinigt, wird ein starkes Drainrohr an
der abhängigsten Stelle herausgeleitet. Zweckmässig ist es,
auch an der Aussenseite eine kleine Gegenöffnung zu machen, aus
welcher man das andere Ende des Drainrohrs hervorragen lässt,
sowie durch die obere Ausstülpung der Gelenkkapsel ein Drainrohr
zu ziehen.
Aehnlich ist die Eröffnung des Kniegelenks
mit innerem Längsschnitt nach Hueter.
1. Mit kräftigem Messer wird bei gestrecktem Knie ein
Längsschnitt vom oberen Rande des inneren Condylus am vorderen
— 296 —
Rande des Ligamentum laterale entlang über den Kopf der Tibia
hinweg bis zum Ansatz des M. sartorius geführt. Die Weichtheile
werden sogleich bis auf den Knochen durchtrennt, einige Fasern
des M. vastus internus im oberen "Wundwinkel durchschnitten.
2. Das Lig. laterale internum wird durch einen Querschnitt
getrennt und dadurch die Gelenkkapsel eröffnet.
3. Nun löst man den Kapselansatz vom vorderen Theil des
Condylus internus bis zum oberen E-ande der Gelenkfläche mit dem
geknöpften Messer ab und hebelt den M. vastus internus vom
Knochen los.
4. Nach Ablösung des lig. alare internum vom vorderen
Hand der Tibia gelingt es leicht, die Patella nach aussen zu
luxiren.
Im Uebrigen verfährt man, wie oben S. 295 4. — 8. be-
schrieben ist.
In den Fällen, wo man nach alleiniger Esstirpation der
Kapsel bei ziemlich gesunden Knochen die Hoffnung haben kann, dem
Kranken ein bewegliches Gelenk zu erhalten (Ärthrectomie) (s. a.
S. 2y8), kommt es vor allem darauf an, die Sehne des Quadriceps
unversehrt zu lassen. Der Querschnitt durch die Patella thut dies
nur in ungenügender Weise, besser ist es, die Tuberositas tibiae
mit dem Ligamentum patellae schräg von unten nach oben mit
dem Meissel abzutrennen, nach oben zu klappen und schliesslich
wieder mit der Tibia zu vereinigen. Fast immer tritt knöcherne
Yerheilung ein. Eaipfehlenswerth ist ferner
die Ärthrectomie des Kniegelenks nach. Kocher.
1. Ein vorderer Querschnitt verläuft bogenförmig über
die Gelenklinie durch Haut und Fascie. Der Lappen wird von
der Patella und ihrem Ligament nach oben hin abgelöst.
2. Zu beiden Seiten der Patella wird der Eand des M. vastus
externus und internus freigelegt.
3. Die Kapsel wird neben der Patella und ihrem Ligament
beiderseits gespalten, ihr Ansatz am Femur sammt den Seiten-
bändern bis hinter und über den Condylen abgelöst und um-
geschlagen.
4. Die Patella wird erst nach einer, dann nach der andern
Seite luxirt. Das klaffende Gelenk kann man zum grössten Theil
übersehen, nöthigenfalls müssen die Ansätze der Kreuzbänder am
Femur abgetrennt werden.
— 297 —
5. Nun kann man nach Bedürfniss die ganze Synovialis
exstirpiren oder umschriebene Herde herausschneiden; die Patella
wird umgewälzt und an ihrer Rückseite von allem Erkrankten
befreit, ebenso die Eückfläche der Quadricepssehne sauber geglättet.
Auch die Bursa poplitea und semimembranosa lassen sich aus-
räumen.
6. Schliesslich vernäht man die Kapsel, wenn sie geschont
werden konnte, sorgfältig, und schliesst die Hautwunde durch
tiefe und oberflächliche Nähte, oder tamponirt die "Wundhöhle
mit Jodoforragaze, um sie erst nach 48 Stunden durch die
Secundärnaht zu vereinigen.
Die Function des Kniegelenks
bei serösem oder blutigem Erguss(Hydrarthr OS undHaemarthros)
macht man am oberen E,ande der Patella. Hier wird an einer
Seite ein mittelstarker Troicart so eingestochen, dass er quer zwischen
der Patella und den Condylen zu liegen kommt. Zweckmässig
ist es dabei, sich mit der linken Hand die Flüssigkeit aus der
oberen Ausstülpung und der dem Einstich gegenüberliegenden
Seite entgegenzudrängen, so dass die zu punktirende Stelle prall
gefüllt ist. Bei dicker Haut macht man zuvor an dieser Stelle
mit dem Messer einen kleinen Einschnitt, damit der Troicart leichter
durchgestossen werden kann.
Nachdem die Flüssigkeit abgelaufen ist, spült man das Gelenk
mit Borlösung so lange aus, bis diese klar aus der Canüle abfliesst,
macht dann noch eine Einspritzung von 3 "/„ Carbollösung (bei
Hydrarthros) oder von 1 ^/„^, Sublimatlösung (bei eitrigem Inhalt),
bedeckt die Stichöfifnung mit einem Stückchen Jodoformgaze und
legt einen Druckverband mit einer Knieschiene an. Zur Ver-
stärkung des Druckes, welcher das Wiederansammeln der Flüssig-
keit verhüten soll, wird darüber noch eine Kautschukbinde massig
fest umgelegt.
Die Drainage des Kniegelenkes.
1. Um bei Pyarthros das Gelenk gründlich mit antiseptischer
Flüssigkeit ausspülen zu können und dem abgesonderten Eiter
freien Abfluss zu verschaffen, genügt es in leichteren Fällen, an
beiden Seiten der Patella 2 — 3 cm lange Einschnitte zu
machen und in dieselben kurze Drains einzuführen, welche im
— 298 —
Niveau der Haut abgeschnitten und durch eine Naht oder eine
Sicherheitsnadel in ihrer Lage erhalten werden.
2. Nachdem durch diese Drains das Gelenk zuerst mit Salz-
wasser und dann mit l^jf^^, Sublimatlösung gründlich ausgespült
worden, wird ein gut comprimirender antiseptischer Polsterverband
angelegt, welcher alle Flüssigkeit aus dem Gelenk herausdrängt
und dann das ganze Bein gut immobilisirt, wie nach der ßesection.
3. Wenn darnach die Körpertemperatur wieder normal wird
und die Schmerzen sich verlieren, so kann man den Verband
ruhig mehrere Tage lang liegen lassen, wo nicht, so muss der
Verband jeden Tag gewechselt und die antiseptische Ausspülung
wiederholt werden.
4. In schwereren Fällen drainirt mau auch die obere Aus-
stülpung der Gelenkkapsel, die Bursa extensorum, durch Ein-
schnitte an beiden Seiten oberhalb der Patella, und wenn die Bursa
bereits geborsten und der Eiter unter den M. quadriceps femoris
ausgetreten ist, dann muss auch dieser Eitersack durch genügende
Einschnitte an seinem oberen Ende drainirt werden.
Resection des Hüftgelenkes.
Mit hinterem Bogensohnitt nach Anthony White.
1. Der Patient wird auf die gesunde Seite gelegt, der Ein-
schnitt beginnt in der Mitte zwischen spina anterior superior ossis
ilium und trochanter major, wird im Bogen über die Spitze des
letzteren herum und am hinteren ßande desselben etwa 5 cm abwärts
geführt (Fig. 494).
2. Mit einem starken kurzen Messer werden die sehnigen
Ansätze der Mm. glutaeus medius et minimus, der obturatores, des
pyriformis und des quadratus femoris (Fig. 495) vom Trochanter
abgetrennt und die Muskelmassen mit Wundhaken auseinander
gezogen, bis die hintere obere Fläche des Schenkelhalses und der
Pfanne sichtbar wird.
3. Ein kräftiger Schnitt am Rande des limbus cartilagineus
entlang öffnet das Gelenk ; der Schenkel wird flectirt und ab-
ducirt, mit schnalzendem Geräusch tritt der Schenkelkopf halb aus
der Pfanne.
4. Mit einem schmalen Messer, welches von hinten aussen in
das Acetabulum eindringt, wird das ligamentum teres gegen die
Fig. 494.
Fig. 495.
Resection des Hüftgelenkes.
Absägen des Seheukelkopfes mit der Ketteusäge, Zurückhalten der Weichtheile durch
eiuen Ziaustreifen.
— 300
Kuppe des Schenkelkopfes durchsclinitten, der letztere tritt ganz
aus der Pfanne heraus.
5. Mit einem Zinnstreifen, welcher hinter das coIlum femoris
geschoben wird, lässt man die "Weichtheile zurückdrängen; der
Schenkelhals wird mit einer Stich- oder Kettensäge durchsägt,
während der Schenkelkopf mit der Knochenzange fixirt wird
(Fig. 496). (Siehe das "Weitere bei der folgenden Operation.)
Subperiostale Resection des Hüftgelenkes.
Mit äusserem Längsschnitt nach von Langenbeck.
1. Bei halb (im Winkel von 45*^) flectirtem Oberschenkel
wird von der Mitte des Trochanters in der verlängerten Achse
des Oberschenkels ein gerader Schnitt etwa 12 cm nach
hinten oben in der Richtung gegen die spina superior posterior
des Darmbeins hin geführt (Fig. 497).
Fis:. 497.
Resection des Hüftgelenks. Längsschnitt nach von Laugenbeek.
2. Der Schnitt dringt zwischen die Faserbündel des M. glutaeus
maximus ein und spaltet die Schenkelfascie und das Periost des
Trochanters.
cruralis
Vorderseite.
Fig. 499.
ohturator ext.
üio-psoas
pectinaeusp-
adductor hrevis,
'\Jj i •--- -^^^ qlut. med.
/ \ '1
\,..i'lJlL quadrat. fem.
I .'VI alut. max.
' ' '1'
J^!§ adductor magnus
vast. int , —
Rückseite.
Muskelansätze am oberen Ende des rechten Femur.
— 302 —
Fig. 500.
3. Während man die Wundränder mit Haken kräftig aus-
einander ziehen lässt, werden von diesem Spalt aus sämmtliche
Muskeln, welche sich an den Trochanter ansetzen (an der vorderen
Fläche glutaeus minimus, pyriformis, obturator internus und
gemelli (Fig. 498), an der hinteren Fläche glutaeus medius
und quadratus femoris (Fig. 499), mit dem Messer von demselben
abgelöst, wobei man ihre Verbindung mit der Schenkelfascie und
dem Periost sorgfältig zu erhalten sucht.
Man kann sich diese mühsame Arbeit wesentlich erleichtern
dadurch, dass man (nach König) die Corticalis der vordem und
hintern Fläche des Trochanter major mit zwei Meisselschnitten
abtrennt und, ohne das Periost am unteren Pande der Schnitte
mit zu trennen, die beiden Knochenblätter durch Hebelbewegungen
des Meisseis nach beiden Seiten hin abbricht. Darnach schlägt
man das zwischen beiden stehen bleibende dreieckige Stück der
Trochanterspitze quer ab, worauf der Schenkelhals frei vorliegt.
4. Mit einem starken
Messer wird ein kräfti-
ger Längsschnitt auf den
Schenkelhals geführt
und so oft wiederholt,
bis die zähen Fasern
der Gelenkkapsel und
das Periost völlig ge-
spalten sind.
5. Von diesem Spalt
aus löst man, abwech-
selnd den Hebel und
das Messer gebrauchend,
das Periost in Vea-
bindung mit der Kapsel
und dem Ansatz des
M. obturator externus
ringsum vom Schenkel-
hals ab (Fig. 500).
6. Darauf spaltet
man das labrum carti-
lagineum und trägt nach beiden Seiten ein Stück mit dem
Messer ab.
7. Nun lässt man den Schenkel adduciren und nach einwärts
Bander an der vorderen Seile des Hüftgelenks.
— 303 —
rotiren, der Schenkelkopf tritt mit schnalzendem Geräusch lialh
aus der Pfanne heraus.
8. Ein langes schmales Messer wird von hinten und aussen
in die Pfanne eingeführt und trennt durch einen nach innen und
vorne gegen den Schenkelkopf geführten Schnitt das gespannte
ligamentum teres, worauf der ganze Schenkelkopf aus der "Wunde
hervortritt und wie oben beschrieben, abgesägi; werden kann.
9. Ist der Schenkelhals abgeschossen, so muss der Kopf mit
der Pesectionszange oder einem scharfen Resectionshaken gefasst
und hervorgeholt werden.
10. Ist auch der Trochanter major verletzt, so wird ein
Stück desselben mit dem Schenkelhals durch schräge Führung der
Säge entfernt.
11. Xach Stillung der Blutung wird ein starkes Drainrohr
bis in die Pfanne hineingelegt und in der ilitte der TVunde
herausgeleitet. Der übrige Theil der Vunde wii-d durch die Naht
geschlossen. Bei Tuberculose ist es auch zweckmässig, die ^Vunde
unter Tamponade heilen zu lassen.
Mit hinterem Längsschnitt nach Kocher.
1. Der Schnitt zieht von der Basis der Aussenfläche des
Trochanter major zum vorderen Bande der Trochanterspitze schräg
aufwärts nach vorn und dann in der Richtung der Pasern des
M. glutaeus maximus nach oben und hinten (Fig. 501).
2. Auf der Aussenfläche des Trochanter major (t^ wird die
Fascie des M-, glutaeus maximus gespalten und das Periost sammt
dem Ansatz des M. glutaeus medius frei gelegt.
3. Nach DurchtrennuDg der Fasern des glutaeus maximus (^Grn)
und der darunter liegenden Fettschicht gelangt man am unteren
Rande des M. glutaeus medius (^gmcT), an den oberen Rand des
M. pyriformis {p). Zieht man diesen nach unten, so tritt die
Rückfläche der Kapsel an der hinteren Pfannenwand zu Tage, nach
vorn hin wird am oberen Rande der Sehne des M. pyriformis der
Glutaeus medius vom Knochen abgehoben und die obere Spitze und
Aussenfläche des Trochanter dadurch freipräparirt (Fig. 502).
4. Am vorderen Rande des Trochanter zieht man den Glutaeus
medius und minimus nach vorne, an der Innenfläche den Pyri-
formis, Gemelli, Obturator externus (o} sammt dem Periost im
Zusammenhancf nach hinten ab.
— 304 —
5. Nachdem so die ganze ßiickfläche vom Kopf, Hals und
Trochanter des Femur freiliegt, ist es nicht schwer, die Synovialis
vor ihrer Eröffnung, soweit sie erkrankt ist, frei zu präpariren
und von ihrem Ansatz an Pfanne und Schenkelhals loszulösen.
Fig. 501.
Fig. 502.
Resection des Hüftgelenks nach Kocher.
1. Beseetiou des Darmbeins, 2. Resection des Hüftgelenks.
6. Bei stark adducirtem Schenkel wird nach Trennung des
Ligamentum teres der Kopf nach hinten luxirt, wodurch man
einen vollständigen Einblick in das Gelenk und besonders in die
Pfanne erhält. Alles Krankhafte kann nun gründlich entfernt
werden.
7. Ist nur die Arthrectomie nöthig, so eröffnet man ohne
erst die Muskelansätze vom Trochanter abzulösen sofort die Kapsel
(Je) am oberen Pande des Pyriformis und löst mit der Kapsel
die Muskelansätze vom Hals und Trochanter ab.
— 305 —
Ist bei Verletzungen des Hüftgelenks (nach Schuss wunden)
der Schenkelkopf oder -hals von vorne her zertrümmert oder ab-
geschossen, oder hat sich an der Vorderseite des vereiterten Hüft-
gelenks ein Abscess gebildet, oder ist bei Entzündungen nur das
Femur allein ergriffen, die Beckenpfanne aber noch gesund, so
kann man am leichtesten von vorne an das Gelenk kommen, hat
aber dabei nur geringe TJebersicht über das ganze Gelenk. Man
legt dieses dann frei
mit vorderem Längsschnitt nach. Lücke und Schede.
1. Der Schnitt beginnt dicht unterhalb und einen Fingerbreit
nach innen von der Spina anterior superior und wird 10 — 12 cm
gerade abwärts geführt (Fig. 503).
Fig. 503. Fig. 504.
nach Lücke und Schede
Resection des Hüftgelenks
nach Hueter.
2. Der innere Rand der Mm. sartorius und rectus femoris
wird freigelegt und nach aussen gezogen.
3. Im lockeren Zellgewebe des Muskelinterstitiums mit dem
Finger oder der Kornzange vordringend, trifft man auf den äusseren
üand des M. iliopsoas, der mit einem Haken nach innen gezogen wird.
4. Indem man das Bein etwas flectiren, abduciren und nach
aussen rotiren lässt, kommt die Gelenkkapsel zum Vorschein.
^ Esmarch-Kowalzi^, Technik. 4. Aufl. 20
— 306 —
Fig. 505.
5. Diese wird eröffnet und mit dem Kopfmesser nach oben
und unten hin möglichst weit eingeschnitten.
6. Der Schenkelhals wird mit dem Eleva-
torium isolirt und mit der auf dem Zeigefinger ein-
geführten Stichsäge senkrecht zu seiner Längs-
achse (von oben aussen nach unten innen)
durchsägt.
7. Der limbus cartilagineus wird durch kurze
kräftige Schnitte auf den Pfannenrand getrennt
und der Gelenkkopf mit einer Zange oder einem
Löffel (Löffel elevatorium nach L ö b k e r , Fig. 505)
herausgeholt, nachdem man das ligamentum teres
durchschnitten hat.
h,
Löffelelevatorium
Löbker.
Mit vorderem Schrägschnitt nach Hueter.
H u e t e r hat das eben beschriebene Verfahren
dahin abgeändert, dass er den Schnitt, von der
Mitte zwischen spina anterior superior und
trochanter, schräg nach unten innen 10 — 15 cm
am Aussenrande des M. sartorius entlang
führt (Fig. 504).
Der Schnitt dringt oben sofort bis auf den
Knochen, wodurch nur die äussersten Fasern des
vastus externus durchschnitten werden, läuft aber
nach im unteren "Wundwinkel seichter aus, um die
arteria circumflexa femoris externa zu schonen,
welche dicht unter dem Trochanter quer herüberläuft.
Bei dieser Methode ist es leichter, den verletzten Trochanter
mit wegzunehmen, als bei der vorigen.
Um den Abfluss des Wundsecrets zu sichern, müssen bei
diesen Methoden von der Wundhöhle aus sowohl nach hinten, durch
die Mitte des M. glutaeus maximus hindurch, als nach innen hinter
den Adductoren durch mit Hülfe der Kornzange Drainröhren ge-
zogen werden.
Tiling verlegt den Längsschnitt auf den vorderen
Rand des Trochanter, um die Ansätze der Glutaeen zu erhalten,
meisselt von diesem Schnitt aus den Trochanter ab in Verbindung
mit Periost und Muskelansätzen und lässt ihn nach hinten ziehen;
dann wird die Kapsel vorne abgelöst und bei auswärts rotirtem
— 307 —
Schenkel der Trochanter minor abgemeisselt und der Kopf luxirt.
Die abgeschlagenen Trochanteren werden nach Beendigung der
Operation in ihrer früheren Stellung am Schafte befestigt; sie
werden aber leicht nekrotisch, wenn es zur Eiterung kommt.
Olli er durchtrennt die Haut über dem Trochanter bogen-
förmig, meisselt diesen schief von aussen unten nach oben innen
ab und klappt das losgelöste Stück mit der Haut und den Glutaeen
zurück. Auch dadurch wird der Schenkelhals und Kopf recht
gut freigelegt. Das abgesägte Stück aber wird nach Beendigung der
Operation an seiner alten Stelle befestigt (osteoplastische Ablösung
des Trochanter).
Nach Beendigung der Operation wird sofort ein Extensions-
verband (s. Bd. I S. 57) angelegt, und die Contraextension durch
Erhöhung des Fussendes des Bettes bewirkt.
Bei der Nachbehandlung kommt es vor allem darauf an, das
Bein in Streckung und Abduction mit dem Becken zu ver-
heilen, um die eingetretene Verkürzung durch B e ck an Senkung
beim Gehen möglichst auszugleichen. Die Extension braucht nicht
besonders stark zu sein, da sonst durch Zerrung ein unbrauchbares
Schlottergelenk entstehen könnte, wogegen eine nur sehr massige
Beweglichkeit am meisten erwünscht ist und die brauchbarsten
Grlieder liefert. Man hat auch den abgesägten Schenkelhals in die
angefrischte Pfanne fest eingestemmt und dadurch knöcherne
Ankylose und bedeutende Abkürzung der Heilungszeit erreicht.
Beim Verbandwechsel wird der Kranke auf eine Beckenstütze
gelagert, während der Zugverband in "Wirkung bleibt, oder noch
besser, der Krankenheber nach Hase-Beck angewendet, wenn
er vorhanden ist.
Sobald die Wunde geheilt ist, kann man den Patienten auf-
stehen und mit einem aus Gips oder Kleister hergestellten Gips-
verband (tutor) umhergehen lassen.
Zur
Beseitigung der angeborenen Hüftluxation
bildet Hoffa bei Kindern folgendermassen eine neue Pfanne:
1. Nach Eröffnung des Gelenks mittelst des Langen-
b eck 'sehen Schnittes (Eig. 497) werden alle Weichtheile sub-
periostal vom Trochanter major abgelöst, bis es gelingt, durch
Flexion des Oberschenkels und directen Druck den Schenkel-
kopf in die alte Pfanne hineinzubringen (was vor der Er-
20*
— 308 —
Öffnung des Gelenks wegen der starken Muskelspannung nicht
möglich ist).
2. Um die verkürzten Muskeln (Biceps, Semimembranosus und
Semitendinosus) allmählig zu dehnen, wird der in Beugung
stehende Schenkel von einem Gehülfen langsam gestreckt, was bei
jungen Kindern in einigen Minuten gelingt; bei älteren Kindern
(nach dem 6. Jahre) muss man die Tenotomie der Sehnen in
der Kniekehle, die Durchtrennung der Fascia lata und der von
der Spina ilium ant. sup. herabziehenden Muskeln zu Hülfe nehmen.
3. Nun wird mit einem (mit Bajonnetstiel versehenen) scharfen
Löffel der ganze Pfannengrund sammt dem Bindegewebe und
Knorpel tief ausgeräumt, wobei darauf zu achten ist, dass die
Pfannenränder unversehrt bleiben,
4. Der Schenkelkopf lässt sich nun mit schnappendem Geräusch
in die ausgehöhlte Pfanne bringen, und wird in dieser Stellung
durch einen Gipsverband festgehalten.
Bei Erwachsenen empfiehlt es sich, nach König einen
Periostknochenlappen vom Becken mit dem Meissel abzuschälen,
nach unten zu klappen und ihn mit der Kapsel zu vernähen. Der
Schenkel muss hierbei freilich durch vorherige Bxtensionsbehandlung
beweglich gemacht sein.
Die Resection|des Darmbeins
wegen Caries oder Nekrose macht man am besten von einem bogen-
förmigen Schnitt aus, welcher auf dem Beckenrande entlang läuft
(Fig. 501, 1). Die Weichtheile an der Aussenseite werden subpe-
riostal von der Darmbeinschaufel abgehebelt und dann soviel als
nöthig ist vom Knochen entfernt. Von diesem Schnitte aus kann
man auch Sequester aus der Markhöhle des Darmbeins entfernen,
indem man die äussere Knochenlamelle des Darmbeins an der
Crista entlang einmeisselt und nach unten klappt, so dass die Mark-
höhle übersichtlich vorliegt (Bier). Kocher hat sogar eine
ganze Beckenhälfte mit sammt dem Pemurkopfe resecirt.
-^0^H$
Sach-Verzeichniss,
A.
Absägen der Knochen 164.
— bei Knieg^elenkresection 290.
Abquetschen der Glieder 49.
Abschnüren der Glieder 49.
Absetzung der Glieder 152.
Abtragung des Nagels 140.
Achillessehne, Tenotomie d. 127.
Acupunctur b. Aneurysmen 123.
— b. Pseudarthrosen 148.
Aderlass 117.
Aderlasslanzette 118.
Aderpressen 66.
— b. Aneurysmen 119.
— Improvisation 68.
Aether zur Narkose 14.
— als Anaestheticum 17.
Aetzkali 30.
Aetzmittel 30.
Aetzmittelträger 30.
Aetzpasten 31.
Akidopeirastik 24.
Alaun 75.
Amputatio, intracondylica (Syme)
22rt.
— malle olaris CSyme) 208.
— metatarsea 199.
— scapulae 271.
— supracondylica osteoplastica 227.
— tibiocalcanea osteoplastica 212.
Amputation, Regeln für 153.
— Messer für 155.
— aller Metatarsalknochen 199.
— des Oberarms 189.
— des Oberschenkels 227.
— osteoplastische (Bier) 219.
— Säge für 165.
— des Unterschenkels 217.
— des Vorderarmes 184.
Ad aesthe siel.
— , allgemeine 1.
Anaesthesie lokale 16.
Analeptica 116.
Aneurysmanadel 86.
Aneurysmen, Operation d. 119.
An frischung der Knochen bei
Pseudarthrosen 146.
Ankerschnitt bei Fussgelenk-
resection 275.
Antipyrin 75.
Aorta, Compression der 63.
— Unterbindung d. 102.
Aortencompressorien 67. 68.
Apoly se 241.
Apparat für Chloroformnarkose2.4.
— für künstliche Blutleere 51. 54.
Aqua Binelli 75.
Arbeitsklaue 172.
Argentum nitricum 30.
Arsenikätzpaste 31.
Arsenikätzpulver 31.
Arthrodese 238.
— bei Plattfuss 287.
Arthrectomie 238.
— des Kniees 296.
Arterienconipression 63.
Arterienligatur 75. 79. 84.
— bei Aneurysmen 121. 122.
Arterienpinzetten 75.
Arterienscheide, Eröffnung d. 85.
Arterientorsion 78.
Arterientopographie 87 — 110.
Arterien unterbin düng (am
Orte der Wahl) 84.
— anconaea 98.
— Aorta 102.
— axillaris 96.
— brachialis 98.
— carotis communis 89.
— — externa 90.
— — interna 90.
— femoralis 106.
310 —
Arterienunterbindung
— glutaea superior 105.
— iliaca communis 103.
— — externa 104.
— — interna 103.
— ischiadica 105.
— lingualis 91.
— maxillaris externa 92.
— occipitalis 92.
— Poplitea 109.
— radialis 99.
— subclavia 92 — 94.
— temporalis 92.
— tibialis antica 109.
— — postica 111.
— ulnaris 100.
— vertebralis 95.
Asphyxie, spastische 7.
— paralytische 7.
Athmung, künstliche 11 — 13.
Augenlidklemme 62.
Aufhebung des Kreislaufes bei
Aneurysmen 121.
Autotransfusion 116.
B.
Balkennaht 39.
Balkenpinzette zur Torsion 78.
Bajonnetschnitt für Resection
des Ellbog. 258.
Bein, künstliches 173.
Beugung, forcirte zur Blutstillung
71.
Blaustift (Cupr. sulfur.) 30.
Bleiplatten naht 39.
Blutentziehung 117,
Blutersatz 112.
Blutgerinnung in Aneurysmen
119, 122.
Blutleere, künstliche 50.
— eines Fingers 54. 56.
— an Genitalien 56.
— am Oberschenkel 56.
— am Schultergelenk 55.
— Nachtheile 62.
— Vortheile 61.
Blutreservoir b. künstlicher Blut-
leere 83.
Blutsparung 49.
Blutstillung in der AVunde 73.
Blutstillungsmittel 74.
Bogenförmige Anfrisch ung bei
Knieresection 290.
Bogensäge 165. 242.
Bogenschnitt
für Hüftresection 298.
— Knieresection 287.
— Schulterresection 267.
Brachialis, Compression der 63.
Bromaethy 1 16.
c.
Calcaneus, Resection des 281.
Canüle zur Transfusion 114.
Cauterium actuale 26.
— Potentiale 30.
Gar b Ölsäure (Aetzmittel) 32.
Oarbolseide 34.
Carotis communis, Compression
der 63.
— Unterbindung der 89.
Carpalgelenk, Exarticulation d.
Daumens im 178.
Carpus, Resection des 248.
Catgut 33.
Chirurgischer Knochen 36.
Chloraethyl, als Anaestheticum
17.
C h 1 o r m e t h y 1 , als Anaestheticum
17.
Chloroform 1.
Chloroform -Aether Narkose
15
Chloroformapparat nach von
Esmarch 2.
— nach Junker 4.
— nach Schimmelbusch 3.
Chloroformtod 8.
Chlorzink (Stypticum) 75.
— b. Pseudarthrosen 148.
Chorzinkpaste 31.
Chrom säure 32.
Cocain, zur Anaesthesie 17.
— zur Blutstillung 75.
Compression des Arterienstammes
63.
— der Wunde 73.
Compressionsgurt 53.
Cornealreflex, Prüfung des 5.
Cor nutin 75.
— 311 —
Creosot 75.
Cuprum sulfuricum 30.
D.
Darmb einres e c tion 308.
Daumen, Exarticulatiou des 178.
— , Seitenlappenschnitt 179.
Decapitation des Schulterkopfes
2H7.
Digit aleompr ession H3.
Drain, gefesseltes 169.
Drainage des Eniegelenks 297.
Dreizeitiger Zirkelschnitt 161.
Drillbohrer 146.
Druck, als Anaestheticum 16.
Dur chstechungsmetho de bei
Amputationen 163. 164.
Durchschneidung der TVeich-
theile 154.
Dysmorphosteopalinklast 142.
E.
Ecrasement 49.
Ecraseur 49.
Eingewachsener Nagel 139.
Einspritzung 24.
— subcutane 24.
Einstülpungsnaht 151.
Ein zeitiger Zirkelschnitt 154fi".
Eis dusche 61.
Eisenchlorid 74.
Eisendraht 34.
Elastische Umschnürung 50.
— Xachtheile 62.
— Vortheile 61.
Electrolyse 30.
Electropunctur b. Aneurysmen
123.
— b. Pseudarthrosen 148.
Elevatorium 239.
Elfenbeinstifte 146.
Ellbogengelenk Bänder 255.
— , Exarticulatiou im 187.
— , Querschnitt durch 188.
— , Eesection des 253 — 261.
Entfernung von Eremdkörpern 41 .
— von Geschossen 43.
Entspannungsnaht 37.
Erbrechen in der Narkose 6.
Erhebung, senkrechte nach künst-
licher Blutleere 60.
— als Blutstillungsmittel 73.
Essig 75.
Etag ennaht 38.
Exarticulation 152.
— , allgemeine Regeln 17().
— des Daumens 178.
— im Ellbogengelenk 187.
— d. Finger 174.
— sämmtlicher Finger 178.
— des Fusses (Bruns) 215.
— des Fusses (Günther) 213.
— des Fusses (Le Fort und von
Esmarch) 215.
— des Fusses (Pirogoö) 212.
— des Fusses (Syme) 208.
— im Handgelenk 181.
— im Kniegelenk 223.
— mediotarsea (Chopart) 204.
— der Xetacarpalknochen 181.
— im metacarpophalano'eal-Gelenk
175.
— des Oberschenkels 231.
— des zweiten Phalanx 175.
— des dritten Phalanx 174.
— im Schultergelenk 194.
— des Schultergürtels 197.
— uuter dem Talus Olalgaigne) 206.
— im Tarsus (Chopart) 2'>4.
— in dem Tarso-metatarsal^elenk
201.
— der Zähen 197.
— der Zehen in den Phalango-
iletatarsalgelenken 197.
— der fünften Zehe sammt ihrem
Metatarsalknochen 200.
■ — der grossen Zehe sammt ihrem
Metatarsalknochen 199.
Excitation bei Aether 15.
— bei Chloroform 5.
Exstirpation d. Aneurysmen 122.
— der Scapula 270.
— d. Yaricen 124.
F.
Fadenschlinge statt "Wund-
haken 23.
— 312 —
Faltennaht 38.
Faradisation des X. ]3lirenicus 13.
Fasciotomie 128.
Fasszange 241. 264.
Femoralis, Compression der 65.
Fermentintoxication 113.
Feuerschwamm 74.
Fibrinferment 75.
Finger. Exarticulation sämmt-
licher 178.
Fingerdruck b. Aneurysmen 119.
— zur Blutstillung 63.
Fingerverkrümmung 128.
Forcipressur 79.
Fremdkörper, Einlegen unter d.
Nagel 140.
— , Entfernung der 41.
G.
Galvanokaustik 29.
Gralvanopunctur 30.
Gefäss um stechung 76. 77.
Gefässunterbindung 75.
Gefässwandung, Verletzung der
124.
Geigenbogenhaltung d. Messers
19.
Geissfuss 239.
Gelenke, Resection der 238.
Geruchsprobe d. Chloroform 1.
Geschosse, Entfernung von 43.
Gespaltene Kompressen bei
Amputationen 166.
Gewebsfalte, Trennung 21.
Gewebszerstörung 26.
Glascvlinder z. Infusion 115.
Glühe'isen 26, 74.
Gummischnürbinde 52.
Gummistrumpf b. Yaricen 123.
H.
Hand, Sehnen der dorsalen Fläche
249.
Handgelenk, Bänder des 244.
— , Exarticulation im 181.
— , Frontaldurchschnitt 247.
— , Topographie des 245.
— , totale Resection 248.
Handgelenks resection nach
Bourgery 243.
— nach Gritti 253.
— nach Kocher 251.
— nach von Langenbeck 248.
Handwurzelknochen 251.
Haken, improvisirter 22.
— , scharfer 22.
— , scharfer Knochen- 242.
— , stumpfer 22.
Hakenschloss f. d. Schnürgurt 51.
Haken tür den Schnürgurt 51. 53.
Hakenschnitt für Res. des Ell-
bogens 259.
— bei Fussgelenksresection 270.
Hakenzauge 241.
— für die Zunge 10. 11.
Hallux, Exarticulation des 199.
Haltung des Messers 19.
Haut, plastische Operationen 135.
Hauptlappenschnitt 161.
Hautmanschette bei Amputa-
tionen 157.
Hautreize in der Narkose 13.
Hautverpflanzung 133.
Hebel 239. 240.
Hebung des Unterkiefers 8.
Herzthätigkeit, Erlahmen der
in der Narkose 7.
Hohlmeisselzange 168.
Hohlsonde 21.
Höllenstein 30.
Hosenträgertourniquet 58.
Hüftluxation, Op. der 307.
Hüftgelenk:
— Bänder des 302.
— Blutleere für 57.
— Resection des 298 ff.
— , subperiostale Resection 300.
Hypnose als Narkose 18.
Hypodermoklysma 116.
I.
Iliaca externa, Compression der
65.
Inactivitätsparalyse 241.
Incision 19.
Indicationen zur Absetzung- der
Glieder 152.
— 313 —
Indicationen bei Fungus rler
Gelenke 238.
— für Resectionen 238.
Infiltration, dift'use, blutige 73.
Infusion, intravenöse 113.
— , subcutane 116.
Infusionsspritze 116.
Improvisation d. Aderpressen 68.
— des Kugelsuchers 49.
Injection 24.
Inversion bei Chloroform 14.
Jodoformseide 34.
K.
Kali causticum 30.
Kälte als Anaestheticum 17.
Kettensäge 242.
Klauenzange lo6, 241.
Klemmschnalle 51.
Klemmzange 79.
Klumpfuss, Operationen bei
Knebeltourniquet 67.
— , improvisirt 71.
Kniegelenk, Drainage des 297.
— , Exarticulation im 223.
— , Function des 297.
— , Resection des 287.
Kniescheere 23.
Knochen, Absägen der 164.
— , Operationen an den 141.
Knochenbohrer 146.
Knochenbrecher 142.
Knochenhaken, scharfer 242.
Knochenhöhle, Eröffnung d. 148.
Knochennaht 146.
Knochenplastik 147.
Knochenscheere 168.
Knochenschienen, intraossale
147.
Knochenvereinigung 146.
Knopfnaht 34.
Knoten 3ö.
Knüppeltourniquet 71. 72.
Kochsalzlösung (Infusion) 113.
Kompresse, gespaltene bei Am-
putationen 166.
Kornzange 41.
Kreuzkuoten 35.
Kriegssonde 44.
Kugelfeile 148.
Kugelschraube 45.
Kugelsonde 46.
Kugelsucher 46.
Kugelzange 45.
Kugelzieher 45.
Künstliche Athmung 11.
Künstliche Blutleere 50.
— b. Aneurysmen 121.
— , Apparat für 52, 54.
Kürschnernaht 37.
Kupfersulfat 30.
li.
Languettennaht 38.
Lanzette z. Aderlass 118.
Lappenmesser 161.
Leinenbinde zur Blutleere 59.
Ligatur, directe 79.
— der Gefässe 75.
— der Glieder 49.
— indirecte 84 ff.
— , seitliche der Venen 125.
Liquor ferri sesquichlorati 74.
Löffel, scharfer 26.
Löwenzange 241.
M.
Manschettenbildung 156. 158.
Maske für Aether 14.
— für Chloroform 2. 3. 4.
Massenligatur 78.
Matratzennaht 39.
Meissel f. Nekrotomie 149. 150.
— für Osteotomie 143.
Messer, geknöpftes 265.
— Resections- 239.
— , stumpfendiges 265.
— Zwischenknochen- 167.
Messerhaltung 19.
Messerklingenformen 20.
Messersäge 242.
Metacarpalknochen, Exarticu-
lation der vier letzten 181.
Metacarpophalangealgelenk,
Exarticulation im 175.
314 —
Metallfäden 34.
Metatarsalknoche n, Amputation
aller 199.
Metatarsalgelenk, Exarticula-
tion im 201.
Milchsäure 3'2.
Morphiumchloroformnarkose
16.
Mulde nach Nekrotomie InO.
Muskelkegel bei Amputationen
160.
Muskellappenschnitt 163.
Muskel schnitt b. Amputationen
154. 160.
Nachblutung bei Blutleere 60.
Nadelhalter 32.
Nadeln 32.
Nagel, eingewachsener 139.
Naht:
— Balken- 39.
— Bleiplatten- 39.
— Einstülpungs- 151.
— Entfernung der 37.
— Falten- 38.
— , fortlaufende 37.
— an Venen 125.
— Knochen- 146.
— Knopf- 34.
— Knotung der 35, 37.
— Languetten- 38.
— Matratzen- 38.
— Muskel- 170.
— Nerven- 131.
— Periost- 146. 170.
— Perlen- 39.
— Schrotkugel- 39.
— Sehnen- 128.
— , umschlungene 40.
— , unterbrochene 34.
— tiefe 88.
— bei Amputationen 169.
— , versenkte 38.
Nähnadeln 32.
Nähte, Arten der 34.
N arkose 1.
Nekrotomie 148.
— bei Geschossen 49.
— , osteoplastische 151. 152.
Nerven, Abschneiden d. b. Ampu-
tationen 169.
— Operationen an 131.
Nervennaht, directe 131.
— , paraneurotische 131.
— , perineurotische 131.
Nervus circumflexus humeri 267.
— ischiadicus 299.
— phrenicus, Faradisation 13.
— ulnaris, Topographie 254.
Neuroplastik 131.
Neurorrhaphie 131.
O.
Oberarm, Amputation des 189.
— , Querschnitte 190—192.
Oberschenkel, Amputation des
227.
— , Arterien 81.
— , Exarticulation des 231.
— , Querschnitte 228—230.
Olecranon, Resection des 260.
— , temporäre Resection des 260.
Osteoklasis 141.
Osteoklast 142.
Osteoplastische Amputation 219.
— Nekrotomie 152.
Osteotom 143.
Osteotomie 143.
— , keilförmige des Tarsus 285.
Osteotomia subtrochanterica 144.
— supracondjdica 145.
— supramalleolaris 146.
Osteotribe 148.
Ovalair schnitt 164.
Paralytische Asphyxie 7.
Penghawar Yambi 75.
Pental IH.
Periost, Zurückschiebend. 156.161.
Periostnaht 146. 170.
Perlnaht 39.
Pferdehaare 34.
Pfropfung von Hautstücken 132.
Phalangensäge 168.
Phalanx, IL Exarticulation der
175.
— , III. Exart. der 174.
Phimosenzange 62.
315
Phlebotom 118.
Phlebotomie 117.
Pinzette, für Grefässe 75.
— für Fremdkörper 41.
Plastik bei Knochen 147.
— , operative Haut- 135 ff.
— bei Unterschenkelstümpfen 219.
Platt fu SS, Operationen bei 286.
Pockensalbe 31.
Porzellanknopfkugelsonde 46,
Prothesen 172.
Pseudarthroseu, Behandlung
146.
Punction 23.
— des Kniegelenks 297.
Q.
Querschnitt
— des Ellenbogengelenks in der
Condylenlinie 188.
— des Oberarms.
— vor der Achselhöhle 192.
— im mittleren Drittel 191.
— im unteren Drittel 190.
— des Oberschenkels.
— in der Condylenlinie 223.
— im oberen Drittel 230.
— im mittleren Drittel 229.
— im unteren Drittel 228.
— des Unterschenkels.
— im mittleren Drittel 221.
— im oberen Drittel 222.
— im unteren Drittel 220.
— des Vorderarms
— in der Mitte 185.
— im oberen Drittel 186.
— im unteren Drittel 184.
— für Resection des Fussgelenks 280.
— für ßesection des Handgelenks
253.
R.
Hadiallappenschnitt (Daumen)
179.
— (Handgelenk) 183.
Radius, Resection des Grelenk-
endes 243.
Raspatorium 150, 240.
Reaction des Chloroform ].
Reamputation 171.
Reflex d. cornea (Narkose) 5.
Regeln, allgemeine für Ampu-
tationen 152.
— für Exarticulationen 170.
— allgemeine für Resection 239,
Reizmittel bei Chloroformzu-
fällen 13.
— bei Pseudarthroseu 147.
Resection des Calcaneus 281.
— des Darmbeins 308.
— des Ellbogengelenks 253.
— des Fussgelenks 272.
— der Gelenke 238.
— des Handgelenks 243 — 253.
— des Hüftgelenks 298.
— des Kniegelenks 287.
— der Scapula 270.
— des Gelenkkörpers der Scapula
269.
— des Schlüsselbeins 271.
■ — des Schultergelenks 262.
— des konischen Stumpfes 172.
— subperiostale 239.
— des Talus 280.
Resectionssäge 242.
Resectionszangen 241.
Respiration, künstliche bei
Chloroform 11.
Ring, Entfernung des einklemmen-
den 42.
— offener für den Schnürschlauch
54.
Ringzange 62.
S.
Säge:
Bogen- 165.
Ketten- 242.
Messer- 242.
Phalangen- 168.
Resections- 242.
Stich- 144. 242.
Salpetersäure 32.
Scalpell 19.
Scapula, Resection der 270.
— , Resection d. Gelenkkörpers 269.
Schabeisen 140. 240.
Scharfer Löffel 26.
Sehe er en 23.
— 316 —
Schieberpinzette 75.
Schifferknoten 35.
Sclerotinsäure 75.
Schlauchklemme 54.
Schlottergelenk 243.
— nach Ellbogenresection 261.
Schlussapparat für den Schnür-
schlauch 54.
Schneideschlinge, galvano-
caustische 29.
Schnitt (Incision) 19.
— mit Erhebung e. Gewebsfalte 21.
Schnürbinde 52.
Schnürschlauch 52.
Schrägschnitt für Schult er-
resection 266.
Schraubentourniquet 67.
Schreibfederhaltung d. Messers
19.
Schrotkugelnaht 39.
Schultergelenk, Exarticulation
im 194.
— , ßesection des 262.
— , Resection d. subperiostale 265.
Schultergürtel, Exarticulation
des lii7.
Schusswundon. Blutung aus 79.
Schwänze an Hautschnitten 20.
Schwefelsäure 32.
Seegras 34.
Sehnen:
— des Handrückens 249.
— des Handgelenks 245.
— des Kniegelenks 294.
Sehnendurchtrennung 125.
Sehnennaht 128.
Sehnenplastik 130.
Seide 34.
Seitenlängsschnitt bei Zirkel-
schnitt 156. 224.
Sequester 148.
Sequesterzange 150.
Shok bei Operationen 8.
Silberdraht 34.
Silkworm 34.
Spannung derHautbeimSchnitt20.
Spastische Asphyxie 7.
Sporenschnitt für Calcaneus-
resection 282.
Spiralfederschnürbinde 57.
Spritze zur Iniection 24. 25.
— zur Infusion 116.
Stabcompression der Brachialis
71.
Stadien der Narkose 5.
Stahlnagel 146.
Stangendruck b. Aneurysmen 119.
Stauungshyperaemie b. Fungus
238.
— b. Pseudarthrosen 147.
Stelzen 173.
Stich (Function) 23.
Stichmethode bei Oberschenkel-
exarticulation 231.
Stichsäge 143. 144. 242.
Stichwunden, Blutung aus 79.
Stillstand d.Athembewegungen6.
— der Herzthätigkeit 7.
Stulpe beim Zirkelschnitt 158.
Streckapparat f. Osteoklase 141.
Stumpf, konischer 171.
— , subperiostale Resection des 172.
Stumpfplastik 219.
Stützapparat für den resecirten
Ellbogen 261.
Styptica 74.
Subclavia, Compression der 63.78.
— , Compression bei Exarticulation
in der Schulter 53. 55.
— , Ligatur der 92.
Subcutane Kochsalzinfusion 116.
Sublimat 32.
Sublimatseide 34.
Suggestion 18.
Syncope 7.
Talus, Resection des 280.
Tamponade zur Blutstillung 73.
Tannin 75.
Tarsus, Exarticulation im 204.
— Resection im 282.
— , osteoplastische Resection des 283.
Tarsectomie, keilförmige 285.
Tauchbatterie 29.
Tendinoplastik 130.
Teudinorrhaphie 128.
Tenotom 126.
Tenotomie 125.
— , offene 127.
— 317 —
Tenotomie, nacti Phelps 286.
— , subcutane 126.
Thermokauter 27.
Terpentinöl 75.
— bei Pseudarthrosen 148.
Tiefe Nähte 38.
Tisclilermeissel 149.
Tisclimesserlialtung 19.
Toleranz beim Chloroform 5.
Topographie d. Aorta und iliacae
101.
— d. A. axillaris 95.
— d. A. brachialis 97.
— d. Carotis 87.
— d. A. lingualis 90.
— d. A. Poplitea 108.
— d. A. radialis 98.
— d. A. subclavia 92.
— d. A. ulnaris 98.
— d. A. vertebralis 95.
Torsion der Arterien 78.
Tourniquets 66.
Tourniquethosenträger 58.
Transfision bei Oberschenkel-
exarticulation 231.
Transfusion 112.
Transplantation d. Haut 132.
Troch anter, osteoplastische E.e-
section des 807.
Troicart 23.
Tropfflasche füi- Chlorofoi-m 2.
Tröpfelnarkose 4.
U.
Ueberpflanzung von Haut 132.
TJlna. Resection des Grelenkendes
243.
Umschlungene Xaht 40.
Umschnürung, elastische 50.
Umstechung 77.
— , percutane der Varicen 124.
Unterbindung 75.
— , directe 79.
— , indirecte 84.
— der Art. bei Aneurysmen 121.
— d. Aorta abdomin 102.
— d. A. axillaris 96.
— d. A. brachialis 98.
— d. Carotis 89.
— d. A. femoralis 107.
Unterbindung d. A. glutaea 105.
— d. A. iliaca comm. 103.
— d. A. iHaca ext. 104.
— d. A. iliaca int. 103.
— d. A. ischiadica 106.
— d. A. lingualis
— d. A. Poplitea 109.
— d. A. radialis 99. 100.
— d. V. saphena 12'6.
— d. A. subclavia 93. 94.
— d. A. tibialis antica 109. HO.
— d. A. tibialis postica 111. 112.
— d. A. ulnaris 100.
— d. A. vertebralis 95.
Unterbrochene Xaht 34.
Unterkiefer, Lüftung des 8.
Unterkiefer-Halter n. Gutsch 9.
Unterschenkel, Amputation
des 217.
— osteoplastische Amput. des 219.
— Arterien 82.
— Exarticulation des 223.
— Querschnitte 220—222.
V.
Taricen, Exstirpation der 124.
— Operation der. 123.
Vena saphena, Unterbindung der
123.
Yenaesectio 117.
Venenligatur, seitliche 125.
Verblutungstod 112.
Vergiftung bei Cocain 18.
Vereinigung der Amputations-
wunde 169.
— der Knochenwundflächen 146.
— der Wuudränder 32.
Verhaltennähen 36.
Versenkte Isaht 38.
Verödung der Varicen 124.
Vorbereitungen zur Amputation
153.
Vorderarm. Amputation des 184.
— Querschnitt im mittleren Drittel
185.
— Querschnitt im oberen Drittel
186.
— Querschnitt im unteren Drittel
184.
— ßesection des unteren Endes 243.
318
"Wasserstoffsuperoxyd 75.
Weib er knoten 36.
Weichtheile, Durchsclineidung
der 154.
— Zurückhalten derselben 164. 166.
Wiener Aetzpaste 31.
Wundhaken 22. 23.
Wundnaht 32.
Wundränder, Vereinigung der
32.
Z.
Zangen :
— Arterien- 75. 79.
— Fass- 241.
— Haken- 241.
— Hohlmeissel- 168.
— Knochen- 156.
— Korn- 41.
— Kugel- 45.
Zangen:
— Löwen- 241.
— Sequester- 150.
— Zungen- 11.
Zapfennaht 39.
Zehe, Exarticulation der 197.
Zehe, fünfte, Exarticulation der
200.
Zehe, grosse, Exarticulation der
199.
Zerstörung, von Geweben 26.
Zinnstreifen als Schutz für die
Weichtheile 247. 299.
Zirkelschnitt 154 ff.
Zirkelschnitt, dreizeitiger 160.
Zirkelschnitt, zweizeitiger 157.
Zufälle üble in der Narkose 6.
Zunge, Hervorziehen der 10.
Zungenzange 10. 11.
Zweizeitiger Zirkelschnitt 157.
Zwirn 34.
Zwischenknochen messer,
Führuno: des 167.
Namen -Verzeichniss.
A.
Adams, Stichsäge 143. 144.
Adelmann, forcirte Beugang 71.
Amussat, ßalkenpinzette 78.
Anel, Arterienligatur 122.
Antyllus, Arterienligatur 121.
B.
Bosch, Dvsmorpliosteopalinklast
141.
Bailly, Chlormethyl 17,
V. Bardeleben, Osteoklase 141.
— Unterschenkelamputation 217.
Bardenheue r.Fusswurzelresection
282.
Bauden s, Kugelschraube 46.
Baum, Terpentinöl 75.
Bengue, Chloraethyl 17.
Bier, osteoplastische Nekrotomie
152.
— osteoplastische Unterschenkel-
amputation 219.
Billroth, Chloroforms'emisch 15.
— Exstirpation der Patella bei Knie-
gelenksexarticulation 225.
— Terpentinöl 75.
Bircher, Knochenvereinigung 147.
Bourgery, Handgelenksresection
243.
Bosworth, Antipyrin 75.
Brandis, Glüheisen 27.
— Aortencompressorium H8. 70.
Brasdor, Arterienligatur 122.
von Bruns, galvanocaustischer
Handgriff 29.
— Abänderung des Pirogoff 215.
217.
Buchanan, Amputation in der
Epiphysenlinie 226.
B u r o w , Plastik mit Dreiecken 139.
B u t c h e r , Exarticulation im Knie
226.
— Resectionssäge 242.
C.
Canquoin, Chlorzinkpaste 31.
Cantani, Hypodermoklysma 116.
Celsus, Plastik durch flautver-
schiebung 135. 137.
— Reibung b. Pseudarthrosen 148.
— Zirkelschnitt 154.
Championniere Zungenzange 11.
Chassaignac, Ecraseur 49.
Cheselden, zweizeitiger Zirkel-
schnitt IßO.
Chopart, Eussexarticulation 204.
Cooper, Aneurysmanadel 86. 87.
— Aortaligatur 102.
— Scheere nach 23.
Cosme, Frere, Arsenikpaste 31.
Czerny, Carbolseide 34.
D.
D a v y , Knochenvereinigung 147.
Desault, dreizeitig-er Zirkelschnitt
IHO.
Desmarres, Augenlidklemme 62.
Dieffenbach, Nadelhalter 33.
— Oberschenkelexarticulation 235.
— Ringzange 62.
— Tenotom 126.
Duchenne, Phrenicus faradisation
13.
v. Dumreicher, Stauungshyper-
ämie zur Callusbildung 147.
— 320 —
Dupuytren, Fingerverkrümmung
128.
E.
von Esmarch, Abänderung der
Operation von Pirogofi 215.
— Acidopeirastik 24.
— Aortencompressorium 67.
— Arsenikätz Mulver 31,
— Blutleere, künstliche 50.
— Chloroformapparat 2.
— Klemmschnalle 51.
— Knochenbiecher 141.
— Kriegssonde 44.
— Künstliche Blutleere 50.
— Resection des Gelenkkörpers der
Scapula 2fi9.
— Spiralfederschnürbinde 57.
— Stangendruck für Aneurysmen
119.
— Tourniquet-Hosenträger 58.
— Umschnürungsgurt 51.
— Zungenzange 11.
— Zurückschieben des Periostes bei
Amputationen 15ö.
F.
Faraboeuf, Fasszange 241, 264.
Fearn, Arterienligatur 122.
Fergusson, Löwenzange 24.
Flashar, künstliche Athmung 13.
F o u 1 i s , Schlussapparat für den
Kautschukstrang 55.
O.
Girard, Fussgelenkresection 279.
Gluck, Neuroplastik 132.
— Tendinoplastik 130.
Graf, Tannin 75.
V. Gräfe, Ligatur 49.
Gritti, Amputatio supracondylica
osteoplastica 227.
— Carpusresection 2ö3.
Gross, Kugelzange 45.
Guerin, Calcaneusresection 282.
Gut seh, Unterkieferhalter 9.
Günther, Abänderung des Pirogoff-
schen Verfahrens 213.
H.
Hasredorn, Nadelhalter 33.
— Nadeln 33, 129, 131.
Hahn, Bogenschnitt bei Knie-
resection 292.
— Nagelung der Knochenenden 289.
Hancock, Osteoplastische Fuss-
exarticulation 208.
Hegar, Nadelhalter 33.
Helferich, bogenförmiges Ab-
sägen bei Knieresection 290.
— ßesection des Acromion bei
Schultergelenkexarticulation 195.
— des Calcaneus bei Exarticulation
im Tarsus 206.
— Stauungshyperämie 147.
Hepp, Geruchsprobe 1.
Hessing, Heilgehen bei Pseudar-
throsen 147.
Hoffa, Operation bei angeborener
Hüftgelenkluxation 307.
Howard, künstliche Athmung 13.
Hunt er, Ligatur bei Aneurysmen
122.
— indirecte Ligatur 84.
Hübscher, Transplantation 134.
H u e t e r , Ellbogengelenksresection
257.
— Fussgelenksresection 280.
— Hüftresection 306.
— Knieresection 295.
— Neuroplastik 131.
— Sehuennaht 128.
— Tendinoplastik 130.
— Unterbindung der Art. lingualis
91.
— Unterschenkelamputation 218.
J.
Jackson, Aether 14.
Jäger, Amputatio metatarsea 109.
Joes, Fingerdruck beim Erbrechen
in der Narkose 6.
Junker, Chloroformapparat 4.
K.
K a p p e 1 e r , Anhaken des Zungen-
beins 10.
321
Koch, Spritze 25.
Kocher, Arthrectomie des Knies
296.
— bogenförmiges Absägen bei Knie-
gelenkresection 290.
— Darmbeinresection 308.
— Diains, gefesselte 169.
— Ellbogengelenkresection 259.
— Exstirpation d. Fascia palmaris
128.
— Fussgelenkresection 278.
— Hüftgelenkresection 303.
— Schulterresection 267.
— Sehnennaht 129,
— Ovalairschnitt bei Schulterexar-
ticulation 196.
— "Wasserbad nach Aetherspray 17.
Köberle, Arterienzange 78.
Köhler, Fermentintoxication 113.
König, Fussgelenkresection 277.
— Hüftgelenkresection 302.
— Methode bei Syncope 14.
Kronecker, Kochsalzinfusion 113.
Küster, Schwan (Nadelhalter) 33.
li.
L a n d e r e r , Kochsalz-Zuckerlösung
113.
— Krampfaderbandage 123.
von Langen b eck, Elevatorium
239.
— Ellbogengelenkresection 256.
— Exstirpation d. Varicen 124.
— Fussgelenkresection 272.
— Handgelenkresection 248.
— Hüftgelenkresection 300.
— Klauenzange 241.
— Knieresection 293.
— Knochenhaken, scharfer 240.
— Kugelzieher 45.
— Lappenmesser 161.
— Muskellappenschnitt 163.
— Ovalairschuitt 164.
— Scapularesection 270.
— Schulterresection 262.
— Stichsäge 242.
— subcapsuläre Schulterresection
265.
— subperiostale Resection 239.
Esmarch-Ko walzig, Technik, 4. Aufl.
von Langenbeck, Unterschenkel-
amputation mit seitlichem Haut-
lappen 217. 218.
Lannelongue, Chlorzinklösung
bei Pseudarthrosen 148.
Larrey, Ovalairschnitt b. Schulter-
gelenksexarticulation 196.
— Öberschenkelexarticulation 235.
Lauenstein, Fussgelenkresection
279.
Lecomte-Luer, Kugelsucher 46.
Le Fort, Electropunctur b. Pseu-
darthrosen 148.
— Abänderung des Pirogoff 215.
Liebreich, electrischer Kugel-
sucher 47. 48.
Lisf ranc, Fussexarticulation 201.
Li st er, Bleiplattennaht 39.
Liston, Ellbogenresection 253.
— Knochenscheere 168.
Löbker, Löfielelevatorium 306.
Löffler, Kugelzange 45.
Longmore, Kugelsucher 48. 49.
Lorinser, Phlebotom 118.
Louis, zweizeitiger Zirkelschnitt
160.
L 0 w d h a m , Hautlappenschnitt 16L
Lücke, Osteoplastische Nekrotomie
151.
Lüer, Hohlmeisselzange 168.
M.
Maas, Aortaligatur 102.
Mac Ewen, Acapunctur b. Aneu-
rj'smen 123.
— Osteotom 143.
— Osteotomia supracondylica 145.
Madelung, Exstirpation d. Varicen
124.
— Sehuennaht 129.
Malgaigne, Fussexarticulation 206.
Manec, Lappenschnitt bei Öber-
schenkelexarticulation 231.
Marshall, Osteotribe 148.
Marshall Hall, künstliche Ath-
mung 13.
Mennel - Schneider, Streck-
apparat 141.
Middeldorpf, Acidopeirastik 24.
21
— 322
Middeldorpf, Galvanocaustik 29,
Mikulicz, Tarsusresection 283.
— Terpentinöl bei Pseudartlirosen
148.
Morton, Äether 14.
von Mosetig-Moorhof, Milch-
säure 32.
Müller, Knochenplastik 147.
Murray, Aortaligatur 102.
Nelaton, EUbogengelenkresection
258.
— Inversion b. Syncope 14.
— Porzellanknopfsonde 46.
Neuber, Einstülpungsnaht 151.
Neudörfer, Apolyse 241.
Nicaise, Haken 53.
Nikolaysen, Acupun ctur bei Pseu-
darthrosen 148.
V. Nussbaum, Aortaligatur 102.
— Kalkpfeife als Kugelsonde 46.
— Wasserstoffsuperoxyd 75,
O.
Ogston, Arthrodese des Talo-
naviculargelenks 287.
Overlach, Spritze 25.
Ollier, Calcaneusresection 281.
— EUbogengelenkresection 258.
— Hüftresection 307.
— Scapularesection 271.
— ßchulterresection 266.
— subperiostale Resection 239.
Oesterlein, Dysmorphosteopalin-
klast 141.
Pancoast, Aortencompressorium
67. 68.
Paquelin, Thermokauter 27.
Pean, Kleramzange 78. 79.
Petit, Schraubentourniqueh 67.
— zweizeitiger Zirkelschnitt 156.
P h e 1 p s , Klumpfussoperation 286.
Philagrius, Exstirpation von
Aneurysmen 122.
Pirogoff, Fussexarticulation 212.
Pravaz, Spritze 25,
Prince, keilförmige Tarsectomie
285.
R.
Rawa, Nervennaht 131.
Reid, Kreislaufsaufhebung bei
Aneurysmen 121.
Reverdin, Transplantation 132.
Ricliardson, Aetherspray 17.
Ricord, Phimosenzange 62.
Rizzoli, Osteoklast 142.
Rose, Exstirpation des Schenkels
234.
R 0 s e r , EUbogengelenksresection,
Nachbehandlung 261.
Roux, Nadelhalter 33.
R u y s c h , Handgelenkexarticulation
183.
Rydygier, Knochenplastik 147.
S.
Sabanejeff, Amputatio intracon-
dylica osteoplastica 227.
S a y r e , Elevatorium 239.
Schede, feuchter Schorf n. Nekro-
tomie 151.
— Venennaht 125.
— Verödung v. Varicen 124.
Schimmelbusch, Chloroform-
maske 3.
Schneider - Mennel, Streck-
apparat 141.
Schüller, künstliche Athmung 13,
Senn, Knochenvereinigung 147.
— entkalkte Späne nach Nekrotomie
151.
Silvester, künstlich e Athmung
11—13.
Simpson, Chloroform 1.
S k i n n e r , Chloroformapparat 2.
S o c i n , Stützapparat für Ellbogen-
schlottergelenk 261.
— Verband nach Transplantation
135.
Spencer-Wells, Arterienzange
75.
— 323 —
Stromeyer, phlebostatische Blu-
tung en 79.
Tenotomie 12ö. 126.
S y m e , Amputatio intracondylica
226.
— Aneurysmanadel 86. 87.
— Fussexarticulation 208.
T.
Textor, Kniegelenkresection 287.
T hier seh, Perlennaht 39.
— Transplantation 133.
Tiling, Hüftresection 306.
Tillaux, Tendinoplastik 130.
Trendelenburg, EUbogengelenk-
resection 260.
— Stahlnadel zur Oberschenkel-
exarticulation 285.
— Osteotomia supramalleolaris 146.
— Unterbindung der vena saphena
123.
V.
V e r d u i n , Lappenbildung durch
Stich 163.
V 6 1 c h , Oberschenkelexarticulation
235.
Völckers, Knüppeltourniquet 71.
Vogt, Abmeisseln der Cortical-
lamellen 240.
— Talusresection 281.
von Volkmann, scharfer Löffel
26.
— Knieresection 293.
— Osteotomia subtrochanterica 144.
Voltolini, Tauchbatterie 29.
W.
V. Walther, Kadiallappenschnitt
(Handgelenk) 183.
— Seitenlappenschnitt (Daumen)
179.
Wardrop, Arterienligatur 122.
White, Hüftresection 298.
Wille, Knochennaht 147.
Wladimiroff, Tarsusresection
283.
Wolberg, Nadeln 129.
Wolfe, Transplantation 133.
Wolf 1er, Sehnennaht 128. 129.
Wright, Fibrinferment als Styp-
ticum 75.
W u t z e r , Reizmittel b. Chloroform
13.
Z.
von Ziemsse n, Phrenicusfaradi-
sation 13.
^$t 3 W^ Z '^.Z '^' Z ^^.Z W^.Z '^^.l'^-Z • vt '^"
*5ä
*Sft
^ 4i> 4- ^s> ^ <& 4- ^1^ •$• 4i> 4- <i^ 4- 4st •$• ^s^ 4- 4st •** ^s^ •*• *ä> -^
55bX ^ i.4
5*?:
'"^■i
?q?;
5X
%S^
525X
5^X
YCS^
5ä
^5^
^ m^ 4- 4S> 4- ^i> •*• w ^ ^i^ •*• f st -^ ^s> -^ ^«t -*• ^ä> •*- <i^ 4-
^A
Sf
^gs?
<^J
>?5X
5*5^
/ÄS)
?2S^
.^;$ I X9^ 4, » I k^PA ^ XW>^ 4. ;^W;C ^ >^?A 4. X«% 4. >^PA 4. X9/5 4. X«/
^A
i?fc.
5feC ^ JLi^feJ
^ -Ji> 4- ^S> #• ^> •*• <& 4- ^1> 4- 4i> •*• ^S^ •*• <«> 4- ^S> 4- <K> 4- ^S^ 4
^9^^ 4. XS.'
>>? I X«?< X -9>^ X ^9« I ^^?e ^ ^^-^ 4-- ^^r 4=.
^;/
k«:
^^
>ä
SV.Vü
^^4.^
%5X
%s?
YCSi
SV.VB
It-^-tit^tlt-^-tl
4. X9>^ 4. XW^^ X9>^ ..1. ^.% 4. X«;
.4: A >4x ^ jl4x ^ :^x ^ jl4
-' -^^- ^"'^Z k^?A 4. X^.% 4. kOA ^ X<%C 4. X9^ 4. >^?A 4. X9^ 4, i$?A 4. X«,
•*.^4'
^-^
/(•I*.
^sfe
^ ^m -^ ^s^ •# ^1^ 4- ^s> 4- ^s> 4- Ä -^ ^Ä> 4- ts> •*• ^s> •*• ts> •*• ^ä^ -^
4
A'
^A/
i4j
m
xw.< I xwx
x«ai .,. x«x ; ^2< .t. x«?4
xw^
'Sc M
4. ^.^ .
^.^ .i. s^.<^ 4. <Y.^ 4. ««".Vb a, «^,
sv.V»
.K X9^ 4. 5^.?4 .n XW;^ 4. X«.
^ik M. jl4: -^ -X4c ^ jl4j
^ I xw^ I x<:^ I x«:^ I x<^?^ I .X9^ 4. xw;< ^ X9/C ^ x<%i 4. X9>^ 4, x"^ 4. X«
?A
K I X??>C I XW;^ I X«?< I X«^ I X9X ^ » I X9/< 4, X9^ 4. X9^ ^ >^PA 4. ^,
■P
>$p^
4-
>$PA
>^PA
^ t :^ **■ ^ •*■ ^ "^ ^ '*• ^ '•
?< I ^PA 4. XS?^ 4. X9^ ,u XS,%^ 4. X9X ,J, >$PA 4. X«?^ 4. X<^ 4. X9^ 4, X«% .-i. X«.
i4
i4
i4
i4
iA
[^ ^i> 4- 4i> 4- ^& 4 <i> 4- ^& 4> ^s> •# ^i^ 4- 4«> -^ ^Ä> 4> ^sy •» 4»> 4
ÄS»
l^i
?G J ^^^-^
%'s^^
X«.
^v/* 4. ^v^ .N. X9.^ I >^pA 4. -^.^'^ I X9^ 4. >^PA 4. X9^ 4, ^PA
.■«A"» »>^» «^v"^ »V'» 'V'» 'V» - 'V"« »V» 'V"» 'V'» '*V">
.% .-1. X«3>^ ..V )^PA ..N. » ,r, XW;^ .K X9>^ ,v X«;;^ 4. UpA ..n X<%^ ..V. X«^ ,. X9^ .-l. X«:
•*• «MIT -i- Ttrejir -i- ^xi
4^.
Ry 5^ 1 5
'^ 4=. XW^ 4, ?«
^2<
i*i
^ ^ ^S.^ 4=. ><^
^ 4. X9X .t ^
< 4. ^.2< 4=. I
«^ f %iV y
COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES (hsl.stx)
RD 151 Es51 1893-1894 C.1 v.2
Handbuch der Krieqschirurqischen Technik
2002139871
1 '^ «?.'
?.K